Das Land Baden-Württemberg und das Hausberufungsverbot für Professoren
Wieder einmal fragwürdige Praktiken bei der Ämtervergabe:
Im Zusammenhang mit dem Berufungsverfahren für eine Professur, bei dem man entgegen des gesetzlichen Hausberufungsverbots einen Mitarbeiter der Universität als Professor berufen will, hat das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst verblüffende Praktiken eingeräumt.
Das Landeshochschulgesetz verbietet Hausberufungen, laut Begründung wurden sie mit der Neufassung des Gesetzes gegenüber dem alten Zustand sogar verschärft. Nur unter engen Voraussetzungen werden Ausnahmen zugelassen. Dazu sagt das Gesetz, daß es sich eben um eine “`begründete Ausnahme”‘ handeln muß. Juristisch sind solche Soll-Vorschriften wie Muß-Vorschriften zu handeln, von denen nur in wenigen besonders gelagerten Einzelfällen abgewichen werden darf.
In dem aktuell betrachteten Fall gibt es keine begründete Ausnahme. Es liegt sogar eine Aussage eines Gutachters vor, wonach eben nichts besonderes vorliegt, was eine Ausnahme rechtfertigen könnte. Und auch das Ministerium hat in einer internen Notiz zunächst festgestellt, daß da nichts wäre, was die Ausnahme zulassen könnte.
Nun aber behauptet das Ministerium etwas ganz anders:
Die Universität begründet die Ausnahme bereits damit, daß der Bewerber “grundlagenorientiert” sei. Als ob das einen seltenen Sonderfall darstellen würde. (Zugegeben, es ist an vielen deutschen Universitäten wirklich die seltene Ausnahme, daß Professoren ihre Grundlagen beherrschen, aber das schon als Rechtfertigung einer Hausberufung herzunehmen ist wirklich dreist.)
Das Ministerium sagt nun, daß es seine “ständige Praxis” sei, diesen Sachverhalt als Rechtfertigung eines Ausnahmefalls heranzunehmen.
Diesen Schwachsinn muß man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: “Ständige Praxis in begründeten Ausnahmefällen”
Man setzt sich also permanent über das Gesetz hinweg, indem man jedesmal nur das Zauberwort “Grundlagen” oder “paßt gut zur Fakultät” sagt.
Ich halte das für den Straftatbestand der Untreue in Form von Ämterpatronage. Denn das Hausberufungsverbot dient vor allem auch dem Schutz der externen Bewerber, die gegenüber einem internen Bewerber strukturell benachteiligt sind. Das Hausberufungsverbot wurde zur Bekämpfung der Vetternwirtschaft eingeführt.