Uni Karlsruhe: Gewissen kontra Zwangs-Militärforschung
In der Süddeutschen Zeitung ist ein interessanter Artikel über Gewissenskonflikte und Zwangsforschung erschienen – auch über die Universität Karlsruhe/KIT.
Interessantes Problem: Den Wehrdienst darf man aus Gewissensgründen verweigern. Die Militärische Forschung nicht, wenn der Professor sie verlangt. Der Student/Doktorand ist gezwungen zu tun, was man von ihm verlangt. Das Problem wird ausgerechnet (auch) von einem Professor der Universität Karlsruhe (KIT) aufgeworfen, dem Philosophie-Professor Matthias Maring. Interessant deshalb, weil sich ja die Gerüchte verstärken, daß die Uni Karlsruhe/das KIT sich zunehmend aus Militärforschung finanziert.
Bei Licht betrachtet ergibt sich aber so der ein oder andere Zweifel am Gezeter.
Wehrdienst und Studium kann man nicht so unbedingt vergleichen, denn der Wehrdienst ist (bzw. war es zumindest mal) eine Zwangsveranstaltung, man mußte teilnehmen. Insofern ist die Notwendigkeit für eine Ausweglösung für Leute mit Gewissenskonflikten viel größer. Studieren beruht ja doch eher auf Freiwilligkeit. Zudem hat der Student ja auch – in gewissen Grenzen – die Möglichkeit, sich ein unproblematischeres Fach zu suchen, an eine weniger militärlastige Universität gehen (man muß sich halt mal von dem Blödsinn lösen, daß die Drittmittelmenge was mit Qualität zu tun hat), andere Schwerpunktfächer wählen oder eben an ein anderes Institut gehen. Ich sehe die einschlägigen Fächer jetzt noch nicht so von Militärforschung durchseucht, daß man dem nicht mehr entkommen könnte. Also mit Wehrdienst kann man das nicht vergleichen.
Stirnrunzeln kommt mir auch bei folgender von der Süddeutschen zitierten Aussage des Professors:
„Studenten haben im Prinzip keine rechtliche Möglichkeit, sich gegen eine solche Aufgabe zu wehren. Professoren können im Studium alles verlangen, was sie für sinnvoll erachten. Das ist durch die im Artikel 5 des Grundgesetzes garantierte Freiheit der Forschung und Lehre geschützt.”
Das mag die Realität an der Uni Karlsruhe sein, aber mit Artikel 5 hat’s nichts zu tun und ist rechtlich grober Unfug. Dieser Philosoph weist sich in seiner Inkompetenz als echter Karlsruher Professor aus, die nehmen nämlich nur Leute, die das so sehen und meinen, der Professor könnte tun und lassen, was er will. Andere werden dort gar nicht erst Professor.
Zwar ist es tatsächlich so, daß die Freiheit von Forschung und Lehre dem Professor in sehr weiten Grenzen (aber nicht grenzenlos!) erlaubt, zu forschen und zu lehren, was er will. Daraus ergibt sich aber noch kein Zwang für den Studenten oder Doktoranden. Nur weil der Professor irgenwas forscht oder lehrt, ist der Student noch lange nicht selbst involviert.
Kritisch wird es für den Studenten erst, wenn es um Prüfungen geht, weil er dann ja die geforderte Leistung bringen muß und nicht mehr gefragt wird, ob ihm das gefällt. Prüfen fällt aber – und das wissen die meisten deutschen Professoren, besonders die aus Karlsruhe, nicht – nicht unter die Freiheit von Forschung und Lehre. Bei Forschung und Lehre ist der Professor oder jeder andere Forscher (oder der, der es sein will) Grundrechtsträger. In Prüfungen ist der Professor aber rechtlos, er ist Grundrechtsverpflichteter. Die Rechte hat da der Prüfling, namentlich Forschungsfreiheit, Berufsfreiheit, Rechtswegsgarantie. Deshalb umfaßt die Freiheit von Forschung und Lehre nicht auch die Freiheit des Hochschullehrers festzulegen, unter welchen Leistungsanforderungen ein Leistungsnachweis erteilt wird. Das darf nur der Gesetzgeber. Der muß es in den Grundzügen selbst tun und darf die Einzelheiten an die Exekutive zur Regelung durch Verordnung (Prüfungsordnung, Curriculum) delegieren. Mit Forschungsfreiheit hat das nichts oder nur sehr wenig zu tun.
Insofern müßte man meines Erachtens die viel drückendere Frage aufwerfen, wie jemand wie dieser Philosophie-Professor (oder so viele andere Professoren) eigentlich Professor und auf Lebenszeit aus Steuergeldern bezahlter Beamter werden konnte, wenn er nicht mal die Grundlagen seines Berufs beherrscht und ernsthaft glaubt, der Professor könne – nur weil er forschen und lehren darf, was er will – auch von Studenten und Doktoranden verlangen, was er will.
Die meines erachtens wichtige philosophisch-ethische Frage ist, ob man von Professoren, die unkündbar bis ins Grab von der Öffentlichkeit fett alimentiert werden, nicht wenigstens so ganz grundlegendes Mindestwissen erwarten könnte (oder ob sie wenigstens die Klappe halten sollten, wenn sie nicht mal das haben). Wenn sie sich daran halten würden, bestünde das oberflächliche Problem, daß Studenten von Professoren zu Militärforschung gezwungen werden, nämlich erst gar nicht. Die diskutieren hier aus Unkenntnis meilenweit am Thema vorbei. Was sie können, weil sie ja unkündbar sind.
Aber in Deutschland herrscht ja die flächendeckende Ansicht, daß man von Professoren gar nichts erwarten kann und daß die tun und lassen dürfen, was sie wollen.
2 Kommentare (RSS-Feed)
Es gab mal eine Ringvorlesung Informatik und Gesellschaft …
Gibts eigentlich noch das Fach “Ethik in der Informatik” oder “Informatik in der Gesellschaft” an Hochschulen?
In KA sicher nicht. >:)