Forschungsmafia: Titelhandel · Forschungsbetrug · Wissenschaftskorruption · Hochschulkriminalität

Fragwürdiger Ehrendoktor für Hubert Burda?

Hadmut Danisch
25.10.2009 12:47

Diesmal von der LMU München.

Ein Leser hat mich gerade durch Kommentar zu einem anderen Fall einer fragwürdigen Ehrendoktorwürde aufmerksam gemacht. Die Ludwig-Maximilians-Universität München verleiht Hubert Burda die Ehrendoktorwürde.

Zumindest auf den ersten Blick liegt der Fall doch etwas anders.

Im Fall Carsten Maschmeyer hat man erst gar nicht versucht, irgendwelche Leistungen zu fingieren, sondern gleich in bestechender Offenheit gesagt, daß man schon allein das Abliefern von Geld als Kulturelle Leistung laut Promotionsordnung ansieht und auf die Landesgesetze pfeift. Unwissenschaftlich, korrupt, heruntergekommen, aber wenigstens in diesem einen Punkt ehrlich.

Im Fall Hans-Werner Hector konnte ich bisher auch nichts anderes als das Abliefern von Geld in großen Mengen finden, aber das geben sie nicht zu. Da wird immer so nebulös gefaselt, und wenn man nachfragt, bekommt man nie eine Antwort. Da gibt es nur Geheimniskrämerei. Aber eben keine erkennbare, nicht mal eine konkret behauptete Wissenschaftliche Leistung.

Liest man nun die Meldung über Hubert Burda, dann drängt sich zwar in Anbetracht seines Vermögens und der Geldgier/-not heutiger Universitäten schon der Gedanke auf, daß da die Überweisung durch Promotion quittiert wurde, aber immerhin wird da wenigstens eine Leistung genannt, die sich nicht per se jeder Nachprüfbarkeit entzieht, Zitat:

Burda war als erster Hochschulratsvorsitzender der LMU zwischen 1999 und 2007 maßgeblich an der Planung des Biomedizinischen Zentrums (BMC) am Standort Großhadern/Martinsried beteiligt. Im Jahr 2000 verabschiedete der Hochschulrat unter seiner Leitung ein Konzept, mit dem Ziel, das BMC als ein weltweit sichtbares “Center of Excellence” im Bereich der biomedizinischen Grundlagenforschung zu etablieren. Auch der Bau des Zentrums für Neuropathologie und Prionforschung wurde demnach durch den Hochschulrat unter seiner Ägide unterstützt.

Das kann man nun sehr elastisch sehen.

Hochschulräte sind meist eine krude Mischung aus internen, aber unbekannten Professoren, die die Arbeit machen. Und ein paar Milliardären, die ein-, zweimal im Jahr reinschauen, mit ihrem Namen den Hochschulrat wichtig machen, Lorbeeren kassieren und sich ansonsten um nichts kümmern, außer um ihre eigenen Interessen.

Ebenso ist bekannt, daß im Hochschulbereich die Arbeit immer von den Indianern gemacht und immer dem abwesenden Häuptling zugerechnet wird. Sollte man wirklich glauben, daß ein Hubert Burda nichts wichtigeres zu tun hat, als für eine Uni das Projektmanagement für ein biomedizinisches Zentrum durchgeführt zu haben? Woher will der das denn können? Schon die Aussage „unter seiner Ägide” stinkt doch ne Meile gegen den Wind.

Sicherlich wird es förderlich gewesen sein, jemanden wie Burda im Boot gehabt zu haben. Aber nicht für die Planung, sondern um die richtigen Kontakte zu haben, die richtigen Türen zu öffnen. Ich kann mir schon vorstellen, daß man mit jemandem vom Kaliber eines Burda mal die ein oder andere Baugenehmigung schneller und einfacher bekommt oder von den Baufirmen bevorzugt behandelt wird.

Aber selbst dann, wenn es so gewesen wäre wie es wörtlich dort steht: Wo liegt da die wissenschaftliche Leistung? Wo liegt der Fortschritt für die Wissenschaft? Hat er eine Anleitung veröffentlicht, wie man solche Zentren plant und baut? Kann ich das nachlesen? Nein.

Selbst wenn man das so glaubt, wie es da steht, dann war Burdas Beitrag nicht reinfinanziell, sondern mindestens geldwert (=Arbeitsleistung, was korruptionstechnisch auf das Gleiche hinausläuft), aber keine Leistung für die Wissenschaft, sondern ein Vorteil für die LMU. Und damit bei aller Sympathie für die Leistung keinesfalls promotionsfähig, auch nicht ehrenpromotionsfähig.

Auch diesen Ehrendoktor muß man meines Erachtens (und nach meinem derzeitigen ersten Wissensstand) unter Wissenschaftsbetrug ablegen. Auch wenn es nicht ganz so plump wie bei Maschmeyer und nicht ganz so undurchsichtig wie bei Hector ist.

Ich habe immer mehr davon überzeugt, daß die Vergabe der Exzellenzuniversitäten-Titel überhaupt nichts mit wissenschaftlicher Qualität zu tun hat, sondern eine Einstufung nach und Hebung der Attraktivität für den Zulauf privater Geldmittel.

5 Kommentare (RSS-Feed)

Raphael
26.10.2009 20:34
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Wobei die Medizinische Fakultät, die Herrn Burda zum Ehrendoktor machte, ausdrücklich in ihrer Promotionsordnung sagt, dass man bei ihnen auch für die Förderung des Fachesan der LMU, nicht nur für wissenschaftliche Beiträge, einen Ehrendoktor bekommen kann. Ob das sinnvoll ist, kann man diskutieren, “Betrug” ist die Verleihung aber eben keiner.


Hadmut Danisch
26.10.2009 20:52
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Nein.

Eine Fakultät kann nicht Doktorgrade (auch nicht Ehrendoktorgrade) nach Lust und Laune vergeben, indem sie in die Promotionsordnung schreibt, was ihr gerade paßt. Wir sind nicht mehr im Mittelalter.

Seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland haben Universitäten nicht mehr per se oder kraft Natura das Promotionsrecht. Das Promotionsrecht haben nur noch die Bundesländer, die es im Rahmen ihrer Gesetzgebung an die Universitäten übertragen können. Ob und für was eine Fakultät einen Doktor vergeben kann, regelt zuallerst mal das Landesgesetz. Und erst im Rahmen dessen, was das erlaubt und was das der Hochschule zur Regelung im Verordnungsweg aufgibt, kann die Hochschule das Nähere in Promotionsordnungen erlassen.

Der erste Blick muß daher in das Landesgesetz gehen. Artikel 64 des Bayerischen Hochschulgesetzes besagt:

Die Promotion dient dem Nachweis der Befähigung zu vertiefter wissenschaftlicher Arbeit und beruht auf einer selbstständigen wissenschaftlichen Arbeit (Dissertation) und einer mündlichen Prüfung.

Von einer Ehrenpromotion sehe ich da erst einmal nichts. Sofern es da nicht noch ein spezielles LMU-Gesetz gibt oder ich sonst was übersehen habe, hat die LMU keine Rechtsgrundlage und ist nicht befugt, Ehrendoktorgrade zu vergeben oder in die Prüfungsordnung zu schreiben.

Selbst wenn sie durch das Landesgesetz (wie z. B. in Baden-Württemberg) befugt wäre, so ist die Ehrenpromotion immer noch an wissenschaftliche Leistungen gebunden, nur mit dem Unterschied, daß damit eben wissenschaftliche Leistungen außerhalb eines förmlichen Prüfungsverfahrens gewürdigt werden können, auch wenn sie nicht mit dem Ziel eines Doktorgrades erbracht wurden. Wesentlicher Punkt ist, daß die wissenschaftlichen Leistungen trotzdem genügen müssen, die Befähigung zu wissenschaftlichem Arbeiten nachzuweisen. Wohlgemerkt, wenn das Landesgesetz das überhaupt gestattet.

Universitäten sind Körperschaften öffentlichen Rechts und damit an das Gesetz gebunden. Artikel 20 Absatz 3 Grundgesetz. Es ist verfassungsrechtlich ausgeschlossen, daß die Universitäten Ehrendoktorgrade vergibt, die das Gesetz nicht vorsieht.

Ich halte das, was da abläuft, für grob rechtswidrig und illegal. Und weil es gegen Geld erfolgt für Korruption.

Wo sind wir denn hier? Wilder Westen? Bananenrepublik?

Was für Leute schreiben denn solche Promotionsordnungen?


Raphael
26.10.2009 23:42
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Und Artikel 66, Absatz 2, Satz 9 des BayHSchG sagt:
“Durch Satzung der Hochschule, die insoweit des Einvernehmens mit dem Staatsministerium bedarf, kann festgelegt werden, welche weiteren akademischen Grade verliehen werden.”
Und Artikel 67 erwähnt “ehrenhalber verliehene Grade”.
Insofern ist die LMU befugt, Ehrendoktorgrade zu vergeben.


Hadmut Danisch
26.10.2009 23:51
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Nein, is nich.

Das Bundesverfassungsgericht hat in der Grundsatzentscheidung zum Prüfungsrecht von 1991 klipp und klar und ausdrücklich entschieden, daß die Anforderungen und Maßstäbe einer gesetzlichen Grundlage bedürfen und in den Grundzügen vom Gesetzgeber selbst festgelegt werden müssen. Der Gesetzgeber darf nur die Einzelheiten, aber nicht die Grundzüge der Prüfung an die Universität delegieren. Eine solche Universalfreigabe ist verfassungswidrig und unwirksam. Außerdem hat der Gesetzgeber in Art. 64 schon festgelegt, was die Promotion ist. Das hat er damit nicht wieder aufgegeben.

Und Artikel 67 beschreibt nur das Führen rechtmäßig erworbener Ehrengrade, es beschreibt nicht den Erwerb in Bayern.


Hadmut Danisch
26.10.2009 23:54
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Anmerkung noch dazu: Alle Hochschulprüfungen, und dazu gehören auch Promotionen, müssen den Anforderungen der Berufsfreiheit nach Art. 12 I GG genügen. Und da steht eben drin, daß die Berufsausübung eben nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes geregelt werden darf.

Das bezieht sich laut BVerfG nicht nur auf die harten Berufszugangsprüfungen, sondern auf alles, was das berufliche Fortkommen tangiert. Und weil die Ehrenpromotion ja aufgrund einer Prüfungsordnung vergeben wird, fällt die automatisch darunter. Ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage, die auch die Anforderungen klärt, geht es nicht.

Und in Bayern steht da eben drin, daß man ein Diss und eine Prüfung braucht. Mehr is nich.