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Gleichzeitig Professor und Fraunhofer-Direktor ?

Bei meinen Nachforschungen ergibt sich gerade folgende Fragestellung: Wie kann eigentlich jemand gleichzeitig ordentlicher Landes-Professor und Direktor eines Fraunhofer-Instituts sein?

Hintergrund der Frage ist, daß eine Gerichtssachverständige, die gleichzeitig Professorin und Direktorin eines Fraunhofer-Instituts ist, keine der 6 an sie gestellten Fragen richtig und brauchbar beantworten konnte. Die ist mit anderen Sachen als mit der Beherrschung ihres Sachgebietes beschäftigt. Diese Nebentätigkeit als Direktorin wurde ihr als Nebentätigkeit vom Ministerium genehmigt. Aber warum?

Beispielsweise besagt § 79 des Hessischen Beamtengesetzes u.a. folgendes (ähnlich die anderer Bundesländer):

§ 79

Genehmigungspflichtige Nebentätigkeiten

(1) Der Beamte bedarf, soweit er nicht nach § 78 zur Übernahme verpflichtet ist, der vorherigen Genehmigung

1. zur Übernahme eines Nebenamts, einer in Satz 2 Halbsatz 1 nicht genannten Vormundschaft, Betreuung oder Pflegschaft sowie einer Testamentsvollstreckung,

2. zur Übernahme einer Nebenbeschäftigung gegen Vergütung, insbesondere einer Tätigkeit als Schiedsrichter oder Preisrichter, zur Erstattung von Gutachten, zur Übernahme von Forschungsaufträgen, von Aufträgen zu Entwicklungsarbeiten, zur Erstellung von statischen Berechnungen, zur Übernahme der Oberleitung bei Bauten und der örtlichen Bauleitung (Bauführung) und Entwurfsaufträgen sowie von Aufträgen zu Befundberichten,

3. zu einer gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit sowie zur Mitarbeit in einem Gewerbebetrieb oder einem freien Beruf,

4. zum Eintritt in den Vorstand, den Aufsichtsrat, den Verwaltungsrat, einen Beirat oder in eine sonstige Einrichtung einer Gesellschaft, einer Genossenschaft oder eines in einer anderen Rechtsform betriebenen Unternehmens sowie zur Übernahme einer Treuhänderschaft.

Als Nebentätigkeit gilt nicht die Wahrnehmung öffentlicher Ehrenämter sowie einer unentgeltlichen Vormundschaft, Betreuung oder Pflegschaft eines Angehörigen; ihre Übernahme ist vor Aufnahme schriftlich anzuzeigen. Satz 2 findet keine Anwendung auf Tätigkeiten nach Satz 1 Nr. 4

(2) Die Genehmigung ist zu versagen, wenn zu besorgen ist, daß durch die Nebentätigkeit dienstliche Interessen beeinträchtigt werden. Ein solcher Versagungsgrund liegt insbesondere vor, wenn die Nebentätigkeit

1. nach Art und Umfang die Arbeitskraft des Beamten so stark in Anspruch nimmt, daß die ordnungsgemäße Erfüllung seiner dienstlichen Pflichten behindert werden kann,

2. den Beamten in einen Widerstreit mit seinen dienstlichen Pflichten bringen kann,

3. in einer Angelegenheit ausgeübt wird, in der die Behörde, der der Beamte angehört, tätig wird oder tätig werden kann,

4. die Unparteilichkeit oder Unbefangenheit des Beamten beeinflussen kann,

5. zu einer wesentlichen Einschränkung der künftigen dienstlichen Verwendbarkeit des Beamten führen kann,

6. dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung abträglich sein kann.

Ein solcher Versagungsgrund liegt in der Regel auch vor, wenn sich die Nebentätigkeit wegen gewerbsmäßiger Dienst- oder Arbeitsleistung oder sonst nach Art, Umfang oder Häufigkeit als Ausübung eines Zweitberufs darstellt. Die Voraussetzung des Satz 2 Nr. 1 gilt in der Regel als erfüllt, wenn die zeitliche Beanspruchung durch eine oder mehrere Nebentätigkeiten in der Woche ein Fünftel der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit überschreitet. Das Vorliegen eines Versagungsgrundes nach Satz 1 und 2 ist besonders zu prüfen, wenn abzusehen ist, daß die Entgelte und geldwerten Vorteile aus genehmigungspflichtigen Nebentätigkeiten im Kalenderjahr dreißig vom Hundert der Jahresdienstbezüge des Beamten bei Vollzeitbeschäftigung überschreiten werden; das Ergebnis der Prüfung ist aktenkundig zu machen. Die Genehmigung ist auf längstens fünf Jahre zu befristen; sie kann mit Auflagen und Bedingungen versehen werden. Ergibt sich eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen nach Erteilung der Genehmigung, so ist diese zu widerrufen. Ist eine Tätigkeit nach Abs. 1 Nr. 4 durch Rechtsvorschrift übertragen, so gilt die vorherige Genehmigung als erteilt.
[…]

Wie paßt eine Genehmigung einer solchen Nebentätigkeit zu diesem Gesetz?

Ist nicht das Versagen als Sachverständiger ein Fall, in dem sich die Beeinträchtigung dienstlicher Interessen ergibt, und die Genehmigung widerrufen werden müßte?

Es stellt sich noch eine ganz andere Frage: Hessen verlangt Studiengebühren, weil angeblich die Kassen klamm sind. Gleichzeitig genehmigen sie Professoren exzessive Nebentätigkeiten. Wieviele Studenten müssen wohl Studiengebühren bezahlen, um diese Professorin mit allen Nebenkosten (Pension, Gebäude, Nebenkosten, Mitarbeiter,…) zu finanzieren?

2 Kommentare (RSS-Feed)

Flevan
19.4.2007 13:37
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Die Fraunhofer-Gesellschaft stellt für Professoren, die gleichzeitig ein Fraunhofer-Institut leiten, Ersatzprofessoren, die den Professor an seiner Uni vertreten. Als so großen Skandal kann ich das nicht ansehen Letztlich profitiert ja auch die Hochschule, wenn über einen Professor die Anbindung an ein Fraunhofer-Institut gelingt und man zusätzlich weitere Themen durch die Fraunhoferprofs anbieten kann.


Hadmut
19.4.2007 16:05
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Sorry, aber das ist Unfug.

Professoren sind (meist) Beamte. Und für Beamte gelten nun einmal gewisse Regeln, auch wenn sich an den Universitäten die Ansicht durchgesetzt hat, daß Professoren alle Rechte und keine Pflichten hätten, und Gesetze für sie nicht gälten.

Ein Beamter ist für seine Dienstaufgaben grundsätzlich selbst verantwortlich und kann das nicht übertragen. Er hat seine Aufgaben in eigener Person zu erfüllen.

Stell Dir mal vor, ein Polizist meinte, er hätte was besseres zu tun und stattdessen seinen Schwager als Ersatz mit seiner Dienstpistole losschicken, Verkehr regeln oder Räuber fangen. Was da los wäre. Der würde sofort rausfliegen.

Gleiches mit einem Feuerwehrmann, der nicht zum Dienst erscheint und stattdessen eine Aushilfe schickt.

Oder stell Dir mal vor, die Sachbearbeiterin im Finanzamt würde Deine Steuerunterlagen von ihrer Wohnungsnachbarin bearbeiten lassen, weil sie selbst was besseres zu tun hat.

Professoren haben Dienstaufgaben und nehmen hoheitliche Aufgaben wahr. Die haben sie in eigener Person zu erfüllen. Und das sind nicht nur Vorlesungen, das sind auch wichtigere Sachen wie Prüfungen, Gerichtssachverständigengutachten usw.

Falls das stimmt, daß die Fraunhofer-Gesellschaft hier “Ersatzprofessoren” stellt (wovon ich noch nie gehört habe, und mir das auch nicht vorstellen kann, denn Fraunhofer ist ein Verein und kann selbst keine Professoren stellen), dann wäre das umso verwerflicher, denn damit würde Fraunhofer zugeben, daß sie unerlaubt Professoren von ihren Dienstpflichten abziehen.

Außerdem ist es unsinnig: Was hätte Fraunhofer davon, wenn sie einen gleichwertigen Ersatz stellen? Da hätten sie doch den gleich als Direktor behalten können. Die Zeche zahlt also der Steuerzahler und der Studi.

Außerdem bezweifle ich, daß die Universitäten durch Abwesenheit von Professoren wirklich gewinnt (obwohl ich welche kenne, bei denen es am besten ist, wenn sie weg bleiben…). In dem Fall, den ich untersucht habe, hat eine Fraunhofer-Direktorin so viele Fraunhofer-Aufgaben, daß sie nicht mehr in der Lage ist, ihre regulären Dienstpflichten zu erfüllen und fachlich massive Wissenslücken hat. Die beherrscht vor lauter Geschäftemacherei ihr Fach nicht mehr. Und davon kann eine Universität nicht profitieren. Die Allgemeinheit schon gar nicht.

Höchste Zeit also, daß diese Praxis mal strafrechtlich ausgeleuchtet und beendet wird.