Forschungsmafia: Titelhandel · Forschungsbetrug · Wissenschaftskorruption · Hochschulkriminalität

Widerspruch in sich

Hadmut Danisch
9.1.2012 14:05

Ein Numerus Clausus soll eigentlich den Zugang zu Studienplätzen regeln, wenn es viel mehr Bewerber als knappe Studienplätze gibt. In Deutschland sind 17.000 Nummerus-Clausus-Studienplätze unbelegt, was ein Widerspruch in sich ist und dem Numerus Clausus in diesen Fällen klar die Rechtsgrundlage nimmt. Meines Erachtens dürfte ein Nummerus Clausus erst gar nicht von vornherein als harte gelten, sondern erst in der Vergabe der Studienplätze als Prioritätskriterium, wenn es mehr Bewerber als Studienplätze gibt. Eine feste Notenschranke ist im Allgemeinen mit der Berufsfreiheit unvereinbar, zumal es nicht nachvollziehbar ist, warum jemand für Medizin besser geeignet sein soll, der sich eine Spitzenabiturnote mit Sport, Geschichte, Religion und sowas geholt hat, als jemand, der Naturwissenschaften hatte aber auf härtere Anforderungen und damit schlechtere Noten stieß. Insofern ist der NC sowieso bescheuert.

Was ist nun aber der Grund dafür, daß aktuell so viele NC-Studienplätze nicht besetzt sind?

Na, weil die Universitäten gegen die ZVS getrommelt haben und die Studienplätze lieber selbst vergeben wollen. Was aber eine dumme Idee war, weil es organisatorisch unsinnig ist, sie in ihrer Leistungsfähigkeit überfordert und sie – last not least – einfach zu doof dafür sind.

Ich plädiere ja schon lange dafür, die Universitäten als Organisationsform aufzulösen und sowas wie Immatrikulation mindestens bundesland-weit zu machen. Man immatrikuliert sich dann nicht mehr an der Uni X, sondern im Bundesland Y und kann alle Universitäten des Landes besuchen. Das wär’s doch.

22 Kommentare (RSS-Feed)

anonym
9.1.2012 14:15
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“Universität Nordrhein-Westfalen, Campus Münster”, so nach dem Motto?


Hadmut Danisch
9.1.2012 14:19
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So nach dem Motto.

Ich habe mittlerweile von einigen Informatik-Studenten gehört, daß es an ihrer Uni keine brauchbare Mathevorlesung gibt und sie sie deshalb an einer anderen, nahegelegenen Uni hören. Sowas wäre generell besser. (Macht aber zugegebenermaßen das Planen schwer, wieviel Hörsaalplätze es braucht.)


Alex
9.1.2012 14:48
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Öhm – kann sein dass ich mich falsch erinnere, aber mir wurde “damals” erklärt, dass das NC verfahren so funktioniert, dass eine Liste der gewollten Plätze erstellt wird, mithilfe von Noten (und anderen Kriterien wie Wartesemestern) sortiert wird.
Und davon dann diejenigen deren Stelle verfügbaren Plätzen entspricht zugelassen werden.
Und als NC wird dann die Note des letzten, zugelassenen veröffentlicht.

Wenn ich mich recht erinnere, es damals richtig verstanden hatte, und das ZVS Verfahren nicht geändert wurde, dann denke ich, dass Du mit Deiner Kritik im Detail falsch liegst.


Hadmut Danisch
9.1.2012 14:53
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Uns wurde das damals so erklärt, daß man den NC vor der Bewerbung festlegt, weil man ihn aus den Erfahrungen der vorhergehenden Jahre errechnet. Uns wurde nämlich damals auch gesagt, daß man sich in manchen Fächern erst gar nicht bewerben kann, wenn man den NC nicht schafft, was mit dem, was Du berichtest, unvereinbar ist. Wenn der NC erst im Nachhinein festgelegt wird, müßten sich ja zuerst mal alle bewerben können.

Davon ganz abgesehen kenne ich einen Fall, in dem ein Student wegen zu schlechter Abiturnoten beim Versuch der Bewerbung vom Studentensekretariat erst gar nicht als Bewerber angenommen wurde.


Alex
9.1.2012 15:13
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Das scheint der Rest der ZVS zu sein, und dort steht

“Wörtlich übersetzt bedeutet “NC” beschränkte Anzahl. Die eigentliche Auswahlgrenze ergibt sich aber aus dem Verhältnis der zu vergebenden Studienplätze und der Anzahl der Bewerber, die sich um einen Studienplatz bemühen.”
( http://www.hochschulstart.de/index.php?id=26 )


anonym
9.1.2012 15:19
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Wer auch immer das so erklärt hat, und was auch immer der für ein Interesse gehabt hat, das so darzustellen …

NC heißt im Verwaltungsdeutsch “Grenzwert nach Note”, und wird im Nachhinein bestimmt als schlechteste Note, für die noch ein Studienplatz (aus dem Noten-Kontingent, ein Teil wird ja nach Wartezeit vergeben) zugeteilt wird.

Die Zahl der zur Verfügung stehenden Studienplätze bestimmt sich aus einer Kapazitätsberechnung, deren Details sind regelmäßig Gegenstand verwaltungsgerichtlicher Auseinandersetzungen.


Hadmut Danisch
9.1.2012 15:34
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@anonym: Denk mal drüber nach!

Wenn das nämlich so wäre, dann könnte es gar keine unbesetzten NC-Studienplätze geben, weil man nämlich dann, wenn es mehr Plätze als Bewerber gibt, eine solche Grenze gar nicht angeben könnte.

Wie willst Du denn ein Fach, in dem die Grenze erst nachträglich nach Eingang der Bewerbungen festgelegt wird, zum NC-Fach machen, wenn nicht mal alle Plätze belegt wurden?


Alex
9.1.2012 15:36
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Unbesetzte Plätze könnten dadurch entstehen, dass jemand einen Platz zugeteilt bekommt, aber dann nach der Zuteilung (und Bildung der NC-Note) von seinem Platz abspringt.


Hadmut Danisch
9.1.2012 15:41
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@Alex: Was nichts daran ändert, daß bei einem System, bei dem die Ausschlußquote erst nach der Bewerbung festgesetzt wird, andere Bewerber nachrutschen müßten, was zur Folge hätte, daß sich die Schranke in Richtung schlechterer Noten verschiebt und schließlich ganz wegfällt, wenn nicht genügend Bewerber zum Nachrutschen da sind.

Eine nachträglich festgelegte Schranke setzt immer voraus, daß irgendwer diese Schranke nicht erfüllt hat und ausgeschlossen wurde, was wiederum voraussetzt, daß es auch nach dem Abspringen noch genug Nachrutsch-Bewerber gab.

Wenn in einem Fach Plätze unbesetzt blieben, kann es also kein Nach-NC-Fach sein, sondern muß einen Vor-NC haben. Und in der Tat setzten manche Fakultäten willkürliche Notenschranken, weil sie einfach keinen Bock drauf haben, viel zu arbeiten, und deshalb die Studentenzahlen künstlich niedrig halten.


Harald
9.1.2012 15:51
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Alex liegt da schon richtig. Der NC wird nicht a priori festgelegt, sondern beschreibt die Note des letzten genommenen Bewerbers in jedem Jahr. Kommen weniger Bewerber als es Plätze gibt, gibt es keinen NC. Das müsste eigentlich schon Jahrzehnten der Fall sein, 1999 war es auf jeden Fall schon so 😉


Harald
9.1.2012 15:55
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Ergänzung (sorry, habe meinen anderen Kommentar zu spät losgeschickt): Es rutschen häufig halt nicht mehr genügend Leute nach, weil die sich in der Zwischenzeit bereits für einen anderen Studienplatz entschieden haben.

Die ersten Zulassungsbescheide (1. Runde) werden vielleicht Ende August verschickt. Die erste Nachrückrunde erfolgt dann vielleicht Anfang Oktober. Da haben sich viele Studis an einem anderen Ort schon eine Wohnung gesucht etc. pp. und studieren dann ein NC-freies Fach. Ist mir auch so gegangen; als ich meinen eigentlichen Wunschstudienplatz bekommen habe, war ich bereits in einer anderen Stadt in die Wohnung eingezogen.


Hadmut Danisch
9.1.2012 15:57
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@Harald: Ja, ja, aber wie Du selbst sagst, dürfte es nach dieser Sichtweise niemals unbesetzte NC-Plätze geben. Weil ja dann, wenn einer einen Platz bekommt, der auch eine Immatrikulationsfrist hat, und der Platz weg ist, wenn er die nicht einhält. Dann also der nächste nachrutscht.

Es drängt sich zwar der Gedanke auf, daß dieser ganze NC-Kram nur dadurch künstlich erzeugt wird, weil durch die idiotische dezentrale Bewerbung viele Studis sich an vielen Unis bewerben, es also in der Summe viel mehr Bewerbungen als Bewerber gibt und die mit Karteileichen rechnen.

Das heißt aber trotzdem, daß die Notenschranke festgesetzt wurde, bevor alle mit Nachrutschen oder Absagen fertig sind, und damit verfrüht, es also eben kein nachträglich festgesetzter NC ist. Einen nachträglich festgesetzten NC kann man erst festlegen, wenn alle Plätze tatsächlich besetzt sind. Sonst wär’s ja kein nachträglicher.


Hadmut Danisch
9.1.2012 16:00
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@Harald: Wenn da aber nicht mehr genügend nachrutscht, dann kann man das Fach nicht als NC-Fach ausgeben, und nicht von 17.000 unbesetzten NC-Plätzen reden.

Wenn nach Ende der Rutscherei nicht alle Plätze besetzt sind bzw. niemand mehr draußen steht und wartet, dann ist es eben kein Nach-NC. Wenn sie das also dennoch als NC-Studium bezeichnen, muß es folglich ein Vor-NC gewesen sein.


Alex
9.1.2012 16:04
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Jein – ein iteratives System dass wartet bis alle möglichen Bewerber zugesagt haben, kann (theoretisch) zu lange daueren, und ist damit nicht mehr praktikabel.
Sicher kann man 1-2 Iterationen noch praktikabel in der Zeit durchführen, aber auch wenn man danach dann den NC bestimmt, kann es immernoch passieren, dass einzelne Plätze unbesetzt sind.

Auch ist der NC (bei der ZVS) keine Schranke gewesen (ich schreibe nun so, weil das meiner Erinnerung entspricht, und durch obigen Link bestätigt wurde) – sondern lediglich die Bestandsaufnahme des “letzten” der Reingekommen war.
Daher ist es denkbar dass in einigen Fächern alle Zugelassen wurden, der NC aber bei werten <= 3.x landete (und insbesondere niemand nicht zugelassen wurde)
Meines Wissens war das oftmals ein Kriterium einen NC abzuschaffen. (zB bei Mathematik passiert)

Ich habe nur über die ZVS geredet, weil ich nur von der mich informiert fühlte (und das ZVS System damals als es mir erklärt wurde als relativ fair und zweckdienlich verstand – wenn auch sicher fern von perfekt).

Was "manche" Fakultäten mancher Hochschulen/ Universitäten machen oder nicht machen kann ich nicht beurteilen, eine willkürliche Notengrenze finde ich aber allerdings ziemlich idiotisch, und würde mich daher nicht wundern, wenn diese hier und da angwandt wird.


Harald
9.1.2012 16:07
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@Hadmut: Ah, jetzt verstehe ich. Ich tippe mal so, dass vermutlich mit “17000 freien NC-Studienplätze” diejenigen gemeint sind, für die ursprünglich ein NC festgelegt werden /sollte/, was dann aber nicht geschehen ist. Ehrlich gesagt wundert es mich sogar, dass es nur 17000 Studienplätze pro Jahr sind, da hätte ich mit viel mehr gerechnet.

Um ehrlich zu sein, halte ich den Spiegel-Bericht für zu wenig differenziert – die Situation muss man Studiengangabhängig analysieren. (D. h. übrigens nicht, dass die Zulassungsverfahren nicht trotzdem dringend einer Überarbeitung bedürfen)

Es ist dennoch ein nachträglicher NC, Alex beschreibt das ganz richtig. Das iterative Verfahren dauert zu lange – wenn ich mich nicht irre, gab es die letzten Nachrücker zu ZVS-Zeiten ca. Mitte Dezember. Da hatte man also schon ein Semester praktisch verloren.


Hadmut Danisch
9.1.2012 16:07
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@Alex: Das ist algorithmisch falsch.

Erstens hat man nach drei Iterationen – die man problemlos schaffen kann – die allermeisten Rutscher und Mehrfachbewerber ausgesiebt und sich dem Ergebnis sehr stark angenähert.

Zweitens hat man in der Regel keine ganz feste Grenze sondern kann ohne weiteres in jeder Iteration ein paar Prozent mehr Zusagen verschicken, als man bezüglich der Mindeststudienzahl offene Stellen hat, weil das alles etwas elastisch ist. Damit konvergiert das viel schneller.

Drittens muß man sich dann mit der Verkündigung eines NC eben zurückhalten, bis nichts mehr geht, etwas das Semester schon 2 Monate läuft oder sowas.


Hadmut Danisch
9.1.2012 16:12
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@Harald: Sowas ist aber doch Bullshit!

Als ich mich vor 25 Jahren immatrikuliert habe, mußte man noch mühsam persönlich anreisen, ewig anstehen, alle Unterlagen dabei haben, womöglich noch Übernachtung regeln usw. Und die mußten das dann alles von Hand machen, um dann die freien Plätze an die ZVS zu melden die das dann langsam verarbeitet und irgendwann neue Einladungen verschickt hat.

Heute haben wir das Zeitalter des Internet und der Online-Bewerbung. Da kann man doch ruckzuck den Leuten eine E-Mail vorab schicken und schreiben, hier bitte, da und da bitte angeben, ob Du die Stelle willst oder nicht mehr brauchst. Damit könnten die Iterationen, die früher noch Wochen dauerten, doch effektiv auf Tage oder im Einzelfall sogar Stunden reduziert werden.

Und wenn man ein zentrales System hätte, könnte die Immatrikulation an einer Uni automatisch die Bewerbungen bei den anderen löschen.

Die Universitäten wollten aber unbedingt ihre eigene Suppe kochen, weil der Schwachsinn und die Eigenbrödlerei regieren.


anonym
9.1.2012 17:19
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OK, die Frage ist, wieviele Leute da mitspielen. Man wird denen ja kaum eine Immatrikulationsfrist von wenigen Tagen setzen. Wenn sie freiwillig so schnell reagieren, ist das natürlich gut.

Wenn die Zusage halt nicht von der Wunschuni ist, werden die Leute geneigt sein, bis zum letzten Tag der Immatrikulationsfrist warten, ob sie nicht vielleicht an einer genehmeren Uni noch einen Nachrückerplatz bekommen.

Denn was hätten sie selbst davon, das nicht zu tun? Immer die spieltheoretische Seite betrachten!


Hadmut Danisch
9.1.2012 17:37
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Dann darf man’s aber nicht auf die Noten schieben.

Dann sagt man den Leuten eben, daß die Plätze in der Woche x vergeben werden und sie dann gefälligst ansprechbar zu sein haben oder einen Vertreter bestellen müssen. Bei einer Prüfung muß man auch anwesend sein und kann nicht in der Welt rumgurken, warum soll das dann bei der Immatrikulation nicht auch gehen?

Dann bietet man den Leuten eben an, daß sie einen Studienplatz in X haben können und wer nicht in einer Woche zusagt, hat eben Pech gehabt. First come, first serve.


yxcvb
9.1.2012 18:24
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> Uns wurde nämlich damals auch gesagt, daß man sich in
> manchen Fächern erst gar nicht bewerben kann, wenn man den NC nicht
> schafft…

Wenn der NC in einem Fach über Jahre relativ konstant bei z.B. 1.3 liegt, ist es ja auch nicht sinnvoll sich mit einer Abiturnote, die deutlich schlechter ist, zu bewerben. Die Wahrscheinlichkeit, dass der NC in dem Semester ein anderer ist, ist einfach sehr gering.

> Zweitens hat man in der Regel keine ganz feste Grenze sondern kann
> ohne weiteres in jeder Iteration ein paar Prozent mehr Zusagen
> verschicken, als man bezüglich der Mindeststudienzahl offene
> Stellen hat, weil das alles etwas elastisch ist. Damit konvergiert
> das viel schneller.

Wenn man das macht, handelt man sich mit Sicherheit Ärger vor Verwaltungsgerichten ein. Wenn die Uni irgendwie berechnet hat, dass sie in einem Fach maximal x Studienanfänger verkraften kann, aber dann x + y Zusagen verschickt, weil ja einige sowieso absagen, werden sich hinterher Studenten einklagen können, weil die Zahl x ja dann willkürlich gewählt zu sein scheint.


Hadmut Danisch
9.1.2012 18:30
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Naja, trotzdem sollte man nach 3 Iterationen so wesentlich mal zum Ziel kommen.

Man könnte übrigens auch einführen, daß sich jemand, der einen Studienplatz von den von ihm angegebenen Wunsch-Unis nicht annimmt, dann ganz hinten anstellen muß.


semivalent
13.1.2012 13:46
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Hallo zusammen,

die Festlegung einer festen Notenschranke vor der Vergabe der Studienplätze gibt es in Deutschland nicht. Ein solches Verfahren wäre verfassungswidrig, weil es gegen Art. 12 Grundgesetz verstoßen würde.

Die Vergabe von Studienplätzen ist gesetzlich geregelt; jedes Bundesland hat dabei seine eigenen Vergabegesetze. In Baden-Württemberg ist das Vergabeverfahren in der Hochschulvergabeverordnung (HVVO) geregelt. Hier ein Link zum nachlesen:
http://www.landesrecht-bw.de/jportal/?quelle=jlink&query=HSchulVergabeV+BW&psml=bsbawueprod.psml&max=true

Bei Fragen, gerne hier.