Presserats-Beschwerde gegen die FAZ
Ich habe gerade beim Deutschen Presserat Beschwerde gegen die Frankfurter Allgemeine Zeitung und die Redakteurin Henrike Roßbach wegen deren Berichterstattung über die Professorin Claudia Kemfert erhoben.
Ich hatte vorgestern u.a. über den Artikel in der FAZ (Papier vom 20.3.10 und Online) berichtet, in dem es u.a. heißt:
Wer derart in der Öffentlichkeit steht, dem bläst der Wind manchmal frontal ins Gesicht. Gerade erst musste Claudia Kemfert das erfahren, als eine Zeitung veröffentlichte, sie habe für einen Aufsatz aus dem Online-Lexikon Wikipedia abgeschrieben. Der Vorwurf traf Claudia Kemfert hart. Sie verteidigte sich: Diese Beiträge seien grundsätzlich Gemeinschaftswerke, die umstrittene Passage stamme nicht von ihr, sondern von einem anderen Mitarbeiter, und sie selbst habe mit dafür gesorgt, dass der Text wegen seiner Mängel gar nicht erst erschienen sei. Doch das wollte niemand hören. Viel reizvoller war es, der Strahlefrau mit den blonden Locken dabei zuzusehen, wie ihr ein Kratzer verpasst wurde. So viel zu den Risiken und Nebenwirkungen medialer Präsenz.
Der Artikel erschien also gerade während des Streites zwischen Kemfert und der Süddeutschen und in unmittelbarer Nähe zur Presseerklärung Kemferts vom 22.3., in dem Kemfert bzw. das DIW den Vorwurf des Plagiats als unwahr zurückweisen und erklären, Klage erhoben zu haben.
Praktisch gleichzeitig erscheint in der FAZ ein Artikel über Kemfert, in dem genau das aufgegriffen wird und Frau Kemfert so als mutig blondgelockte Kämpferin gegen böse Mächte hingestellt wird.
Der erste Punkt, weshalb ich Beschwerde erhoben habe, ist, daß hier unter dem Anschein redaktioneller Arbeit so etwas wie eine Interessenvertretung Kemferts vorgebracht wird – genau in dem Augenblick, als sie eine Feuerlöschaktion und positive Presse brauchte. Das verstößt m. E. direkt gegen Ziffer 7 des Pressekodex, der die Vermischung von Redaktionellen Inhalten und privaten Interessen verbietet.
Der zweite Punkt ist, daß die FAZ es so hinstellt, als sei es ein normaler Vorgang, wenn ein Professor seine Artikel von den Mitarbeitern schreiben läßt. Wie ich schon erläutert habe, ist das urheberrechtswidrig (und kann u.U. Betrug am Leser oder Käufer sein), denn außer durch Selbstschreiben kann man im deutschen Recht nicht Autor eines Werkes werden. Meines Erachtens gehört es in die Kategorie Ghostwriter und damit auch zu den Plagiaten, wenn man die Texte der Mitarbeiter als eigene herausgibt. Und laut der FAZ tut sie das ja (Zitat) “grundsätzlich” . Insofern stellt die FAZ Urheberrechtsverstöße als normal hin und unterstützt diese Praxis. Das finde ich vor allem deshalb dubios, weil ja m. W. die deutschen Verlage gerade auch eine Stärkung der Urheberrechte betreiben.
Es ist außerdem durchaus die Frage, inwieweit die FAZ eigentlich eine seriöse Zeitung oder eher ein Interessenpropagandablatt ist. Ich bin mir zwar bewußt, daß der Presserat ziemlich zahnlos ist und zunächst auch die Interessen der Presse vertritt, also nicht objektiv ist, aber schaun wir mal, was rauskommt.
Wenn ich die Presseerklärung Kemferts bzw. des DIW so lese, in dem sie den Vorwurf des Plagiats als falsch hinstellt und behauptet, Klage erhoben zu haben, während die FAZ unter ihrer Mitwirkung sagt, daß solche Veröffentlichungen grundsätzlich Gemeinschaftswerke (und damit mehr oder weniger doch Plagiate) seien, fange ich mal an zu überlegen, ob ich da nicht mal Strafanzeige wegen Prozeßbetrugs stellen sollte.
Wenn die FAZ was übers Klima schreibt, werde ich das künftig nicht mehr glauben.
Ein Gemeinschaftswerk ist noch nicht ein Plagiat, wenn denn alle Autoren auch genannt sind.
Ich wuerde sehr gerne diesen fraglichen Artikel sehen, um den es da geht. Hast Du dazu vielleicht einen Link, oder den Titel des Artikels?