Forschungsmafia: Titelhandel · Forschungsbetrug · Wissenschaftskorruption · Hochschulkriminalität

Die Privatwirtschaft soll Verantwortung an den Unis übernehmen, fordert die Bundesregierung.

Hadmut Danisch
27.5.2011 11:32

Eigentlich hat es mir gerade ein Leser als Kommentar zu einem anderen Artikel geschrieben, aber es erscheint mir so wichtig und erschreckend, daß man es separat erwähnen muß.

Die TAZ berichtet über geheime Verträge zwischen der Deutschen Bank und zwei Berliner Universitäten. Zitat:

Besonders an der Vereinbarung sind die umfassenden Mitwirkungsrechte, die sich die Bank zusichern lässt. So heißt es: “Alle Forschungsergebnisse der Universitäten oder ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die im Rahmen der zwischen den Vertragspartnern abgestimmten Forschungsprojekte entstehen, sind der Deutschen Bank […] zur Freigabe vorzulegen.” Kenntlich machen will sie ihren Einfluss ungern: “Die namentliche Erwähnung der Deutschen Bank in einer Veröffentlichung ist in jedem Fall nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung der Deutschen Bank zulässig.”

Auch auf die Lehre sichert sich die Bank Einfluss: Bankmitarbeiter sollen “Lehraufträge erhalten und zu Prüfungen herangezogen werden können” – “soweit die Interessen der Deutschen Bank nicht beeinträchtigt werden”.

Neben Mitspracherechten bei der Ausrichtung und Besetzung zweier Professuren erhielt die Bank das Recht zu Unternehmenspräsentationen, Kontaktveranstaltungen und der Verteilung von Infomaterialien durch die hochschuleigene Hauspost. Über die “Erfolge der durchgeführten Personalmarketingaktivitäten” war jährlich Bericht zu erstatten. Mindestens 3 Millionen Euro ließ sich die Bank all dies pro Jahr kosten.

Warum gesteht man Universitäten und Professoren eigentlich noch irgendwelche Glaubwürdigkeit zu?

Nachtrag: Man sieht daran sehr gut, was die Universitäten aus ihrer „Freiheit der Forschung und Lehre” so machen. Zudem dürfte das insgesamt strafbar sein, denn Lehraufträge sind öffentliche Ämter und damit nach Art. 33 II GG zu vergeben. Man darf sowas im öffentlich-rechtlichen Bereich nicht per Vertrag an Sponsoren vergeben.

5 Kommentare (RSS-Feed)

Anna Freud
27.5.2011 12:42
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Weil es sehr viel Macht bringt, vor allem, wenn wenige davon wissen.



Lehrbeauftragter
30.5.2011 20:41
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Lehraufträge sind keine öffentlichen Ämter. Das sind nichts anderes als Honorarstellen, ähnlich wie an der VHS.


anonym
31.5.2011 7:50
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Und warum sollten die Honorarstellen an einer VHS keine öffentlichen Ämter sein?


Hadmut Danisch
31.5.2011 8:31
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@Lehrbeauftragter:

Lehraufträge sind auch öffentliche Ämter im Sinne des Art. 33 II GG. Guck mal in die ausführliche Verfassungsrechtsprechung und -kommentierung dazu. Das ist nicht auf formale Ämter mit Beamtenstatus beschränkt, und es muß auch nicht entgeltlich sein. Die Tatsache, daß das eine öffentlich-rechtliche Sache ist (denn Universitäten sind Körperschaften öffentlichen Rechts) und den Charakter einer festen Tätigkeit hat, genügt.

Es hat sich aber an den Universitäten die seltsame (und fehlerhafte) Ansicht verbreitet, daß sie mit allem, was mit Honorar- anfängt, sowieso tun und lassen können, was sie gerade wollen.

Meines Erachtens dürfte es solche Lehraufträge so in der Form, wie sie praktiziert werden, nicht geben.