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Universitäts-Skandal in Tschechien: Organisiertes Verbrechen

Hadmut Danisch
2.11.2009 19:10

Korruption und Manipulationen sind so schwerwiegend, daß man ernsthafte Verstrickungen mit der Mafia befürchtet – Forschungsmafia im wörtlichen Sinne.

Die Prague Post berichtet über schwere Unregelmäßigkeiten an einer Juristenhochschule. Plagiate gab es, Studenten die ihr Studium in wenigen Monaten absolviert haben sollen, und es scheint so zu sein, als hätten die da Grade im großen Maßstab verschleudert. Der Brüller: Die Hochschule würde angeblich manche Dissertationen nicht mehr finden. Man denkt darüber nach, der Hochschule das Recht zur Vergabe von Graden zu entziehen.

Erschreckend ist vor allem, daß man das Netzwerk nicht schon früher aufgedeckt hat, weil einige hochrangige Beamte der Polizei wohl mit drinstecken und ihre Grade auch dort herbekommen haben. Man befürchtet, daß der Skandal so tiefgreifend ist, daß er das Land als solches in seiner Integrität und Sicherheit erschüttert.

Immerhin scheinen sie auf den Riesen-Skandal auch angemessen mit einer Riesen-Aktion zu reagieren: Alle Universitätsgrade, die in Tschechien seit 2000 vergeben wurden, sollen überprüft werden – über 315.000, wie Radio Prague berichtet. Sie haben nämlich ein ganz enormes Problem, weil es sich ausgerechnet um Juristen handelt. Denn wenn Gerichtsurteile von Richtern gesprochen wurden, die nie richtig Jura studiert haben, stellt sich die Frage, ob diese Urteile überhaupt rechtskräftig sein und Bestand haben können. Da rollt ein Wahnsinns-Problem auf die zu. Zitat:

According to the Education Ministry, the results of its audit should be ready within “a few months”. Only then will we see whether the Plzeň scandal was an isolated case, or whether the Czech education system is more corrupt than anybody could have imagined.

(Nach der Korruptionskonferenz, von der ich gerade zurückgekommen bin, glaube ich nicht, daß es bei uns besser aussieht. Der Unterschied zu uns in Deutschland dürfte wohl eher sein, daß man es in Deutschland nicht aufklären würde. Danke übrigens an den Leser für die beiden Links.)