Die Invarianz des Rektorengeschwätzes
Die Studentenproteste gegen die Bachelor- und Mastermißstände haben meine große Sympathie.
Obwohl, das muß ich feststellen, ich die Grundrichtung des Bologna-Prozesses für richtig und wichtig halte, nur die deutsche Umsetzung für dumm und korrupt (korrupt deshalb, weil man die Qualität und Wissenschaft den Industrieinteressen opfert).
Wenn man aber so die Artikel im SPIEGEL (hier und hier) und anderswo (sorry, hab mir nicht alle URLs aufgeschrieben) liest, und etwas Erfahrung im Umgang mit Rektoren und Professoren im Zusammenhang mit Rektoratsthemen hat, dann fällt einem auf, daß diese Leute völlig invariant daherschwätzen, was sie seit mindestens 10 Jahren zu jeder beliebigen Problematik daherreden:
- Wir sind unterfinanziert, das Problem ist das fehlende Geld, wir wollen mehr Geld.
- Wir sind überreguliert, das Problem ist die Einmischung des Staates, wir wollen mehr Freiheit.
- Wir sind nicht schuld, schuld ist überhaupt immer irgendwer anderes.
Ich habe mal vor fast 10 Jahren in einer Professorendiskussionsrunde gesessen, in der es darum ging, wer der neue Rektor wird. Es ging über eine Stunde lang um nichts anderes als um diese drei Punkte. Die Leute sind geistig weitestgehend erstarrt und festgefressen. Die haben überhaupt keine Meinung mehr, da gibt es keinen intellektuellen Dialog mehr, sondern es werden nur gebetsmühlenartig die Grundpositionen ihrer Interessen rezitiert.
Wie dumm das Gerede ist, zeigt sich beispielsweise daran, was die Rektorenpräsidentin Margret Wintermantel da den Studenten zurief:
“Was sollen wir tun – eine Bank überfallen?”
Erstaunlich, daß jemand mit einem so kleinen (und offensichtlich auf Geld limitierten) Horizont a) Professor, b) Rektor und c) Rektorenpräsident werden kann.
Liebe Frau Wintermantel, ich kann Ihnen sagen, was Sie tun sollen – und was gar kein Geld kostet. Das Grundproblem liegt in der mangelnden Befähigung und dem fehlenden Willen der Professoren, ein vernünftiges und wohlorganisiertes Studium anzubieten. Schuld daran sind die Berufungsverfahren, in denen abwegige Auswahlkriterien, Willkür, Vetternwirtschaft und das Interesse, sich keinen Konkurrenten ins Haus zu holen, dominieren. Wenn man sieht, daß in vielen Berufungsverfahren nicht einmal die Bewerbungsschreiben gelesen, sondern höchstens die Veröffentlichungen gezählt werden, kann daraus keine Universität werden, die befähigt wäre, ein ordentliches Studium zu gewährleisten.
Sie brauchen nicht mehr Geld. Sie haben nur die falschen Leute zu Professoren berufen – die nun plötzlich und unerwartet vor Leistungsanforderungen stehen und denen nicht gewachsen sind.
3 Kommentare (RSS-Feed)
Naja, aber wenn einer jeden Tag schreit “Hilfe, ich ertrinke”, dann kommt irgendwann halt auch keiner mehr.
Und damit kann man – selbst wenn es stimmt – natürlich immer plakativ jedes eigene Verschulden breit übertünchen. Es sind immer die anderen schuld. Noch nie waren die Professoren selbst an irgendetwas schuld.
Nun, die Uni besteht nicht nur aus Professoren.
Es ist halt auch Aufgabe von Hochschulpräsidenten, sich stellvertretend
für diejenigen zu beklagen, die bei den Ministern noch weniger Gehör finden.
Deswegen werden sie auch weiter jammern. Der Grund ist ja real.
Die Raum- und Personalnot habe ich selber noch in den 80ern miterlebt.
Du hast natürlich vollkommen recht, dass sie dabei gerne darüber hinweggehen,
dass es Probleme gibt, die nichg am Geld liegen. Die Politik bietet dann
das komplementäre Verhalten: über Geld wird nicht geredet, sondern
bloß nebulös von “Reform” oder “Entrümpeln”.
Wenn immer wieder die gleichen Klagen über Unterfinanzierung vorgetragen
werden (nicht unbedingt von denselben Personen), könnte es ja durchaus
daran liegen, dass sich an der Unterfinanzierung nichts geändert hat.
Auch Paranoiker werden zuweilen verfolgt.
Die erhoffte “Untertunnelung des Studentenberges” begann ja schon
in den Siebzigern. Auch die Taktik, auf derlei Klagen erst einmal
mit der Aufforderung zur internen Reform zu reagieren, ist nicht neu
(vgl. z.B. die diversen “Qualität der Lehre” Initiativen in den 80ern
und 90ern).