Uni Potsdam bewirft Plagiatsprofessor mit Wattebällchen
und ruft energisch „Du, Du, Du!”. Sie haben festgestellt, daß der Potsdamer Mathematikprofessor Klaus Denecke (ich hatte schon berichtet) abgekupfert hat. Sie haben ihm jetzt eine schriftliche Rüge erteilt und das Recht entzogen, an Habilitations- und Promotionsverfahren mitzuwirken. Bisschen BlaBla noch. Siehe Pressemeldung der Uni Potsdam. (Danke an den Leser für die Info.)
12 Kommentare (RSS-Feed)
“Naja – der Mann genießt seine Professorenpension. Außer dem Entzug des Rechts an Habil- u. Promotionsverfahren teilzunehmen sowie der immerhin öffentlichen Rüge – was sollen die ihm noch anhaben.”
Entlassung aus dem Beamtenverhältnis und Aberkennung der Pension?
Das kopierte Buch weist neben Professor Denecke aus Potsdam auch Shelly Wismath aus die weiterhin voellig unbehelligt Professorin in Kanada ist (http://www.cs.uleth.ca/~wismaths/ ).
Es gibt allerdings noch eine interessante Frage: Koennen Ehrendoktoren wie der von Prof. Denecke (http://users.math.uni-potsdam.de/~denecke/denecke.htm ) auch entzogen werden und wenn ja unter welchen Umstaenden?
Deneke-Link geht nicht mehr, aber über google hat’s noch im cache.
@J.
“Entlassung aus dem Beamtenverhältnis und Aberkennung der Pension?”
Hmmm bin kein Arbeitsrechtler – stelle es mir aber recht schwierig und aufwändig vor eine solch drastische Maßnahme mit einer einmaligen? Urheberrechtsverletzung zu begründen.
Andererseits wurden aber schon Kassiererinnnen wg unterschlagener Pfandbons oder Reinigungskräfte wg ein paar Buletten gefeuert.
In sofern wäre eine härtere Strafe für den Professor natürlich gerechter.
Letzteres ist aber nur selten ein Kriterium vorm Arbeitsgericht so dass man sich üblicherweise auf Schadensersatzzahlungen als realistische Maßnahme einigt.
“Entlassung aus dem Beamtenverhältnis und Aberkennung der Pension?”
Das steht ja wohl in keinem Verhältnis. Man stelle sich mal vor, ein normaler Arbeiter würde mit dem Verlust seiner Rentenbezüge bestraft, weil er beim Filesharing erwischt wurde. Mal davon ganz abgesehen, daß Pensions- und Rentenansprüche nichts mit strafwürdigem Verhalten zu tun haben.
“Andererseits wurden aber schon Kassiererinnnen wg unterschlagener Pfandbons oder Reinigungskräfte wg ein paar Buletten gefeuert.
In sofern wäre eine härtere Strafe für den Professor natürlich gerechter.”
Kann man auch nicht vergleichen. Die Kündigungsgründe dabei lauteten einmal “Diebstahl” und das andere mal “Unterschlagung”, und zwar direkt am Arbeitgeber “begangen”. Denecke hat aber u.a. eine Urheberrechtsverletzung gegen eine andere Privatperson begangen, nicht gegen seinen Arbeitgeber.
Lustig. Einen fast identischen Fall gab’s in den Neunzigern in Erlangen. Da hat ein Herr Maximilian Forschner, seines Zeichens Philosophie-C4, das Buch eines Kollegen aus dem Englischen übersetzt und kurzerhand als eigenes Werk ausgegeben. Rüge. Eintrag in die Personalakte, finito.
Ich bin damals als Popelstudent dagegen Sturm gelaufen, mit dem zu erwartenden Ergebnis.
Was mich damals wirklich interessiert hätte, weiß ich bis heute nicht. Was denkt jemand, wenn er derartiges tut? Wird schon keiner merken? Ich darf das? Aber: jeder Plagiator – in dieser Dimension zumal – macht doch einen Sprengsatz scharf, der ihm eines Tages den Arsch wegreißen kann! Er macht sich erpreßbar. Siehe Guttenberg. Der ist ja auch die entscheidende Info schuldig geblieben. Was ist da genau passiert?
Der Mensch, ein Rätsel.
[ Anmerkung der Redaktion: Nach Hinweis eines Lesers bringe ich hier eine entsprechende Klarstellung an. Wie die zuständige Universität laut Presse damals feststellte, lag im Fall Maximilian Forschner kein Plagiat vor, sondern die Übernahme (und Übersetzung) ganzer Passagen aus einem fremden Werk, ohne diese als Zitat oder Übernahme kenntlich zu machen. Worin der genaue Unterschied zum Plagiat gesehen wurde, habe ich noch nicht in Erfahrung gebracht. Jedenfalls ging es nicht – wie der Kommentator hier andeutet – um die Übersetzung und Übernahme eines ganzen Buches, sondern – soweit ersichtlich – nur „ganzer Passagen”. Über die Einzelheiten möge sich der Leser dazu bitte in der Presse, beispielsweise unter BerlinOnline, DER SPIEGEL 30/2000, in der Nürnberger Zeitung usw. informieren und sich selbst eine Meinung darüber bilden. ]
@FF: Falls es sich um den auch im Wikipedia-Artikel über den Herrn F. genannten Vorgang handeln sollte, wäre ich mit dessen Beschreibung in obiger Form in der Öffentlichkeit vorsichtig. Beim LG Hamburg könnte der Herr F. in diesem Falle ein Schlachtfest veranstalten lassen.
@rjb: Danke für den Hinweis.
Kein Plagiat, nur Übernahme “ganzer Passagen” ohne diese “kenntlich zu machen.” Aha, ja dann…
Wenn das ein Student zu mir sagen würde, erginge es mir wie kürzlich Herrn Lepsius aus Bayreuth: “Ich würde ihn auslachen.”
– Plagiat (Wikipedia) = “Vorlage fremden geistigen Eigentums bzw. eines fremden Werkes als eigenes Werk oder als Teil eines eigenen Werkes.”
@rjb: Just kidding.
Vermutlich haben Denecke und Wismath ihr Tun überhaupt nicht als schlimm
empfunden, weil sie “nur” aus einem Lehrbuch abgeschrieben haben
(die eigentlichen Resultate aus dem Anhang von Gumm waren auch nicht neu).
Dies entspricht dem Stellenwert von Lehre gegenüber der Forschung; aus
Lehrbüchern darf man sich anscheindend auch ohne Angabe der Quelle
ungeniert bedienen. Gegenüber den Autoren der Lehrbücher ist das natürlich
ungerecht, denn in diesen Texten steckt auch einiges an Mühe.
@FF: Na klar ist das ein Scherz, so eine Art Bielefeld der Justiz, das mal hier
http://www.heise.de/tp/artikel/27/27999/1.html
und mal da auftaucht, und dem eine komplette Webseite gewidmet ist, wie eine Suche nach “Buskeismus” enthüllt.
Naja – der Mann genießt seine Professorenpension. Außer dem Entzug des Rechts an Habil- u. Promotionsverfahren teilzunehmen sowie der immerhin öffentlichen Rüge – was sollen die ihm noch anhaben.
Immerhin wurde es nicht – wie in der Vergangenheit üblich – als Kavaliersdelikt unterm Tisch gekehrt. Somit schon mal ein winziger Schritt in die richtige Richtung.