Forschungsmafia: Titelhandel · Forschungsbetrug · Wissenschaftskorruption · Hochschulkriminalität

Doktor Arbeitsamt: Sozialbetrug an deutschen Universitäten

Hadmut Danisch
17.6.2011 0:06

So, jetzt hab ich die Wiederholung von Monitor auf Eins Extra gesehen, und sie ist mittlerweile auch in der ARD Mediathek zu sehen.

Ziemlich derbe und kriminelle Zustände und ein ziemlich dreckiger Umgang mit wissenschaftlichen Mitarbeitern an den Universitäten wird dargestellt. Aber so richtig dreckig. Wo Leute gezwungen werden, kostenlos für die Uni zu arbeiten, dabei betrügerisch Arbeitslosengeld zu beantragen, und mit 50 werden sie weggeworfen wie Abfall.

Und wer steckt hinter der größten Sauerei, der Gesetzesänderung, die das alles ermöglicht? Genau. Wieder mal unsere Bundesforschungsministerin Annette Schavan. Immer dieselbe. Der ist wohl nichts zu dreckig.

Aber neu ist es nicht. Ich hab ja früher schon mal drüber geschrieben, daß ich zu meiner Zeit als Mitarbeiter noch das große Glück hatte, als Informatiker eine volle Stelle zu bekommen. (Und selbst da hat das Rektorat damals noch die Mitarbeiter und die Gerichte mit krummen Verträgen getäuscht, um die Höchstdauer für befristete Verträge zu umgehen.) An einer anderen Fakultät war es aber so, daß die Leute teils 60-70 Stunden pro Woche arbeiteten, dafür nur einen Drittel(!)-Vertrag bekamen und erst dann, wenn sie die Höchstgrenze überschritten hatten und gar nichts mehr bekamen, sie auf Arbeitslosengeld (was nach dem bisherigen Einkommen entsprechend lächerlich ausfiel) oder Sozialhilfe betrügerisch promovieren durften.

Endlich setzt sich mal die Erkenntnis durch, daß viele deutsche Universitäten Betrugsanstalten sind.

14 Kommentare (RSS-Feed)

HausiGR
17.6.2011 0:44
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Nun, ich persönlich hatte immer das Gefühl, dass man mir helfen wolle. In dem man mich in irgendeiner Weise bezahlte, sei es über Werkverträge für abgegebene Arbeiten. Denn offenbar sind für die Forschung die Mittel immer knapp, besonders in der Theorie. Die Theorie bringt bekanntlich vielleicht in 20 oder 100 Jahren einmal etwas ein. Betrug war das alles nicht, es lief einen ordentlichen Gang des Verfahrens. Naturgemäss konnte ein solches Vorgehen nicht in eine “feste Anstellung” münden.
Im übrigen bleibt zu bemerken, dass die Welt gross ist. Diogenes und ich zogen es vor, sich ein Fass schenken zu lassen und am Meeresrand, umgeben von Sand, Kieseln und Muscheln über die Welt nachzudenken. Dies wäre mit einer festen Anstellung nicht möglich gewesen.
Niemand ist gezwungen, sich der im Monitor dargestellten Vorgehensweise zu ergeben.
Bequemlichkeit?


HausiGR
17.6.2011 0:58
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P.S.
Ich habe sehr viele interesante Menschen kennengelernt. Sie erkennen sich sofort, überall auf der Welt. Ihre Antwort lautet: Wie kann ich das Leiden der einzelnen Person vermeiden? Das ist nichts offiziell Politisches, es ist nichts Gesetzliches. Es ist schlicht Menschlichkeit. Was ist denn passiert, dass unser “politisches System” dies nicht sieht? Manche meinen, es läge am “Kapitalismus”. Das ist eine bequeme Ausrede. Es liegt an einem selbst.


M.E. ist wer sich drauf einlässt unter solchen Bedingungen zu versuchen Wissenschaft als Beruf auszuüben ziemlich selbst dran schuld. Die Missstände gibt’s nur weil es Leute gibt die bereit sind sich so behandeln zu lassen. (Cf. etiam http://a-waffling.livejournal.com/66066.html ). Und auf La Boétie’s “Servitude volontaire” will ich hier gar nicht verweisen.


yasar
17.6.2011 10:06
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Hadmut Danisch
17.6.2011 10:47
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@Heinrich C. Kuhn: Im Prinzip ja richtig.

Aber aus solchen Restposten, Ladenhütern und – wie im Film ja auch angesprochen – Leuten, die vorher jahrelang darauf abgerichtet wurden, jeden erdenklichen Vorteile mitzunehmen, notfalls auch auf kriminelle Weise, rekrutiert sich dann eben unsere Professorenschaft.

Oder platt gesagt: Das Hochschulsystem ist so gebaut, daß nach dem Studium eigentlich nur noch die Unfähigen und die Kriminellen dort bleiben und dann den akademischen Oberbau bilden.


anonym
17.6.2011 11:31
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Zumindest nach der Promotion sollte man jedenfalls die Fliege machen …


der andere Andreas
17.6.2011 13:34
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in einem system in dem die promotion als aushängeschild klarer und starker vorteil im berufsleben ist, ja sogar fachliche und charakterliche mängel bei bewerbungen wettmachen kann ist sowas erpressung.

bei den unmengen von studienabgängern und den wenigen promotionsplätzen (besonders in den geisteswissenschaften) kann man den betroffenen , finde ich, nicht unbedingt vorwürfe machen…


Hadmut Danisch
17.6.2011 13:36
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Sag ich doch, das ganze System beruht auf Erpressung von oben. Ein Schneeballsystem.


Anna Freud
17.6.2011 17:22
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@hausiGR: Diogenes von Sinope hat nicht asketisch, zurückgezogen in einer Mülltonne gewohnt (wovon man nicht mal weiß, ob die Mülltonne bloß ein Mythos ist), sondern er hat allen möglichen Leuten die Wahrheit über sich selbst frank und frei ins Gesicht gesagt. Bspw. wenn er Alexander sagt, wie feige und schwach ein Herrscher sein muss, der Bewacher und Beschützer braucht und was für ein schlechter König er demzufolge sein muss, weil er sich vor seinem eigenen Volk schützen muss. “Die wahren Könige im Tierreich, zb. die Bienenkönigin, brauchen gar keine Waffen, weil sie so herrschen, dass niemand sie angreifen würde. Du aber Alexander schläfst wahrscheinlich sogar mit einem Schwert unter deinem Kissen.”

Also wenn du als Diogenes oder mit Diogenes durch die Universitäten dieser Welt gezogen wärst und den Leuten da mal frank und frei die Wahrheit über sich selbst ins Gesicht gesagt hättest (wo du mit Diogenes als Begeleiter gar nicht drum herum gekommen wärst), hätte man garantiert schon mal von dir gehört.

Aber das Gedanekenexperiment ist ja mal lustig. Der Diogenes hat mal auf der Agora masturbiert, weil er meinte, dass die Agora ein Ort der Bedüfnisbefriedigung (des Redens, der Politik, der Selbstdarstellung) sei und das er ja froh wäre, wenn er seine Bedürfnisse nach Reden oder Essen auch so einfach befriedigen könnte (durch Reiben des Mundes bzw. des Bauches). Man stelle sich das mal an der Uni mit den selben Arguemnten vor…”Wenn ich mein Bedürfnis nach Wissen auch durch bloßes Kopfreiben befriedigen könnte…”.

Er hat auch mal in einem Tempel mitten in einer “wichtigen” Rede einen toten Fisch hochgehalten. Und als dann alle auf ihn gestarrt haben und selbst der Redner verstummte meinte er dann sowas wie “seht ihr, dieser tote Fisch ist für alle interessanter als das, was ihr hier gerade macht und alle halten diesen toten Fisch für wichtiger als das, was gerade gemacht wurde. Was ihr hier macht ist uninteressanter und unwichtiger als dieser tote Fisch.”. Das in einer Vorlesung…


Stefan W.
17.6.2011 18:26
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@Anna Freud: Sehr schön. <,°))))-<


Hadmut Danisch
17.6.2011 18:41
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Ein Königreich für einen Fisch…


unwichtig
19.6.2011 11:46
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zum Fisch: Das finde ich schon etwas unfair. Hier werden Grundinstinkte (Fokussierung von Bewegungen / Störungen) angesprochen. Ich könnte genauso gut einen Presslufthammer während einer Rede starten. Der wird dann auch wichtiger sein als jedes beliebige Thema. Der Mensch ist doch nicht nur “kopfgesteuert”.

zu den Promotionsplätzen in der Geisteswissenschaft vs den Betroffenen nicht unbedingt einen Vorwurf machen: Wenn man denn in die Industrie will, sollte einem Klar sein, dass man – mit oder ohne Doktor – im Bereich der Geistes”wissenschaften” ohnehin schlecht da steht. Im MINT-Bereich hat man da – auch ohne Doktor – mehr Chancen (wodurch die Erpressungswirkung schwächer wird). Soll natürlich nicht heißen, dass ich Erpressungen gutheißen würde.


quarc
24.6.2011 20:39
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Ich bin gar nicht sicher, ob sich die wissenschaftlichen Mitarbeiter
selbst überhaupt strafbar gemacht haben. Sie waren ja in den Vertragspausen
wirklich erwerbslos. Schwarzarbeit lag eigentlich auch nicht vor, denn sie
sind _gar_nicht_ bezahlt worden. Die unbezahlte Arbeit könnten sie sogar
(analog einem unbezahlten Praktikum) als Bemühung um eine neue Anstellung
deklarieren, weil sie ja immer mit dem Versprechen auf einen neuen Vertrag
dazu verlockt wurden.

Deshalb wundere ich mich auch, warum die betroffenen nicht Ross und
Reiter nennen, spätestens jetzt, wo ihnen doch klar sein sollte, dass
es mit der weiteren wissenschaftlichen Laufbahn sowieso nichts wird.


HausiGR
2.12.2011 1:17
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Die Informationstieflage der hier vorgebrachten Äusserungen ist teilweise schlecht. Und die Beachtung der Quellen ist wie immer sehr schwierig. So ist zum Beispiel nichts vom Öffentlichen Masturbieren in den ältesten Texte vorhanden, sondern ein Ausspruch, der vielmehr folgenden “Sinn” hatte: Diogenes hatte Hunger. Er sagte: Es wäre schön, wenn man durch Reiben des Bauches den Hunger loswerden könnte! Im Laufe der Zeit ändert sich die Überlieferung. Wer will, kann heute viel selbst recherchieren. Vieles hier Gesagte beruht auf solch wiedergekäuten und noch weiter ausgeschmückten Informationen. Die Geschichte wird uns immer wieder lehren, dass alles verdreht wird.