Forschungsmafia: Titelhandel · Forschungsbetrug · Wissenschaftskorruption · Hochschulkriminalität

Warum die SPD in der zu Guttenberg-Affäre das Maul viel zu weit aufreißt

Hadmut Danisch
24.2.2011 15:03

Weiter jedenfalls, als sie es sich wegen eigener Versäumnisse eigentlich leisten könnte.

Die SPD poltert derzeit aus allen Rohren, schimpft über zu Guttenberg und fordert dessen Rücktritt. Besonders der SPD-Professor Dr. Dr. Karl Lauterbach tut sich hervor.

Und das ist gut so. Denn wer sonst sollte da noch Ordnung fordern, nachdem CDU, CSU und FDP jeglichen Anspruch und jegliche Selbstreinigung durch Selbstgefälligkeit und Doppelmoral ersetzt haben?

Indes, die Sache hat einen Haken. Die SPD kann es sich eigentlich gar nicht leisten, über die Promotionsprobleme anderer herzuziehen und müßte erst mal bei sich selbst feucht aufwischen.

Ich habe hier im Blog schon mehrfach die Probleme bei der Promotin der Ministerin Kristina Schröder oder dem Phantasie-Dr. h.c. für den Schauspieler Mario Adorf berichtet, bei von der Uni Mainz vergeben. Die bildet sich nämlich u.a. ein, es sei ihre Aufgabe, herausragende Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens zu würden. Ist es aber nicht.

Ursache dessen ist, daß es in Rheinland-Pfalz (SPD unter Kurt Beck) im Hochschulgesetz keine Regelung zur Promotion gibt. Da gibt es so einen Pauschal-Gummi-Paragraphen, daß die Universität ihre Angelegenheiten selbst regelt. Und Promotionen seien doch eine Angelegenheit der Universität. Glaubt man.

Schon vor 20 Jahren aber hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Neuordnung des Prüfungsrechts entschieden, daß die Leistunsanforderungen und Bewertungsmaßstäbe in berufsbezogenen Prüfungen der gesetzlichen Grundlage bedürfen. Nur der Gesetzgeber selbst könne solche Eingriffe in die Berufsfreiheit vornehmen und muß dies deshalb in den Grundzügen selbst regeln. Nur die Einzelheiten darf er der Verwaltung zur Regelung durch Verwaltungsordnung (=Prüfungsordnung) überlassen.

Das gilt auch für Promotionen und Habilitationen.

Derzeit erfüllt meines Wissens kein einziges Bundesland diese Anforderung. Aber die meisten haben immerhin mal so getan, als würden sie die Promotion im Gesetz festschreiben und haben so eine alles-und-nichts-Formulierung in einem Satz („Nachweis der Befähigung zu selbständigem wissenschaftlichem Arbeiten” oder so ähnliches Blabla) reingeschrieben.

Insofern muß die SPD sich vorhalten lassen, daß sie nicht mal weiß, was eine Promotion überhaupt ist, und sich in ihrem eigenen Laden so überhaupt nicht dafür interessiert, mit welcher Qualität und unter welchen Leistungen die Leute promovieren, sondern sie das explizit – „interessiert uns nicht” – aus der Hand gegeben hat. Wie kann man da auf die Schwindelpromotion in Bayreuth schimpfen?

Bevor die SPD hier also so die Klappe aufreißt, müßte sie erst mal ihren eigenen Promotionssumpf aufräumen, da geht es nämlich nicht minder dreckig zu.

Das Dumme daran ist halt, daß wenn die SPD die Klappe nicht mehr aufreißt, es gar niemand mehr tut, jedenfalls niemand, den Politiker noch als relevant einstufen würden.

Es ist einfach zum Heulen in diesem unserem Land.

7 Kommentare (RSS-Feed)

“Das gilt auch für Promotionen und Habilitationen.
Derzeit erfüllt meines Wissens kein einziges Bundesland diese Anforderung.”
Aber es gibt auf universitäter Ebene nun Bewegung in der Sache:
Innovation im Bildungswesen: Doktor auf Probe eingeführt!


Australier!
25.2.2011 14:28
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Australier!
25.2.2011 14:31
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Hadmut,

wenn Du eine “Anonymus submission”
einfuehren kannst, werde ich und andere
Dich mit den schlimmsten Geschichten
aus der Forschungsmafia beliefern…

Der Australier


Hadmut Danisch
25.2.2011 14:38
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Schick’s mir per Mail. Ich werde es mir anschauen und ggf. hier ohne Angabe der Quellen darlegen. Das ist aber kein öffentliches Blog, da darf nicht jeder posten, da schreibe nur ich.

Alternativ gibt’s genügend öffentliche Blogs.

Aber auf jeden Fall mal Danke für den Tipp und den Link! 🙂

(zumal Australien ja auch noch mein Lieblingsland ist… muß dringend mal wieder hin)


Anna Freud
26.2.2011 18:41
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Es ist wirklich zum Heulen. So viel echt nicht mehr notwendige Blödheit. Das volle Verdummungshaus. Die Flachschulen der Welt…

Ich frage mich allerdings: woher kommen bei all der Schlamperei (nett formuliert) und der ganzen Beschei**erei eigentlich noch irgendwelche wissenschaftlichen Erkenntnisse, die noch irgendwo Nutzen erbringen? Gibts sowas denn noch oder ist das eine Illusion von mir?
Die Schlechten haben oft kaum was drauf, häufig nichts und manchmal noch weniger. Die Guten, die Gescheiten mit Anspruch an sich selbst, müssen ihre Sachen aufs Niveau der Kellerbeleuchtungen herunterbrechen oder verlassen den Schuppen gleich ganz. Übrig bleiben die Geringbeleuchteten und züchten ihresgleichen nach, vergraulen dafür allzu helle Lichter, von denen sie sich zu Recht überblendet fühlen.

Ein Mysterium, woher da noch Wissenschaft kommt. Muss ein paar sehr Indolente in dem Verein geben.

Es ist trotzdem zum Heulen.


Anna Freud
26.2.2011 18:59
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Man könnte sich auch mal die Mühe machen und diesen Satz von Kant an die Universitäten anlegen:
“Die Menschen arbeiten sich von selbst nach und nach aus der Roheit heraus, wenn man nur nicht absichtlich künstelt, um sie darin zu erhalten.”
(aus: “Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?” 1784, http://gutenberg.spiegel.de/kant/aufklae/aufkl001.htm )

Wo künstelt man wohl überall in den Universitäten dieser Tage, um die Menschen in dieser “Roheit” zu erhalten?


Frank Meyer
28.2.2011 23:30
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Was ist mit der Diss von Hertha Däubler-Gmelin?

Hat sie die Arbeit jetzt ENDLICH veröffentlicht? Hat jahrzehntelang gedauert.