Erfolg mit meiner Bundestagspetition zum Briefgeheimnis
Heute habe ich einen Brief vom Petitionsausschuß des Deutschen Bundestags bekommen. 🙂
Wie mancher weiß, hatte ich ein paar Meinungsverschiedenheiten mit der ETH Zürich (Adele und die Fledermaus) und im Rahmen derer auch Beschwerde bei der ETH Beschwerdekomission erhoben. Und weil ich keine Lust hatte, nur für den Empfang zweier Schreiben für teuer Geld einen Rechtsvertreter in der Schweiz zu suchen, mußten sie mir Schriftsätze und Entscheidungen über den sog. “diplomatischen Weg” zustellen. Das dauerte jedesmal etwa drei Monate.
Ich hatte mir einmal den Spaß erlaubt, einem solchen Schreiben hinterherzutelefonieren. Innerhalb von 2 Tagen hatte die Schweizer Botschaft in Berlin es dem Bundesaußenministerium übergeben. Dort lag es erst mal einen Monat herum, wobei sie zunächst bestritten, es bekommen zu haben, es aber schließlich doch wieder fanden. Von da gings ans Bundesjustizministerium, ans Landesjustizministerium, weiter ans Landesinnenministerium, von dort zur Stadtverwaltung, weiter an die Ordnungsbehörde, und die rufen mich entweder an, daß ich es abholen kann, oder schicken einen mit dem Auto los, es mir in den Briefkasten zu werfen. Eine monstermäßige Geldverschwendung, denn in jeder Behörde muß das Schreiben in die Registratur, erhält ein Aktenzeichen, kommt zum Sachbearbeiter, wird dem Abteilungsleister mit einem Bericht vorgelegt, der entscheidet darüber, dann geht es zur Poststelle und so weiter und so fort. Warum das erste Ministerium in der Kette nicht einfach ne Briefmarke draufklebt und an mich schickt war nie zu klären.
Schließlich erfuhr ich dann hintenrum doch den Grund: Jede Behörde soll prüfen, ob nicht Interessen des Bundes oder des Landes berührt wären. Das heißt, die Post wird systematisch mitgelesen, von mindestens einem Dutzend Leuten und mindestens 5 Behörden. Die Geheimdienste kommen vermutlich auch noch dazu.
Ein anderer Grund, den man mir nannte, war, daß das ja alles nur zu meinem Schutz geschehe, das Schreiben könnte ja auch eine Bombe enthalten (kein Spaß, wörtlich so gesagt). Warum man aber dann 3 Monate und 5 Behörden braucht, um zu sehen, daß ein paar zusammengeheftete Blätter ohne Umschlag keine Bombe sind, und warum dann kein einziger der beteiligten Beamten eine entsprechende Ausbildung hat und weiß, woran man Briefbomben überhaupt erkennt und wie man sie entschärft, konnte mir auch keiner erklären. Gut, man kann sich natürlich auf den Standpunkt stellen, wenn das Ding in 3 Monaten, in 5 Behörden und auf den Schreibtischen von einem Dutzend Beamten, die daran herumfummeln, nicht hochgegangen ist, scheint’s keine Bombe zu sein. So ne Art ministeriale Vorkoster.
Der Gedanke, daß die ETH Zürich mir eine Bombe schickt ist – nee, er ist keineswegs absurd, die würden mich wirklich am liebsten umbringen. Aber sie würden wohl kaum den diplomatischen Weg wählen. (Ich meide inzwischen Sushi-Bars.) Es ist trotzdem albern, eine Bombengefahr bei Schreiben, die die schweizerische Botschaft an Privatleute schickt, zu sehen. Nachdem das Schreiben auf dem diplomatischen Weg einzeln registriert wurde, wäre es ja auch so wahnsinnig anonym und nicht zurückzuverfolgen, wenn es bei mir explodierte. Meines Erachtens kein plausibler Grund, warum gleich 5 Behörden in meiner Post herumstochern müssen. Der Sächsische Landesdatenschutzbeauftragte nahm daran übrigens auch Anstoß.
Interessanterweise kann man gegen Handlungen von Bundesministerien keinen Widerspruch einlegen, weil es keine vorgesetzte Behörde mehr gibt. Aber zu den Aufgaben des Petitionsausschußes des Deutschen Bundestags gehört es, Beschwerden über Bundesbehörden entgegenzunehmen. Also hab ich das getan.
Es dauerte. Lang. Erst wollten sie nicht. Heute hab ich dann ein Schreiben bekommen: Der Deutsche Bundestag hat beschlossen, meine Petition der Bundesregierung, den Fraktionen des Bundestags und der Landesvolksvertretung von Sachsen vorzulegen. Es wird die Empfehlung ausgesprochen, doch mit der Schweiz (wie es mit anderen Ländern üblich ist) ein Zustellungsabkommen abzuschließen, damit der Spuk ein Ende hat.
Und da soll noch einer sagen, man könnte ja doch nichts verändern…