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Warum ich Jura-Professoren kategorisch nur für beschränkt befähigt halte

Hadmut Danisch
6.5.2011 19:33

Ein paar kritische Überlegungen.

Zu den Personengruppen, über die ich mir im Laufe der letzten Jahre eine systematisch schlechte Meinung erarbeitet habe, gehören diese drei:

Geisteswissenschaftler
Will ich hier nicht näher erläutern, dazu habe ich schon viel gebloggt. Viele Geisteswissenschaften halte ich für eine institutionalisierte und verschwörerische Ablehnung wissenschaftlichen Denkens und Arbeitens schlechthin. Sie mögen durchaus ihre Daseinsberechtigung haben, aber als „Wissenschaften” sollte man sie nicht alle bezeichnen.
Professoren
Auch hier würde ich zur Vermeidung von Wiederholungen auf meine Blogeinträge und meine Doku verweisen.
Juristen
Über die habe ich hier bisher noch nicht so viel geschrieben. Aber ich hatte schon sehr viel mit Juristen zu tun. Weil ich leider schon einige Rechtsstreitigkeiten führen mußte, und ich muß sagen, daß mir dabei fast immer die eigenen Anwälte mehr Probleme bereitet und Schaden zugefügt haben, als die gegnerischen. Ich kenne viele Juristen, die sich sehr negativ über den eigenen Berufsstand äußern. Im freundlichsten Fall bezeichnen sie sich selbst noch ironisch als „Mietmäuler”, aber mir sagten auch schon welche, daß sie das wirklich nicht mehr aushalten (auf die Wiedergabe der extremen Wortwahl verzichte ich hier mal). In Namibia habe ich gerade auf einer Farm eine ältere Engländerin kennengelernt, die dort als Hausdame arbeitet, Getränke bringt usw., also einfachste Arbeiten für kleines Geld verrichtet. Und war erstaunt zu hören, daß die Frau englische Volljuristin mit großem Einkommen war, aber das Leben unter Juristen dort einfach nicht mehr ausgehalten hat. (Zitat: „They talk everybody down.”)

Ich habe gerade selbst eine fast dreijährige hauptberufliche Tätigkeit als Informatiker in einer großen Rechtsabteilung unter ganz vielen Juristen beendet. War nicht so schön.

Ob in Anwaltskanzleien, Gerichtssälen, oder Rechtsabteilungen: Immer wieder ist mir aufgefallen, wie eingebildet und überheblich Juristen sind, daß sie immer wieder glauben (und explizit behaupten), daß nur sie etwas beurteilen könnten und jeder, der nicht selbst Jura studiert hat, eigentlich so wenig Ahnung von der Sache hat, daß er nicht einmal die Worte versteht, sondern jemanden braucht, der das für ihn macht. Dabei kenne ich keine andere akademische Berufsgruppe, von der ich so sehr den persönlichen Eindruck habe, daß sie ihren eigenen Beruf nicht beherrschen und häufig über ihr Halbwissen stolpern, bei der also eine so große Diskrepanz zwischen Eigenanspruch und Wirklichkeit besteht.

Und ich habe auch nie andere Leute kennengelernt, die gegenüber dem Recht so respektlos auftreten, die so leichtfertig das Recht brechen, wie Juristen, weil die sich im Laufe der Ausbildung und Tätigkeit alle Ideale und jede Moral abtrainieren. Ich habe da Leute erlebt, für die der Rechtsbruch nicht die geringste Hemmschwelle darstellt, sondern die nur berechnen, was einem passieren kann, was es kostet, es zu übertreten, und die jederzeit jedes Recht brechen, wenn ihre Risikoabschätzung es erlaubt.

Und ich kenne auch sonst niemanden, der seine Meinung so sehr von der Auftragslage abhängig macht. Juristen können ein- und denselben Sachverhalt so oder genau gegensätzlich bewerten, je nachdem, wer sie gerade beauftragt. Man muß sich dazu bewußt machen, daß Juristen in mehr als der Hälfte der Fälle systematisch Unrecht haben, denn bei Gerichtsstreitigkeiten steht (meist) auf beiden Seiten ein Anwalt, und beide können nicht Recht haben, als muß mindestens einer von beiden (und damit mindestens 50%) Unrecht haben. Stört die aber nicht, weil ein Anwalt, der den Prozeß verliert und in Berufung geht, mehr verdient als einer, der in erster Instanz überzeugend gewinnt.

Juristen stellen ihre Urteilsfindung immer wieder als heeren Vorgang der Rechtsfindung dar. Nach meinen Beobachtungen tun das aber nur die allerwenigstens. Vor allem viele Richter entscheiden, wie sie gerade Lust haben, und suchen sich dann irgendeine Begründung dafür. Viele Juristen treiben daher nicht Rechts-, sondern nur Begründungsfindung. Das ist mit wissenschaftlichem Denken völlig unvereinbar.

Ich bin daher schon lange der Überzeugung, daß das, was die Juristen treiben (wie auch manche andere Geisteswissenschaften) nicht entfernt dem entspricht, was ich mit meinem technisch-naturwissenschaftlichem Hintergrund für Wissenschaft halte.

Und viele Juristen täuschen Wissenschaftlichkeit – oder Wissen – dadurch vor, indem sie bewußt gestelzt und unverständlich daherreden. Da wird durch Unverständlichkeit ein Wissen und Können nur vorgegaukelt.

Jura-Professoren sind nun die Schnittmenge aus diesen drei Gruppen. Ratet mal, was ich von denen halte.

Dabei ist diese Meinung nicht aus der Luft gegriffen. Ich habe in meinem Blog Webseiten über Prüfungsrecht (die ich schon lange nicht mehr verlinke, weil sie veraltet sind und ich sie nicht mehr pflegen und aktualisieren kann), über die mich (früher sehr viele, heute deutlich weniger) Leute kontaktieren und fragen oder um Hilfe und Rat in Prüfungsangelegenheiten bitten.

Zu meiner großen Verblüffung waren da auch viele Jura-Studenten dabei, die sich immer wieder über ein – ganz offensichtlich grob rechtswidriges – Verhalten ihrer Jura-Professoren in Prüfungsangelegenheiten beklagten (übrigens finden die meisten Prüfungsrechtsstreitigkeiten nach meiner Erfahrung in Medizin und Recht statt).

Da kommen nicht nur etliche Garstigkeiten und Dummheiten von Professoren in Prüfungen vor, der Klassiker ist das Verhalten von Jura-Professoren bei der Akteneinsicht. Da gibt es einige, die ihren Prüflingen die Akteneinsicht in die bewerteten Prüfungsarbeiten verweigern. Oder nur denen gewähren, die ganz knapp unter der Bestehensgrenze gelandet sind, bei denen also ein oder zwei zusätzliche Punkte das Bestehen bringen könnte. Kopien anzufertigen erlauben sie nicht. Grob prüfungsrechtswidrig.

In meinem eigenen Promotionsstreit damals hatte ich auch mit so einem zu tun. Als ich damals Einsicht in die Prüfungsbewertungen und die Randnotizen nehmen wollte (worauf ich einen Anspruch habe), brachten die tatsächlich ein Gutachten eines Staatsrechtsprofessors bei, der umständlich erklärte, daß ich keinen Akteneinsichtsanspruch hätte, weil ich nicht mehr Eigentümer des Papiers der eingereichten Arbeiten wäre. Das war damals sogar dem Rektorat zu dämlich, und das Verwaltungsgericht beschied trocken, daß es auf das Eigentum am Papier nicht ankäme, sondern daß Prüfungsexemplare zu den Prüfungsunterlagen gehören, diese dem Gericht vorzulegen sind und damit auch von der Gegenseite eingesehen werden können. Zumal es außer Frage steht (und vom Bundesverfassungsgericht entschieden wurde), daß einem Prüfling der Rechtswegsanspruch zukommt und er diesen nur zumutbar und effektiv bestreiten kann, wenn er die Bewertungen kennt und Kopien anfertigen kann.

Viele Jura-Professoren haben also durchaus ein sehr gestörtes Verhältnis zum Prüfungsrecht. Und das läßt nicht nur auf Unkenntnis in diesem speziellen Rechtsgebiet (und damit auf die fehlende Befähigung zur Ausübung der Tätigkeit eines Hochschulprofessors) schließen, sondern generell auf die fehlende Befähigung und Eignung als Jurist und Beamter. Denn Grundrechte wie die Rechtswegsgarantie und deren Inanspruchnahme gehören zum elementaren Grundwissen. Wer das nicht verinnerlicht hat, dürfte eigentlich nie Professor, nie Beamter und meines Erachtens auch nie Jurist geworden sein.

Anlaß für diesen Blog-Artikel ist nun ein kritischer Artikel über das Jurastudium und die Benotung in der ZEIT. Zitat:

Die Mühe lohnt sich: Anna-Maria Pawliczek bekommt im Examen 9,7 von 18 möglichen Punkten. Das ist in Juristenkreisen eine tolle Note, weil die Skala nach oben hin so gut wie nie ausgeschöpft wird. Das Wohl und Wehe eines Jurastudenten spielt sich seltsamerweise in einem engen Punktekorridor ab. Wer mit sechs Punkten nach Hause geht, hat zwar locker bestanden, kann aber trotzdem Probleme haben, einen Job zu finden.

Das kann ich bestätigen. Juristen überschlagen sich vor Freude, wenn sie ein „voll befriedigend” bekommen, und können als Uni-Abgänger und Berufseinsteiger (!) in Kanzleien mit Gehältern über 100.000 Euro einsteigen, während die mit einer schlechteren Note nur verheizt werden und für einen Hungerlohn arbeiten. Meine ehemaligen juristischen Kollegen schauten mich ungläubig an, als ich ihnen sagte, daß eine 3 für einen Informatiker eine miserable Note ist und einem auf dem Arbeitsmarkt damit schwere Nachteile drohen. (Auch die Arbeitszeugnisse von Juristen scheinen da anders kalibriert zu sein, die freuen sich über Aussagen, die für einen Informatikern ein Fußtritt wären.) Zitat aus der ZEIT dazu:

Löhnig stellt eine grobe Rechnung auf, die viele seiner Kollegen an anderen deutschen Unis im Kern bestätigen: Etwa ein Drittel der Studenten falle durch das Staatsexamen, ein weiteres Drittel erreiche ein ausreichendes Examen, und ein Drittel sei besser als ausreichend. »Das Drittel mit dem ausreichenden Examen muss hart kämpfen. Die arbeiten im Backoffice von Anwaltskanzleien für Stundenlöhne, die sie auch im Frittenverkauf bekommen würden«, sagt Löhnig. Nach wie vor hänge der Erfolg von der Note im Staatsexamen ab.

Wie kommt solcher Unfug zustande?

Die Ursache ist banal: Prüferliche Unfähigkeit der Jura-Professoren. Sonst nichts.

Dazu die ZEIT:

Das Beharren auf dem Staatsexamen und einem Notensystem, in dem die Skala nie ausgeschöpft wird, weil – so argumentieren manche Professoren – ein Student während seines Studiums nie die ganze Komplexität des Faches durchdringen könne, wirkt wie eine Schrulle. Aber nur diese Beharrlichkeit, sagen die Professoren, erhalte die Qualität der Ausbildung.

Das ist nicht schrullig, das ist unfähig.

Offenbar haben die Jura-Professoren nicht verstanden, was ihre Aufgaben und Pflichten als Prüfer sind. Und gerade die Juristen müßten das ja wissen, denn das ist Verfassungsrecht.

Die Note hat nicht den Zweck, den Menschen als Juristen schlechthin zu bewerten. Die Note hat den Zweck, die Prüfungsleistung in Bezug auf das, was gefragt und verlangt war, zu bewerten. Die Anforderungen und Bewertungsmaßstäbe gibt nämlich nicht der Prüfer, sondern nur der Gesetzgeber vor. Die Feinheiten kann er im Verordnungswege der Verwaltung (=Prüfungsordnung) überlassen. Der Prüfer selbst hat jedoch kein Recht festzulegen, unter welchen Anforderungen welche Note vergeben wird, sondern als Teil der Exekutive auszuführen, was vom Gesetzgeber und im Rahmen der Ermächtigung von der Verwaltung untergesetzlich normiert wurde. Daran ist er verfassungsmäßig gebunden.

Und dazu gehört nicht nur formal- und dienstrechtlich, daß er den vom Gesetzgeber und/oder der Prüfungsordnung vorgegebenen Notenrahmen ausreizt, sondern auch materiellrechtlich. Denn daß der Staat (und damit der Beamte und Professor) überhaupt prüfen, benoten, Staatsexamen vergeben oder verweigern darf, muß vor dem Hintergrund der Berufsfreiheit aus Art. 12 I GG gewisse Qualitätsanforderungen erfüllen und sachgerecht sein. Und das ist die Bewertung bei den Juristen so nicht. Das erfüllt nicht den Zweck einer staatlichen Prüfungen und die verfassungsrechtlichen Anforderungen, die zu stellen sind. Diese Bewertungspraxis ist verfassungswidrig.

Und weil es hier ja nicht – wie etwa bei Informatikern – um Fragen geht, die dem Professor aus seinem eigenen Wissenschaftsgebiet heraus fremd sind und mühsam erlernt werden müßten, sondern mit Recht eben um das ureigenste Fachgebiet der Rechtsprofessoren, halte ich die Leute kategorisch für höchstens mittelmäßig oder beschränkt befähigt.

5 Kommentare (RSS-Feed)

Wußtest Du, daß Geisteswissenschaft und Geisterwissenschaft nur ein Bit trennt? Nö? Die schaffen es auch, Plagiate schönzureden:
http://www.zeit.de/studium/hochschule/2011-05/plagiate-historie

Carsten

Terroristen schaffen Arbeitsplätze


Hadmut Danisch
7.5.2011 14:09
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Nee, das war mir bisher entgangen. Hamming-Distanz 1. Grins.

Naja, und so ein Bit, was ist das schon, Das kann doch immer mal umkippen…


The User
9.5.2011 23:01
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Du hast Recht, dass moralisch gesehen im Rechtssystem einiges fragwürdig ist, und dass bei dieser Benotung Schindluder betrieben wird. Aber die „>50% haben Unrecht“-These ist doch recht polemisierend, wie du nämlich selber schreibst, hat das Recht Interpretationsfreiräume durch die Richter, d.h. es müssen nicht beide Positionen dem Recht an sich widersprechen, auch wenn der Richter natürlich höchstens einer zustimmt. Abgesehen davon ist es anders als mit Partei-Gegenpartei und Revisionsmöglichkeit etc. kaum möglich, totale Willkür zu vermeiden.


Hadmut Danisch
9.5.2011 23:42
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Ich habe es natürlich überspitzt formuliert.

Eigentlich wollte ich darauf hinaus, daß die Juristen immer gerne so tun, als könnten nur sie mit Jura-Studium „Recht haben”, dabei gibt es das kaum. Was letztlich Recht ist, ist in vielen Fällen sehr willkürlich. Recht hat meist nicht der, der Jura studiert hat, sondern der, der dem Richter besser gefällt.


Anna Freud
10.5.2011 12:20
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hier mal eine ganz andere Sicht, die sicher nicht geisteswissenschaftlich ist, dafür aber “spezifisch” intellektuell (falls es das gibt).

Unter anderem mit
Ralf Dahrendorf:
“Was die Theologie für die mittelalterliche Feudalgesellschaft.
… das bedeutet die Soziologie für die Industriegesellschaft.”

http://dearchiv.de/php/dok.php?archiv=amg&brett=CHR239&fn=UUNIHAM2.B86&menu=wissen

merkwürdig auch: kann man die Akademien nur dann richtig kritisieren (auch in Form der Infragestellung ihrer Machtbeziehungen), wenn man irgendwie “leicht” polemisch oder “überspitzend” dabei wird? ….