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20 Jahre alte Informatik-Übungsaufgaben

Hadmut Danisch
17.5.2009 22:22

Gerade beim Ausmisten darüber gestolpert.

Ich habe vor einiger Zeit schon kubikmeterweise Informatik-Altpapier rausgeworfen, ein paar Sachen hatten aber überlebt. Weil demnächst ein Umzug ansteht, miste ich gerade nochmal verstärkt aus. Dabei bin ich noch auf einen Ordner gestoßen, in dem sich Übungsaufgaben aus einer Informatik-II-Vorlesung waren, bei denen ich damals Tutor war und einige der großen Übungen gehalten habe. Und wie es der Zufall so will, exakt 20 Jahre alt (fangen mit Mai 1989 an). Und noch ein Semester ältere Info-I.

Programmieren in Modula-2 am Macintosh-II. Diverse Programmierübungen, wie Sortieralgorithmen, aber auch Assembler, dazu der VAX-Prozessor und der Motorola 68000. Und MINIMA, eine künstliche, extrem reduzierte Assemblersprache mit fiktivem Prozessor, die ich mir damals für die Vorlesung ausgedacht hatte. Dazu ein Simulator in Modula-2. Die Studis bekamen das damals als compiliertes Programm, um in MINIMA zu programmieren, und als Modula-Quelltext, in dem das Stück mit der Simulation der Maschine fehlte. Das wieder zu ergänzen war damals eine der Aufgaben. Hat damals einen Riesen-Spaß gemacht. Einige Studis hatten sich damals sogar einen eigenen MINIMA-Assembler geschrieben, obwohl das gar nicht verlangt worden war.

Für die Erstsemester damals noch meine Einweisung in die Macintosh-Rechner, in der erklärt wurde, wie man einen Computer einschaltet, was eine Maus ist und wie man sie benutzt, was eine CTRL-Taste ist, was eine Diskette ist, wo man sie günstig bekommt. Was es mit dem Schreibschutzschieber auf sich hat, wie herum man die Diskette in den Rechner steckt und – ganz wichtig – daß man vorher die andere Diskette herausholt, falls noch eine im Laufwerk steckt. Die Einweisung wurde jahrelang von Institut zu Institut weitervererbt und dabei ergänzt und aktualisiert.

Ansonsten viel Theorie, insbesondere Algebra. Polynome, Potenzreihen. Inversen bestimmen und damit rumrechnen. Mengentheorie, Hassediagramme, Partitionen, Logik-Kalküle.

Ich muß sagen, daß ich nicht mehr alle Theorieaufgaben – je nach Gebiet sogar eher wenige – nach 20 Jahren noch auf Anhieb hätte lösen können ohne mich zumindest nochmal ein bischen reinzulesen. Beispielsweise hätte ich auch heute noch leicht Hassediagramme erstellen können, wenn ich mich denn noch daran erinnert hätte, was das war. Ein Blick in meine Tutoren-Musterlösung und schon war wieder klar, worum es ging, aber es war einfach mal alles weg. Oder die Inverse einer Potenzreihe zu finden wäre mir jetzt auch nicht mehr schnell gelungen, weil ich einfach den Blick nicht mehr habe, um dem Ding sort anzusehen, daß man es auch als einfaches Produkt hätte schreiben und dann leicht invertieren können.

Ich muß aber auch sagen, daß ich diese Theorie-Teile seit eben jenen Informatikvorlesungen nie wieder gebraucht habe. Die waren interessant und haben eigentlich auch Spaß gemacht. Aber verwenden konnte ich das nie. Man muß aber auch dazu sagen, daß das Institut damals diese Inhalte in Informatik I und II preßte, weil man nicht lehren wollte, was für einen Vordiplom-Informatiker wohl wichtig wäre, sondern eher um einfach das zu lehren, was das Institut damals interessenhalber sowieso trieb, um den Lehraufwand gering zu halten. Die Vorlesung unterschied sich deshalb stark von den Info-I/II-Vorlesungen der anderen Professoren, besonders stark von der, die ich damals selbst gehört hatte. Und machte den Studenten im weiteren Studium auch Probleme, weil sie das, was sie eigentlich gebraucht hätten und worauf dann andere Vorlesungen aufsetzten, nicht konnten. Nun war es aber eben auch so, daß die Vorlesung in dem Institut, an dem ich damals Hiwi und Tutor war, ein Professor hielt, der selbst nie Informatik studiert hatte und den normalen Info-I/II-Stoff nicht beherrschte und nicht kannte. Also lehrte man die Studis halt irgendwelche Theorie, und überlies die Lehre des Programmierens einfach den Assis und Hiwis für die großen Übungen und die vielen Vorlesungen, in denen sie den Chef vertreten mußten, weil der wieder mal nicht da war.

Die aus diesen Vorlesungen rückblickend wichtigsten Themen für mich waren eigentlich Programmieren, Maschinensprache, Programmverifikation.

3 Kommentare (RSS-Feed)

yasar
18.5.2009 12:20
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Schon zu unserer Zeit (ab ca. 1983) wurde von den Studenten festgestellt, daß es zumindest im Grundstudium vor dem Vordiplom sinnvoller wäre, bestimmte Lehrinhalte quasi in einem Lehrplan festzulegen und diese durch spezielle didaktisch geschulte Mitarbeiter (die nicht unbedingt Professoren sein sollten) vermittelt werden sollten (etwa so wie in der Schule). Das hätte den meisten Studenten bessere Grundlagen vermittelt. Außerdem hätte es den Vorteil gehabt, den Professoren ungeliebte Vorlesungen aufzudrücken, bei denen die Abneigung gegen “fachfremde” Inhalte deutlich zu Tage traten. Die hätten sich dann später denn in ihren eigenen spezifischen Vorlesungen austoben können (sofern sie keine Terminprobleme haben. 😉

Außerdem waren zu meiner Zeit als Student sehr oft die Vorlesungen, die von Assistenten gehalten wurden meist qualitativ hochwertiger als die von den Professoren selbst..

PS: Zumindest im Grunmdstudium war es meist einfacher sich den Stoff aus den Skripten und aus Büchern anzueignen und nur die Übungsstunden zu besuchen (wegen der Scheine) und ansonsten die Zeit der Vorlesungen für andere Tätigkeiten zu nutzen (Informatikkolloquim mit interessanten Gastdozenten, Vorlesungen höherer Semester, Baggersee am Freitag Nachmittag, etc)


Zugschlus
19.5.2009 16:18
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Ich habe diese Vorlesung damals als Studi gehört und kann mich beim besten Willen nicht mehr an MINIMA erinnern 😉

Aber daran, dass mich der Tutor damals gerügt hat, dass ich um die Lösung meiner Übungsaufgaben eine Schleife herumprogrammiert hatte, damit er das Programm bei der Abnahme einfach ohne Neustart mit neuen Eingabedaten versorgen konnte, erinnere ich mich noch. Und dass ich derartige Serviceleistungen für den Rest des Studiums einfach bleiben gelassen habe.


Hadmut
19.5.2009 19:15
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Wie, Du hast Deine Übungsblätter nicht aufgehoben? Es gab damals einige Übungsaufgaben mit MINIMA, beispielsweise einen Quicksort zu implementieren. Weil es für Programm und Daten ja insgesamt nur 256 Byte Platz gab, gab es ja auch einen Wettbewerb, wer die meisten Zahlen sortieren kann (=wer das kürzeste Programm schreibt). Allerdings habe ich auch nicht mehr alle Aufgabenzettel und Musterlösungen gefunden. War aber eigentlich ganz lustig. Aber von der 68000er-Assembler-Einführung ist doch noch was übrig, oder?

Aber dann warst Du damals auch nicht in meiner Gruppe, denn ich fand solche Schleifen immer gut und praktisch.