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Handelsblatt: “Die verlorene Ehre des Doktor h.c.”

Hadmut Danisch
28.5.2009 20:31

Der richtige Artikel zur richtigen Zeit.

Da bin ich gerade dabei, der seltsamen Diskrepanz nachzugehen, daß Ehrendoktorwürden laut den bestehenden Promotionsordnungen nur für besondere Wissenschaftliche Leistungen verliehen werden könnten, in der Realität aber immer öfter für Geld vergeben werden (teils sogar ganz offen als Quittung für Spenden), da erscheint im Handelsblatt doch gerade der passende Artikel über das inflationäre Verschleudern akademischer Grade. Zitat:

Die Entwertung akademischer Titel ist allgegenwärtig. […] Ab einem bestimmten Stadium in der akademischen Karriere von Professoren im deutschsprachigen Raum sind Ehrendoktortitel ein wichtiger Schmuck.

Schön gesagt. In der Tat ist es auffällig, wieviele Professoren ab einem gewissen Alter als Prof. Dr. Dr. h.c. mult. herumlaufen, wobei man sich immer fragt, was die eigentlich geleistet haben wollen, vor allem für andere Universitäten, die ihnen den h.c. verliehen haben. Es ist meist ziemlich offensichtlich, daß man sich die Dinger einfach auf Gegenseitigkeit umhängt und dann so tut, als würde es was bedeuten und als würden die Leute höher als andere stehen. Weil Professoren im Gegensatz zu Laufbahnbeamten keine Beförderung kennen, behängen sie sich halt gegenseitig mit Lametta.

Schon diese Formulierung, jemandem die “Ehrendoktorwürde verleihen”. Auch beim normalen Doktor wird ja immer wieder von einer “Doktorwürde” geredet.

Würde hat man oder man hat sie nicht. Eine Universität kann niemandem Würde verleihen. Sie kann einem die Würde allenfalls nehmen, denn das meiste, was heute an den Universitäten abläuft, ist in jeder Hinsicht unwürdig.

Ein wesentlicher Schritt zur Korruptionsbekämpfung wäre es, den Doktor in Deutschland nicht mehr im Namen zu führen (was es in den meisten Ländern ohnehin nicht gibt). Ich finde das schon verspottenswert, wenn auf universitären Teilnahme- oder Anwesenheitslisten die Leute nicht alphabetisch oder in der Reihe ihrer Anmeldung, sondern nach der Anzahl und Länge der Titel im Namen sortiert werden. Die bauen sich da künstliche Hierarchien und Auszeichnungen auf und lügen sich selbst was in die Tasche.

Naja, und dann kommen eben alle diese Ehrentitel gegen Geld dazu, ein Ehrendoktor hier, ein Ehrensenator da, dort mal eine Honorarprofessur, vielleicht auch mal ein Institut oder ein Hörsaal, der nach irgendwem benannt wird.

Und dann gibt es die dritte Kategorie, wenn eine unbekannte Provinzfakultät sich selbst mit dem Namen irgendeines Promis schmücken und ins Licht stellen wollen, indem sie irgendwem einen Ehrentitel verpassen. Bekannte und berühmte Politiker können sich kaum noch dagegen wehren, daß ihnen wo sie gehen und stehen Ehrendoktortitel an den Kopf geworfen worden und selbst die übelsten Unis noch versuchen, sich in deren Schlepptau einzuhängen.

Und das absurdeste, was ich bisher gesehen habe, ist nun die “Ehrenbetriebswirtin Verona Pooth”. Fachhochschule Neu-Ulm. Was muß das für ein runtergekommener Laden sein. War warscheinlich deren einzige Hoffnung, überhaupt mal in die Presse zu kommen. Ich wußte gar nicht, daß es in Neu-Ulm eine FH gibt (und da hab ich tatsächlich mal für ein paar Wochen zu tun gehabt, das letzte Kaff…). Daß für deutsche Hochschulen kein Niveau zu niedrig ist, das war mir bekannt. Aber daß eine Verona Pooth so tief sinken würde, sich für so einen Mist herzugeben, hätte ich nicht gedacht. Obwohl – die macht ihr Geld ja mit Werbung. Und die Ehrentitel werden ja immer billiger. Vielleicht haben die jetzt die Nullmarke unterschritten und die haben der noch Geld dafür gegeben, daß sie den Mist mitmacht. Wäre aus ihrer Sicht jedenfalls betriebswirtschaftlich. So als Ehrenbetriebswirtin…

2 Kommentare (RSS-Feed)

Bob
28.5.2009 22:11
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Da fälllt mir noch eine Geschichte zu ein:

Ein Ami, den ich beim Backpacking in Asien traf, erzählte mir, dass er mal aus irgendwelchen beruflichen Gründen in Österreich war und dort vom Flughafen abgeholt wurde. Der Chauffeur baute dann einen Auffahrunfall bei dem sich auch jemand verletzte und so wurde ein Krankenwagen gerufen und die Polizei kam, um den Unfall aufzunehmen. Das erste, was die ihn fragten, war sein Name. Das zweite, ob er einen Doktortitel hätte. Der ist da aus allen Wolken gefallen, wieso GERADE DAS jetzt bitte irgendwie relevant sein.

Naja, ich hab das mal damit erklärt, dass das zumindest in Deutschland Teil des Namens ist. Aber doch eine sehr interessante zweite Frage bei einem Auffahrunfall mit Verletzten…


quarc
29.5.2009 17:26
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Die Österreicher (und auch noch frühere Teile der Doppelmonarchie)
treiben die Titelehrfurcht noch deutlich weiter als die Deutschen.