Wissenschaftsbetrug durch Unterdrückung
Ungewöhnliche Form von Gefälligkeitsstudie: In Österreich kann man Diplomarbeiten mit unerwünschten Inhalten einfach sperren lassen.
Da verkauft irgendwer für teuer Geld so magisches Hokus-Pokus-Wasser, sogenanntes „Granderwasser”, das an einem mit „Informationswasser” gefüllten Metallzylinder vorbeifließt. (ich sollte eigentlich auch mal Wasser verkaufen, was an meinem eigenen Wasser mal vorbeigeflossen ist, bin immerhin Informatiker…).
Und nun haben die da also an der TU Graz das Wasser und dessen erstaunliche Wirkung untersuchen und nachweisen lassen. Wobei mir nicht klar ist, ob die mehr an die magische Kraft ihres Wassers oder an die Korruptheit unserer Wissenschaftler geglaubt haben.
Jedenfalls waren es Diplomarbeiten, und die sind ja noch nicht so wissenschaftsversaut. Und die haben untersucht und geforscht und analysiert und experimentiert und kamen dann zu dem eindeutigen Urteil, daß an dem Wasser überhaupts nichts dran ist und sich nicht der geringste Unterschied zu gewöhnlichem Wasser finden läßt. Haha.
Weil das Ergebnis aber offenbar unerwünscht war, hat man die Diplomarbeiten nach österreichischem Recht einfach für 5 Jahre gesperrt, also geheimgehalten.
Wie die ScienceBlogs richtig schreiben, kann auch das Unterdrücken von Ergebnissen Wissenschaftsbetrug sein.
Man muß das Zurückhalten von Ergebnissen als ähnlich schlimm ansehen wie das Fälschen von Ergebnissen. Es zeigt aber wieder einmal die korrupte Grundhaltung der Universitäten.
(Danke an den Leser für den Link.)
Einen Sperrvermerk konnte man bei uns (Leipzig) auch setzen lassen, insbesondere, wenn die Diplomarbeit in einem Unternehmen erstellt wurde. Die Begründung, dass Interna und Geschäftsgeheimnisse nicht durch die Arbeit kompromittiert werden sollten, ist auch einleuchtend. Das Mittel der Sperrung sehe ich deswegen auch als gerechtfertigt. Allerdings sind mir zahlreiche Fälle zu Ohren gekommen, wo der Sperrvermerk aus ganz anderen Gründen gesetzt wurde:
1. Disclaimermanie: Einige Vorgesetzte haben bei allen Diplomanten einen Sperrvermerk verlangt, aus Angst ein höheres Tier wäre mit der Veröffentlichung nicht einverstanden oder es könne irgend ein undefiniertes juristisches Übel drohen. Ähnlich wie Webseitendisclaimer. Es gab sogar Leute, die waren der festen Überzeugung es gäbe irgendeine Konzernvorgabe, dass alle im Unternehmen erstellten Diplomarbeiten einen Sperrvermerk tragen müssten.
2. Kaschieren der eigenen Unfähigkeit: Einige Studenten wussten ganz genau, dass sie nur Laberpapier produzierten. Die hatten sich ihre Professoren auch gezielt so ausgesucht, dass jene vom eigentlichen Thema der Arbeit keine Ahnung hatten.
Ganz wenige waren in einem Bereich, wo sich eine Sperrung tatsächlich plausibel anhörte. Und selbst bei denen würde ich schätzen, dass eine nicht unerhebliche Zahl unter Punkt 1 fällt, denn nicht jede Diplomarbeit in einem kritischen Bereich enthält auch kritische Informationen.
Das Problem dahinter: Eine Sperrung wird nicht hinterfragt und eine grundlose Sperrung hat keine negativen Auswirkungen.