Das große Spektakel
Ein lesenswerter kritischer Beitrag von einem Mathias Binswanger in Forschung & Lehre über die Künstliche Inszenierung an unseren Hochschulen.
Schönes Zitat:
Universitäten, die sich nach außen als großartige Tempel der wissenschaftlichen Exzellenz darstellen, sind intern zu Kindergärten verkommen, wo Professoren sich gegenseitig mit Publikationslisten und der Menge eingeworbener Forschungsgelder zu übertrumpfen versuchen. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit werden Projekt- und Publikationsolympiaden veranstaltet, wobei die Gewinner dann statt Medaillen mit Elite- und Exzellenzstatus, Befreiung von Lehrverpflichtungen und im „besten Fall“ auch noch mit höheren Salären belohnt werden. Und das, obwohl viele Projekte und Publikationen für den Rest der Menschheit nicht die geringste Bedeutung besitzen und diese „Wissenschaftsolympiaden“ auch nicht annähernd den Unterhaltungswert von Olympischen Spielen besitzen.
Perfekt beschrieben.
7 Kommentare (RSS-Feed)
Oh, ich bin nicht darauf aus, Professoren als Feindbild aufzubauen oder pauschal alles schlecht zu finden, was sie machen.
Ich will darauf hinaus, daß das meiste, was Professoren machen, tatsächlich und bei objektiver Betrachtung schlecht ist. Aber Ausnahmen gibt es schon.
Wie wahr wie wahr, man schaue sich alleine die Gelddurchschleusung bei der DFG in Sachen Exzellenzinititative an… Der Bund heizt künstlich einen Wettbewerb unter Universitäten an, stopft der DFG Geld zu mit der Bitte, dieses in ihrer ( DFG-) Waschanlage ebendiesen Universitäten zu ihrem ohnehin schon vielen Geld hinzuzugeben. Es entsteht ein geradezu perverser Run auf Geld ohne jedwede wissenschaftliche Notwendigkeit. Geld als Massstab für wissenschaftliche Leistung…
Den Artikel habe ich vor längerer zeit schon mal gelesen. Die zitierte Beaobachtung ist ja ganz schön, aber bzgl der Schlussfolgerung bin ich mir nicht so sicher.
“Das Fazit aus diesen Überlegungen ist eindeutig: Schluss mit diesen künstlichen Wettbewerben. Sowohl in Wissenschaft, Bildung als auch im Gesundheitswesen entstehen qualitativ gute Arbeit und Höchstleistungen dadurch, dass man fähigen und motivierten Menschen die Chance gibt, sich in einer möglichst freien, stimulierenden Umgebung zu entfalten. Deshalb ist es kontraproduktiv, Wissenschaftler, Professoren, Lehrer oder Ärzte unter den Generalverdacht der Leistungsverweigerung zu stellen und in jedem ein potentiell schwarzes Schaf zu vermuten, aus dem man eine gute Leistung mit einem Zuckerbrot herauskitzeln oder mit der Peitsche herausprügeln muss.”
Dies kann man auch anders lesen: Frei nach dem Motto “Gebt uns gefälligst das Geld und belästigt uns nicht mit euren dummen Fragen!”
Herr Binswanger verkennt meiner Ansicht nach dass die eigentliche Ursache für die von ihm z.T. zurecht kritisierten Wettbewerbe weniger die Wettbewerbsgläubigkeit oder ein Generalverdacht gegenüber verbeamteten Wissenschaftlern ist, sondern vielmehr ein (wie auch immer empfundener) Mangel an verwertbaren Ergebnissen.
Insbesondere im Bereich der westlichen Volkswirtschaft sah es in den vergangen Jahren ja nun nicht sonderlich rosig aus. Angesichts der Finanzkrise wundert es kaum noch das man in Asien westliche “Wirtschaftsgurus” kaum noch Ernst nimmt.
Natürlich lassen auch mit Wettbewerben keine Forschungsresultate herbeizaubern – aber irgendwie sollte öffentlich bezahlte Forschung sich schon rechtfertigen.
Kann man so lesen – muß man aber nicht.
Wenn man sich – wie es mir passiert ist – um eine Professur bewirbt und dann hinterher feststellt, daß die die Bewerbungsschreiben gar nicht erst lesen, sondern (soweit es überhaupt noch zu einer Auswahl kommt und das nicht vorher schon festgelegt ist, wer sie bekommt) nur noch nach der Zahl der Veröffentlichungen und der Menge der eingeworbenen Gelder geht, also nur noch diese zwei Kennzahlen relevant sind, dann weiß man, daß da was faul ist.
Wie kommt man am besten an verwertbare Ergebnisse?
@Hadmut Danisch
Ähnliche Erfahrungen habe ich (wie wahrscheinlich verschiedene andere) ebenfalls gemacht. Besonders unangenehm ist es wenn dies einem beim “Vorsingen” unzweifelhaft deutlich gemacht wird.
Grundsätzlich habe ich kein Problem damit wenn die Kriterien (auch wenn man sich über deren Sinnhaftigkeit streiten mag) bekannt sind. Was mich sehr ärgert ist, wenn wieder mal im Hinterzimmer einfach was ausgekungelt wird.
Wie kommt man am besten an verwertbare Ergebnisse?
Hmm hätte ich darauf eine Antwort läge ich wohl bereits unter Palmen in einer Hängematte 😉
Nein das Problem sind meiner Ansicht nach nicht die Wettbewerbe an sich sondern die Art und Weise wie sie aufgestellt, durchführt und bewertet werden. Das fängt bei der Bekanntmachung an, die häufig nur ein erlesener Kreis kennt, setzt sich mit den Ausschreibungstexten fort, die meist sehr interpretationsbedürftig sind und endet mit den Kriterien die, wenn überhaupt bekannt, meist sehr unklar formuliert sind. Ohne Zweifel sind derartige Pseudo-Wettbewerbe maximal unbefriedigend und ärgerlich.
Unabhängig davon denke ich aber, dass jede öffentlich geförderte Forschung für sich Ziele formulieren sollte und regelmäßig überprüft werden sollte inwieweit diese Ziele erreicht wurden.
Ob dies nun durch Wettbewerbe, externe Audits etc erfolgt ist eine andere Sache.
Moment, wird da oben tatsächlich ein Prof für seine Aussage gelobt? Bin ich hier wirklich auf forschungsmafia.de? Das muss die Hitze sein 🙂
Wobei, der Artikel liest sich schon gut. Aber der Prof. Binswanger macht es sich etwas einfach, einfach gegen die anderen (und das System) zu motzen. Selber ist er ja auch Prof (an einer Fachhochschule) und mit seinem Drang an die Öffentlichkeit (er ist in der Schweiz aus Print und TV gut bekannt) entspricht er auch nicht gerade dem Gegenstück zu jenem Forscher der aus wissenschaftlicher Neugier und frei von Eitelkeiten arbeitet (den er aber fordert). Naja.