Forschungsmafia: Titelhandel · Forschungsbetrug · Wissenschaftskorruption · Hochschulkriminalität

Besser schlecht kopiert als ehrlich selbst gemacht

Hadmut Danisch
16.2.2011 23:12

Wetten, daß sie Karl Theodor zu Guttenberg den Doktor nicht abnehmen?

Verdient hätte er es wohl. Wäre man fair und konsequent, müßte man ihm den Doktor abnehmen. Jeden Studi, der eine lumpige Hausarbeit plagiiert bestraft man hart, als müßte man es hier erst recht tun.

Man wird es aber nicht tun. Weil im Hintergrund längst schon die politische Orgel spielt, und man den Leuten dort Vorteile, Aufträge, Würdigungen, Einladungen usw. verspricht und andererseits sicherlich auch droht (was auch stillschweigend geht). Weil die Professoren sich dort in Bayreuth mit einer Entziehung schließlich selbst in Frage stellen, sie sind Richter in eigener Sache. Und weil es an deutschen Universitäten eben so ist, daß man umso mehr betrügen darf, je höher man in der Hierarchie steht. Und weil zu Guttenberg adlig ist, das ist heute immer noch was. Und weil es Deutschland international blamieren würde (oder schon hat), wenn ein Minister seine Doktorarbeit abkupfert und man das auch noch öffentlich feststellt. Staatsräson und so. Und weil der Selbstreinigungseffekt an deutschen Hochschulen nicht funktioniert, weil wir hier in Deutschland korrupt bis hinter die Ohren sind.

Was ist die Quintessenz? Ich habe hier schon öfters beobachtet, daß der, der den Doktor kauft, besser dran ist, als der, der ihn selbst macht. Und so wird es auch beim Plagiat laufen. Die Promotionsordnung in Bayreuth sieht sogar vor, daß gewisse Mängel automatisch heilen, sobald man die Urkunde hat. Die wollen also gar nichts untersuchen.

Die Quintessenz ist aber, daß der, der seine Dissertation noch selbst schreibt, der Dumme ist. Denn der riskiert, daß irgendwelche übellaunigen und faulen Prüfer die Diss ablehnen, weil ihnen irgendwas nicht in den Kram paßt. Wer dagegen bei etwas abschreibt, was schon von anderen geschliffen und anerkannt ist, hat kurzfristig bessere Chancen. Er bekommt erst einmal seine Promotionsurkunde, meist bevor der Schwindel auffliegt. Die Promotion wieder abzunehmen ist aber viel schwerer als sie jemandem erst gar nicht zu geben. Das heißt, daß der Plagiator selbst dann, wenn der Schwindel irgendwann auffliegt, im Mittel immer noch besser dasteht als der ehrliche Doktorand, der seine Arbeit selbst schreibt.

Deutschland ist nach wie vor ein Land, in dem der Schwindler bessere Chancen hat als der Ehrliche. Wir sind eine Täter-Gesellschaft.

Würden sie ihm den Doktor entgegen meiner Erwartung doch abnehmen – was ich beim bisherigen Wissensstand über die Sache für notwendig halte – dann wäre das durchaus mal gesund für die Wissenschaftsszene. Es wäre mal ein Paukenschlag gegen den Schwindel, den sich die Leute auch merken. Aber ich glaube nicht ernsthaft daran.

Immerhin haben wir jetzt wirklich und endlich mal eine Pressepräsenz, auch international, und ein öffentliches Interesse.

Für Deutschland ist das die Nagelprobe, wie wir es mit dem wissenschaftlichen Betrug halten.

25 Kommentare (RSS-Feed)

Chris
16.2.2011 23:53
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Das denke ich auch. Es wird nichts passieren. Das heftigste wird vermutlich sein, das man für die betroffenen Stellen feststellen wird, das da ein sehr bedauerlicher Fehler passiert ist (Streß und so) und das das ja jetzt korrigiert wird. Alles nicht so schlimm.


| Wetten, daß sie Karl Theodor zu Guttenberg den Doktor
| nicht abnehmen?

http://www.michaelwinkler.de/Kommentar.html
Zitat:
“Bleiben wir bei den Fakten, so gibt es vier Möglichkeiten: Erstens, der Doktor wird umgewandelt, von Dr. jur. in Dr. hcsu. Das ist eine Lösung, die in Bayern gerne praktiziert wird und zur landesüblichen Folklore gehört. Die Kanzlerin ist mit ihrem Dr. fdj. schließlich auch ganz zufrieden. Zweitens, Guttenberg redet ein ernstes Wörtchen mit den Autoren seiner Doktorarbeit, damit diese in Zukunft solche Fehler unterlassen und er sie guten Gewissens an Kollegen weiterempfehlen kann. Der Bremer Professor, der die Sache aufgebracht hat, wird für einen langjährigen Forschungsaufenthalt ans Goethe-Institut Shanghai versetzt. Die Universität Bayreuth bekommt einen Auftrag des Verteidigungsministeriums und damit ist die Sache aus der Welt. Drittens, die Erst-Autoren fühlen sich geehrt, daß ihre Formulierungen derart gut waren, daß selbst ein Herr Guttenberg keine besseren Worte bei der Bearbeitung des gleichen Themas gefunden hat. Sie erhalten die großzügige Erlaubnis des Kanzlers in spe, mit dieser Tatsache künftig auf den Klappentexten ihrer Bücher zu werben. Viertens, die Bundeswehr schickt für ein paar Milliarden Euro Waffen und Munition nach Israel und Herr Guttenberg bekommt je einen Ehrendoktortitel der Universitäten Haifa und Tel Aviv. Dieses Verfahren funktioniert zwar auch bei Schulabbrechern und Ausbildungsverweigerern, aber das hat Herrn Prof. Dr. Dr. “Joschka” Fischer nicht davon abgehalten, die Titel zu akzeptieren.”

Ja, so könnts gehen.

Carsten

http://www.nichtlustig.de/toondb/081112.html


Man sollte sich generell darüber im Klaren sein, dass das Niveau einer Dissertation weit höher ist als das einer Seminar- oder Diplomarbeit. Eine Seminar- bzw. Diplomarbeit ist in der Regel eine reine Materialsammlung – allerdings auch hier unter genauer Angabe aller Quellen.

Wesentliches Qualitätsmerkmal einer Dissertation ist die dialektische Argumentation: Je mehr eigene Ansichten, Gedanken und Ideen in eine Dissertation einfließen, desto höherwertig ist diese in wissenschaftlicher Hinsicht.

Über den Verstoß gegen die wissenschaftliche Ehrlichkeit durch unbelegtes Abschreiben von Zitaten hinaus, ist es somit auch ein wissenschaftliches Tabu, die Meinungen anderer Autoren undifferenziert zusammenzuschreiben, ohne selber Stellung zu nehmen. Eine Doktorarbeit ohne dialektische Argumentation verdient – selbst bei Angabe aller Belege – eigentlich noch nicht einmal ein „Rite“.

Herr Guttenberg und auch die Gutachter dieser Dissertation haben im Wesentlichen die üblichen Qualitätsmerkmale einer Dissertation grob missachtet. Entweder verfügen diese Personen nicht über den geistigen Horizont, das Niveau einer Doktorarbeit wirklich objektiv zu bewerten oder sie waren – aus welchem Grunde auch immer – befangen.


Frank Fischer
17.2.2011 8:10
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Wenn er seinen Titel behalten darf, muß in Deutschland niemand mehr von Dissertationsbetrug, Plagiaten, Abschreiben etc. mehr reden. Das ist dann abgesegnet, offiziell erlaubt und sollte allen offenstehen. Wie in Spanien das Doping. Ich kann und will mir nicht vorstellen, daß er damit durchkommt. Wissenschaft würde amtlich zur Farce, Professoren zu Witzfiguren, Universitäten zur hohlen Fassade.


Stefan W.
17.2.2011 9:42
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Der jetzigen Fall hat wg. Dr. Guttenbergs Prominenz den Vorteil, dass die Medien mehr Interesse haben als sonst, und der politische Gegner hat auch ein Interesse, den Strahlemann zu beschädigen, und beim Vertuschen hat man es lieber, wenn nicht so genau hingeschaut wird.

Im äußersten Fall wird wohl die Uni lieber den Dr. Gutti opfern, als selbst zu sehr ins Visier zu geraten, wg. Gefälligkeit, Käuflichkeit, mangelnder Wissenschaftlichkeit, und in Verdacht mit zweierlei Maß zu messen.

Sie können sich ja auch schlecht damit verteidigen “Wir drücken bei allen Betrügern ein Auge zu – egal ob adlig, prominent und steinreich, oder nicht!”.


Hadmut Danisch
17.2.2011 10:14
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@Carsten: Ich warte ja die ganze Zeit nur darauf, daß der Fehler – wie es bei Plagiaten schon so oft gelaufen ist – auf die Ghostwriter geschoben wird.


Hadmut Danisch
17.2.2011 10:26
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@Saskia: Nicht liegt, sondern liegen sollte. Ich habe in Informatik sehr viele Dissertationen gesehen, die völlig niveaulos und fehlerhaft waren, und in ihrer Qualität weit unterhalb der Diplomarbeiten lagen, aus denen sie abgekupfert waren.

Es stimmt auch nicht, daß der Wert steigt, je mehr eigene Ansichten drin sind. So sollte es zwar sein, ist es in der Realität aber nicht. Vielen Professoren ist es sehr viel wichtiger, daß sie selbst und ihre Lehrmeinungsidole zitiert und rezitiert werden, als daß der Doktorand was eigenes macht. Einige Professoren haben mir gegenüber sogar die Ansicht geäußert, daß man erst dann etwas eigenes machen kann und darf, wenn man den Doktor schon hat. Die Habilitation wäre die erste Leistung, bei der man selbst bestimmen darf.

Mir wurde ja damals die Diss auch mit dem Argument abgelehnt, daß ich zuviel Eigenes gemacht haben und nicht stattdessen auf die Werke der Freunde des Doktorvaters verwiesen habe – obwohl das fachlich falsch gewesen wäre oder das, was er meinte, dort gar nicht drin stand.

Und die Doktorarbeit unserer allseits beliebten Familienministerin Schröder enthält – wie hier im Blog schon ausführlich diskutiert – auch keine Argumentation. Sie schreibt sogar selbst im Vorwort, daß sie der Meinung ist, daß man sowas gar nicht tun sollte. Ich bin zwar auch der Meinung (die ich auch zum Ausdruck gebracht habe), daß so etwas grundsätzlich nicht promotionsfähig sein kann, aber die Uni Mainz und die Politik finden das ganz toll und promotionsfähig.

Qualitätsmerkmale mißachtet? Bei meinem Streit mit der Uni Karlsruhe und den diversen Briefwechseln mit anderen Universitäten stellte sich heraus, daß es überhaupt keine Qualitätsmerkmale gibt und man das auch nicht will bzw. verhindert. Also kann man sie gar nicht mißachten.


Hadmut Danisch
17.2.2011 10:28
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@Frank Fischer: Stimmt so nicht. Wissenschaft ist in Deutschland schon eine Farce. Professoren sind (überwiegend) schon Witzfiguren. Universitäten sind in Deutschland eine hohle Fassade.

Dadurch würden sie nicht erst durch den Fall zu Guttenberg. Dadurch wird es nur einer größeren Öffentlichkeit bekannt. Weshalb ich mich über diese Diskussion, die jetzt hochkocht, auch sehr freue. Ich glaube nämlich, daß das zu-Guttenberg-Plagiat nicht der Grund, sondern nur der Anlaß ist.


Marc P.
17.2.2011 11:09
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Laut Bild kann man auf Doktortitel eh schei**en.

http://www.bild.de/BILD/news/standards/post-von-wagner/2011/02/17/post-von-wagner.html

Generell ist die Berichterstattung des Springerverlags mal wieder recht, sagen wir mal, freundschaftlich.


@Hadmut
Fehler auf Ghostwriter schieben?
Versuch mal, einen Geist in den Arsch zu beißen. Der heißt nicht umsonst Ghostwriter. Der Gutti wird doch nicht den Fehler der Kempfert wiederholen! Wenn der den Geist aus der Flasche läßt ist endgültig Schulz. Der Schlag ins Kontor ist doch jetzt schon groß genug.

Carsten

http://www.cartoonstock.com/newscartoons/cartoonists/tbr/lowres/tbrn403l.jpg


squeeze
17.2.2011 14:45
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“Vielen Professoren ist es sehr viel wichtiger, daß sie selbst und ihre Lehrmeinungsidole zitiert und rezitiert werden, als daß der Doktorand was eigenes macht.”

Genau richtig. Mein Prof. hat mir gesagt, mein Fehler sei gewesen, nicht sein aktuelles Buch zu zitieren (obwohl es ein völlig anderes Thema behandelt).
Weiterhin hätte ich sämtliche Beschäftigte des Lehrstuhls zitieren müssen. Obwohl auch die nie mit meinem Forschungsthema zu tun hatten.
Schließlich hätte ich einen lausigen, deskriptiven Aufsatz eines wissenschaftlichen Mitarbeiters am Lehrstuhl zitieren müssen, nur weil er zufällig ein -anderes- Thema aber aus dem selben Land behandelt hatte.

Zum eigentlichen Inhalt meiner Diss. – kein Wort. Ach doch: Auch die Forschungsfrage hätte ich vergessen. Peinlich: Ich hatte sie sogar in Fettdruck gesetzt, im einleitenden Kapitel. Hatte er also nur das Literaturverzeichnis gelesen ?


[…] Danisch sagt: „Wetten, daß sie Karl Theodor zu Guttenberg den Doktor nicht abnehmen?“[1] Legitimierbar wäre das jedoch aus heutiger Perspektive nicht. Vielmehr würde eine solche […]


@Hadmut: Das ist natürlich möglich, dass sich heute im Wissenschaftsbereich der Universitäten einiges geändert hat und dass viele Professoren nur das schon belegte Wissen angeführt haben wollen – ohne eigene Gedanken und Ideen. Von solchen Doktorvätern wurde mir tatsächlich auch immer wieder berichtet – vor allem in technischen und naturwissenschaftlichen Studiengängen. Dennoch kenne ich auch einige positive Beispiele, in denen Professoren auf selbständiges Denken und wissenschaftliche Eigenleistung Wert gelegt haben.

Aber auch wenn nichts Neues dem Hirn entspringt, muss man doch wenigstens auch heute noch bei Direktzitaten die Anführungszeichen + FN (oder beim Umformulieren das vgl. + FN) anbringen. Ganze abgekupferte Passagen als eigenes zu verkaufen geht eindeutig zu weit (bei KTzG reden wir von – sage und schreibe – 14 verschiedenen Quellen, aus denen wörtlich und ohne Belege zitiert wurde). Generell gehören alle Unis, die noch nicht einmal dieses Minimum an wissenschaftlich gängiger Praxis einhalten, samt ihren Professoren auf den Index.

In Informatik spielt sicherlich Politik eine gewaltige Rolle. Wenn Jemand mit politisch kritischen Ansichten ein Top-Experte in Kryptographie ist, wird er zunächst ausgenützt, und dann von bestimmten Professoren als große Gefahr „entsorgt“. Dadurch wird die Eitelkeit der Professoren unterstützt und gleichzeitig die Kontrolle über kritische Geister gewährleistet.

Das ist politisch so gewollt, denn Politik und Wirtschaft, die sich immer mehr in dominanter Weise in die Lehrpläne von Universitäten einmischen, möchten Mitläufer haben, die nur noch reproduzieren und die keine selbständig denkenden Menschen mehr sind. Die globale Elite (Wirtschaftsbosse und internationale Hochfinanz mit Politikern als ihre Marionetten) haben Angst vor selbständig denkenden Universitäts-Absolventen, die nicht so leicht zu kontrollieren sind. Schon Metternich hatte ja einst nicht ohne Grund die damaligen Studenten als “Speerspitze der Revolution” bezeichnet.

Ferner ist es sehr interessant, dass offenbar besonders an juristischen Fakultäten häufig betrogen wird. Aus zuverlässiger Quelle (verschiedenen Studenten/ ehrlichen Professoren/ verdeckte Ermittler) der juristischen Fakultäten der Universitäten München, Freiburg, Heidelberg und Bonn weiß ich, dass bereits beim ersten Staatsexamen die eigentlich offiziell vorgeschriebene Anonymität durchbrochen und politisch kritische Kandidaten schon in diesem Stadium – unabhängig von ihren Examensleistungen in fachlicher Hinsicht – ausgesondert wurden. Umgekehrt werden Kandidaten, die Professoren oder Verantwortlichen des jeweiligen Prüfungsamts „Dienstleistungen“ oder Geldbeträge anbieten, trotz gravierender fachlicher Mängel – gleichfalls unter Verstoß gegen das Anonymitätsgebot – „durchgeboxt“.

Die meisten mir bekannten Fälle gekaufter oder sonst unrechtmäßig im Austausch gegen „Dienstleistungen“ erworbener Dissertationen waren auffallend häufig an juristischen Fakultäten verschiedener Universitäten aufgetreten.

Die Politik und die autoritär-kapitalistisch ausgerichtete Wirtschaft kann keine intelligenten, vielseitigen und kritischen Menschen brauchen – nur fleißige Arbeitsbienen, die wie Maschinen funktionieren und möglichst keine Ansprüche stellen.

Deswegen werden ja auch weiterhin die Jobs in Industriestaaten so massiv abgebaut und in Billiglohn-Länder verlagert. Dort sind die Angestellten billiger, demütiger und deshalb i.a. leichter als Arbeitssklaven zu verheizen.


Stefan W.
19.2.2011 10:13
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Gegen die Existenz von Ghostwritern spricht m.E. dass es 7 Jahre gedauert hat, und würden geübte Fälscher nicht besser fälschen?


Hadmut Danisch
19.2.2011 11:31
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Du weißt ja nicht, ob der Ghostwriter 7 Jahre gebraucht hat. Vielleicht ist zu Guttenberg 6 Jahre lang vor sich hingescheitert und hat dann – weil die CSU ihn ja drängte – halt den Ghostwriter beauftragt.


Maria Holzhof
19.2.2011 14:41
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Gegen Ghostwriting spricht auch, dass es Beihilfe zum Betrug/Straftat ist. Und das mit kommerziellem Interesse (eine Diss mit 475 Seiten kostet um die 40.000€). Also kommerzielles Verbrechen durch Beihilfe.
Plus eine kulturelle Schande.


Achim P
20.2.2011 21:08
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@Maria
Zur Beihilfe benötigt es jedoch immer auch einen Vorsatz der dem Ghostwriter auch nachgewiesen werden müsste. Wenn sich der GW jedoch vorher versichern lässt, dass es nicht als Diss veröffentlicht wird dürfte er klar raus sein.


Michael Walther
21.2.2011 14:20
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Ich finde, man sollte konsequent sein. Wenn man sich über unwissenschaftliches Vorgehen von Herrn Guttenberg beschwert, dann sollte man das vorbildlich tun, fundiert und sachlich. Höchst unsachlich, sozusagen guttenbergsch, ist es aber, zu lamentieren (“Sie werden ihm den Doktor ja doch nicht abnehmen”, im Sinne von “Die Welt ist ja sooo schlecht, außer mir natürlich!”)

Bitte konsequent sein: Entweder Herrn Guttenberg rügen, und sich selbst vorbildlich verhalten, oder ihn in Ruhe lassen und dann gerne wehklagen über die schlechte Welt. Aber kein Mischmasch bitte.

Wie gehen wir sachlich vor? Ich schlage vor, wir warten das Ergebnis des uni-internen Untersuchungsgremiums ab. Und gesetzt den Fall, es passt uns das Ergebnis nicht, dann werden wir es trotzdem aufmerksam lesen, und erst DANN ein Statement abgeben – ein wohl fundiertes.

Soweit mein Vorschlag zu einer objektiven Vorgehensweise.

Ergänzend meine subjektive Meinung: Angesichts des inzwischen vorliegenden Materials wäre alles andere als eine Aberkennung des Doktorgrads eine Überraschung und wahrscheinlich (!) ungerechtfertigt.

Ganz nebenbei: Selbst wenn Guttenberg nicht plagiiert hätte, wenn also diese Diss formal perfekt gewesen wäre, so hätte sie doch niemals mich “summa cum laude” bewertet werden dürfen. Denn inhaltlich handelt es sich um nicht mehr als eine brave Literaturarbeit. Ich denke, ich habe genügend Diss’en gelesen und beurteilt, um das sagen zu können. “Cum rite” wäre angemessen gewesen.

N.B. @Saskia: Du schreibst, “Wesentliches Qualitätsmerkmal einer Dissertation ist die dialektische Argumentation: Je mehr eigene Ansichten, Gedanken und Ideen in eine Dissertation einfließen, desto höherwertig ist diese in wissenschaftlicher Hinsicht.”
Das ist nicht haltbar. Wie soll denn z.B. ein Bauingenieur in seiner Diss über, sagen wir, die Statik von T-Trägern eine “dialektische Argumentation” einfließen lassen? Oder der Mediziner in seiner Betrachtung der Mitralklappenfunktion?? Wie gesagt, lasst uns alle versuchen, sachlich zu bleiben, das ist bestimmt nicht so verkehrt.


Hadmut Danisch
21.2.2011 15:18
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GROBER UNFUG!

Ich habe schon sehr häufig mit diesen Uni-internen Untersuchungsgremien zu tun gehabt und noch nicht ein einziges Mal erlebt, daß die ehrlich und seriös gearbeitet haben. Im Gegenteil hab ich so ein Gremium sogar schon beim Fälschen erwischt.

Diese Gremien an sich halte ich für Schwindel und eine Fehlkonstruktion, man hat den Bock zum Gärtner gemacht. Und das Übel an denen ist, daß die immer alles leugnen und gutreden, und man die dann noch gegen sich hat.

Ich halte es nach meiner über 10-jährigen Erfahrung mit sowas für einen absoluten und sehr schweren Fehler, auf das Ergebnis dieses Gremiums zu warten und seine Meinung darauf zu stützen. Weil man damit das Gremium anerkennt und der Universität die Möglichkeit einräumt, ihre eigene Interessenvertretung als Faktum hinzustellen.

Diese Untersuchungsgremien sind Teils des Problems, nicht der Lösung. Die gehören mit zum Unseriösesten, was es in der deutschen Wissenschaftslandschaft gibt. Ein reiner DFG-Schwindel.

Und wenn ich höre, daß der Ombudsmann schon selbst Teil der Prüfungskommission war – wie soll da noch was sinnvolles rauskommen?

Man sollte sich durchaus seine eigene Meinung bilden und sich nicht von der Universitätspolitik die Meinung vorgeben lassen.


Michael Walther
21.2.2011 16:48
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@Hadmut: “Ehrlich und seriös” ist es, wenn man Behauptungen belegen kann. Wir werfen Hr Guttenberg vor, nicht seriös gearbeitet zu haben. Okay. Sie werfen in dem Zusammenhang einem Ihnen unbekannten Gremium vor, ebenfalls nicht seriös zu arbeiten. Nicht okay.

Gehen wir doch mal so vor, wie man es in einer Dissertation idealtypisch tun sollte: Schauen wir uns die Thesen an, die Sie in den Raum gestellt haben, und stellen wir diesen irgend etwas gegenüber, das sie bestätigen oder widerlegen könnte. Jede These, mit der das nicht zweifelsfrei gelingt, können wir als unseriös verwerfen.

Also los:

These 1: “Ich (der Hadmut) habe schon sehr häufig mit diesen (welchen?) Uni-internen Untersuchungsgremien zu tun gehabt…”
Frage: Wann genau jeweils, mit welchen Untersuchungsgremien, in welchem Zusammenhang?

These 2: “…und noch nicht ein einziges Mal erlebt, daß die ehrlich und seriös gearbeitet haben.”
Frage: Dies wäre ja nur haltbar, wenn Sie für jedes einzelne Mal, also ausnahmslos, Unseriosität und Unehrlichkeit nachweisen können. Ich bitte um diesen Nachweis.

These 3: “…daß die immer alles leugnen…”
Frage: Sie behaupten also, dass es noch ein einziges Mal vorkommen ist, dass ein Untersuchungsgremium etwas nicht geleugnet hat. Niemals, zu keiner Zeit und auf keinem Platz dieser Erde. Bitte führen Sie diesen Nachweis.

These 4: “daß der Ombudsmann”
Frage: Wer ist der Ombudsmann im Fall Guttenberg? Falls Sie das nicht wissen, wieso bezweifeln Sie seine Seriosität?
Frage: Die Prüfungsordnung welches Bundeslandes kennt einen Ombudsmann?

These 5: “Man sollte sich … nicht von der Universitätspolitik die Meinung vorgeben lassen.”
Frage: Was genau meinen Sie mit Universitätspolitik? In welchem Zusammenhang steht diese mit einem Untersuchungsgremium zu einer konkreten Dissertation? Welche Meinung soll denn “vorgegeben” werden und vor allem, wem??

Wie gesagt, bitte jetzt nicht wieder mit “hätte, könnte, sollte” antworten, auch nicht mehr pöbeln (“Grober Unfug!”) sondern mal konkrete Fakten auf den Tisch. Konkrete Belege, Nachweise etc., die einer neutralen Prüfung standhalten würden.

Anders gesagt, versuchen Sie mal bitte, alles das zu vermeiden, was Sie “den Universitätsgremiem” vorwerfen. Bleiben Sie sachlich, These für These.


Hadmut Danisch
21.2.2011 18:26
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@Michael Walther: Ich will hier mal was klarstellen.

Ich habe nicht die Zeit und nicht die Lust, mich mit jedem auseinanderzusetzen, der gerade mal mit irgendwelchen Thesen um die Ecke kommt und eine Diskussion anzetteln will, nur weil ihm irgendwas nicht gefällt. Dazu verweise ich auf meine Kommentarrichtlinie und das Motto „Mein Blog – Meine Meinung. Dein Blog – Deine Meinung.”

Die Zeit, die ich für das Blog entbehren kann, verwende ich lieber, um etwas zu schreiben, was viele Leser interessiert, als mich mit einzelnen herumzustreiten. Das führt nämlich zum Denial of Service.

Ich muß auch hier nicht jedesmal von neuem aufzählen und jedem Kommentarabwerfer von neuem erzählen, mit welchen Gremien ich zu tun hatte. Sonst müßte jeder Blog-Artikel die Summe der bisherigen enthalten. Das kann nicht funktionieren. Bei welchen Gremien ich bisher war, ist ausgiebig in diesem Blog und Adele und die Fledermaus erläutert, und ich werde jetzt nicht die anderen Leser damit nerven, das alles nochmal zu wiederholen.

Ich bin auch nicht gehalten, jedem Fremden gegenüber, der um die Ecke kommt, meine Meinung nachweisen zu müssen. Weder ist das mit der Meinungsfreiheit zu vereinbaren, noch faktisch möglich bei 80 Millionen Deutschen, die alle um die Ecke kommen können. Die Unseriösität habe ich in jedem einzelnen Fall belegt und nachgewiesen. In der nächsten Version von Adele und die Fledermaus wird es ein extra Kapitel über diese Kommissionen und deren Versagen geben.

Ich bin auch kein dressierter Hund, der jedes Kunststück vorführt, weil jemand darum bittet, noch dazu kostenlos (!). Ich habe meine Zeit nicht gestohlen. Und sonst tut auch keiner, worum ich bitte.

Ich werde auch diese Nachweise nicht alle erbringen, denn vieles von dem, was ich weiß, weiß ich aus Akteneinsichten oder vertraulichen Zuschriften, die ich nicht herausgeben darf. Ob Ihnen das einleuchtet oder nicht, ist mir völlig egal. Außerdem will ich auch nicht der nächsten Version von Adele und die Fledermaus vorgreifen. Zumal es sich dabei vielleicht um ein reguläres Buch zum Verkauf handeln wird. Autoren verschenken ihre Inhalte normalerweise nicht vorab.

Wer der Ombudsmann im Fall Guttenberg ist, wurde mehr als ausgiebig in vielen Medien besprochen. Er war selbst Mitglied der Prüfungskommission, und damit ermittelt er in eigener Sache. Das ist unseriös.

Vielleicht sollten Sie sich aber erst einmal informieren, wie diese Gremien zustandekamen und wie sie besetzt werden, sonst würden Sie nicht so forsch (und doof) fragen.

Die Universitätspolitik ist die Interessenlage des Rektorats. Wie die Firmenpolitik. Sie steht deshalb in einem Zusammenhang mit dem Untersuchungsgremium, weil das Gremium von der Universität besetzt wird, weil die Universität die Verfahrensordnung vorgibt, und weil das Gremium selbst Mitglied der Universität, also nicht unabhängig ist.

Noch einmal: Ich werde hier jetzt nicht den gesamten Inhalt von Blog, Doku und inzwischen 13 Jahren Erfahrung rezitieren, das geht nämlich nicht. Ich habe in den letzten Tagen bereits zu viel Zeit mit den Artikel verbracht und muß auch noch was anderes machen. Sie kriegen von mir jede Antwort, die Sie haben wollen, wenn ich dafür – wie ein Universitätswissenschaftler oder Sachverständiger – angemessen bezahlt werde. Ich bin nicht verpflichtet, kostenlose Arbeit zu leisten, damit Sie sich wohlfühlen.

Im übrigen kann man auch nicht einfach so mitten in einen Blog-Artikel reinspringen und dann frech Forderungen stellen. Aus welcher Position heraus glauben Sie überhaupt, Forderungen stellen zu können?

Ich muß Sie also schon bitten, zunächst mal das zu lesen, was ich bisher veröffentlicht habe, bevor Sie hier Forderungen für ne Extrawurst stellen.

Wer sind Sie überhaupt und wessen Interessen vertreten Sie?


anonym
21.2.2011 20:23
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““Cum rite” wäre angemessen gewesen.” – Heißt das nicht nur “rite”?


Hadmut Danisch
21.2.2011 20:25
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doch…


Michael Walther
22.2.2011 19:27
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@Hadmut: Schauen Sie, ich bin Professor für Informatik an einer norddeutschen Uni, seit 20 Jahren, davor war ich PD an einer westdeutschen Uni, etwa 10 Jahre lang. Sie sehen zunächst einmal, Ihre Erfahrung von 10 Jahren mit “solchen Gremien” ist nicht wenig, aber auch nicht gar so viel.

Ich habe es selbst sehr gerne, wenn jemand bedächtig und sachlich, vielleicht sogar “demütig” (klingt fremd, klar) an Sachfragen heran geht. Taugt das deutsche Bildungssystem etwas? Was hat Guttenberg da eigentlich gemacht? Was ist die Aufgabe eines Prüfungsgremiums? Gibt es eine Forschungsmafia? All so etwas und mehr – alles interessant, aber ich meine, man ist gut beraten, nicht zu pauschalisieren. Nennen Sie mich altmodisch, aber ich informiere mich ERST, und schreibe DANN. Das verlange ich auch von meinen Studenten. (Beispiel für eine Übungsaufgabe zur nächsten VL: “Heißt es ‘rite’ oder ‘cum rite’?” Lösung: Es geht beides. Die Uni Hamburg beispielsweise schreibt -in meinem Fachbereich- in die Urkunden “cum rite” oder “zufriedenstellend”, die TU Berlin präferiert “rite” oder auch “genügend”.)

Langer Rede kurzer Sinn – ich bin nicht hier, um zu richten. Wenn Sie meinen, ich würde “doof” fragen, und überhaupt sei alles, was von Ihrer Meinung abweicht, “Grober Unfug”, dann tut mir das leid, denn nach meiner Meinung hätten Sie gewiss das Zeug zu sachlicher Argumentation. Andererseits habe ich das zu respektieren. Bitte lassen Sie doch mal meine Botschaft einfach stehen:

Leute, bleibt bitte sachlich, logisch und neutral. Man kommt mit Vernunft viel weiter als mit Vorurteilen oder gar Schaum vor dem Mund. Und bitte respektiert auch mal die Meinung des Anderen.

Könnten wir uns darauf einigen?


Hadmut Danisch
22.2.2011 20:11
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@Michael Walther: Ach, ich habe mit so vielen Professoren (auch solchen, die mir wohlgesonnen waren und mich unterstützten, von denen es einige gab) gesprochen, die schon über 60 oder Emeritus waren, auch viele Informatiker, und von denen wußte kein einziger, daß es Prüfungsrecht gibt, daß Prüfungsbewertungen justiziabel sind und daß die Promotion eine reguläre Prüfung und keine Würde ist. Oder daß der Prüfling Rechte und der Prüfer Pflichten hat. Eine ganze Reihe dieser, auch älterer, erfahrener Professoren haben mich ungläubig und fassungslos angeglotzt, als ich ihnen sagte, daß es Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts gibt, die sie einzuhalten haben und die für sie bindend sind. Die dachten wirklich in voller Überzeugung, sie könnten unkontrolliert tun und lassen, was sie wollen, keiner könnte es nachprüfen, und es bliebe allein ihrer persönliche Ehre überlassen, sich Mühe zu geben. Ich habe noch keinen einzigen Professor (mit Ausnahme der Jura-Professoren, die gleichzeitig auch Verwaltungsrichter sind) getroffen, der Prüfungsrecht kannte. Und ich habe dazu auch schon vor einem großen Seminarraum voller Professoren gesprochen. Da wußte auch keiner was davon. Völlig ahnungslos. Sogar bei einer Rektorwahl erklärten zwei der drei Kandidaten, davon nichts zu wissen, und der Dritte dachte, es geht um Buch- und Bilanzprüfung.

30 Jahre Professor gewesen zu sein heißt in dieser Hinsicht also gar nichts. Den bei anderen Professoren heißt es ja auch nichts. Und wenn ich mich jetzt recht erinnere, gibt es diese Gremien auch noch gar nicht so lange, sondern wurden erst nach einem großen Forschungsbetrugsfall von der DFG als Voraussetzung für die Förderung eingesetzt. Insofern kann man mit diesen Gremien gar nicht so viel länger Erfahrung haben als ich.

Und das mit dem bedächtig und sachlich:

Ja, die Masche kenn ich. Wissenschaftler legen Kritikern gerne so hohe und edle Pflichten und Schranken auf, wann man etwas verallgemeinern darf und überhaupt, daß deren Anwendung zu dem Ergebnis führen würde, daß man letztlich gar nichts mehr sagen würde, was das eigentliche Ziel der vorgetäuschen wissenschaftlichen Gründlichkeit ist.

Bedächtigkeit (manche sagen auch Beamtenmikado) kann man sich dann leisten, wenn man auf Lebenszeit verbeamtet ist. Ich kann mir das nicht leisten.

Meine Optimierungsfunktion ist deshalb eine andere. Bedächtig und in aller Gründlichkeit kann der handeln, der viel Zeit und feste Finanzierung hat und deshalb allein auf Qualität und Effektivität optimiert.

Ich hingegen muß darauf optimieren, mit möglichst wenig Aufwand möglichst viel Ergebnis zu produzieren, und damit eben auch frühen Impact zu erzeugen. Also auf Effizienz. Und weil ich dafür kein Geld bekomme, muß ich außerdem auch auf Spaß hin optimieren, den ich dabei habe.

Das das erste besser als das zweite wäre, ist unhaltbar. Denn es sind andere Bewertungsmaßstäbe, andere Optimierungsfunktionen, und der Vergleich wäre nur innerhalb derselben möglich.

Würde ich so vorgehen, wie Sie das vorschlagen, also 30 Jahre leise vor mich hinforschen um dann mit geschliffenem Vortrag und wasserdicht zu erzählen, was vor 30 Jahren schief lief, dann wäre das völlig nutzlos. Zumal ich nicht mal wüßte, ob ich so lange lebe. Und selbst wenn es funktionierte: Was hätte ich denn davon, wozu sollte das gut sein? Wie gesagt, die von Ihnen bevorzugte Vorgehensweise taugt dann, wenn man sowieo auf Lebenszeit bezahlt wird, und eine möglichst geruhsame Beschäftigung dafür sucht, ein Dauerthema für 30 Jahre.

Im übrigen muß ich Sie rügen. Was die Aufgaben eines Prüfungsgremiums sind, ist geklärt und dokumentiert. Das müßte man als Professor eigentlich wissen (weil man es einzuhalten hat).

Wissen Sie, sich in seinem Wissenschaftsgehabe hinzustellen und erst einmal in aller Ruhe solche Fundamentalfragen zu stellen, wirkt rhetorisch immer wunderbar überlegen und wissenschaftlich. Ist es aber nicht. Es heißt nur, daß der, der fragt, sich mit dem Thema noch nicht befaßt hat (und das anderen auch unterstellt). Der wissenschaftliche Ansatz wäre, zunächst mal zu lesen, was ich bisher geschrieben habe. Man kann auch nicht als Student mittem im Semester in die Vorlesung platzen und dann neunmalklug nach dem fragen, was man durch Abwesenheit schon verpaßt hat (und dann so tun, als wäre man wissenschaftlich, weil man fragt).

Auch ich informiere mich ERST. Aber hätten Sie sich – wie Sie behaupten – informiert, bevor Sie ihren Kommentar schreiben, dann hätten Sie gewußt, daß ich mich bereits ausgiebig informiert habe, und deshalb schreiben darf. Denn das kann man nicht nur von Studenten, das muß man sogar von Professoren verlangen. Vor allem, wenn sie so altklug-herablassend auftreten.

Ob es rite, cum rite, genügend, Note 3 oder Note 4 heißt, oder auch lila oder Gänseblümchen, ist übrigens prüfungsrechtlich schnurzpiepegal. Wesentlich ist, daß es in der Prüfungsordnung Beschreibungen und Vergleichsgrößen geben muß. Und wenn die nicht da sind, ist das sowieso wertlos und fehlerhaft, egal wie man es nennt. Auf die genaue Bezeichnug abzuheben, ist nur Pseudowissen. Das Problem ist, daß hinter diesen Bezeichnungen keine greifbare konkrete Definition steht. Mit Ihrer Diskussion haben Sie einfach das Thema und die Problemstellung meilenweit verfehlt. Ich habe gerade so den Eindruck, daß Sie eben auch nach 30 Jahren noch nicht so genau wissen, worum es bei der Prüfung prüfungsrechtlich geht. Genau das ist das, was ich meine.

Und wir können uns auch nicht auf dieses „Meinungen stehen lassen” einigen. Denn darin sehe ich eines der größten Probleme und die übelste Fehlerursache unseres heutigen Wissenschaftszirkus. Daß einfach alles zur „Meinung” verwässert wird, damit jede Kritik praktisch abgeschafft und ein Nebeneinander jeder Interessenlage eingeweicht wird, daß jeder sich wohlfühlt. Da sind wir wieder beim Beamtentum.

Prüfungsrecht, wissenschaftlicher Betrug und dergleichen haben zuerst einmal mit Verfassungsrecht usw. zu tun. Und da gibt es nicht die verschiedenen Meinungen, die nebeneinander bestehen, sondern Dienstpflichten des Prüfers usw., die er gefälligst einzuhalten hat, egal was er meint. Meinung ist halt meistens auch nur der Tarnbegriff für „keine Sachkunde”. Was viele Professoren nämlich auch nicht wissen: Ein Gutachter hat sich in seinem Gutachten seiner Meinung völlig zu enthalten. Wissenschaft findet nämlich vorrangig im Wissens- und nicht im Meinungsraum statt. Es ist halt nur so bequem, immer alles als Meinung schönzureden.

Noch eins zum Thema Meinung, was kaum ein Professor weiß: In einer Prüfung ist es zuerst mal der Prüfling, der eine Meinung haben darf, nicht der Prüfer.

Hat der Prüfling eine vertretbare Meinung (die wohlgemerkt nicht einmal wirklich richtig sein muß, sondern nur vertretbar und vertreten werden muß), darf der Prüfer sie nicht als falsch werten.

Umgekehrt darf ein Prüfer bzw. Prüfungsgremium eine Antwort eines Prüflings nicht deshalb als falsch werten, weil es fachlich anderer Meinung ist.

„Meinungen” sind also wissenschaftlich und prüfungsrechtlich eine ziemlich wertlose Angelegenheit.

Für die private Meinungsfreiheit sind sie schön, aber da gelten ganz andere Regeln, die Sie anscheinend nicht kennen. Zur Meinungsfreiheit gehört nämlich, daß man sie ungehindert und aktuell äußern kann und darf. Es ist nicht mehr Meinungsfreiheit, wenn man sich zum Tagesgeschehen erst 3 Wochen oder 3 Jahre später äußern kann. Meinungen müssen aktuell geäußert werden können und es dürfen keine Schranken aufgestellt werden, die die Meinungsäußerung erheblich einschränken. Deshalb ist das, was Sie fordern (bedächtig, sachlich, demütig,…) mit der Meinungsfreiheit unverträglich, weil es dazu führt, daß man sie nicht aktuell äußern kann. Deshalb darf man in einer Meinung durchaus auch pauschalisieren, um sie so darzustellen, wie man sie äußern will und muß. Wissenschaftlich verschwurbelt präzisierte Darstellungen versteht die Mehrheit nicht, deshalb darf die Meinung nicht darauf beschränkt werden.

Mit diesem Meinungsbrei kommt man also nicht weit. Übrigens setzt Wissenschaft den Disput und nicht die gegenseitige Meinungstoleranz voraus.

Nach alledem halte ich Ihnen vor, daß Sie noch nicht verstanden haben, was eine Meinung ist, und welche Anforderungen dafür gelten müssen. Deshalb wird auch aus der von Ihnen vorgeschlagenen Einigung meiner Meinung nach nichts.