Die Uni Karlsruhe jagt jetzt Plagiate – bei Studenten
Die Universität Karlsruhe übt sich wieder in Heuchelei:
Wie bespielsweise SPIEGEL und Südkurier berichten, will man in Baden-Württemberg drakonisch gegen Plagiate vorgehen – wenn sie von Studenten kommen.
Ich halte solch weitgehende Maßnahmen für verfassungswidrig, denn es geht hier um Berufszugangsprüfungen, das Hochschulstudium unterliegt der Berufsfreiheit aus Artikel 12 Absatz 1 Grundgesetz. Eine Verwehrung des Berufszugangs muß im Prinzip denselben Kriterien genügen wie eine Entziehung eines Doktorgrades oder eines Diploms: Es müssen schwere Straftaten, etwa gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit, vorliegen, also Tötungsdelikte, Vergewaltigung usw. Das setzt nach bestehender Rechtsprechung grundsätzlich eine rechtskräftige Verurteilung wegen einer entsprechenden Straftat voraus, und damit eine Feststellung durch die Judikative.
Was man hier macht, nämlich die Verweigerung des Berufszugangs allein einer Einrichtung der Exekutive zu überlassen, halte ich schlichtweg für eine schwere Verletzung der Gewaltenteilung und damit einen Verfassungsbruch. Man will quasi einer Universität den Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit erlauben. Das ist nach allen bekannten Verfassungsmaßstäben verboten.
Der Berufszugang darf nur aus Gründen verweigert werden, die verhältnismäßige Rückschlüsse auf eine fehlende berufliche Qualifikation zulassen. Zweifellos ist eine plagiierte Leistung nicht zum Nachweis geeignet, die Prüfung nicht bestanden. Es ist aber nicht einzusehen, warum dies mehr Zweifel an der Berufstauglichkeit begründen soll als andere Arten, eine Prüfung nicht zu bestehen. Ich halte das für objektiv willkürlich und damit ebenfalls verfassungswidrig. Es dürfte auch kaum möglich sein, eine klare und juristisch greifbare Formulierung zu finden, die klar und im Lichte der Verhältnismäßigkeit abgrenzt, wann eigentlich der Tatbestand des Plagiats erfüllt wäre. Daß man im baden-württembergischen Wissenschaftsministerium auf Grundrechte pfeift und nach Lust und Laune verfährt, ist freilich bekannt.
Außerdem ist ein solches Ansinnen verlogen und heuchlerisch. Der Fisch stinkt vom Kopfe her, die übelsten Abschreiber sind nämlich nicht immatrikuliert, sondern verbeamtet – als Professoren. Die Staatsanwaltschaft Darmstadt schrieb mir beispielsweise mal, daß es an deutschen Universitäten üblich und von den Verlagen geduldet sei, daß Professoren sich ihre Bücher schreiben lassen. Gegen die übernimmt man überhaupt nichts. Wenn aber ein Professor unangetastet im Amt bleibt, obwohl er sich seine Bücher schreiben läßt, dann kann ein Plagiat rechtlich kein Berufshindernis und folglich verfassungsrechtlich auch keine Rechtfertigung für eine Exmatrikulation sein. Man kann nicht sagen, daß man plagiierende Studenten rauswirft, aber wenn der Schwindler erst mal Professor ist, dann ist das Abschreiben in Ordnung. So geht’s nicht.
Außerdem halte ich die Äußerungen der Universität Karlsruhe für besonders verlogen. Denn man hat hier mehrfach Dissertationen wissentlich mit Bestnoten ausgezeichnet, obwohl die nur bekanntes abgeschrieben haben. Unlängst hat man aus Karlsruhe eine Dissertation als beste Dissertation im deutschsprachigen Raum ausgezeichnet, obwohl ein großer Teil davon aus der Literatur übernommen war. Da wird geklaut und kopiert daß die Balken krachen.
Umgekehrt warf man mir in meinem Promotionsverfahren vor, daß ich nicht genug aus der Literatur übernommen hätte und zuviel eigenes Material brächte. Es ist in Karlsruhe gängige Praxis, daß Dissertationen in großem Umfang (teilweise sogar ganz) aus der Literatur und Diplomarbeiten abgekupfert werden Da findet man das normal.
Da an Professoren höhere Anforderungen als an Studenten zu stellen sind, wäre die richtige Vorgehensweise, zunächst mal das Plagiat als Rauswurfgrund für Professoren einzuführen. Und dann erst hätte man auch die verfassungsrechtliche Grundlage dafür, daß man einen plagiierenden Studenten erst gar nicht zu Ende studieren läßt.
Nachtrag: Ich habe in diesem Zusammenhang gerade Satzung der Universität Karlsruhe zur Redlichkeit bei Prüfungen entdeckt. Mal wieder typisch: Auf Studenten hauen sie rum, aber davon, daß Prüfer keine falschen Bewertungen abgeben und kein Schmiergeld verlangen dürfen, davon schreiben sie nichts.