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Das seltsame Kriterium der Habilitationsäquivalenz…

Hadmut Danisch
18.1.2008 21:56

Manchmal muß man sich schon wundern, wie es an deutschen Universitäten zugeht, wenn Professuren besetzt werden.

Da wird in der Ausschreibung für eine Professur die Habilitation gefordert. Was an sich schon mal inkompatibel mit der Anforderung ist, daß Professuren international auszuschreiben sind, denn die Habilitation ist ein deutscher Sonderweg.

Warum gibt es die Habilitation? Flapsig gesagt, weil die Korruption überhand nahm.

Im 15. Jahrhundert war der Doktor noch der Nachweis der Lehrbefugnis. Deshalb heißt er auch so. Damals hat man den noch mit Anfang 20 erworben. Im Lauf der Zeit ist der Doktor aber mehr und mehr zum käuflichen Gegenstück des nur durch Geburt zu erwerbenden Adels geworden. Weil die Universitäten klamm waren, konnte man sich gegen immer weniger wissenschaftliche Leistung und immer mehr Geld den Eintritt in die gehobenen Schichten erkaufen. Das war eine für den deutschen Raum sehr typische Erscheinung, die bis heute anhält, das wurde zur echten Modeerscheinung. Deshalb ist der Anteil an Promovierten in Management und oberen Behördenetagen – wo der Nachweis einer Lehrbefugnis eigentlich nutzlose Zeitverschwendung ist – bei uns noch heute viel höher als im Ausland. Daraus entstand auch die Besonderheit, daß der Doktor hierzulande mit übertrieben hohem Ansehen verbunden ist, als Kennzeichen gesellschaftlicher Stellung angesehen und als Teil des Namens geführt wird. Schickeria eben.

Das brachte den Universitäten Geld und das Problem, daß das Promotionswesen überhand nahm und die Doktorgrade inflationär vergeben wurden. Ein Nachweis für Befähigung war er in Deutschland nicht mehr. Das merkt man bis heute, denn noch immer unterscheidet sich die Promotion in Deutschland eklatant von der im Ausland und wird auf EU-Ebene gerügt, weil sie intransparent und die Kriterien nicht nachvollziehbar sind.

Weil die Promotion keinen greifbaren Leistungsnachweis mehr abgab, mußte in Deutschland die Habilitation an die Stelle dessen treten, was eigentlich die Promotion sein sollte. Zwischen 1816 und 1869 wurde an den deutschen Universitäten deshalb eingeführt, daß für die Professur zusätzlich die Habilitation notwendig sein sollte – weil die Promotion einfach nichts mehr taugte. Der deutsche Sonderweg, um die Promotion als Handelsware beizubehalten.

Nun will man die Habilitation als alten Zopf abschneiden. Viele Hochschulen wehren sich, denn dann müßte die Promotion ja wieder ein nachvollziehbarer Leistungsnachweis werden – und stünde vor allem nicht mehr als Tauschmittel für die Wirtschaft bereit. Im Rahme des Bologna-Prozesses soll die deutsche Promotion ja gegen eine internationale, nachvollziehbare ausgetauscht werden. Die technischen Universitäten jaulen auf – angeführt durch den Karlsruher Rektor Hippler. Die Promotion sei unbedingt notwendig, um den Kontakt mit der Wirtschaft aufrechtzuerhalten. Also eigentlich der gleiche Mißstand wie im späteren Mittelalter, der bis heute überlebt hat und weiter gepflegt wird.

Also schreibt man nach wie vor die Habilitation in die Anforderungen zur Professur. Um jetzt aber nicht jeden, dem man mal im Wirtschaftsinteresse einen Doktor hinterhergeworfen hat, Professor werden zu lassen. Die gleiche Situation wie 1816.

Der Haken daran ist: Immer weniger Nachwuchsleute tun sich den Krampf um die Habilitation noch an. Auch da herrschen Schikane und Willkür, es gab mehrere Fälle, in denen über 20 Jahre darum gestritten wurde. Was eigentlich verlangt wird, weiß keiner so genau. Wird nach Lust, Laune und Interessenlage entschieden. Deshalb machen das immer weniger Leute.

Was also tun, wenn man nur habilitierte Leute haben will und sich keine bewerben?

Man tut so als ob.

Statt einer Habilitation läßt man einfach von irgendeinem externen Prof im Gefälligkeitsgutachten feststellen, daß der Bewerber habilitationsäquivalente Leistungen hat. Was das ist, überläßt man dessen Phantasie. Es reicht, daß irgendeiner behauptet, daß der Bewerber ja hätte promoviert sein können.

Und so trennt man die Spreu vom Weizen, die Nur-Promovierten von den Leider-nicht-Habilitierten, indem man die, die man haben will, einfach als habilitationswertig fingiert. Und als Nebeneffekt alle die von der Bewerbung abschreckt, die das nicht wissen oder nicht über entsprechende Verbindungen verfügen, um als habilitationswertig angesehen zu werden.

Wir sind eben in Deutschland.

4 Kommentare (RSS-Feed)

Jens
18.1.2008 23:37
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Statt einer Habilitation läßt man einfach von irgendeinem externen Prof im Gefälligkeitsgutachten feststellen, daß der Bewerber promotionsäquivalente Leistungen hat.

?!


Hadmut
19.1.2008 1:32
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Ja, danke, war ein Schreib-/Denkfehler. Meinte habilitationsäquivalente Leistungen.

Ist mir beim Schreiben danebengegangen, weil es an anderer Stelle auch um “promotionsäquivalente” geht…


yasar
21.1.2008 19:39
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Apropos promotionsäquivalent:

Ich darf als externer Dozent (Professor darf ich mich nicht nennen) Vorlesungen an der BA halten, Prüfungen durchführen, Studien- und Diplomarbeiten durchführen, etc. Nun ist es aber so, daß man sofern man als festangestellter Dozent (dann darf man sich übrigens auch Professor nennen) eine Promotion oder eine äquivalente Befähigung benötigt wird. Allerdings habe ich schon erfahren, daß es z.B. an einer BA sehr schwer ist, ohne ein Promotion eine Festanstellung zu bekommen. Sobald man nämlich bei der Bewerbung mit ein Dr. konkurriert, wäre es unmöglich dem Kultusministerium klarzumachen, daß der nicht promovierte Bewerber evtl. besser geeignet sei.

Daher bin ich immer noch externer Dozent.

PS. Ich denke an der FH oder einer Uni dürfte das dann mit dem Punkt Habilitation ähnlich aussehen.


yasar
21.1.2008 19:40
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Meinte natürlich Studien- und diplomarbeiten betreuen.