Private Geldzulage für Professoren
Neues zur Gesetzeslage in Baden-Württemberg.
Ich hatte hier schon einige Male über den sog. „Kombi-Lohn” für Professoren in Baden-Württemberg und die unklare Rechtslage berichtet. An sich ist der Begriff völlig falsch (siehe auch unten), aber weil die Presse ihn immer so verwendet hat und er so auch in irgendeiner offiziellen Pressemitteilung auftauchte, dachte ich, das hätten die jetzt offiziell so getauft.
Worum geht es?
Das Land Baden-Württemberg hat Geldprobleme. Die Professoren wollen mehr Geld und begründen das mit den höheren Professorengehältern in manchen anderen Ländern, das will man ihnen auch geben, aber man hat es eben nicht. Unserer Regierung fällt in der Krise nur leider nicht mehr viel mehr ein als die Korruption offiziell freizugeben. Deshalb hatte man vor einiger Zeit schon angekündigt, das Landesbeamtenbesoldungsgesetz in Baden-Württemberg zu ändern, um es rechtlich zu ermöglichen, daß private Geldgeber das Gehalt der Professoren aufstocken. So wie bei der Hector-Stiftung in Karlsruhe.
Das ist brandgefährlich und gilt bisher eigentlich als strafbare Vorteilsgewährung bzw. -annahme. Das Beamtenrecht differenziert eigentlich nicht zwischen den verschiedenen Beamtenarten. Wenn ein Professor privates Geld bekommt, kann man genausogut auch die Rechtmäßigkeit privater Zulagen für die Polizei einfordern. Man könnte beispielsweise damit anfangen, daß Fußballvereine den Polizisten, die die Spiele bewachen, Geld zahlt.
Der nächste Schritt wäre dann, daß Geschäftsinhaber der Polizei zahlen, damit die auf ihren Streifengängen dort besonders gut aufpassen. Im Umkehrschluß könnte man das dann schon als Schutzgeld ansehen. Die nächste Stufe wäre, daß die örtliche Rotlichtszene die Polizei „subventioniert”.
Eigentlich war die Gesetzesänderung für Frühjahr/Sommer diesen Jahres angekündigt. Nur: Da kam gar nichts. Kein Piep zu lesen. Google hat auch nichts gefunden. Ist das Gesetz etwa geplatzt? Will man es jetzt ohne Gesetz machen? Wie kommt dann die Hector-Stiftung dazu, die Gehälter von Professoren, die für die Uni Karlsruhe angeworben werden, aufzustocken? Bei den zuständigen Aufsichtsbehörden war nichts zu erfahren.
Erst auf mehrfache Nachfrage habe ich eine greifbare Antwort vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Baden-Württemberg bekommen. Zunächst weisen sie darauf hin, daß der Begriff Kombi-Lohn hier falsch ist und eigentlich die staatliche Aufstockung von privaten Niedriglöhnen bezeichnet, was ja auf Professoren nicht zutreffen. Stimmt, bei Professoren geht es um das genaue Gegenteil, nämlich die private Aufstockung von staatlichen Hochlöhnen.
Zur Rechtslage schreiben sie mir:
Bekanntermaßen sind die Mittel des öffentlichen Haushalts begrenzt. Deshalb müssen neue Wege zur Stärkung der Konkurrenzfähigkeit der Hochschulen gefunden werden. Dies wurde dadurch erreicht, dass der Vergaberahmen für die Leistungsbezüge der Professoren durch private Drittmittel aufgestockt werden kann. Das heißt, Unternehmen und Personen können den Hochschulen in Ergänzung des bereits bestehenden bewährten Instruments der Einwerbung von Stiftungsprofessuren zusätzliche Mittel für die Aufbesserung der Professorenbesoldung zur Verfügung stellen. Damit sind die Hochschulen in der Lage, den Professoren höhere Leistungsbezüge zu gewähren, als es bisher auf der Basis des Besoldungsdurchschnitts wegen der Kostenneutralität bei der Einführung der W-Besoldung möglich ist. Die gesetzliche Grundlage dafür wurde mit dem Zweiten Gesetz zur Umsetzung der Föderalismusreform im Hochschulbereich vom 3. Dezember 2008 geschaffen. Auf Artikel 3 in der beigefügten Unterlage wird verwiesen. Die bisher geltenden rechtlichen Kriterien sowie die von den Hochschulen selbst erlassenen Regelungen sind weiterhin anzuwenden.
Zu beachten ist, dass allein die Hochschulen über die Vergabe der Leistungsbezüge zu entscheiden haben. Wir bitten Sie daher, sich wegen Ihrer weiteren Fragen unmittelbar an die Universität zu wenden.
Sich an die Universität Karlsruhe zu wenden ist aussichtslos. Das habe ich schon getan, die reagieren überhaupt nicht. Außerdem lag in der Anlage der Mail der Gesetzestext bei. Darin findet sich
Artikel 3 Änderung des Landesbesoldungsgesetzes
[…]
Nach § 11a wird folgender § 11b eingefügt:
§ 11b Vergaberahmen(1) Abweichend von § 34 Abs. 3 Satz 3 BBesG gelten für Mittel Dritter, die den Hochschulen für die Besoldung von Professoren zur Verfügung gestellt werden, die nachfolgenden Absätze.
(2) Soweit Planstellen für Professoren durch Mittel Dritter finanziert werden, sind diese und die darauf entfallenden Besoldungsausgaben nicht in die Berechnung des Vergaberahmens einzubeziehen.
(3) Der Vergaberahmen kann für nicht ruhegehaltfähige Leistungsbezüge nach § 11 Abs.1 und 2 vom Vorstand der Hochschule aus Mitteln privater Dritter erhöht werden, wenn und soweit die Dritten diese Beträge der Hochschule ausdrücklich für diesen Zweck und ohne Bindung an eine bestimmte Person zur Verfügung gestellt haben. Für diese Leistungsbezüge finden § 33 Abs. 3 BBesG und § 11 Abs. 3 keine Anwendung. Die Drittmittel nach Satz 1 sind bei der Drittmittelverwaltung gesondert auszuweisen.«
Ich glaube, das dürfte verfassungswidrig sein. Das Bundesverfassungsgericht hat letztes Jahr entschieden, daß Beamtenverhältnisse nicht auf Zeit geschlossen werden dürfen. Für Beamte gilt – vereinfacht gesagt – das „ganz oder gar nicht”. Beamter ist man ganz und auf Lebenszeit.
Insofern würde ich argumentieren, daß nicht nur die Einschränkung des Beamtenverhältnisses quer zur Zeit, sondern in der Konsequenz auch die Einschränkung längs zur Zeitunzulässig sein muß.
Außerdem wird durch solche privaten Zahlungen das Vertrauen in der Bevölkerung in die Unabhängigkeit und Objektivität des Staates untergraben und damit die Berechtigung für das Beamtentum schlechthin in Frage gestellt.
Und speziell bei Professoren kann man sich kaum vorstellen, daß Leute, die dem Geldgeber nahestehen – ob nun Söhnchen des Milliardärs oder die Angestellten der Firma – den gleichen Promotionsanforderungen gegenüberstehen wie Normalsterbliche. Glauben die im Ernst, daß Professoren jemanden, der zum Stifter ihres eigenen Gehalts gehört, noch chancengleich prüfen würden? Oder daß jemand Forschungsergebnisse veröffentlichen würde, die den Stifter vergraulen? Wen würde man wohl bei Berufungsverfahren bevorzugen, den besseren oder den, der besser in das Stifterinteresse paßt?
Wenn man den Gesetzestext ließt, findet man eine böse Stelle: „…und ohne Bindung an eine bestimmte Person…”. Die Bindung an einen bestimmten Zweck oder bestimmte Ergebnisse ist nicht ausgeschlossen. Damit kann der Spender enormen Einfluß auf die Uni und die Professoren, sowie deren Berufung nehmen. Das dürfte damit auch Artikel 33 II GG verletzen. Und die Forschungsfreiheit sowieso. Wenn da erst die Geldgeilheit ausbricht und passende Spender da sind, wird ganz massiver Druck ausgeübt werden um die Spender zu befriedigen.
Ich muß mal überlegen, wie man daraus eine Verfassungsbeschwerde bauen kann. Da das Gesetz vom Dezember 2008 ist, hat man noch ein paar Tage Zeit dafür.
Anscheinend und der Formulierung nach sind sie selbst nicht so richtig von dem Gesetz überzeugt. Wenn das schon quasi mit einer Rechtfertigung oder Ausrede des knappen Geldes anfängt und man das so klammheimlich still und leise durchgesetzt hat, dann sagt das doch schon alles.
Zur Finanzlage des Landes kam gestern morgen noch eine Meldung in den Nachrichten von SWR3:
Stuttgart (ddp-bwb). Wegen gestiegener Kosten verschiebt das Innenministerium den Baubeginn von 21 Projekten im Landesstraßenbauprogramm. «Wann und wie viele der jetzt zurückgestellten Projekte im kommenden Jahr begonnen werden können, wird davon abhängen, welche Mittel uns zukünftig zur Verfügung stehen», sagte Verkehrsstaatssekretär Rudolf Köberle (CDU) am Dienstag in Stuttgart. […]
Die sind wirklich knapp bei Kasse.
Das muß man sich mal überlegen: Das Land Baden-Württemberg tönt lautstark, daß sie die größten Forschungsausgaben hätten, die beste Forschung machen, daß bei ihnen alles möglich sei, und daß sie jetzt eine Universität vom Kaliber des MIT einfach mal so aufbauen. Und hinter den Kulissen stellt sich heraus, daß sie sich die Großmannssucht nicht leisten können und in verfassungsfragwürdiger Weise bei den Privaten betteln gehen müssen.
So heruntergekommen ist Baden-Württemberg.
(Wundert mich eigentlich, daß die in Stuttgart neulich Flatrate-Bordelle geschlossen haben. Die Universitäten werden doch jetzt fast das gleiche. Und wenn man bedenkt, daß ich manchen Ländern oder Städten (wohl besonders in Paris) die Prostitution mehr und mehr zur lebensnotwendigen Einnahmequelle von Studentinnen wird, wird man das früher oder später wohl auch als Einnahmequelle für erhöhte Studiengebühren in Betracht ziehen…)
Paradox daran ist übrigens: In so einer Krise würde und müßte eine Firma damit reagieren, daß sie unfähiges, kriminelles, überflüssiges Personal abbaut. In der Finanznot müßte man – würde man die Uni wie eine Firma führen – mal durchgehen und rauswerfen, wer nicht ordentlich was bringt.
Die ganze Zeit plärren die Professoren und Universitäten, daß sie wie eine Firma auftreten wollen. Der Rektor nennt sich Vorstandsvorsitzender, der Hochschulrat nennt sich Aufsichtsrat, sie wollen allerlei Geschäfte machen. Nur wenn es um die Unkündbarkeit und die Pension geht, dann wollen sie plötzlich alle Beamte sein. Wären sie eine Firma, dann hätte man die Probleme (so) nicht, dann würde man einfach mal ein Drittel rauswerfen und gut wär’s.