Forschungsmafia: Titelhandel · Forschungsbetrug · Wissenschaftskorruption · Hochschulkriminalität

Noch ein paar Links zur Fälschung “wissenschaftlicher” Journale

Hadmut Danisch
10.5.2009 12:09

Sehr lesenswert:

Zitat aus dem Guardian-Artikel:

The first fun thing to emerge in the Australian case is email documentation showing staff at Merck made a “hit list” of doctors who were critical of the company, or of the drug. This list contained words such as “neutralise”, “neutralised” and “discredit” next to the names of various doctors.

“We may need to seek them out and destroy them where they live,” said one email, from a Merck employee. Staff are also alleged to have used other tactics, such as trying to interfere with academic appointments, and dropping hints about how funding to institutions might dry up. Institutions might think about whether they wish to receive money from a company like that in future. Worse still, is the revelation that Merck paid the publisher Elsevier to produce a publication.

Kommt mir alles so bekannt vor. Erinnert mich so stark an die Liste der Bösewichtiger, auf die mich die Uni Karlsruhe gesetzt hat, weil ich Kritik übe.

Kritiker persönlich anzugreifen und auszuhebeln und die Methoden der Erpressung und Intrige anzuwenden scheint in “Wissenschaftskreisen” zunehmend üblich – und schlimmer noch, akzeptiert – zu werden.

Vor diesem Hintergrund muß diese Heidelberger Erklärung eines Heidelberger Professors Roland Reuß und anderer noch viel kritischer gesehen werden. Es drängt sich immer mehr der Verdacht auf, daß diese Heidelberger Erklärer etablierte Betrugsmethoden verteidigen und aufrechterhalten wollen.

Entsprechende Parallelen findent sich auch in dem Göttinger Skandal: Dort nämlich hatten Wissenschaftler erfundene oder jedenfalls nicht veröffentlichte Publikationen aufgelistet und sie damit erklärt, daß diese eingereicht seien, aber eben noch im langwierigen Prozess des Peer-Review der Veröffentlichung steckten.

Immer deutlichere Hinweise gibt es aber, daß der ganze Peer Review ein einziger großer Schwindel ist. Immerhin habe ich in meiner eigenen Angelegenheit auch schon aufgedeckt, daß manche der Editors des Journal of Cryptology des Springer-Verlages, darunter der “Editor in Chief” Ueli Maurer, effektiv nicht in der Lage waren, schon eine als trivial hingestellte Dissertation zu bewerten. Maurer gab eine Bewertung ab ohne das, was er bewertet, gelesen zu haben. Nicht anders dürfte es wohl im Journal of Cryptology ausfallen.

Zudem kommen immer wieder Fälle ans Licht, in denen der Peer Review letztlich nur ein Feigenblatt für Korruption, Vetternwirtschaft und Zitier- und Veröffentlichungskartelle ist.

Diesen ganzen Schwachsinn hätten wir nicht, wenn wir generell mit Open Access arbeiten würden: Dann kann keiner mehr sagen, er hätte was geschrieben, aber es würde noch bei irgendeinem Verlag in der Veröffentlichungsschlange hängen. Gleich auf die Webseite des Instituts damit.

Ich bin ohnehin der Auffassung, daß das alte System der Veröffentlichungen überkommen und nicht mehr zeitgemäß ist. Man sollte lieber thematisch orientierte Publikationsinseln im Internet einrichten, in denen Papers, Bücher, Vorlesungsmaterial usw. zentriert und kontinuierlich aktualisiert werden.

5 Kommentare (RSS-Feed)

quarc
11.5.2009 19:31
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Open Access wird zwar die Bibliotheken aus dem Würgegriff der
Verlage befreien und wird es auch erschweren, Veröffentlichungen
einfach zu erfinden. Peer Review wird aber dadurch nicht überflüssig.
In einem System ohne Peer Review endet man bei einer Flut nichtssagender
Scheinpublikationen. Natürlich ist so etwas von den Traditionen des
betreffenden Faches anhängig, aber ich erwarte schon von einem Artilkel,
dass er einen Zuwachs in der Forschung dokumentiert, und finde es auch
ganz gut, wenn ich nicht der erste Korrekturleser sein muss.

Die Ausrede, eine Publikation stecke leider noch im Peer Review und sei
deshalb nicht verfügbar, ist bereits heutzutage nicht mehr haltbar.
Richtige Wissenschaftler stellen bereits seit Jahren die Preprints
entweder auf ihre eigenen Webseiten, oder ins ArXiv. Auch dies ist nicht
als Ersatz für Peer Review vorgesehen, sondern soll die Verfügbarkeit
der Forschungsergebnisse sichern, und natürlich die eigene Sichtbarkeit
erhöhen.


Hadmut
11.5.2009 19:55
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Im Prinzip richtig, aber ich stelle mir den Nachfolger des “Peer Review” eben auch ganz anders vor.

An stelle eines Verlags oder eines regelmässig erscheinenden Werkes könnte man es so machen, daß jedes Institut seinen Kram selbst publiziert, naheliegenderweise über ein Blog mit RSS, pings, trackbacks, und eben dem Abstract im Blog und dem Link auf das PDF. Damit kann man schon mal Institute “abonnieren”.

An Stelle eines Journals könnten “Meta-Blogs” oder Planets eingesetzt werden, in denen dann Editoren die Papers als Link auflisten, die sie für gut halten. Und zwar unabhängig von der Erscheinung irgendwelcher Ausgaben, sondern kontinuierlich.

So hätte man viele Nachteile beseitigt. Jeder publiziert gleich und besonders gute Leute kochen daraus eine Auswahl.


quarc
13.5.2009 20:06
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Gut, so ein System ist erst mal nicht schlecht. Auf der Seite der
Veröffentlichung können Institute das bereits jetzt machen, und tun
es oft auch, sei es mittels hauseigener Preprintservern oder
öffentlicher Preprintservern.

Aber die von Dir angesprochenen Probleme mit der Bewertung werden
dadurch nur verlagert: ob es wirklich die “guten Leute” sind, welche
dann eine Auswahl kochen, ist genausowenig sicher wie jetzt.
Ebensowenig werden dadurch Zitierkartelle etc. eingeschränkt.

Aber solche “fliegenden Editorial Boards” habe durchaus einen
gewissen Charme.


Hadmut
13.5.2009 20:22
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Naja, es verbessert die Sache schon erheblich. Erstens sind die Verzögerungen weg, weil man sein eigenes Zeug gleich raushängt. Zweitens hat zunächst mal jeder gleiche Chancen und man wird nicht am Veröffentlichen gehindert oder ausgebremst.

Und der wesentliche Unterschied ist, daß es früher erst den Verlag, den Lektor, den Review die Rückkopplungen, die Meckereien irgendeines Komitees gab, man also letztlich nur eine Wurst angeboten hat, an der schon viele rumgeschnippelt haben.

Besser wäre es, erst zu veröffentlichen und es dann eben jenen “fliegenden Editorial Boards” (Schönes Wort!) zu überlassen, die guten herauszupicken und besonders zu zitieren. Die Reihenfolge ist eben eine andere. Und dem Leser wird nicht durch die Auswahl die Meinung des Boards aufgezwungen, sondern umgekehrt kann der Leser sich nach der Auswahl richten oder es auch bleiben lassen und selber suchen oder andere Editoren wählen.

Und noch ein Unterschied: Normalerweise kann man ein Paper immer nur bei einem Journal oder einer Konferenz präsentieren. Hier wäre es aber so, daß man es einmal veröffentlicht und beliebig viele Auswahlgremien darauf verlinken können, wie bei Blogs eben. Fände ich viel besser.


quarc
15.5.2009 19:58
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Die Verzögerungen gibt es auch jetzt schon nicht mehr, es sei denn,
der Autor will es so.
Als ich im Januar einen Artikel einreichte, war der schon im ArXiv,
bevor ihn der Verlag hatte. Ob der unbekannte Referee nun noch zwei
Monate länger braucht oder nicht, ist dadurch erst einmal egal.