Zitate-Erpressung
Hin und wieder gibt es auch gute Artikel in der FAZ. Ein Leser hatte mich (sorry, ich war im März sehr beschäftigt und bin etwas ins Hintertreffen geraten) auf einen Artikel über Zitate-Erpressung durch Verlage hingewiesen.
Das ist natürlich überaus bedenklich, insbesondere wenn man daran denkt, daß bei der Berufung von Professuren oder der Vergabe von Drittmitteln nicht mehr die unmittelbare Leistung, sondern nur noch die diversen Metriken wie Länge der Veröffentlichungsliste, Anzahl der Zitierungen, impact factor und so ein Zeugs zählen. Es spielt überhaupt keine Rolle mehr, was man kann und was man gemacht hat, es werden nur noch die Kennzahlen betrachtet.
Es zeigt aber auch wieder mal, wie die Verlage ihre Position ausnutzen und regelrecht „das Böse” verkörpern. Man muß regelrecht von einer „Forschungsmafia” sprechen, die sich der Analogien der Prostitution, der Schutzgelderpressung, der Wirtschaftskriminalität bedient. Denn letztlich läuft das ja auf eine Art akademischen „Buch- und Bilanzbetrug” hinaus.
Und mir selbst ging das damals im Promotionsstreit ja genauso, da wurde einfach von der Uni bzw. vom Prüfer gefordert, daß man dessen Freundes- und Götzenkreis gefälligst ausgiebig zu zitieren hat, selbst wenn es gar nicht stimmt, die das, was man angeblich zitieren sollte, nie veröffentlicht hatten oder es das Werk gar nicht ab.
Gerade in den Wissenschaftsbereichen, in denen die Zahl der Zitierungen als Indiz oder Merkmal für Qualität angesehen werden, in dem also einer Publikation durch viele Zitierungen mehr Gehalt und mehr Wahrheit beigemessen wird, muß man diese Manipulationen eigentlich ebensosehr als Wissenschaftsbetrug ansehen wie wenn einer Laborwerte fälscht. Und gerade in den Fächern, in denen man nicht so mit Meß- und Laborwerten arbeitet, ist sowas eigentlich auch schon das Gegenstück zum Laborbetrug.
Was aber auch heißt, daß diese ganzen Zitiermetriken unbrauchbar und zweifelhaft sind, und daß beispielsweise Berufungsverhandlungen, bei denen solche Werte entscheidungsmaßgeblich berücksichtigt werden, rechtsfehlerhaft und angreifbar sind.
Eigentlich müßte man eine Schwarze Liste von Verlagen anlegen, die durch Manipulationen, Fake-Journals usw. aufgefallen sind und deren Publikationen von der Anerkennung als wissenschaftliche Publikation und vom Kauf durch öffentliche Gelder ausschließen, so wie man ja auch in anderen Bereichen schwarze Listen für Korruption führt, um unsaubere Firmen von öffentlichen Ausschreibungen auszuschließen. Denn darum geht es ja letztlich.
2 Kommentare (RSS-Feed)
Was heißt da „selber schuld”? Der Dumme ist doch der, der die Stelle hätte bekommen müssen, aber sie nicht bekommen hat.
Zitiermetriken: Selber schuld, wenn man bei der Stellenvergabe ausschließlich auf die Zahl der Veröffentlichungen schaut und ansonsten den gesunden Menschenverstand ausschaltet. Aber es ist eben doch eine zumindest halbwegs objektive Zahl, und wenn es gar nicht darauf ankommen würde, wäre der Vetternwirtschaft Tür und Tor geöffnet. Es ist eine Gratwanderung. Manche Institute bekommen das recht gut hin, bei anderen sammeln sich dagegen Leute an, die das Fachgebiet nicht weiterbringen, weil sie entweder wie die Weltmeister Irrelevantes publizieren, oder eine ruhige Kugel schieben.