Forschungsmafia: Titelhandel · Forschungsbetrug · Wissenschaftskorruption · Hochschulkriminalität

Der Milliardär Stefan Quandt

Hadmut Danisch
18.6.2011 0:14

Gerade bin ich beim RSS-Feed-Lesen über Fefes Blog auf diesen Artikel in der ZEIT über Esoterik an deutschen Universitäten gestoßen, den ich übersehen haben muß, als er noch frisch war. Erst wollte ich nichts drüber schreiben, weil ich das Thema Esoterik hier schon oft hatte. Aber dann ist mir was Seltsames aufgefallen.

Daß an den Universitäten viel Hokus Pokus seinen Nährboden findet, ne Menge Spinner unterwegs sind und der Unterschied zwischen Wissenschaft und Unsinn verwischt, ist nichts Neues. Das hat verschiedene Ursachen. Einmal weil das Selbstverständnis der Wissenschaft so degeneriert ist, daß sie sich immer weniger vom Unsinn unterscheidet. Zum anderen weil wir in einer Gesellschaft leben, in der der Schwätzer und Hochstapler Karriere macht, in der Windbeuteltum als Qualifikation gilt und eigenes kritisches Wissen Mangelware wird. Wir leben in einer Gesellschaft, in der es wieder hoffähig wird, Wissenschaft schlechthin abzulehnen und die biblische Schöpfungsgeschichte oder Homöopathie gleichberechtigt neben oder sogar über Wissenschaft zu stellen. Man könnte durchaus fragen, wie tief die Wissenschaft gesunken ist, wenn sie sich schon mit der Bibel und der Homöopathie messen und vergleichen lassen muß.

Das ist sicherlich eine Folge dessen, daß in der Wissenschaft das wissenschaftliche Streiten und Argumentieren abgeschaft und an dessen Stelle klerikale Machtstrukturen gestellt wurden. Die Wissenschaft bedient sich immer stärker der Methoden und Strukturen des Hokus Pokus und ist daher immer schwerer davon zu unterscheiden.

Geschenkt. Solche Themen hatte ich schon häufig hier. Und daß es in Deutschland 17 Universitäten mit pseudowissenschaftlichen Lehr- und Forschungsangeboten geben soll – halte ich für eine viel zu geringe Angabe, weil nicht erst die Esoterik pseudowissenschaftlich ist. Auch in den Technik-Fächern ist inzwischen vieles pseudowissenschaftlich.

Nein, mir ist etwas anderes auf Seite 2 des ZEIT-Artikels aufgefallen:

Die damalige Hochschulpräsidentin Gesine Schwan stand Schröders Ansinnen aufgeschlossen gegenüber. »Die Idee, den Vorgang des Heilens in der Forschung ganzheitlich einzubetten, hat mir sehr gut gefallen«, sagt Schwan, die inzwischen die Humboldt-Viadrina School of Governance leitet. Dass sie damit dem Aberglauben die Tür zur Universität geöffnet hat, weist sie von sich: »Es ist prinzipiell seriös und richtig, komplementäre Medizin zu erforschen. Der Scharlatanerie-Vorwurf ist da kontraproduktiv.«

Und die Politik? Im Brandenburger Wissenschaftsministerium, so hört man, soll es zwar heftige Diskussionen über den Fall Viadrina gegeben haben. Am Ende hat aber auch der Ministeriumsvertreter im Stiftungsrat der Universität den Studiengang abgenickt – trotz Vetomöglichkeit.

Bislang wird der umstrittene Studiengang durch Studiengebühren und private Stifter finanziert. Einer der Geldgeber ist die Firma Heel, die homöopathische Präparate produziert. Heel gehört nicht irgendeinem Verirrten, sondern einem der reichsten Männer Deutschlands: Stefan Quandt. Natürlich steht auch die Homöopathie in Frankfurt auf dem Lehrplan. Zum Schluss sollen die Studenten 80 Mittelchen kennen und einsetzen können.

Hui. Das hat mich sehr überrascht.

Stefan Quandt ist ja kein Unbekannter. Erbe, Industrieller, dick bei BMW, ich bin mir jetzt nicht sicher, aber ich glaube, die Chemie-Firma Altana gehört ihm oder der Familie auch in wesentlichen Teilen.

Eine gute Meinung habe ich nicht von Stefan Quandt. Im Gegenteil. Denn wie ich vor ein paar Jahren mal entdeckt habe (siehe Adele), wurde die Rektorwahl an der Uni Karlsruhe, bei der dann damals schlußendlich Rektor Hippler gewählt wurde, massiv manipuliert und geschoben. Und Hippler steht eben für die Korruptionsmentalität der Uni Karlsruhe (siehe eben Adele).

Mit am Tisch saß dabei als Mitglied des Hochschulrates Stefan Quandt. Ich hatte mich vorher darüber gewundert, warum ein so reicher Mensch nichts besseres und nichts wichtigeres zu tun hat, als sich in solche ätzenden Sitzungen zu hocken und Bewerbungsunterlagen durchzugucken. Bis ich anhand der Akten und Protokolle festgestellt habe, daß sie gerade das ja nicht getan haben. Da wurde nicht ordentlich ausgewählt, sondern Macht ausgeübt und nach Belieben bestimmt, wer da in den Dreiervorschlag kam – einschließlich einer chancenlosen externen Quoten- und Alibi-Frau als Dummy für den Dreiervorschlag. Qualifiziert für die Dienstaufgaben nach der damaligen Gesetzlage war keiner der drei ausgewählten Bewerber. Das Verfahren war eine Farce, bei der man sogar eines der Sitzungsprotokolle nachträglich verändert hat, damit es so aussehen soll, als hätte man eine ordentliche Auswahl getroffen.

Was diese Auswahl-Kommission damals veranstaltet hat, war eine Farce. Am Tisch dabei eine Richterin des Bundesverfassungsgerichts und Stefan Quandt. Und das Interesse bestand wohl darin, den Rektor aussuchen zu können. Nach Protokoll- und Aktenlage hat man die Bewerbungsunterlagen der meisten Bewerber nie gelesen und sie von vornherein kommentarlos und ohne die vorgeschriebene Begründung aussortiert und rückstandslos aus den Akten entfernt. Ist in Baden-Württemberg wohl im Preis für Parteispenden mit inbegriffen, weil die Familie Quandt als größter privater Spender der CDU gilt bzw. damals galt. Da darf der also kommen und bestimmen, wer da Rektor werden kann und wer nicht. Ich halte das für Korruption.

Also hatte ich keine gute Meinung von den Quandts. Aber für technisch-wissenschaftlich befähigt habe ich sie schon gehalten. Immerhin machen sie in Technologie und investiert seine Schwester Susanne Klatten im großen Stil in Kohlefaserproduktion, was ich für schlau halte.

Daß Stefan Quandt aber Homöopathie produziert und verkauft und da einen Homöopathie-Studiengang in die Uni drückt, das hat mich sehr überrascht. Das wußte ich nicht und paßt überhaupt nicht in mein bisheriges Bild von den Quandts.

Ich sehe da nun zwei Varianten.

Entweder glaubt er tatsächlich an Hokus Pokus und Homöopathie. Dann hielte ich ihn für eine Pfeife, umsomehr da sie ja auch in der Chemiefabrik Altana drinstecken, und ich würde mich besonders darüber wundern, wie jemand mit solchen Aberglauben mit Chemie so reich werden und bleiben kann.

Oder er glaubt nicht an die Wirkung, sondern nur an den Umsatz, den Homöopathie bringt. Das wäre schlau und nachvollziehbar, aber zynisch, betrügerisch und unseriös.

In beiden Fällen aber hielte ich ihn – mehr noch als nach der Rektorwahl in Karlsruhe – für völlig ungeeignet, in die Hochschulwissenschaft reinzureden. Tut er aber, mit solchen Studiengeängen und im Hochschulrat der Uni Karlsruhe. Aber Geld ist ja heutzutage die wissenschaftliche Schlüsselqualifikation.

Übrigens: Quandts und eben auch Stefan Quandt sind die Hauptaktionäre von BMW. Einer meiner ersten Blog-Artikel handelte von der von BMW gekauften Wissenschaft.

Man müßte Stefan Quandt mal zur Rede stellen und ihn fragen, ob er an die Wirksamkeit von Homöopathie glaubt oder nicht. Ich glaube, in seiner Situation wären beide Antworten – ja oder nein – fatal.

11 Kommentare (RSS-Feed)

@ Hadmut:

Gratulation zu diesem Beitrag!

Ein super Einblick in die Machenschaften der Finanzelite, welche die “Professorenhuren” schon seit geraumer Zeit am Gängelband führt.


Anna Freud
18.6.2011 13:38
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Ich würde auch eher auf die zweite Version tippen. So kriegt er die Macht und den Profit der “normalen” Medizin und Macht und Profit von den “Heilungs”varianten, die aus Unmut und Widerstand gegen die “normale” Medizin und/oder aus Verblendung hervorgegangen sind. Er erweiter seine Gewinnmargen einfach um die wesentlichen Martkbereiche – was seine Doppelmoral allerdings bestens bestätigen würde. “Heilt euch, wie ihr wollt, so lange ich sagen darf, was auf den Markt kommt und euer Geld dafür einstreiche.”

Selbst wenn er an die Homöopathie etc. glauben sollte dürfte der Lust am vergrößerten Gewinn mächtiger sein als dieser Glauben. Mächtige sind selten wirklich dumm. Sie sind meist intelligent und zudem zynisch.


Stefan W.
18.6.2011 15:55
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Meine erste Reaktion war “Wenn der krank wird, der nimmt bestimmt keine Globuli!” Aber dann – wer weiß? Es gibt auch reiche Spinner, und Wissenschaftler, die in die Kirche gehen, und all das.

Es wird noch böse enden!


Gast
20.6.2011 22:12
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Homöopathie als Widerspruch zur Wissenschaft zu sehen, finde ich falsch.
Warum sollte man homöopathische Methoden nicht anwenden, wenn sie wirken (tun sie ja in einigen Fällen) und dazu noch deutlich billiger sind? Ich sehe Homöopathie als Ergänzung zur “klassischen”, stark monopolisierten/gefilterten Lehre bzw. Behandlung mit herkömmlichen Mitteln. Solange homöopathische Mittel tatsächlich wirken, kann man sie auf keinen Fall ablehnen, sondern sollte sich fragen, ob in der Medizin/Pharmazie nicht einige wichtige Aspekte seit Jahrzehnten/Jahrhunderten (bewusst oder unbewusst) ignoriert wurden.


Gast
20.6.2011 22:22
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Und noch etwas dazu: Es gibt nicht nur in der Homöopathie einige Millionäre, die offensichtlich Forschung und Lehre manipulieren. In der Pharmazie/Medizin ist das genau so.

Homöopathie ist nicht Hokus Pokus, sondern ein Zeichen dafür, dass die Medizin/Pharmazie es versäumt hat, auf allen Bereichen echte Forschung zu betreiben. Homöopathie funktioniert (teilweise), sie ist nur offensichtlich nicht ausreichend erforscht, um in dein naturwissenschaftlich-aufgeklärtes Weltbild zu passen.

Dass hinter der Errichtung dieser Lehrstühle/Studiengänge ein finanzielles Interesse von Millionären steht, ist aber nicht zu übersehen oder zu leugnen. Und nach dem Motto “Wer zahlt schafft an” werden wir auch keine kritische bzw. neutrale Forschung und Lehre erwarten können.


Hadmut Danisch
20.6.2011 23:01
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Man würde homöopathische – oder jede andere – Methode durchaus anwenden sollen, wenn sie wirken würden.

Sie wirkt aber nicht. Soweit ich informiert bin, hat noch niemand einen Nachweis der Wirkung von Homöopathie erbringen können. Alles, was man an Wirkung sieht, sind Placebo-Effekte, die sogar dann eintreten, wenn man das homöopathische Mittel heimlich gegen Wasser oder Alkohol austauscht und die Leute nur glauben, das homöopathische Mittel zu nehmen.

Homöopathie ist daher und in seiner absurden Begründung mit den geschüttelt ausgerichteten Wassermolekülen auch kein Widerspruch zur Wissenschaft, sondern zur Realität.

Natürlich kann man den Standpunkt vertreten, daß es in manchen Situationen richtig, sinnvoll und wirksam sein kann, sowas zu nehmen. Nur muß man dann wenigstens so ehrlich sein und zugeben, daß man nicht für Homöopathie, sondern für Placebomedizin eintritt.

Ich erkenne durchaus an, daß auch Placebos in erstaunlich vielen Fällen ihre Wirkung haben, und das auch wissenschaftlich nachweisbar ist. Nur brauchts dazu den Homöo-Hokus-Pokus nicht. Und den Leuten einfach irgendeinen frei erfundenen Käse von gleiches mit gleichem, Potenzierten Wassermolekülen und Globuli zu erzählen, ist einfach Schwindel. Da ist bisher keine Kausalität, und noch nicht mal eine Korrelation nachgewiesen.

Und unter diesen Umständen eine Wirkung zu behaupten, ist ein Widerspruch zum Verstand. Und damit zur Wissenschaft (oder dem, was Wissenschaft sein sollte).

Man muß sich eher fragen, ob da nicht der (durchaus nicht völlig unberechtigte) Wunsch, die normale Medizin abzulehnen, einen verführt, sich dafür eine Ausrede zu suchen, indem man eine Wirkung sieht, wo keine ist.

Homöopathie hätte ihre Berechtigung, wenn sie eine Wirkung hätte. Diese Wirkung wird aber nur behauptet. Nachgewiesen oder wenigstens nachprüfbar belegt hat sie bisher m. W. keiner. DU verklausulierst ja selbst mit „wenn” und „solange”. Also räumst Du selbst ein, daß die Homöopathie eben keine Berechtigung hat, wenn diese „wenns” und „solanges” nicht erfüllt sind.

Natürlich verdienen sich auch in den anderen Pharmafirmen Leute goldene Nasen. Ich befasse mich auch mit Korruption und haben in diesem Zusammenhang schon eine ganze Menge über die krummen Methoden der Pharmalobby erfahren.

Das ändert aber nichts daran, daß ich es dubios finde, wenn ein Homöo-Fabrikant im Aufsichtsrat einer technischen Universität sitzt.


J.
21.6.2011 10:41
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“Das ändert aber nichts daran, daß ich es dubios finde, wenn ein Homöo-Fabrikant im Aufsichtsrat einer technischen Universität sitzt.”

Nun, die ingenieurmäßigen Arbeiten in so einer Homöo-Fabrik dürften ja eher kein Schwindel sein. Viel kritischer fände ich es, wenn der in irgendeinem Organ eines Klinikums oder so sitzen würde.


Hadmut Danisch
21.6.2011 10:52
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Also die Herangehensweise erscheint mir sogar für die Verhältnisse einer Uni Karlsruhe zu dubios.


Anon
24.6.2011 13:16
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http://de.wikipedia.org/wiki/Delton

S. Quandt hat beim Erbe ungünstiger Abgegriffen und ist nicht wie Schwesterchen Klatten mit Altana reich geworden. Und der Ursprung der VARTA bzw. BMW Gelder ist ja auch bekannt.


Hadmut Danisch
24.6.2011 13:21
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Ach, ich glaub so direkt schlecht geht’s ihm nicht…


Ich möchte hier kurz einwerfen, dass Prof. Dr. med. Gustav Jaeger (1832-1917) die Homöopathie wissenschaftlich mit Zahlen belegt hat (er hatte fünf Lehrstühle an der Landwirtschaftlichen Hochschule Hohenheim und dem damals so genannten Königlichen Polytechnikum, der heutigen Uni Stuttgart). Seine Arbeiten können nachgelesen werden in “Die Entdeckung der Seele (Seele, Sanskrit, schuschma = IchDuft), ein Zoologiewerk von 1883, 850 Seiten, und in dem Werk “Die Neuralanalyse insbesondere auf ihre Anwendung homöopathischer Verdünnungen”. Kann neu gebunden bestellt werden in der Bücheroase in München. Hier der Link zum Buch: http://m4e.shop-asp.de/shop/action/productDetails/13341542/gustav_jaeger_die_neuralanalyse_insbesondere_in_ihrer_anwendung_auf_die_homoopathischen_verdunnungen_1881_1166708608.html;jsessionid=4C6EB451249614601B71325C799B56C3.www02?aUrl=90007907

Jaeger war der Entdecker der Pheromone, welche er Anthropine nannte. Diese wurden in Form homöopathischer Kügelchen von der damals größten homöopathischen Apotheke Stuttgarts hergestellt, aus Menschenhaaren. Gerne beantworte ich hierzu alle anfallenden Fragen. Oder einfach mal Selma Gienger oder Anthropine googeln! Grüße, Selma Gienger