Forschungsmafia: Titelhandel · Forschungsbetrug · Wissenschaftskorruption · Hochschulkriminalität

Die Plagiatsjäger, die SPD und die wissenschaftliche Sorgfalt

Hadmut Danisch
6.8.2011 14:11

Nun kam heraus, daß der Gründer von VroniPlag ein SPD-Mensch war.

Natürlich ist das Geschrei jetzt groß. Und die CDU und die FDP samt ihrem Windbeutel Chatzimarkakis üben sich in der alten Grundangewohnheit deutscher Wissenschaftler, unerwünschte Kritik schon dadurch zu entkräften, daß man dem Kritiker unlautere Absichten unterstellt, und dabei die Frage zu übergehen, ob die Kritik zutreffend und inhaltlich berechtigt ist. (Man könnte das Plagiat eigentlich schon als Glücksfall für Chatzimarkakis ansehen, denn sonst käme er ja gar nicht in die Zeitung – ich könnte mich nicht erinnern, über den Mann schon mal irgendetwas Positives gelesen zu haben. Lieber Negativ-Schlagzeilen als gar keine, Hauptsache bekannt.)

Die Reaktion von CDU, FDP usw. ist falsch. Plagiatoren gegen so etwas zu verteidigen ist systematisch verlogen und zeigt, wie sehr man Plagiatoren und Betrüger protegiert (und offenbar weitere Aufdeckungen zu fürchten hat). Die richtige Reaktion wäre, zurückzuschießen und im eigenen Nachwuchs Leute zu finden, die mal bei der Konkurrenz wie SPD, Grüne usw. nach Plagiaten sucht. Geschenkt.

Ich erinnere aber mal an meinem Blog-Artikel vom 11.7., in dem ich den Plagiatsjägern den wissenschaftlichen Fehler ankreidete, daß man nicht sieht, nach welchen Kriterien sie die untersuchten Dissertationen ausgewählt haben, und sie sich deshalb in den Verdacht des parteipolitischen Selektierens stellen. Ich bin verblüfft, wie schnell meine Einschätzung Realität wurde. Nicht, weil das irgendwas an dem Ergebnis ändern würde, daß hier Plagiate aufgedeckt wurden. Sondern weil es den Gegnern einen fiesen Ansatzpunkt und Anlaß für Häme und Mißtrauen bildet.

Wissenschaftliche Sorgfalt dient nicht nur der Fehlervermeidung, sondern auch der Glaubwürdigkeit und Unangreifbarkeit.

4 Kommentare (RSS-Feed)

FF
6.8.2011 19:56
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Man stelle sich vor, Gregor Gysi hätte wegen nachgewiesenem wissenschaftlichen Betrug seinen Titel verloren, säße aber noch in irgendeinem Parlament. So wie dieser Tage Herr Chatzimarkakis und Frau Koch-Mehrin.

Wo sind eigentlich all die Matusseks, Kisters, Prantls, Gottliebs, Dieckmanns, Bannas’, Fleischauers, Broders, Joffes – all die Großgipsköpfe, denen in einem solchen Fall – vorausgesetzt, es träfe den Richtigen – der Schaum vorm Mund stünde?

Alle im Urlaub. Harren der Schreibbefehle ihrer Brötchengeber. Wegen mir können sie dort bleiben…


karbau
7.8.2011 14:15
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“…üben sich in der alten Grundangewohnheit deutscher Wissenschaftler,….”

Ein bißchen mehr Sorgfalt bitte. Denn Politiker sind sicherlich *keine* Wissenschaftler, sondern das Gegenteil.

Während es unter Wissenschaftlern einen Anteil von ehrlichen, aufrichtigen, an Sachfragen orientierten Menschen gibt (jeder darf hier von irgendwas zwischen 1% und 99% ausgehen), ist der Anteil einer solchen Einstellung bei deutschen Politikern …. nun ja …. sagen wir mal im Bereich Epsilon.


Hadmut Danisch
7.8.2011 15:42
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@karbau: Wissenschaft ist in Deutschland viel zu nahe an der Politik, als daß man das so voneinander trennen könnte. Zumal sich eben promovierte Politiker (und viele davon haben sich ja tatsächlich an den Hochschulen rumgetrieben) diese typische Wissenschaftlermethodik angeeignet haben.

Und allzu viele von diesen ehrlichen, aufrichtigen, an Sachfragen orientierten Wissenschaftlern habe ich bisher nicht gefunden.


Andreas
7.8.2011 21:14
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einen doktorgrad bekommt man für eigene wissenschaftliche! leistung d.h. wer einen hat ist oder war als wissenschaftler tätig und muss sich, mindestens aber seine wissenschaftliche arbeit an diesen maßstäben messen lassen. basta! – wie unser aller geliebter ex-kanzler “gas”-gerd immer so schön sagte…

den umgang mit kritik, der dort gezeigt wird, ist weniger spezifisch für politik oder wissenschaft als viel mehr für autokratische gesellschaftsformen. wenns ne strikte hierachie gibt beschränkt sich das maß an sachrelevanz auf den horizont des vorgesetzten – den muss man beeindrucken um weiter zukommen.
dieser wird sich aber kaum jmd. aussuchen der ihm seiner meinung nach gefährlich werden kann zumindest nicht ohne äußeren druck.

das gleiche intrigante verhalten beobachtet man auch in unternehmen – stärker je weiter man von der ebene der techniker weg zum reinen managment geht, weil der äußere zwang der technischen umsetzung dessen was man sagt wegfällt. es werden nur noch nebulöse, inhaltlose konzepte zusammen geschwurbelt deren umsetzung man auf die unteren ebenen schiebt – das kann aber jeder also muss der kampf mit anderen mitteln ausgetragen werden…