Forschungsmafia: Titelhandel · Forschungsbetrug · Wissenschaftskorruption · Hochschulkriminalität

Professorinnen

Hadmut Danisch
18.6.2009 23:52

Ein paar Überlegungen und Beobachtungen zum Thema Frauen in der Wissenschaft.

Das Thema hatte ich ja schon mehrfach angeschnitten, beispielsweise hier. Nun habe ich noch einige interessante Blog- und Presseartikel gefunden.

Der Präsident der DFG beklagt, daß nur 15 Prozent aller deutschen Professuren mit Frauen besetzt sind. Man müsse Frauen besser fördern. Ob allerdings überhaupt mehr Frauen den Wunsch verspüren, sich in das absurde Hickhack der deutschen Universitätsforschung zu begeben, bleibt offen. Wie immer versucht man einen Zustand im Hau-Ruck-Verfahren zu ändern ohen über Ursachen nachzudenken.

Andere vermuten, daß das neue Interesse an der Frau nicht auf Gleichberechtigung, sondern auf Fachkräftemangel zurückgeht. So ähnlich wie während des und nach dem zweiten Weltkrieg, als die Männer im Krieg oder gefallen waren und man in verschiedenen Ländern vorrübergehend die Männerberufe und -sportarten mit Frauen besetzten, und bei uns die Trümmerfrauen aufräumen mußten, weil ja sonst niemand mehr da war. Frauen in die Professuren als Notlösung. Intelligenz zweiter Klasse, man nimmt halt, was man kriegen kann. Eine etwas seltsame Sichtweise, aber vielleicht nicht ganz abwegig.

Interessant, daß es dann immer das Argument gibt, daß Frauen nicht dümmer als Männer sind. Vielleicht ist es ja schlauer, sich nach dem Studium nicht in den Hochschulsumpf zu begeben. Vielleicht liegt es ja daran, daß Frauen etwas nüchterner über ihre Kariere nachdenken und eher den sicheren Weg gehen als sich auf Jahresverträge und das Roulette-Spiel der Hochschulkarriere einzulassen. Der Fehler liegt in der Gleichung Hochschulkarriere = klüger.

Ein ganz profaner Grund, eine Frau als Professorin einzustellen ist der, daß man dafür extra Geld bekommt. 12 Millionen in Baden-Württemberg. Und für Geld bekommt man an deutschen Universitäten schließlich alles – Doktorgrade, Gefälligkeitsgutachten und -studien, und natürlich auch Professuren.

Kritik gibt es durchaus. So fragt etwa das Femokratie-Blog zu Recht, ob es nicht paradox sei, wenn die Ministerin Schavan für “hervorragend qualifizierte Wissenschaftlerinnen” Förderung und Quote einführt. Die Zweifel sind berechtigt. Normalerweise fördert und quotiert man Benachteiligte. Behinderte. Zuwanderer. Randgruppen. Und jetzt Frauen. Wenn sie doch so hervorragend sein sollen, warum müßte man sie dann fördern? Heißt das nicht doch, daß das Maß dessen, was man als “hervorragend” ansieht, doch sehr relativ und für Männer und Frauen unterschiedlich ist? Daß man eine hervorragende Frau trotzdem noch fördern muß, um konkurrenzfähig zu sein? Bei der Ministerin Schavan haben wir ja durchaus schon bei den Exzellenzuniversitäten gesehen, daß der Begriff der Exzellenz nicht an objektiven Kriterien, sondern an politischen Zielsetzungen orientiert und willkürlich gesetzt wird. Warum sollte sie es bei “hervorragend qualifiziert” anders machen?

Vielleicht ist das so wie im Sport: Da gibt es für Männer und Frauen auch getrennte Leistungstabellen und Weltrekorde, da ist “herausragend” auch jeweils was anderes. Der Gedanke ist böse, aber die Konsequenz aus dem, was etwa die Ministerin Schavan oder das Femokratieblog da so aussagen.

Immerhin meint man, daß Frauen es in der Mathematik besonders schwer haben und dort nur 15% der Habilitationen von Frauen stammten.. Nur die Ursachenauffassungen klaffen weit auseinander. Die einen sehen natürlich männliche Bevorzugung von Männern.

Die anderen haben eine ganz andere Erklärung dafür, daß Frauen in Mathematik schlechter sind als Männer. Nämlich ausgerechnet mathematische Gründe. Und noch dazu einleuchtende, die auch meinen Beobachtungen entsprechen, ich nur noch nie so genau drüber nachgedacht. Die Aussage ist nämlich, daß Frauen im Mittel genausogut in Mathematik sind wie Männer. Aber daß bei Männern die Streuung breiter ist. Wer sich so ein bischen mit Statistik auskennt, weiß was das heißt: Die Frauen haben mehr durchschnittlich begabte und sind daher in der Mitte stärker vertreten (was die besseren Abiturnoten erklärt), während bei Männern die Kurve in beiden Seiten flacher verläuft und die Männer in den Extremen mehr haben – besonders Doofe wie besonders Schlaue. In der Graphik des SPIEGEL (beruhend auf University of Wisconsin) sieht das dann so aus. Das heißt zwar, daß die Frauen in der großen Masse besser sind, aber am oberen (wie am unteren) Ende die Männer dominieren. Und da hilft alles fördern und quotieren nichts. Erscheint mir plausibel.

Wer das jetzt für chauvinistischen Unfug hält: Diese mathematische Erklärung dafür, warum Frauen im oberen Bereich in Mathe schlechter als Männer sind, stammt … von Forscherinnen.

Vielleicht ist das dann so wie beim Kochen: Es dürfte wohl so sein, daß der überwiegende Teil von Essen, das in Deutschland insgesamt mittags oder abends zubereitet wird, von Frauen gemacht wird. Bei den Spitzenköchen dominieren ganz klar die Männer. Dafür gibt es dann bei den Männern auch welche – wie mich – die das Kochen lieber ganz bleiben lassen sollten. Im Mittel gleich.

Die Konsequenz daraus ist aber dann die, die ich schon mehrfach angesprochen habe, nämlich daß man durch den Versuch, diese Situation so weit auszugleichen, daß Frauen auch bei Professuren usw. chancengleich sind, die für sie anzulegenden Maßstäbe – bewußt oder unbewußt – so massiv senkt, daß für sie letztlich leichtere Bedingungen herrschen.

4 Kommentare (RSS-Feed)

Stefan
19.6.2009 3:43
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Das verstehe ich nicht. “daß die Frauen in der großen Masse besser sind, aber am oberen (wie am unteren) Ende die Männer dominieren” – mal angenommen, dem sei so, so ist damit doch nicht gesagt, wieso das so ist, und ob man das durch Förderung z.B. ändern kann oder nicht.

Auch der Spon-Artikel stellt es anders dar: “Für Hyde und Mertz belegen diese Statistiken über Schüler und Mathe-Genies gleichwohl, dass mathematisches Talent nicht an ein bestimmtes Geschlecht gebunden ist. Bei der Pisa-Studie von 2003 waren in Ländern wie Island, Thailand und Großbritannien im obersten Prozent genauso viele Mädchen wie Jungs.”

Aus einer Schwankung wie bei China (15,8%, 5,6%, 1,7%) oder UdSSR/Russland (1,8%, 21,7%, 3,3%) kann man doch nur ableiten, daß eine Naturkonstante offenbar nicht dahintersteckt.


ElenaM
20.6.2009 7:28
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Ich finde es äusserst amüsamt wie die deutsche Politiker oder Hohschulangehörige (Profs) über die Frauen in der Wissenschaft sprechen. Befor ich diesen Species getroffen hatte war es mir gar mich bewusst, dass ich “nur eine schwache Frau bin” ;-). Einfach in der Schublade: “Frau” und schluss.
Aber es ist auch sehr amüsant wenn Mathemathiker oder Physiker (vermutlich etwas in dieser Richtung sind die meiste Beteiligten in diesen Blog-forum) darüber theoretisieren, immerhin ehrlicher und sympatischer.


yasar
20.6.2009 12:01
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Also ich glaube nicht, daß man statistisch relevant nachweisen kann, daß die Varianz der Begabung vom geschlecht abhängt. Wie imemr bei solchen Statistiken müßte man untersuchen, wie die Stichproben zusammengestellt sind.

Ich persönlich bekomme mit, daß einige Male der irrigen Ansicht war, daß sie angeblich keine Begabung für Mathematik udn Naturwissenschaften hätte. Was aber tatsächlich der Fall ist, daß es anscheinend wesetlich darauf ankommt wie man Ihr die Sachverhalte vermittelt.

Ich habe nämlich festgestellt, daß sich (meine) Jungs viel schneller mit einer Erklärung zufireden geben, als mein Mädchen. Sie fragt mehr nach und ist sich unsicher ob sie es auch richtig verstanden hat. Die Jungs sind da viel selbstsicherer. Da wir darauf achten, daß unsere Kinder alle die Unterstützung bekommen die sie benötigen, gehe ich davon aus, daß diese Unterschiede nicht durch unsere Erziehung, sondern eher durch das Umfeld z.B. Schule oder Freundeskreis zustandekommen.


quarc
22.6.2009 20:55
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Die These mit der unterschiedlichen Variationsbreite ist ja
ganz nett, ich bezweifle aber, dass man damit auch Unterschiede
im beruflichen Karriereverlauf hinreichend erklären kann.
In Kurzform:

(1) Begabung =/= Fähigkeiten

(2) Fähigkeiten =/= beruflicher Erfolg

(3) beruflicher Erfolg =/= Karrierechancen

Hinzu kommt, dass im Spiegelartikel offenbar wieder einmal Mathematik
mit Rechnen verwechselt wurde (keine Überraschung in einem Artikel,
in dem man von “Spitzen-Mathematkern” schreibt, um den Lesern
längere Wörter vorzuverdauen).

Wesentlich interessanter geschlechtsspezifische Unterschiede,
wenn man sich nicht auf die (nebulöse und scheinbar vom Himmel fallende)
Begabung stürzt, sondern Verhalten und Selbsteinschätzung betrachtet.
Da empfehle ich noch mal einen zweiten Blick auf die Beobachtungen
von Pieper-Seier:
hier und insbesondere hier.

Da ist mir besonders dies aufgefallen:

| Die Ergebnisse zeigen, dass die Studentinnen sich eher mit Blick
| auf den Beruf für den Studiengang und das Fach entschieden haben,
| während die Studenten vorrangig das Fach wählten, weil sie überzeugt
| sind, dass es ihnen besonders liegt. (Bei den meisten Fragekomplexen
| gibt es übrigens einen deutlichen Unterschied zwischen den
| Studiengängen Lehramt und Diplom.)

Nun gibt es aber für das Fach Mathematik kein geschlossenes Berufsbild,
lediglich “Lehrer” wird damit noch assoziiert. Das hat dann aber zur
Folge, dass Frauen viel stärker das Lehramt wählen und eine mögliche
Promotion gar nicht erst ins Auge fassen. Umgekehrt ist es dann bei
Männern wahrscheinlicher, dass sie aus (zuweilen nicht erwiderter)
Liebe zum Fach auf dem schmalen Pfad der akademischen Karriere weiterlaufen,
auch mit dem Risiko, nach Auslaufen aller Zeitverträge weitere Forschung
auf den Korridoren des Arbeitsamtes zu betreiben.

Die anerzogene Präferenz für konformes Verhalten bei Frauen dürfte
hier weitaus stärker wirken, als etwaige Begabungsunterschiede.