Forschungsmafia: Titelhandel · Forschungsbetrug · Wissenschaftskorruption · Hochschulkriminalität

Buchkritik: Das Praxishandbuch für Professoren

Heute bezieht sich meine Buchkritik auf ein Buch, das nicht der Unterhaltung dient, aber bitter notwendig ist: Das “Praxishandbuch für Professoren”, in dem alles das steht, was Professoren in Ausübung ihrer Tätigkeit wissen und beherzigen müßten, was aber leider (zu) viele nicht wissen.

Und weil die Promotion die Berufszugangsprüfung zur Professur ist und nach dem Gesetz die Fähigkeit zu selbstständigem wissenschaftlichem Arbeiten nachweisen soll, müßte das, was in diesem Buch steht, eigentlich Bestandteil des Curriculums jeden Promotionsstudiengangs sein (ich habe noch nicht herausfinden können, was in Deutschland in der Praxis eigentlich Gegenstand der Promotionsprüfung sein soll. Eine nicht näher genannte “Exzellenzuniversität” bestreitet sogar, einen Promotionsstudiengang überhaupt anzubieten. Das ist erstaunlich, wenn man bedenkt, daß für die Exzellenz-Initiative auch die Qualität von Graduiertenschulen relevant war.)

Professor ist der einzige mir bekannte gesetzlich bestimmte Beruf in Deutschland, bei dem völlig unklar ist, worin eigentlich die Berufsausbildung besteht und welche Fähigkeiten und Kenntnisse nachzuweisen sind. Es gab bisher m.W. keinerlei Lehrbuch oder nachprüfbaren Anforderungskatalog.

Schon ein Blick in das Inhaltsverzeichnis ist erhellend, hier ein kurzer Auszug:

  • Verfassungsrecht
    Rechte des Wissenschaftlers (Freiheit von Forschung und Lehre)
    Rechte des Bewerbers (Zugang zu Ämtern)
    Rechte des Prüflings (Berufsfreiheit, Rechtswegsgarantie)
  • Beamtenrecht
  • Prüfungsrecht
    Ablauf von Prüfungen
    Stellung von Prüfungsaufgaben
    Bewertung von Prüfungsleistungen
    Rechtswegsverfahren
    Rechts und Pflichten des Prüflings und des Prüfers
  • Strafrecht
    Typische Strafrechtsthemen aus dem Wirtschafts- und Korruptionsstrafrecht, Betrug, Veruntreuung usw.
  • Urheberrecht und Wissenschaftsethik
    Zitierpraxis, Autorenangaben, Umgang mit Fehlverhalten anderer
  • Schreiben wissenschaftlicher Werke
    Grundtechniken, Literaturrecherche, Beweistechniken, Veröffentlichung, Formale Anforderungen, Gute wissenschaftliches Praxis
  • Förderanträge
    Wie schreibt man sie? Wie schätzt man den Aufwand und das Antragsvolumen ab? Wie bringt man ein Förderprojekt ordentlich zum Abschluß?
  • Personalmanagement
    Pflichten eines Vorgesetzten, Dienst- und Angestelltenrecht, Urlaubsregelungen usw., Schreiben von Arbeitszeugnissen, Betreuung von wissenschaftlichen Mitarbeitern

und dergleichen mehr. Kurz gesagt: Die Anleitung, die Bibel, The Hitchhiker’s Guide zum Professor-sein. Alles das, woran die Realität krankt. Ich bin begeistert von diesem Buch.

Meine negative Kritik an diesem Buch betrifft ausnahmsweise nur einen einzigen Punkt, sie ist kurz, präzise und hart: Dieses Buch existiert nicht, es müßte erst noch geschrieben werden.

Ich habe mir sagen lassen, daß es etwa in den USA an vielen (vor allem den besseren) Universitäten üblich ist, daß es ein universitätsinternes Handbuch für Professoren gibt, in dem alles drin steht, was man wissen muß, und das man jedem Professor, der an dieser Uni neu anfängt, zu lesen gibt. Da steht dann drin, wie Prüfungen zu stellen und Prüfungsleistungen zu bewerten sind und dergleichen mehr. Im angeblich überregulierten Deutschland gibt es gar nichts. Da macht jeder, was ihm gerade in den Sinn kommt und einfällt. Das ist bei dem einen mehr, bei dem anderen eher weniger.