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Ein paar Überlegungen zum Bachelor und der Finanznot der Unis

Hadmut Danisch
29.11.2009 13:33

Nur so ein paar ungeordnete Gedanken als Diskussionsanregung.

Ich habe gerade beim allgemeinen Weblesen drei verschiedene Artikel ähnlichen Themas, aber höchst unterschiedlicher Qualität gefunden.

  • Auf Telepolis Vom Veröden und Verblöden, eine als Zeitkritik getarnte Anpreisung dreier (laut Amazon Kommentaren höchstens mittelmäßiger) Bücher. Immerhin finden sich darin durchaus richtige Überlegungen dazu, daß intellektuelle Arbeit heute nicht mehr honoriert wird. Man kann sich überlegen, ob ein Qualitätsverfall oder eine Inflation dahintersteckt. Nie wurde so viel geschrieben wie heute. Nie waren wir so industriell-maschinell ausgestattet wie heute, was den Anteil der Agrar- und Industriearbeit verringert und den Anteil und damit die Menge intellektueller Arbeit steigen läßt. Ein Überangebot? Möglicherweise war es aber auch für einen Nicht-Arbeiter noch nie so einfach wie heute, ohne intellektuelle Fähigkeiten Erfolg zu haben, insofern ist vielleicht der Bedarf gesunken?
  • Ebenfalls auf Telepolis ein grauslich zu lesender, aber in der Sache wohl doch nicht ganz falscher Artikel Kommt der Weltbankrott?. Darüber, wie die „Eliten” (und meines Erachtens auch die unteren Schichten über die Sozialleistungen) sich am Mittelstand bereichern.
  • Ein deutlich besserer und seriöserer Artikel zum ungefähr gleichen Thema ist in der Welt erschienen, Angst vor der Mittelschicht lähmt Bundesregierung

Dazu kann man sich nun ein paar Überlegungen machen. Vor allem zum Artikel in der WELT. Kürzlich erwähnte irgendwo in einem meiner Blogs ein Leser in einem Kommentar (was mir ganz neu war und ich sehr interessant aber auch erschreckend fand), daß die Gelder für die Riester-Rente in Staatsanleihen investiert werden. Das bedeutet nichts anderes, als daß der Rentensparer (und damit eben die Mittelschicht) unter dem Anschein der Rentenfinanzierung dem Staat einen Kredit gibt, ohne es zu merken. Wenn das wirklich so ist, dann verkloppt der Staat den Bürgern Staatsverschuldungen als Renten. Was bei dem rasanten und kaum mehr aufzuhaltenden Anstieg der Staatsverschuldung fürchterlich schief gehen kann. Die Begründung für die private Rentenvorsorge war, daß wir überaltern und nicht genügend Junge nachwachsen, die Bevölkerung abnimmt. Die Jungen werden in einigen Jahren also nicht mehr die Alten pflegen und nicht mehr für deren Rente aufkommen können. Was ist daran aber anders, wenn wir jetzt Staatsverschuldungen kaufen und dann in 20 Jahren eine reduzierte Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter die Schulden plus Zins und Zinseszins zurückzahlen sollen? Das können die dann auch nicht. Nimmt man den Artikel in der WELT dazu, der besagt, daß man jetzt der aktuell arbeitenden Generation die Steuern nicht wie nötig erhöht und das mit neuen Schulden finanziert, dann liegt darin nur ein Tarngeschäft für einen weiteren Generationenvertrag. Was die Leute heute in die Tasche bekommen, muß in Zukunft von anderen gezahlt werden. Die Riester-Rente als Tarnung für eine versteckte drastische Erhöhung der Rentenbeiträge oder – wie man’s nimmt – als Steuererhöhung zum Abtragen, nein, genauer gesagt zum Substituieren der Staatsschulden, abgezielt auf die Mittelschicht? Wer als reicher Geldanleger heute Staatsanleihen kauft, will das Geld vielleicht in 4 Jahren wiedersehen. Wer heute riestert, der fragt vor dem Rentenalter nicht mehr danach, ist ein geduldiger Gläubiger.

Und wo ist der Zusammenhang mit den Universitäten?

Nun, an den Universitäten findet sich fast nur die sogenannte Mittelschicht. Wer an den Universitäten spart, spart damit an denen.

Wie schon früher in einem anderen Artikel angesprochen, führt aber die Reduktion des Studiums von dem früheren oft bei so ca. 12- 14 Semestern liegenden Normalstudium auf den 3-Jahres-Bachelor dazu, daß viele der Leute 3-4 Jahre weniger studieren und damit eben 3-4 Jahre länger auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Bei denen, die dann einen Master machen, halt etwas weniger. Kommen dazu noch andere Maßnahmen wie

  • Verkürzung der Schulzeit von 13 auf 12 Jahre (manche wollen ja noch eine frühere Einschulung)
  • Wegfall der Wehrpflicht
  • Rente mit 67

Kommt man insgesamt auf eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit bei Angehörigen der Mittelschicht um ca. 7 bis 8 Jahre, grob gesagt, und damit um fast etwa 20% (wenn man berücksichtigt, daß früher viele schon mit 60 oder 62 in Rente gegangen sind, sogar um die 30%). Das ist – zusätzlich zu den vielen angehobenen Abgaben und Steuern und Reduzierungen der Leistungen wie Eigenheimzulage, Krankenkassenleistungen usw. – die Mehrarbeit, die der Mittelstand erbringen muß, um die untersten Bevölkerungsschichten weiter zu alimentieren und die Eliten (ich mag das Wort gar nicht nicht, es ist blöd und ideologisch belastet, aber ein besseres fällt mir gerade nicht ein) weiter zu bereichern. Die Verdichtung und Verkürzung des Studiums und die notorische Geldknappheit heißt eigentlich nichts anderes, als daß der Staat von dieser Mittelschicht deutlich mehr Lebensarbeit will und dafür weniger Ausbildungsleistung gewährt.

Im Endeffekt liegt damit ganz versteckt die Steuererhöhung vor, die sich die Regierung laut WELT angeblich nicht traut. Nur daß diese Steuererhöhung sich eben nicht in einer höheren Prozentzahl offensichtlich macht, sondern (ähnlich wie bei der kalten Progression) bei formal gleichbleibendem Steuersatz das besteuerte Volumen erhöht. Versteckte drastische Steuererhöhung durch die Hintertür.

Der Bologna-Prozeß dient dabei vermutlich nur als willkommener und gelegener Vorwand.

2 Kommentare (RSS-Feed)

pepe
1.12.2009 7:11
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Man beachte die fatalen Nebeneffekte.

Einen offenbaren Generationenvertrag durch einen komplizierten zu ersetzen macht nur Sinn, wenn man sich anschaut wer daran verdient. Und siehe da, beim Riestern genehmigen sich die Banken noch ihren eigenen Anteil und der Kunde wird damit letztlich nach Strich und Faden verarscht. Das Sparverhalten der Deutschen zu pervertieren und einzuverleiben ist die Motivation hinterm Riestern.

Zum Nebeneffekt der Verkuerzung der Lehre brauch ich wohl nichts weiter sagen. Unsere Bildung entwickelt sich ja so praechtig, da macht die Verkuerzung sicher nichts aus. Man muss aber anmerken, dass die 20 Prozent Mehrarbeit gar nicht zu stande kommen. Wenn irgendjemand diese Arbeit braeuchte, haetten wir in Deutschland nicht 6 Mio Menschen auf der Suche nach Arbeit. Stattdessen wird aus einem Studenten ein Arbeitsloser, aus jemandem mit Chancen und Vorstellungen wird jemand, der in der U-Bahn Bodo verkauft. Wer einen Job findet, also statt Akademiker oder Fuehrungsperson dann Friseur wird oder im Supermarkt arbeitet, draengt dabei jemand anderen aus dem Arbeitsmarkt. Was also passiert ist, dass man die Menschen vom Denken abhaelt und sie stattdessen in eine Konkurrenzsituation bringt, bei der sie als Interessengruppe, die sie eigentlich sind, nur verlieren koennen.


pepe
9.12.2009 16:33
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