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Eine dubiose Ehrendoktorwürde für Professor Detlef Schmid?

Hadmut Danisch
12.9.2009 2:26

Was es nicht alles für seltsame (Korruptions-)Zusammenhänge gibt.

Ich hatte doch vorhin berichtet, daß da ein Wissenschaftler über eine faule Vergabe einer Ehrendoktorwürde schreibt. Er schreibt zwar nicht, um wen und um welche Fakultät es geht. Aber wenn man ein kleines zusätzliches Detail weiß und fleißig googelt, dann kommt man darauf, wer es möglicherweise sein könnte.

Der Autor des besagten Blogartikels ist laut Signatur ein gewisser Professor Bry von der LMU in München. Und er schreibt, daß er nur versehentlich mit dem Gutachten für die Ehrenpromotion beauftragt worden wäre, man hätte ihn mit jemandem verwechselt.

Nehmen wir mal so rein hypothetisch und aus der Luft gegriffen an, daß er mit jemandem verwechselt worden wäre, der so ähnlich heißt. Vielleicht mit Professor Manfred Broy von der der TU München, der anderen der beiden Münchner Universitäten. Nur ein Buchstabe Unterschied, und wenn man den Namen nur mündlich hört, kaum zu unterscheiden. man könnte sie beide fast gleich aussprechen.

Nun steht in dem Blogartikel weiter, daß der, der mit der Ehrendoktorwürde bedacht werden sollte, trotz Karriereende nur kümmerlichste – eigentlich gar keine – wissenschaftlichen Leistungen vorzuweisen hätte. Einzig ein Plädoyer für mehr staatliche Fördermittel sei nennenswert. Naja, wir leben ja auch in dem Zeitalter, in dem man es schon als wissenschaftliche Leistung ansieht, wenn ein Professor nölt, daß er mehr Geld haben will. Außerdem wird erwähnt, daß der Gutachter, den man eigentlich beauftragen wollte, Coautor dieser Fördermittelforderung gewesen sein soll. Mit etwas Googeln kommt man darauf, daß besagter Professor Manfred Broy tatsächlich an so einem Werk mitgeschrieben hat, „…noch nicht zu spät! Das Walberberg-Memorandum zur Förderung der IT-Forschung“. So weit paßt die Hypothese.

Und dann dachte ich, ich fresse einen Besen: Der andere Autor ist Detlef Schmid von der Universität Karlsruhe.

Die Beschreibung aus dem Blog würde auf ihn passen: Er ist Träger des Verdienstkreuzes und war im Senat der DFG. Und er ist inzwischen sehr alt, also – wie der Blog-Autor schreibt – am Ende seiner Karriere. Und soweit ich ihn persönlich erlebt habe, hat er – nach meiner Einschätzung – fachlich-wissenschaftlich auch nichts auf der Pfanne. Da paßt so viel auf den Blog-Artikel, daß man durchaus einen Volltreffer vermuten könnte.

Und erlebt habe ich ihn nicht nur in Vorlesungen während meines Studiums. Als ich 1998 mit der Promotion erpresst wurde, war Schmid Dekan in Karlsruhe. Hauptgrund der Erpressung war, daß die Professoren Beth und Zorn damals eine Firma gründen wollten und Zorn wegen Unfähigkeit an der Karlsruher Fakultät in Ungnade gefallen war, man mußte ihm die Zuständigkeit für das Fakultätsnetz entziehen um das Schlimmste zu verhindern. Deshalb verlangte die Fakultät von ihm eine „Speerspitze der Informatik“ als Befähigungsnachweis. Im Frühjahr 1998 versprachen Zorn und Beth der Fakultät, daß ich (als damals letzter an der Uni verbliebener Wissenschaftler aus dem damaligen EISS-Sicherheitsteam) für die Fakultät die „Virtual Department Architecture“ implementieren würde. Schmid war damals der Empfänger dieses Versprechens und wollte das auch haben, und war damit der Dritte, der das von mir forderte.

Dumm daran war, daß die Sache ein doppelter Schwindel war: Erstens bestand Zorns angeblich so grandiose Virtual Department Architecture nur aus einem Schaubild aus drei bunten Kreisen und hatte mit Sicherheit ungefähr so viel zu tun wie eine Tube Senf mit der Raumfahrt, einfach dilletantisch. Zweitens hatte man der Fakultät vorgelogen, daß ich das Projekt als Sicherheitsexperte empfohlen hätte und ich das Projekt implementieren wolle. Ich hatte die Struktur aber in einer Besprechung als groben Unfug abgetan, niemals empfohlen, und von einer Implementierung für die Fakultät wußte ich auch nichts. Wäre auch nicht gegangen, denn ich hatte damals meine Mitarbeiterstelle zum avisierten Promotionstermin am 1.7.98 gekündigt – ohne zu ahnen, daß damit die Zusage von Beth und Zorn gegenüber Schmid platzen würde. Damals brach Beth die Promotion ca. 4 Wochen vor dem Prüfungstermin ab und verlangte urplötzlich, daß ich auf Kosten meines neuen Arbeitgebers für ihn und Zorn diese „Virtual Department Architecture“ implementiere. Ganz plötzlich sollte das für eine Promotion nötig sein, und das will Beth 4 Wochen vor dem von ihm selbst vorgeschlagenen Prüfungestermin eingefallen sein, daß man da noch eine Implementierung von einem Jahr braucht.

Im Oktober 1998 bat ich den damaligen Dekan Detlef Schmid deshalb um Hilfe, kannte damals aber die Hintergründe noch nicht. Schmid half mir gar nicht, sondern bekräftigte die Forderung nach der Implementierung noch auf linke Art. Die Promotionsordnung erlaubt sowas nicht, aber danach dürfe man als Doktorand eben nicht fragen, so Schmid, wenn der Doktorvater das so will, dann sei das eben so, und daran könne man gar nichts ändern. Und Schmid leitete auch Beths Forderungen nach den „Standards der Fakultät“ an mich weiter, ein Begriff, der sich später als die Titelhandelpreisliste der Fakultät herausstellte. Denn hätte man die fakultätsöffentlich zugesicherte Leistung nicht bekommen, hätte er ebenfalls sein Gesicht verloren. Außerdem gehörte er ja zu der kleinen Fraktion, die Zorn eine Rehabilitierung zukommen lassen wollte. Schmid wollte deshalb damals als Dekan ebenfalls, daß ich diesen Mist implementiere. Schmid war in die Erpressung involviert.

Es kam nicht zur Implementierung, und damit 1999 zur großen Blamage für Beth und vor allem für Zorn. Die Fakultät mußte eingestehen, daß Zorns „Technischer Beirat“ überhaupt nichts zustandegebracht hatte und als Belastung für die Fakultät beendet werden mußte. Eigentlich ein Zeugnis völliger Inkompetenz Zorns. (Trotzdem hat man ihm über die Uni Karlsruhe später das Bundesverdienstkreuz verpaßt und ihm eine hochdotierte Professur am Hasso-Plattner-Institut in Potsdam verschafft, das mit solchem Lehrersonal die Weltelite der Informatik ausbilden will.) Entsprechend geladen und sauer auf mich waren Beth, Zorn und Schmid, was ich damals nicht wußte.

Als ich dann kurz darauf die Dissertation – wie von Rektorat und Ministerium dringend angeraten einreichte – hat im wesentlichen Schmid mir damals die Promotion abgesägt. Erst setzte er – ausgerechnet – Beth und Zorn als Prüfer ein, es passierte aber nichts. Die Dissertation wurde nicht begutachtet, die Fristen der Promotionsordnung nicht eingehalten. Dann stellte Schmid das Promotionsverfahren einfach ohne jede Prüfung als ergebnislos gescheitert ein. Einfach weil die nicht wollten, daß ich promoviert werde. Und als er damit nicht durchkam, gab es Falschgutachten von Beth und Zorn. Schmid versuchte damals, das dann zu vertuschen und die Akteineinsicht in die Gutachten und Randbemerkungen zu blockieren. Nach Schmids Auffassung hätte ich nicht einmal selbst genau erfahren dürfen, warum man die Dissertation ablehnt. Auch danach hat er noch jahrelang im Streitfall jede Aufklärung blockiert. Schmid war als Dekan einer der Drahtzieher der Erpressung.

Mir gegenüber ist Detlef Schmid jahrelang nur dreckig, verlogen, korrupt, erpresserisch, inkompetent und in jeder Hinsicht unwissenschaftlich aufgetreten. Unglaublich, daß man so einem noch ein Bundesverdienstkreuz gibt, aber das war ja bei Zorn schon dubios. Ich vermute daher inzwischen, daß die Titelschieberei mittlerweile bis hoch zu Bundespräsident Köhler steht, wenn ich daran denke, was für Leute da mit Orden behängt werden.

Und dieser Eindruck den ich da gewonnen habe, paßt verblüffend gut auf die Einschätzung jenes Blog-Autors über die ominöse Vergabe eines Ehrendoktors. Er selbst äußert schon Zweifel daran, wofür Ehrendoktortitel vergeben werden und wer da Schlüsselpositionen im Wissenschaftsbetrieb bekommt. So langsam entsteht da ein plastisches Bild, warum die DFG auf Korruptionsanzeigen überhaupt nicht reagiert und wie die Uni Karlsruhe Exzellenzuni werden konnte.

Ich kann nicht soviel fressen und saufen, wie ich kotzen möchte, wenn ich daran denke, an wen, wofür und auf welche Weise in diesem Land in letzer Zeit Doktorgrade, Verdienstorden und anderes Lametta vergeben werden. Und das alles auch noch unter der Behauptung von Wissenschaft.

Nun stellt sich die Frage, geht es hier bei dieser Ehrenpromotion wirklich um Detlef Schmid?

Und welche Fakultät ist der Auftraggeber dieses ominösen Gutachtens?

Wenn die Fakultät schon selbst gegenüber dem Gutachter sagt, daß es nicht um wissenschaftliche Leistungen gehe, sondern darum, daß der Kandidat der Fakultät sehr geholfen hätte, dann ist die Vergabe von vornherein faul, denn auch Ehrendoktorgrade dürfen nur für wissenschaftliche Leistungen vergeben werden, für nichts sonst.

Handelt es sich da um die Karlsruher Fakultät? Schließlich war Schmid immer nur in Karlsruhe. Welcher anderen Fakultät könnte er sehr geholfen haben? Und daß man sich bei der Vergabe von Doktorgraden um wissenschaftliche Leistungen nicht schert, würde auch auf die Karlsruher passen.

Schließlich drängt sich da noch eine ganz andere Frage auf:

Was soll man eigentlich von der TU München, ihrer Fakultät für Informatik und diesem Professor Manfred Broy halten, wenn da eine Fakultät so ganz ungeniert bei denen um ein Gutachten für einen Ehrendoktor bittet, obwohl man gleich selbst dazu sagt, daß es nicht um wissenschaftliche Leistungen geht? Sowas traut man sich doch unter normalen Verhältnissen gar nicht. Jeder nur halbwegs seriöse Professor müßte doch so reagieren wie dieser versehentlich angeschriebene Autor des Blog-Artikels, nämlich mit Verwunderung, Empörung und Ablehnung.

Offenbar ging die beauftragende Fakultät aber davon aus, daß jeder Professor Broy für sowas zu haben ist. Daß die Karlsruher Fakultät ihre Kanäle für bewußt rechtswidrige Gefälligkeitsgutachten hat, haben wir ja schon am Beispiel der ETH Zürich gesehen. Und auch beim Gutachten der Professorin Eckert gab es nicht nur jede Menge fauler Stellen, sondern Verbindungen nach Karlsruhe und – welch Überraschung – sie ist inzwischen Professorin an eben jeder Fakultät für Informatik der TU München. Treten hier vielleicht weitere Puzzle-Teile des Korruptionsgeflechtes zu Tage?

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Ein Titelchen hier, ein Pöstchen da, ein warmes Sesselchen im Aufsichtsrat dort, eine kleine Spende nebenbei, eine Ehrenmitgliedschaft gefällig? Alles kleine Aufmerksamkeiten — unter Korrumpelz.

Carsten

In Nottingham sind ein 22-jähriger Student und ein Uni-Mitarbeiter für sechs Tage im Gefängnis gelandet, weil der Student 1500 Seiten eines Qaida-Handbuchs ausdruckte. Er recherchierte für seine Doktorarbeit über Terrorismus. Die Empörung an den Hochschulen ist groß.
Spiegel 27. Mai 2008
> http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,555726,00.html