Schüchtert der Islam Universitätsdozenten ein?
Im Focus ist ein Artikel über den Umgang mit dem Islam erschienen.
Es geht darum, daß jeder, der den Islam kritisiert, eingeschüchtert würde. Sogar Banken würden inzwischen die Sparschweine abschaffen.
Ich weiß nicht so richtig, was ich davon halten soll. Einerseits halte ich Focus für ein unseriöses Krawallblatt, dem die Schlagzeile wichtiger als der Inhalt ist. Und wenn ich richtig informiert bin, gehört Focus zu Burda, und Burda halte ich für unseriös, tendenziös und politgesteuert. Insofern müßte man dem mißtrauisch gegenüberstehen.
Andererseits entspricht vieles, was ich da lese, eigenen Beobachtungen. Wenn ich beispielsweise in meinem anderen Blog mal deutliche Kritik am Islam äußere, bekomme ich häufig sehr unsachlich-aggressive Schimpf- und Drohmails und -kommentare, da geht sofort die Schimpfkanonade an, ich würde die Religionsfreiheit usw. nicht achten, wäre intolerant usw. Man merkt sehr deutlich, daß es da eine ziemlich aggressive Truppe gibt, die jeden, der den Islam kritisiert, frontal angreift. Seltsam daran ist aber, daß ich dabei noch nie von jemandem mit ausländischem Namen oder einem als solchen erkennbaren Muslim angegriffen wurde, sondern immer nur von Leuten, die auf mich als „normale” Erzdeutsche wirkten. Da scheint sich so eine Art vorauseilender Gehorsam oder so eine fatalistische Verneinung der eigenen Identität breitzumachen. So ein Selbstverständnis von devoter Selbstaufgabe und Übergastfreundschaft, als wäre unsere Hauptaufgabe, schweigend zu dienen.
Worauf ich hier aber eigentlich hinaus will: In diesem Artikel steht der Absatz
Nach den Fällen Salman Rushdies und Theo van Goghs wagt kaum noch ein Schriftsteller Kritik am Islam. Auch die Karikaturisten und Kabarettisten haben damit aufgehört, seit dänische Zeichnungen einen Sturm islamistischer Gewalt ausgelöst haben. Inzwischen berichten sogar Lehrer und Universitätsdozenten von systematischen Einschüchterungen durch islamische Vereine, wenn in irgendeiner Disziplin vermeintliche Glaubensfragen tangiert werden.
Islamische Vereine schüchtern Universitätsdozenten ein? Davon habe ich bisher noch nie gehört. Es interessiert mich aber.
Weiß jemand was darüber? Irgendwelche Quellen oder Beispiele?
Freue mich (wie immer) über Hinweise…
7 Kommentare (RSS-Feed)
Danke für den Hinweis. Gleich mal auf die Suchseite gegangen. Meinst Du den da? http://www.zeit.de/2011/07/C-Islam
(Dabei habe ich noch den gefunden: http://www.zeit.de/2011/06/S-ChristianeMueller)
Das wäre natürlich bezeichnend, wenn sich Muslime in den Studiengang Islamwissenschaften einschreiben und dann entsetzt sind, wenn der Islam kritisch hinterfragt wird. Sagt einiges über deren Wissenschaftsbild aus (womit man dann auch dem Thema dieses Blogs näher kommt). Wird ja auch im Artikel angesprochen, daß sie eigentlich Theologie erwartet hatten.
Allerdings kann ich da auf den ersten Blick nicht viel Anrüchiges finden: Die Haltung der Hochschule, nämlich unreligiös kritischen Inhalt zu vermitteln, halte ich für in Ordnung. Das Thema an sich halte ich auch für interessant und beachtlich. Und von Drohungen ist da auch nichts gesagt. Solange die, denen es nicht paßt, einfach aufstehen und gehen, ist das zunächst mal kein Angriff (allerdings ein Ausdruck der Mißachtung). Insofern finde ich das erst einmal OK.
Wenn allerdings, wie hier anklingt, so viele Muslime den Islam im Falle unauflösbarer Widersprüche vor die Wissenschaft stellen, muß man durchaus die Frage stellen, ob diese dann überhaupt zum Wissenschaftler taugen und ob man jemandem mit dieser Sichtweise überhaupt die allgemeine Hochschulreife (sprich Abitur) bescheinigen kann. Denn die Hochschulreife heißt, daß man nicht nur die grundsätzliche Befähigung, sondern auch die Bereitschaft (eben die Reife) hat, sich objektiv und wissenschaftlich mit Problemstellungen und Erkenntnis auseinanderzusetzen. Und die sehe ich da nicht. Wer den Islam vor die Wissenschaft stellt, der mag das für sich gerne tun. Aber er sollte dann wenigstens so konsequent und ehrlich sein, eine Universität erst gar nicht mehr zu betreten.
(Was übrigens für Hard-Core-Christen und Kreationisten genauso gilt. Denen sollte man das Abitur als Zeugnis der allgemeinen Hochschulreife verweigern, weil deren Sichtweise mit Hochschulreife unvereinbar ist.)
Daß sich jemand in einen Studiengang einschreibt und dann entsetzt ist, wenn das Thema kritisch wissenschaftlich angegangen wird: Das ist wohl auch ein generelles Problem in der Philosophie. Das Fach hat ziemliche Probleme mit Esoterikjüngern, die glauben daß im Philosophiestudium über Astralleiber und Yoga-Meditation diskutiert wird, und die völlig entsetzt sind, wenn sie im ersten Semester erstmal knallharte Logik lernen müssen.
Back on topic: Ich habe auch ein bisschen versucht, entsprechende Fälle von Einschüchterungen zu finden. Es ist nicht leicht. Ich habe bloß noch gefunden, daß es wohl zur Amtseinführung von Alice Schwarzer, die neuerdings Mercator-Professorin in Duisburg ist, Proteste gegeben hat. Von einem Bündnis aus: “Grüne Hochschulgruppe, der Islamische Studierenden Verein (ISV), der ev. Kirchenkreis Duisburg und das Anti-Rassismus Informations-Centrum.”
Es ist der “Islamische Studierendenverein” mit beteiligt, aber ansonsten hauptsächlich wieder jene “normalen Erzdeutschen”.
Das mit dem Sparschwein ist ein Hoax! Einfach mal glaskugeln. Alle Banken denen es nachgesagt wurde dementierten, vielleicht eingeschüchtert. Alle Jahre wieder wird er aufgewärmt, na ja, sonst wäre es kein Hoax! 😉
Von Sparschweinen habe ich 2007 bei Stefan Niggemeier im Zusammenhang mit Hendrik M. Broder gehört, und zwar war das wohl FUD – nix dahinter: http://www.stefan-niggemeier.de/blog/broder-oder/ und 1,5 Jahre alt war die Geschichte damals schon!
Zu eingeschüchterten Unidozenten weiß ich nichts zu berichten, aber da ich nicht Theologie oder Religionswissenschaften studiere wäre das auch verwunderlich.
> Das Fach hat ziemliche Probleme mit Esoterikjüngern, die glauben daß im Philosophiestudium über Astralleiber und Yoga-Meditation diskutiert wird, und die völlig entsetzt sind, wenn sie im ersten Semester erstmal knallharte Logik lernen müssen.
Erstmal: Dass ich nicht lache, von dem was ich von Logik-Vorlesungen für Philosophen gehört habe, ist das ein Farce von dem, was Mathematiker über Logik lernen.
Zu der eigentlichen Aussage: Ich kenne durchaus meditationsaffine Mystiker, die auch kein Problem damit haben, sich mit klassischer Philosophie und ein wenig Mathe zu beschäftigen (zumindest so Luschen-Logik sollte auf jeden Fall klar gehen).
Zu den Fundamentalisten: Wie soll das gehen, einem Kreationisten das Abitur zu verweigern? Müssen die Abiturienten dann vorher offiziell abschwören oder wie? Außerdem finde ich eine solche Maßnahme inadäquat, es stört mich, dass es solche Leute gibt, aber ob die jetzt an einer Uni rumlaufen oder nicht…
Systematische Einschüchterung? Wenn im Zeitungsartikel selbst keine
Beispiele stehen, vermute ich, dass es der übliche Focusqualitätsjournalismus
ist. Die haben gemerkt, dass sie konkret nicht viel haben und wollten
wenigstens etwas in den Formulierungen aufpeppen.
Prinzipiell zutrauen würde ich es einigen Muslimen, dass sie sich wie
die Evangelikalen in den USA aufführen; in fast allen Religionen werden
die “Gläubigen” bereits im zarten Kindesalter konditioniert.
Das bedeutet nicht, dass so jemand als Erwachsener zwingend dumm ist,
er hat lediglich in seinem Weltbild einige verstandesfreie Zonen.
Wenn dann ausgerechnet diese Bereiche einem rationalen Diskurs ausgesetzt
werden (also z.B. in einem entsprechenden Studiengang), dann führt das
zu Abwehrreaktionen, die aus rationaler Perspektive unverständlich sind.
Stell Dir vor, jemand wollte Dich davon überzeugen, kein Toillettenpapier
mehr zu verwenden sondern Dich nach dem Stuhlgang zu waschen. Es gibt einige
rationale Argumente dafür, aber der Überzeugungsversuch wird nicht gelingen.
Allerdings glaube ich, dass die eingebildeten oder befürchteten Reaktionen
von Muslimen auf dieses und jenes weitaus mehr Hysterie erzeugen als es
deren reale Reaktionen tun. Ein gutes Beispiel war vor einiger Zeit
die Aufschiebung/Absetzung irgendeiner Opernaufführung (Name vergessen)
in Berlin, weil man (gewalttätige?) Proteste von Muslimen befürchtete.
Es stellte sich heraus, dass kein einziger Muslim irgendeinen Anstoß an
der geplanten Aufführung genommen hatte — es war einfach die Phantasie
der Opernleute durchgegangen. In der Öffentlichkeit blieb aber hängen:
schon wieder regen sich Muslime über irgendetwas auf.
Was nun Deine jeweiligen Blogbeiträge angeht, ist mir an den Kommentaren
noch nichts besonders agressives aufgefallen. Allerdings kann ich natürlich
nur die veröffentlitchen Kommentare sehen und weiß nicht, was Du darüber
hinaus an Angriffen, Drohungen etc. entsorgen musst. Ich schätze, dass
dies mit steigender Popularität Deiner Blogs eher zunehmen wird.
Es gibt einen ZEIT-Artikel (aktuelle Ausgabe?) zum Thema der Islamwissenschaftsstudierenden an der Uni-Tübingen. Diese greifen aber nicht den Dozenten an, sondern verlassen den Raum. Jedenfalls soweit ich mich erinnern kann.