Forschungsmafia: Titelhandel · Forschungsbetrug · Wissenschaftskorruption · Hochschulkriminalität

Die Kinderpornosperren und die deutsche Wissenschaft

Es war ja nur eine Frage der Zeit, bis irgendwer aus dem deutschen Wissenschaftszirkus die günstige Gelegenheit nutzt und sich den politischen Gegebenheiten anbietet.

Im Heise Newsticker erscheint ein Artikel (Quelle wurde nachgeliefert), wonach der Direktor des Hasso-Plattner-Instituts Christoph Meinel für eine Versachlichung der Diskussion um die Kinderpornographie eintritt.

Auf den ersten Blick erscheint dies als harmlos und vernünftig, denn eine Versachlichung ist eigentlich immer gut. Fragwürdig daran ist aber, daß er das einseitig gegen die Gegner der Sperren richtet. Jede Gesellschaft habe ein legitimes Recht, sich gegen die Veröffentlichung verbotener Inhalte zu wehren, so seine einzige greifbare Aussage.

Ich halte diese Erklärung für mehr als nur groben Unfug. Aus folgenden Gründen:

  • Sie ist unlogisch und basiert auf der Logik “nachts ist es kälter als draussen”. Er gibt axiomatisch vor, daß eine Gesellschaft ein legitimes Recht habe, sich gegen verbotene Inhalte zu wehren. Daraus schlußfolgert er direkt und ohne Betrachtung, daß die Befürworter der Sperre sachlich und die Gegner unsachlich sind.

    Da herrscht die gleiche Kurzschlußlogik, die ich bei Professoren schon so oft beobachtet habe: Wer für die eigene Meinung ist, der ist “gut, wissenschaftlich, sachlich”. Wer dagegen ist, der ist “schlecht, unwissenschaftlich, unbeachtlich, unsachlich”. Und zwar ohne, daß jemals betrachtet würde, was man sagt.

    Nach der Logik dieses Mannes ist automatisch jeder Gegner solcher Sperren unsachlich, ohne daß es darauf ankäme, was er sagt. Sachlichkeit würde seinen Worten nach voraussetzen, kritik- und kommentarlos alles zu tun, was gerade verlangt wird.

  • Ich könnte mich nicht erinnern, den in den Sitzungen zur Kinderpornosperren schon mal gesehen zu haben. Der redet über Vorgänge, bei denen er nicht dabei war. Woher will der eigentlich wissen, wer da sachlich und wer unsachlich argumentiert? Wer bei den Sitzungen dabei war, der würde die Frage der Sachlichkeit ganz anders sehen. Auch auch wer nicht dabei war, kann sich durchaus ein kritischeres Bild machen (Video), als dieser Professor es tut.
  • Man muß objektiv sagen, daß die Gegner der Sperren weitaus sachlicher sind als die Befürworter. Denn die Gegner bringen konkrete, greifbare und einleuchtende Argumente. Die Befürworter nicht. Es fällt auf, daß die Befürworter immer nur mit irgendwelchem Zahlen um sich werfen, von denen noch keine einzige nachprüfbar wäre oder auf einer belastbaren Quelle beruhte. Die drei Universalargumente der Befürworte sind “In Norwegen gehts doch auch”, “Das ist/wird politisch entschieden” und “Das überlassen wir den Providern”. Man muß schon sehr unwissenschaftlich veranlagt sein, um das für eine sachliche Argumentationsweise zu halten.

    Es fällt ebenso auf, und ist ja sogar schriftlich und per Video dokumentiert, etwa in den Parlamentsdebatten, daß die Befürworter der Sperren sich darauf zurückziehen, die Gegner permanent zu beleidigen, zu diffamieren und in die Nähe von Kinderschändern zu stellen. Die CDU sagt ja sogar selbst, daß die “argumentative Bringschuld bei den Kritikern läge”. Man versucht gar nicht erst, sachlich zu sein. Trotzdem hält dieser Professor Unsachlichkeit den Gegnern vor. Das ist eine sehr fragwürdige Auffassung von “Sachlichkeit”, die aber leider meinen Beobachtungen der Gepflogenheiten an deutschen Hochschulen entspricht, indem eben solche anscheinend seriös-objektiven Maßstäbe wie Wissenschaftlichkeit, Sachlichkeit, Beachtlichkeit immer wieder sehr subjektiv und willkürlich eingesetzt werden – gerne immer wieder verbunden mit den diversen akademischen Graden und Bezeichnung als Professor, Direktor usw.

    Man muß hier konstatieren, daß gerade dieser Aufruf zur Sachlichkeit selbst ein sehr unsachlicher und diskreditierender persönlicher Angriff gegen die Gegner ist, der nicht nur in der langen Reihe der bisherigen Anwürfe unter der Gürtellinie ist.

  • Der wahre Hintergrund seiner Aussage dürfte wohl ein ganz anderer, und zwar unsachlicher, sein: Der dürfte gerade unterschwellig für eigene Interessen klappern. Schaut man sich nämlich mal die Homepage seines Instituts näher an, dann findet man darin das Thema Safer Internet – Schutz vor unerwünschten und anstößigen Inhalten. Der sieht vielleicht gerade seine Forschungsaufträge und seinen Wichtigkeitsfaktor davonschwimmen. Die Tatsache, daß sein Forschungsbereich zwar Publikationen, aber keine zu diesem Thema auflistet, und die Sachkunde zu dem Thema auch sehr bescheiden zu sein scheint, drängt den Gedanken auf, daß dieser Forschungsbereich mal schnell und ad hoc gegründet wurde, und man sich mal eben selbst für kompetent erklärt. Auch das eine Standard-Methode der deutschen Hochschulen. Im Übrigen erscheint mir ein Titel “Schutz vor unerwünschten und anstößigen Inhalten” als ziemlich unwissenschaftlich und in der Informatik fehlplatziert. Die Informatik befasst sich höchstens mit der Frage, wie man sperrt, aber nicht damit, was unerwünscht und was anstößig ist. Schon diese Bezeichnung selbst erscheint mir als äußert unsachliche und gefärbte Darstellung und Anbiederung. Fast so, als müßte man sich dafür entschuldigen und rechtfertigen, daß man etwas tut, nämlich sich mit der Filterung zu beschäftigen.

    Die typische Vorgehensweise von Hochschulinstituten, die ich so schon bei Multimedia, Kryptographie, Kryptoverbot usw. miterlebt habe: Man biedert sich der Politik als Lieferant an, indem man ihnen den Mund redet. Eine sachliche und seriöse Aussage in der Presse hätte beinhaltet, daß man da ein eigenes “Forschungsgebiet” unterhält, damit also Geld braucht, und gerichtete Interessen hat, damit jeder Leser deren Eigeninteressen erkennen, die Aussage einordnen und entsprechend relativieren kann. Das hält der Professor aber hier nicht für angebracht. Ich will es so sagen: Seine und meine Auffassung von Sachlichkeit unterscheiden sich erheblich.

  • Der Professor meint, es wäre unsachlich, die Informationsfreiheit gefährdet zu sehen. Schon nach der Bezeichnung seines eigenen Forschungsgebietes will er aber “unerwünschte und anstößige” Informationen filtern. Mein Informationsbedarf – beispielsweise zur Korruption und zum Wissenschaftsbetrug – nährt sich überwiegend aus Quellen, die von Universitäten als unerwünscht und anstößig eingestuft werden. Denn dort werden oft – sogar offen – Kritik schlechthin als unerwünscht, und Hinweise auf Fehlverhalten als anstößig empfunden.

    Wenn also ein Professor daherkommt, noch dazu ein aus der Industrie nach deren Interessen bezahlter, und mir sperren will, was er für “unerwünscht und anstößig” hält, dann fühle ich mich in meinem Informationsrecht verletzt. Das hatten wir nämlich schon (siehe unten).

Für besonders fragwürdig halte ich aus zwei Gründen aber diese Aussage des Professors (siehe Quelle):

Der Wissenschaftler kritisierte Aussagen, dass die Sperrung von Kinderpornographie-Seiten im Internet das Grundrecht auf Informationsfreiheit gefährde. Solche, die dies behaupteten, schürten gleichzeitig “irrationale Ängste”, dass Websperren Stück für Stück auf weitere Inhalte im Internet ausgedehnt würden.

Der erste Grund, warum ich dies für fragwürdig halte, ist, daß dieser Professor offenbar nicht informiert ist und nicht weiß, wovon er da redet. Die Bittsteller, die eine Ausdehnung auf Jugendpornographie, Gewaltvideos, Glücksspiel, rechtsradikalen Dreck, usw. fordern, stehen schon Schlange, und äußern sich längst auch in der Presse. Entweder redet dieser Professor von etwas, worüber er sich – trotz des Forschungsgebietes – überhaupt nicht informiert hat, oder er sagt bewußt die Unwahrheit. Beides wäre nach meinen Erfahrungen nicht untypisch für Professoren der Informatik.

Der schwerwiegendere Grund ist aber, daß der Mann anscheinend auch über die Personalsituation an dem von ihm selbst geführten Hasso-Plattner-Institut schlecht informiert ist (oder sein will). Denn ausgerechnet an diesem Hasso-Plattner-Institut hatte der Professor Werner Zorn Unterschlupf gefunden, der an der Uni Karlsruhe wegen Unfähigkeit in Ungnade gefallen war. In Zusammenhang mit dessen Person steht der Streit um Korruption, Schmiergeldprüfungen und wissenschaftlichen Schwindel, aus dem der Streit um mein Promotionsverfahren entstand. Die Universität Karlsruhe hatte damals – mit Billigung des CDU-geführten Wissenschaftsministeriums von Baden-Württemberg – über ein Jahr lang die E-Mails von über 4.000 Personen heimlich gefiltert, um Kritik an den korrupten Zuständen zu unterdrücken. Hintergrund der Billigung der Filterung durch die Politik ist das Interesse der dortigen Landesregierung, Korruption zum hoffähigen Finanzierungsmodell für Hochschulen zu machen. Es gab sogar einen Versuch, Professoren aus den Korruptionsstraftatbeständen auszunehmen, weil der Staat die Hochschulen nicht mehr finanzieren kann – gezeichnet Dr. Angela Merkel. Und um die Kritik daran abzudrehen, hielt man es auf politischer Ebene für akzeptabel, meinungsbildende Inhalte aus dem E-Mail-Verkehr herauszufiltern. Es ist nicht die Frage, ob ein Mißbrauch stattfinden könnte. Der Mißbrauch hat schon stattgefunden. (Mehr dazu in Adele und die Fledermaus). In diesem Zusammenhang kam eben auch ans Licht, daß an der Uni Karlsruhe in größerem Umfang Schmiergelder für Prüfungen genommen wurden und daß besagter Professor Zorn ein negatives Prüfungsgutachten gefaked hatte, weil er die verlangte Schmiergeldleistung nicht erhalten hatte. In Karlsruhe wollte man das durch die Filterung vertuschen, und am Hasso-Plattner-Institut ist dieser Professor Zorn dann untergekommen, nachdem er sich in Karlsruhe nicht mehr sehen lassen konnte. Mit Bundesverdienstkreuz noch obendrauf.

Es erstaunt mich, wenn vor diesem Hintergrund ein Direktor des Hasso-Plattner-Institut öffentlich vorwirft, man schüre “irrationale Ängste”, wenn man äußert, die Sperren könnte auch auf andere Themen ausgedehnt werden.

2 Kommentare (RSS-Feed)

Stefan
10.5.2009 16:29
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Um diese Webseite mit Safer-Internet zu verpetzen bin ich hier – wenn auch zu spät. Mir fiel dabei auch auf, daß im Vereindie SES-ASTRA dabei ist: http://www.michael-noll.com/wiki/Safer_Internet_Project . Was machen die? Nun ja – unter anderem natürlich große Gechäfte mit legalem Porn: http://www.ses-astra.com/consumer/de/Sender/senderlisten/index.php . Es wäre natürlich ein Schüren irrationaler Ängste wenn man spekulierte, daß gewisse Kreise den Porn überhaupt aus dem Internet drängen wollen, um ungestört über andere Medien abzukassieren.

Oder daß die Sperre doch nicht auf gewöhnlichen Porn ausgedehnt wird, sondern auf Tauschbörsen u.ä., wo Spielfilme, Sport u.ä. getauscht werden.

Das kann man sich ja beim besten Willen nicht vorstellen.


Hadmut
10.5.2009 17:19
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Hehe, das ist natürlich hochinteressant…