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Die ominöse Gründung des Karlsruher Instituts für Technologie KIT

Hadmut Danisch
8.10.2009 23:55

Da gibt es ein ominöses Paper über die Gründung des Karlsruher Instituts für Technologie KIT. Noch ominöser ist, daß es nicht mehr da ist.

Mal eine blöde Frage:

Ich hatte doch vor einigen Tagen schon vermutet, daß man in Baden-Württemberg nichts, nicht mal Englisch, kann. Möglicherweise ist das mehr von bitterer Wahrheit, als ich selbst gedacht habe. Ich komme gleich drauf zurück.

Jemand hat mir gesteckt, daß im Internet ein Paper über „die Gründung des Karlsruher Instituts für Technologie” zirkuliere, das von einem Dr. Dennis Nitsche, angeblich persönlicher Referent des Rektors Hippler, geschrieben worden sei. Das Paper stamme angeblich von der Webseite der Uni Karlsruhe, und man findet per Google sogar noch den ehemaligen Link darauf, aber inzwischen ist es weg. Weg im Sinne von nicht mehr da.

Ich würde hier nicht so schreiben, wenn ich nicht eine Kopie dieses angeblichen Papers hätte.

Das Paper ist sehr aufschlussreich – falls es echt ist. Wie die Uni Karlsruhe eher unbeabsichtigt und ungezielt Exzellenzuniversität wurde. Eher so aus Versehen. Man hatte einfach in Zeitnot drei Vorschläge für drei Förderlinien eingereicht, und für die dritte irgendetwas diffuses mit Zukunftsvisionen. Dann sei man überraschend und wieder mit Zeitdruck aufgefordert worden, Vollanträge einzureichen. Man hatte es nicht richtig geplant, nicht ernst genommen, nicht abgesprochen. Dem Bund gefiel es nicht, dem Land auch nicht. Eigentlich wohl niemandem.

Dann haben sie dummerweise damit den Exzellenzwettbewerb gewonnen und konnten nicht mehr zurück.

Und nun stellen sich alle, die vorher dagegen waren, plötzlich als Förderer und Befürworter des KIT hin. Wenn man’s nun mal so hat, dann muß man es auch ausschlachten.

Schnoddrig gesagt, wäre das KIT das ungewollte Kind nach fehlgeschlagener Verhütung. Betriebsunfall sozusagen. Klar, daß das Paper von der Webseite weg mußte.

Apropos Betriebsunfall, ich wollte doch auf Englisch zurückkommen. Mein Steckenpferd, was Englisch angeht, sind so leicht falsche Übersetzungen von Worten, die sich gleich anhören, aber nicht ganz gleichbedeutend oder richtig falsch sind, und sich dann bei nachlässigen Deutschen als Anglizismen verfestigen. (So wie: Vollqualifizierter Domain-Name. Am Ende des Tages. Man realisiert wo man ist. Man erinnert etwas. Kamel. Die Schöne und das Biest. 20.000 Meilen unter dem Meer…)

Bisher habe ich immer um den Begriff „Karlsruhe Institute of Technology” herumgedacht. Bis ich dieses ominöse Paper gelesen habe. Hoppla, da steht das ja in Deutsch: „Karlsruher Institut für Technologie”. Stimmt, die nennen sich wirklich so.

Aber irgendwie stimmt das nicht. Das ist auch so ein Brachial-Anglizismus, da zwickt und zwackt das Sprachgefühl.

Das englische Wort technology ist ein Gattungsbegriff. Mein uraltes Oxford Advanced Learner’s Dictionary sagt dazu

study, mastery, and utilization of manufacturing and industrial methods; systematic application of knowledge to practical tasks in industry

Schön. Im Deutschen gibt es diesen Gattungsbegriff aber nicht. Da meint Technologie immer eine ganz bestimmte. Solartechnologie. Keramikprothesentechnologie. Bremsscheibentechnologie. Aber nicht als Gattungsbegriff.

Außerdem ist technology das englische Wort für Technik, und Technik ist für mich was anderes als Technologie.

Mein aktuelles Duden Fremdwörterbuch sagt dazu:

1. (ohne Plural; Verfahrenskunde) Wissenschaft von der Umwandlung von Rohstoffen in Fertigprodukte. 2. Methodik u. Verfahren in einem bestimmten Forschungsgebiet (z. B. Raumfahrt). 3. Gesamtheit der zur Gewinnung u. Bearbeitung od. Verformung von Stoffen nötigen Prozesse. 4. Technik

Meinem Sprachgefühl entspricht nur die 2. Schaun wir mal bei Wikipedia. Tatsächlich, die bestätigen meinen Eindruck (und das hab ich nicht selbst da reingeschrieben): Die Lehre oder Wissenschaft von einer Technik. Daß der Begriff auch als Synonym für Technik an sich gebraucht wird, wid auch auf Wikipedia als Anglizismus eingestuft. Im Deutschen wird der Begriff als Kombination gebraucht, Biotechnologie. Nanotechnologie. Na, bitte. Mein Sprachgefühl lag richtig.

Man kann im Deutschen ein Institut für Biologie haben. Ein Institut für Technik. Auch ein Institut für Nanotechnologie. Sogar ein Institut für Technologien kann man haben. Nur eines kann man nicht haben: Ein Institut für Technologie. Das gibt’s nur im Englischen.

Typischer Fall von Plagiats-Fehler, der Leuten, die selbst erfinden, eigentlich nicht passiert. Die können wirklich weder Hochdeutsch, noch Englisch.

8 Kommentare (RSS-Feed)

Sefan W.
9.10.2009 5:01
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Sucht man mit Google nach Gruendung_KIT_Nitsche.pdf, so findet man die HTML-Version von Google noch. Besser: ich fand sie eben noch.

Die Suche nach “Gruendung KIT Nitsche.pdf” mit Anführungsstrichen führt zu ca. 10 Werken, die dieses PDF zitieren, darunter eines
[PDF] Microsoft PowerPoint – Deckbatt_BuchIII was mich gleich neugierig macht, und solche mit dem Titel “Corporate Governance der RTOs”, wobei ich RTO erst bei Wikipedia nachschlagen muß.

Neben ‘Really Terrible Orchestra, ein Laienorchester aus Schottland’ finde ich ‘Research and Technology Organisation (NATO), ein Thinktank der NATO’ – das wäre ja genau Dein Thema. Oder in der Nähe davon.

Die pdfs sind sehr umfangreich, (weit > 100 S.) und recht trocken – ob sie interessantes Material enthalten kann ich nicht sagen. Finanzierungen, Verflechtungen, Diagramme, Namen. Vielleicht Sachen die man sich ins Archiv legt?


yasar
9.10.2009 9:57
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Und zumidnest gibt die eigene Suchmaschine von der KIT-Wbseite den (ehemaligen) Link aus, wenn man dort nach dem Dokument sucht. Der Suchindex ist also (noch) nicht bereinigt.


Das sind die Journalisten, die den Unterschied nicht verstehen und jede Technik zur Technologie aufblasen, weils schlauer klingt. Die tauchen auch ständig mit Sauerstoff, schweißen Träger auseinander, verwechseln Arbeit und Leistung, vermischen Strom, Spannung und Leistung und verzapfen massenhaft ähnlichen Unsinn.

Carsten

“Ich finde, ein modernes Ei muß den höchsten Sicherheitsansprüchen genügen.”
Eddi Arend zu Harald Juhnke


Roland Weber
12.10.2009 8:58
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“20.000 Meilen unter dem Meer” ist ein Buch von Jules Verne.
Im Original also französisch, nicht englisch.

ciao,
Roland


Hadmut Danisch
12.10.2009 9:06
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Das weiß ich auch, aber erstens kann ich nicht genug Französisch, um dabei Kritik zu üben, zweitens wird aus dem Englischen “under the sea” ständig derselbe Übersetzungsfehler gemacht und drittens ist es auch aus dem Französischen genauso falsch übersetzt. Es muß “20.000 Meilen unter Wasser” heißen. Anders als im Deutschen bezeichnen die entsprechenden Begriffe in anderen Sprachen die Meeresoberfläche.

Um 20.000 Meilen unter dem Meer kann man gar nicht sein, weil der Erddurchmesser nur 12712 km beträgt. Das wußte auch Jules Verne. Die 20.000 Meilen sind horizontal gemeint, ab vertikal übersetzt.


T Tiest
6.11.2009 2:17
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Mister X
26.11.2009 1:08
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Ist ja klar, dass eine Seite mit dem Titel forschungsmafia.de nichts gutes am KIT finden kann.

Wie denn auch?
Das Konzept der Seite ist von vornherein darauf ausgelegt sogenannte “Skandale” aufzudecken.
Vorurteilsfreier, objektiver Journalismus ist was Anderes.

Tatsächlich kann ich in dem (immer noch auf Seiten der Uni erreichbaren) Artikel nichts von einer “ominösen Gründung” wiederfinden.

Tatsächlich sollte man bei einer so radikalen Änderung wie der Zusammenlegung von Uni (Ländersache) und Forschungseinrichtung (Bundessache) erstmal ein wenig abwarten was die Zeit bringt.

Tatsächlich ist dieses Konstrukt seit Langem das Einzige, dass eine Vergleichbarkeit mit den bekannten amerikanischen Universitäten auch nur ansatzweise erlaubt.


Hadmut Danisch
26.11.2009 9:02
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Wenn man sich schon “Mister X” nennt…

Der Eigenvergleich der Uni Karlsruhe mit dem MIT und diese billigste Imitation ist und bleibt einfach nur schlecht und einfallslos. Die Qualität des MIT beruht nicht darauf, daß sie sind wie sie sind, sondern darauf, daß sie nicht nachgeahmt sondern eigene Wege gefunden haben. Die Uni Karlsruhe wird niemals gut, nicht einmal mittelmäßig werden, indem sie irgendwelche Strukturen versucht nachzubauen.

Um ihre Qualität zu steigern müßte die Uni Karlsruhe zuerst einmal mit ihrer systemimmanenten Korruption, der grenzenlosen willkür und der entsetzlichen Inkompetenz ihrer Professoren aufräumen, denn darin liegt das Problem und nicht in der Struktur, die man an das MIT anpassen muß. Wer glaubt, daß man so eine gute Universität bauen würde, hat gar nichts verstanden.

Und von wegen “Vorurteilsfreier, objektiver Journalismus”: Erstens ist mir klar, daß der Universitätsfilz immer nur das für objektiv und vorurteilsfrei hält, was die Uni und die Professoren lobt. Das ganze Universitätsprinzip beruht auf einer völlig kritiklosen Eigenlobmaschinerie und der Abschaffung der Andermeinung.

Zweitens bin ich kein Journalist, sondern Informatiker und Kritiker, und ich bin auch nicht objektiv, sondern Betroffener und Geschädigter.