Die Promotion als letzte Verzweiflungstat
Es bahnt sich ein Promotionsparadoxon an.
Schon bisher war die Promotion paradox. Die, die nichts können und dem Institut nichts bringen, können schnell und einfach promovieren, damit man sie wieder loswird. Die, die was können, hält man möglichst lange fest und versaut ihnen dazu die Promotion. Schon bisher stehen unfähige Leute also mit ihrer Promotion besser da als die fähigen.
Nun schreibt der SPIEGEL gerade das da, daß sich die Chancen für Uni-Absolventen am Arbeitsmarkt gerade sehr schlecht darstellen und deshalb immer mehr die Promotion als Verzweiflungstat oder zum Überwintern ansehen.
Das hat interessante Aspekte. Die wirklich guten Leute, die auch in dieser Marktlage einen Job finden, gehen in die Industrie. Die nicht so guten oder schlechten bleiben an der Uni, promovieren, bilden den wissenschaftlichen Nachwuchs. Stehen dann später mit Promotion dar oder bilden in ein paar Jahren den Bewerberpool für Professoren als unteres Mittelmaß. Bestenauslese umgekehrt – die Besten sind schon anderweitig ausgelesen.
Das hat übrigens noch andere Effekte. Zu meiner Zeit hatte ich Glück, daß die Informatiker “flüssig” waren was die Geldmittel anging, weshalb ich eine volle Stelle hatte. In einigen anderen Fächern war es aber damals so, daß sich zwei oder drei Doktoranden eine Stelle teilen mußten und dadurch nur ein halbes oder gar ein Drittel BAT-IIa bekamen. Dafür aber dann trotzdem die volle Zeit am Institut arbeiten mußten und nebenher noch kellnern oder so. Keine Chance zum Promovieren. Das durften die dann nach Ende der Mitarbeiterzeit ohne Bezahlung und auf Arbeitslosengeld tun. (Wobei es auch bei den vollbezahlten Informatikern – unter Verletzung des Arbeitsvertrag – de facto so aussah, daß man sie nicht während der Arbeitszeit promovieren ließ.) Der Universitätsbetrieb beruht im wesentlichen darauf, daß man genügend Dumme findet (d.h. mit der Promotion erpresst), die für Hungerlöhne arbeiten (vgl. auch Artikel in der ZEIT von 1998). Das dürfte sich wieder verschärfen.
4 Kommentare (RSS-Feed)
Gerade habe ich den Blog ‘Leaving Academia’ entdeckt, der vor einigen Tagen sich ebenfalls zu diesem Thema geäußert hatte. Soll man ‘academia’ verlassen, trotz mieser wirtschaftlicher Lage?
http://www.leavingacademia.com/2009/05/should-you-quit-grad-school-during-the-recession/
Die Antwort war eindeutig: Ja klar, auf jeden Fall!
Und das beste ‘Gain/Cost’-Verhältnis erreicht man … wenn man bereits direkt nach dem Diplom bzw. Master schnellstens das Weite sucht:
http://www.leavingacademia.com/2009/05/if-youre-going-to-quit-academia-when-should-you-do-it/
Und der Blog behandelt ‘academia’ im angelsächsischen. Für die deutsche Wissenschaft gilt dies alles ebenso, vielleicht sogar noch mehr. In meinem Bekanntenkreis nimmt die ‘Flucht aus der Uni’ inzwischen Züge einer Massenbewegung an…
Wuahahaha, der ist gut! 🙂
Das, was Du im zweiten Abschnitt beschreibst ist übrigens einfach eine Variante des Dilbert-Prinzips, das ja in der Industrie “entdeckt” wurde.
http://en.wikipedia.org/wiki/Dilbert_Principle