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Die Selbstvergiftung der Professorenberufung durch Korruption

Hadmut Danisch
7.8.2010 12:25

Man lese und staune: Die Korruption hat die Universitäten schon so verseucht, daß sich sogar der Deutsche Hochschulverband selbst daran stört.

Ein Leser (Danke!) hat mir den Link auf einen Artikel bei academics.de zur Zukunft des Berufungsverfahrens geschickt. Und sie kritisieren darin effektiv dieselben Mängel, die ich auch seit Jahren kritisiere. Erstaunlich, daß die Degenerierung der Berufung inzwischen so fortgeschritten ist, daß sich sogar innerhalb des akademischen Lagers Widerstand regt.

Vor allem die Willkür und die „grauen” Vorverhandlungen stören den DHV. Sowas darf ja auch nicht sein, denn das ist reine Korruption. Die Berufung ist, wie jede Besetzung einer Beamtenstelle, zunächst mal eine Ausschreibung für eine Dienstleistung. Würde beispielsweise eine Stadt vor der Ausschreibung von Baumaßnahmen Vorverhandlungen führen, um dann die Ausschreibung daran anzupassen, würde das jeder als Korruption erkennen. Bei Professuren macht man das gleiche, aber keinen störte es – bisher.

Und die Manipulationen dabei sind ganz enorm. Bei der Berufung für die Nachfolge Beth (Informatik) in Karlsruhe etwa waren die Manipulationen enorm. Man hat gesetzeswidrig eine Hausberufung durchgeführt und dabei den Hauskandidaten Jörn Müller-Quade in einen Dreier-Vorschlag zusammen mit zwei anderen Kandidaten gesteckt, die längst woanders Professuren angenommen hatten, damit es also nur wie ein Dreiervorschlag aussah. Über die Auswahl unter den 42 Bewerbern gibt es – wiederrum rechtswidrig – überhaupt keine Aufzeichnungen, Protokolle, einfach nichts. In einem späteren Streit stellte sich heraus, daß die Mitglieder der Auswahlkomission überhaupt nicht, nicht einmal ansatzweise wußten, was in den Bewerbungsschreiben von anderen Kandidaten stand, man also erst gar keinen Vergleich durchgeführt hatte, sondern die Stelle direkt dem Hauskandidaten zugeschanzt hatte. Man nennt es Ämterpatronage, und es ist ein Straftatbestand (gehört zur Untreue und in solchen Fällen wie hier auch zum Betrug gegenüber der Landesregierung, die den Beamten ernennt). Aber niemand tut etwas dagegen. Die Staatsanwaltschaft in Baden-Württemberg ist nicht nur kaltgestellt, sondern hat sich schon so an diese Zustände gewöhnt, daß sie sie für normal hält.

Und obwohl diese Praxis grob gegen Verfassungsrecht verstößt, sperrt sich auch das Bundesverfassungsgericht unter Präsident Voßkuhle dagegen, dem korrupten Treiben einhalt zu gebieten.

Bemerkenswert ist auch, daß der DHV dabei vor allen diese „grauen Vorverhandlungen” (zu Recht!) anprangert, die verbotenerweise vor Berufungen immer häufiger erfolgen. Professuren werden heute nicht mehr in regulären Berufungsverfahren vergeben, sondern auf einem kriminellen Schwarzmarkt gehandelt.

Und auch auch das passiert nicht einmal mehr verdeckt. SAP-Milliardär Hans-Werner Hector hat der Universität Karlsruhe 200 Millionen Euro gestiftet („Hector-Stiftung”), aus deren jährlichen Erlösen die Professoren – beamtenrechtswidrige – Zuzahlungen bekommen. Die Hector-Stiftung fördert diese grauen Verhandlungen, und damit die Korruption. Aber auch hier blockiert das Bundesverfassungsgericht wieder die juristische Klärung – wieder unter Präsident Voßkuhle.

Daß man bei dieser Problematik aber nun ausgerechnet vom DHV Kritik hört und dann auch noch so deutlich, damit hätte ich nun wirklich nicht gerechnet. Allerdings – so ganz rein und rechtsliebend ist das dann auch nicht. Wenn man die Thesen des DHV liest, dann sind die auch nur anfangs edel, dann driften die mehr und mehr in die Interessenvertretung der Professoren ab. Beispielsweise halte ich die Argumentation gegen die Drei-Jahres-Sperre für unredlich und unseriös. Denn wie ich oben schon schrieb, ist die Berufung auf eine Professur eine öffentliche Ausschreibung. Und wer bei so eine Ausschreibung ein Angebot einreicht und dann den Vertrag akzeptiert, der hat gefälligst auch seinen Auftrag zu erfüllen und nicht alles hinzuwerfen, wenn’s ihm woanders besser gefällt. Man stelle sich vor, die Stadt schreibt eine Baumaßnahme aus und der Bauunternehmer schmeißt nach halbem Rohbau hin weil er irgendwo eine schönere Baustelle gefunden hat. Das geht nicht. Professoren fordern für sich die beamtenmäßige Unkündbarkeit ein, verlangen aber gleichzeitig, auf Steuerzahlerkosten alles stehen und liegen lassen und weiterziehen zu können. Das ist so diese verdammte Alles-nehmen-und-nichts-geben-Mentalität unserer Professoren.

Insofern ist die DHV-Kritik eigentlich nicht seriös, sondern Lobbyismus der Professoren gegen die Landesregierungen und Rektorate, also quasi schon ein Lobbyismus gegen einen anderen. Wäre ja auch zu überraschend gewesen, wenn ich meine schlechte Meinung vom DHV hätte revidieren müssen.

Wenn aber schon die Professoren selbst sich über diese Interessenvertretung gegen diese Korruptionsform wenden, dann zeigt das, wie weit die Selbstvergiftung schon fortgeschritten ist, und daß die in den letzten 10-15 Jahren ach so hochgejubelte Autonomie und die neoliberale Denkweise keine Vorteile bringt, sondern nur zu einer zunehmenden Vergiftung führt.

Das System kippt um wie ein Gewässer, das aus dem Gleichgewicht geraten ist.

2 Kommentare (RSS-Feed)

Steffen
7.8.2010 21:26
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Mhmm… mal (wieder) eine kleine persönliche Erfahrung.

Ich war als Studentenvertreter auch mal Vertreter in einer Berufungskommission. Aus Anonymitätsgründen schreibe ich nicht, wo, wann, welche Fakultät, und um welche Lehrstuhlbesetzung es ging.

Pflichtbewusst bin ich auf die Einladung an alle Kommissionsmitglieder hin ins Sekretariat gegangen, und habe mir den Stapel Bewerbungen zum Durcharbeiten geholt.

Drei Stunden und 40 Bewerbungen später bin ich ziemlich erschöpft auf den Flur rausgewankt, und zurück Richtung Sekretariat um den Stapel wieder abzugeben. Zufälligerweise kam mir der Dekan entgegen.

Und da ist ihm ein aufschlussreicher Versprecher passiert: “Ah, guten Tag, Herr …. Was? Sie haben sich tatsächlich das alles durchgelesen???” Und mit einem etwas gutsherrenhaften Tonfall weiter: “Na, Sie machen sich aber Mühe!”


Hadmut Danisch
7.8.2010 21:36
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Hab ich schon öfters so gehört. Die meisten Fakultäten sind reine Korruptionsküchen (und manche von denen halten das für Wissenschaft).