Protest gegen zu harte Mathe-Klausur
Ach, guck an. Mir erzählte die Tage gerade ein Informatik-Student, wie sich die Studenten da reihenweise exmatrikulieren, weil sie mit übertrieben schweren Matheklausuren rausgeprüft werden, und der Informatik-Teil der Fakultät schon richtig Krach mit dem Mathematiker-Teil hat, weil die von deren Prüfungen nicht wegkommen, die Mathematiker aber völlig hohldrehen, was die Prüfungen angeht.
Da greift man sich echt an den Kopf:
Da jammern Wirtschaft und Politik, daß wir Informatikermangel haben und daß wir sie aus dem Ausland exportieren müssen, gleichzeitig schlagen uns unfähige Professoren massenweise den Nachwuchs kaputt. Was soll der Quatsch?
Nun les ich gerade im SPIEGEL, daß es in Köln eine Durchfallquote von 94 Prozent gab. Und wie immer war nach Ansicht der Professorin hier die Umwelt, nur nicht sie selbst daran schuld.
Was aber erstaunlich ist: Die Studenten haben sich gewehrt, protestiert – und hatten Erfolg. Die Studenten bekommen einen anderen Dozenten und die Dame arbeitet nicht mehr da.
Na also, geht doch.
37 Kommentare (RSS-Feed)
Das habe ich auch schon gefunden, und versucht genauer zu verfolgen, aber ich konnte leider die Aufgaben nicht finden, um mir selber eine Meinung zu bilden (war die Klausur schwer/ leicht, oder nur schwer für die “unfähigen Grundschullehrerinnen”, oder schwer in relation zu einer schlechten Vorlesung? (die letzten zwei Teile kann ich leider nicht einschätzen.
Ich habe aber auch die Erfahrung gemacht, dass Lehrämtler (für Gymnasium) _deutlich_ schlechter in Mathematik sind als die echten Studenten, sogar selbst als Informatiker.
Naja, Lehrämtler sind normalerweise die Witzfiguren an den Unis, eigentlich nimmt die keiner ernst. (Zu meiner Zeit war es übrigens noch so, daß die Informatiker in den Matheprüfungen besser waren als die Mathematiker, das will ich nur mal klarstellen!)
So doof Lehrämtler auch sein mögen, sie sind systemimmanent und damit gleichmäßig doof. Die Semesterbedingten Schwankungen gehen also nicht auf die Lehrämtler, sondern auf die Dozenten zurück.
Hier Diskussionen zur Klausur inkl. Angabe der Klausuraufgaben, um sich selbst ein Urteil zu bilden:
http://matheplanet.com/matheplanet/nuke/html/viewtopic.php?topic=165502&start=40
Den Link oben habe ich dort gefunden:
http://meinews.niuz.biz/angehende-t727380.html?s=360316797f79c789e12342e656e83549&
(oder direkt in der Newsgroup de.sci.mathematik lesen)
Interessant auch der im ersten Forum verlinkte Beitrag der Klausurveranstalter:
Gruß,
Jürgen
Also bei mir an der Uni machen die Informatiker so wenig Mathe, dass der Stoff größtenteils von nem Mathe LK Abitur gedeckt sein sollte – kann also gar nicht so schwer sein.
Was für eine Uni ist das denn?
Bei mir waren es damals Analysis I/II und Lineare Algebra I/II von der gepflegten Sorte.
Ich hatte einen Mathe LK im Abitur, und am LK-Abiturstoff waren wir in den Mathevorlesungen nach ungefähr den ersten 2-3 Wochen vorbei.
Und der Student, mit dem ich mich unterhalten habe, hatte auch solche Vorlesungen, ich habe die Übungsblätter gesehen. Mathe LK ist Kindergarten dagegen.
Soviel zum Vergleich.
aus dem Bericht der Fakultaet ueber diese Lehramtspruefung:
“Die erfolgreiche Bearbeitung der Aufgaben scheitert sehr häufig nachweisbar an einfachen Rechnungen, wie Punkt- vor Strichrechnung, Ausklammern, Multiplikationsaufgaben wie 5 × 25, das Kürzen von Brüchen, Potenzrechenregeln etc. Auch weitergehender Stoff aus der Mittelstufe, wie das Lösen quadratischer Ungleichungen, steht häufig nicht zur Verfügung. Begriffliches Denken oder Sätze mit mathematischem Sinn zu formulieren, fällt vielen schwer.”
@Hadmut: Naja, bei uns war es eher so, dass die WInfos (Wirtschaftsinformatiker) die “Lachnummern” waren.
LA und Ana I&II war so, dass es von Mathematikern gehalten wurde, Lehrämtler, Mathematik und Physik-Studis die im 1. Semester (Ana II im 2.), die Informatiker das erst ein Jahr später und die Winfos erst im 5./6. Semester hören mussten – allerdings auch die größten Durchfallerquoten hatten.
@CArsten: BITTE vergleiche Wirtschaftsinformatiker nicht mit Informatikern.
Wirtschaftsinformatiker ist was herauskommt, wenn Wirtschaftswissenschaftler (von denen ich eh schon nichts halte und von denen ja bekannt ist, daß die meisten ihrer Theorien systematisch falsch sind) so tun wollen, als könnten sie was und sich einfach den Namen eines MINT-Faches anhängen. Informatiker sind das aber nicht, sondern verkleidete Wirtschaftswissenschaftler.
@Chris/Hadmut: Vor allem war der Unterschied zwischen Mathe-LK und Informatik-Grundstudiums-Mathevorlesungen bei mir, dass im ersteren in erster Linie ambitioniertes Rechnen gelehrt wurde, im Grundstudium aber “echte” Mathematik (wobei man über den Begriff sicherlich streiten kann, ein Mathematiker würde mir da vermutlich was anderes erzählen).
Lustigerweise bin ich mit der Stoffvermittlung an der Universität trotz des höheren Niveaus aber viel besser klar gekommen und die Noten waren dort auch besser. Da muss ich für meine (!) damalige Dozentin mal eine Lanze brechen, die war wirklich in der Lage, den Stoff gut zu vermitteln.
Mathematik war dennoch auch damals ein klares Siebfach – zusammen mit den Vorlesungen zur Theoretischen Informatik, die aber auch sehr Mathe-lastig waren. Und so leid es mir auch im Einzelfall getan hat – aber ein Drittel der Studenten so auszusieben war meiner Meinung nach richtig.
@Marcus: Bei der heute wirklich schwachen mathematischen Ausbildung selbst bei Abiturienten wundert mich die Aussage der Fakultät nicht. Ich gehe davon aus, dass viele der Durchfaller an diesen einfachen Dingen gescheitert sind; dennoch hätte sich die Vertretungsprofessorin darauf einlassen müssen: Wenn die Studenten nix können, muss man sie halt abholen. Eine Durchfallquote von 94% ist durch kein Argument der Welt relativierbar.
@Hadmut: Das sollte man aber nicht über einen Kamm scheren. Dort, wo die Wirtschaftsinformatik aus der Informatik entstanden ist (z. B. in Darmstadt), sind die Wirtschaftsinformatiker auch sehr gute Informatiker. Das ist bloß (leider) an den wenigsten Universitäten der Fall.
@heinz: Zustimmung.
In der Tat ist es so, daß ein Haufen Leute schlichtweg nicht zum Informatiker befähigt und – auf deutsch gesagt – zu doof ist. Und die darf man dann eigentlich auch nicht auf die Menschheit loslassen. Wie Du aber schon richtig sagst, liegt diese Quote – auch nach meinem Empfinden – bei ungefähr einem Drittel. Häufig liegen Mathevorlesungen aber bei Durchfallquoten über 80%, und das kann nicht mehr zutreffend sein, weil es signifikant über den Durchfallquoten der anderen Informatik-Prüfungen liegt.
@Hadmut: Das ist Erlangen. Beschreibung der Module für Mathe gibts in http://www.informatik.studium.uni-erlangen.de/studium/Studienfuehrer_Ba_informatik.pdf ab Seite 46. Der Stoff vom 1., 2. und 4. Semester ist deutlich über die Hälfte Stoff aus dem Mathe-LK, das 3. Semester auch teilweise.
Danke für die Links!
Ohne die Kommentare wäre dieses Blog zu deprimierend.
@heinz567: “Wenn die Studenten nix können,…”
Beim flüchtigen Durchsehen der Aufgaben ist mit nichts aufgefallen. So ähnlich sahen Lehramtsklausuren schon vor 30 Jahren aus. Die laute Kritik an der Relevanz der Aufgaben, samt Presseecho, verkennt m.E. aber, dass es hier nicht um Können und Ausbildung geht, sondern um Bildung. Die Klausur soll die aussieben, die kein Interesse am Fach haben, oder etwa nicht?
…zu deprimierend…
@HF:
1. Wir wissen nicht, wie gut die Dozentin in der Lage war, den Stoff zu vermitteln. Offensichtlich war ihr entsprechendes Vermögen aber eher gering. (Ganz abgesehen von ihrer fragwürdigen persönlichen Eignung, wenn sie Sätze wie “Sie haben ein ziemlich beschränktes Denken.” für vertretbar hält).
2. Natürlich geht es (auch) um Ausbildung. Bitte erkläre mir doch einmal, warum das nicht der Fall sein sollte. Genau dies ist doch eine Krux, die in diesem Blog immer wieder (zurecht) bemängelt wird.
Übrigens: Wenn in UK ein Professor eine solche Durchfallquote zu verantworten hat, muss er /sie sich automatisch dafür rechtfertigen, denn offensichtlich war er/sie nicht in der Lage, den Studierenden etwas beizubringen.
Noch ein Gedanke:
Ich denke man kann davon ausgehen, dass es in unterschiedlichen Jahrgängen Schwankungen in der “Befähigung” gibt.
Lass noch eine zeitnahe Klausur dazukommen, die von vielen (vieleicht auch zufällig) priorisiert wird, dann hätten wir einen schlechten Jahrgrang, der auf eine Klausur schlecht vorbereitet wär.
Das könnte diese geringe Bestehensrate direkt erklären – die ja auch durch die besser ausgefallene Nachklausur relativiert wurde. (So, dass sie noch immer einem schlechten Jahrgang entspricht?)
Auf der anderern Seite, wünschen wir uns doch alle, dass die Prüfungen unterschiedlicher Jahrgänge vergleichbar und insbesondere gleichschwer sind.
Falls das aber klappen sollte, dann ist nur natürlich, dass die Quoten anders ausfallen müssen, und auch gelegentlich extrem sind.
Und wieso beschweren sich eigentlich die Studenten?
Wär es nicht legetim gewesen, wenn die Dozentin einen ‘Brandbrief’ geschrieben hätte, und sich über die Qualität der Ausbildung an den Schulen auslässt? – Immerhin wäre laut deren Stellungname genug zu Grunde:
Mangel an elementaren Rechenfertigkeiten, unfähig einfache Sätze zu formulieren, Mangel an Mittelstufen’wissen’ (lösen quadratischer Gleichungen) und so weiter..
@Alex: Legitim wäre es gewesen – wenn sie es begründen kann. Kann sie aber anscheinend nicht. Und sie hat es auch nicht getan.
Davon abgesehen verkennst Du hier die Asymmetrie. Die Prüflinge sind Grundrechtsträger und die Prüferin ist die Grundrechtsverpflichtete. Sie hat keinen Anspruch auf intelligente Prüflinge, aber die haben einen Anspruch auf korrekte Prüfung.
@Alex: Ich halte deine Herleitung des schlechten Jahrgangs doch für arg konstruiert. Gerade am Standort Köln gibt es viele Studierende aus unterschiedlichen Bundesländern und noch viel mehr Städten. Wieso sollte da ein ganzer Jahrgang mit >300 Leuten im Durchschnitt vom einen auf das andere Jahr signifikant schlechter werden? Wenn überhaupt, könnte man vielleicht über Jahre eine Veränderung beobachten, aber selbst da sind sich die Bildungsforscher nicht immer einig.
Abgesehen davon – selbst wenn die Prüfung auf dem gleichen Niveau wie in den Vorjahren war, so war dann diese Dozentin nicht in der Lage, das Wissen zu vermitteln, denn offensichtlich hat Sie die Veranstaltung ja zum ersten Mal durchgeführt.
Ohne dich persönlich ansprechen zu wollen: Diese Aussagen a la “Die Jahrgänge werden halt immer schlechter” halte ich für gefährlich und arrogant. Aber sie macht das Leben halt einfacher, weil die Schuld auf die Studierenden geschoben wird.
Also nach meinen Erfahrungen führt eher der politisch-korrupte-kommerzielle Umbau der Universitäten dazu, daß die Lehrsituation immer prekärer und damit die Vorlesungen immer schlechter werden. Die Lehrfähigkeiten von Professoren werden immer unwichtiger und immer geringer geschätzt.
Das ist sicherlich nicht der einzige Grund, ein Absinken des Bildungsniveaus ist durchaus gegeben, aber es ist halt nun mal ein wesentlicher Grund.
@heinz567
Ich habe nichtmal die Aussage “die Jahrgänge werden immer schlechter” getätigt 🙂
Tatsächlich ist es aber so, dass bei zufälligen Stichproben es immer wieder eine massive Verzerrung gibt.
Klassisches Beispiel: Wähle eine Gruppe zur Umfrage anhand von zufälligen Telefonnummern aus.
Es passiert dann, dass die Gruppe sich gerade nicht wie eine zufällige (repräsentative) Gruppe verhält. Eine gute Zufallsauswahl benötigt viel Arbeit.
@Hadmut: Wie will man begründen, dass die Vorlesungen / Übungen angemessen gehalten wurden?
Sicherlich gibt es immer wieder schlechte Vorlesungen, aber gerade für eine Mathematik Anfängervorlesung gibt es eigentlich mehr als genug gute Literatur, sodass eine schlechte Vorlesung “relativ” leicht kompensiert werden kann.
Wenn wir nicht unterstellen, dass die Klausur schwer (von aussen betrachtet) war, und unterstellen, dass es ein ganz gewöhnlicher Jahrgang war, und es keinen externen Grund (Fasching in der Woche vor der Klausur) gab, dann bleibt als einzige Möglichkeit übrig, dass die Vorlesungen und Übungen nicht gut genug waren;
Aber das kann meines erachtens nur passieren, wenn:
* Die Vorlesung vom Dozenten nicht gut gehalten wird
* und Keines der abertausenden Mathematik Bücher den Themen der Vorlesung entsprochen hatte
* und Der Assistent der sich um die Übungen kümmert unvernünftige Aufgaben aufstellt
* und Die Tutoren es nicht schaffen die wesentlichen Themen aufzuarbeiten
Meiner Ansicht nach, ist es äusserst unwahrscheinlich, dass so viele “Profis” versagen, sondern viel wahrscheinlicher, dass der Jahrgang einfach schlecht war.
Also was die Qualität der Wirtschaftsinformatiker muss ich heinz zustimmen:
Es kommt massiv auf die Uni an. Da gibt es zwischen WiWi mit ein bisschen Java und Informatik mit ein bisschen BWL alles, je nach dem wie es an der Uni gewachsen ist.
Grundsätzlich nimmt sich die Disziplin aber imo durchaus wichtiger als sie ist.
Bei der Frage nach dem Einfluss des Unterrichts auf die Ergebnisse von Klausuren in Mathematik sagt meine Erfahrung, dass dieser tendenziell deutlich größer ist als in anderen Fachgebieten. Gerade wenn es nicht Vorlesungen für Studenten sind, die nicht bereits an den Umgang mit formalen Definitionen und der “typischen Mathermatikerherangehensweise” gewöhnt sind, braucht es unbedingt jemanden, der das noch mal in bereits erfassbare Denkstrukturen überführt. Ansonsten sind die meisten hoffnungslos verloren, was aber eher an der Fremdheit des Materials liegt, als an der Schwierigkeit.
Ich finde auch die Aussage interessant, dass solche Dinge wie Punkt vor Strich und einfache Multiplikationen dazu geführt hätten, dass die Prüfungen nicht bestanden wurden. Hier müsste man mal genau wissen, wie häufig solche Fehler und wie das interpretiert wurde. Erfahrungsgemäß verhaut sich bei einer rechenintensiven Klausur praktisch jeder mindestens einmal bei einer elementaren Rechenregel und macht einen Vorzeichenfehler oder sowas. Wenn man daraus schließt, dass elementare Rechenregeln nicht beherrscht werden ist das überzogen. Wenn aber wirklich ein großer Teil der Studenten häufig daran scheitert gibt das zu denken.
Alex Argument mit der zeitnahen Klausur hat aber auch was. Es gibt bspw. nicht mehr überall Versuchszählungen für die Klausuren. Studenten können sich also für alles anmelden und geben dann, weil sie nur mal schauen wollten oder feststellen, dass es keine gute Note geben wird, ein leeres Blatt ab oder erscheinen gar nicht. Ein ungünstiger Klausurtermin kann da einen starken Einfluss ausüben.
Deshalb muss man bei solchen Durchfallquoten auch immer genau hinschauen. Ich kenne da aus meinem eigenen Studium auch so eine gefürchtete Mathevorlesung, bei der die Quote der bestehenden angemeldeten Studenten bei rund 20% liegt, aber die Durchfallquote der Erschienenen nur bei rund 25%.
“Informatiker sind das aber nicht, sondern verkleidete Wirtschaftswissenschaftler.”
Nein, verkleidete Betriebswirte.
@Hadmut: Ups, habe ich da einen Nerv getroffen? 😉
Andererseits war mir das schon klar. Als ich noch Tutor für LinAlg war, hatte ich diverse “Wiederkehrer”, die ich schon aus meinem 1. Semester kannte (5er Gruppe, 4x WInfo und 1xInfo)…
Ich habe mir eben mal die Aufgaben angesehen, so heftig finde ich die jetzt nicht. Ich bin ein wenig raus aus der Materie aber mit ein wenig hängen oder würgen sollte man die 27 Punkte hinbekommen können. Aber ok, ich kenne die VL nicht, ob due “gut genug” für die Klausur war.
Also laut der Erklärung auf der Fakultätsseite haben von den 305 zur ersten Klausur erschienen 101 Studenten entweder bei der ersten oder bei der Nachklausur (im selben Semester) bestanden. Die Prüfung kann beliebig oft wiederholt werden.
Die Zahlen klingen für mich nicht so desaströs wie die Meinungen, die über die Veranstaltung verbreitet werden.
Als Mensch der schon Lehrämtlerklausuren korrigiert hat muss ich sagen, es überrascht mich keineswegs, dass sie Klausur so schlecht ausgefallen ist. Die Klausur ist zugegeben für einen Einführungskurs nicht trivial, aber sie ist machbar. Natürlich werden die meisten SPON-Leser noch nicht einmal die Aufgaben verstehen, weil es eben Mathematik und nicht Rechnen ist.
Aber gerade bei Lehrämtlern habe ich häufig infantiles Verhalten miterlebt. Warum ein Dozent auf ein “würden Sie sich das nochmal durchschauen, vielleicht finden Sie ja noch einen Punkt” ohne konkreten Anhaltspunkt nicht eingeht ist diesen Leuten teilweise total fremd, und fassen sie als “gemein” auf.
Selbst bei so elementarem Zeug wie Distributivgesetz, Potenzgesetzen, dem Kürzen von Brüchen und “Punkt vor Strich” haben die Leute Probleme. Die Leute haben es teilweise nicht fertiggebracht, festzustellen, ob ein Bruch eine periodische Dezimalbruchentwicklung hat, obwohl das eigentlich Allgemeinbildung ist und zwei Verfahren im Vorlesungsskript standen. Es ist also keineswegs so, dass man wenigstens davon ausgehen könnte, dass die Leute Schulwissen haben, oder das Bewusstsein dass man sich vor dem Bearbeiten einer Aufgabe die Materialien vielleicht mal durchliest. Sie können halt meistens Kurvendiskussion, weil das das ist, was im LK drankommt.
Und ehrlichgesagt verstehe ich auch nicht, wieso so viele Leute der Auffassung sind, ein Lehrer müsste nicht mehr als Schulwissen kennen. Im Sinne von “fürs Leben und nicht für die Schule lernen” sollte es wohl sein, dass die Lehrkraft auch über die Schule hinaus einen interessierten Schüler zumindest begleiten kann, und außerdem … Wenn das Abiturwissen ausreichen soll, um zu unterrichten, wieso werden Lehrer dann so gut bezahlt, wenn wir doch einfach Abiturienten in den unteren Klassen unterrichten lassen könnten (was ehrlichgesagt vielleicht in gewisser Weise garnicht so schlecht wäre, es gibt Nachhilfegebende Schüler, die teils besser sind als die zugehörigen Lehrer)?
Ich habe mir die Klausur angesehen und die 27 Punkte sollten leicht zu holen gewesen sein. Wer da durchfällt fällt zurecht durch.
Schaut mal hier http://matheplanet.com/ in die Diskussionen zu dem Thema rein.
Ich finde es auch schrecklich das hier immer reflexartig die Dozenten angegangen werden. Seit ihr alle durch eine andere Universität gegange? Eine Vorlesung ist die Möglichkeit etwas zu lernen. Sie ist weder notwendig noch hinreichend dafür. Heutzutage wird ja die Arbeitsbelastung in ECTS gemessen. In jedem Fall wird hierbei von einem zeitlich höheren Anteil in Eigen- und Heimarbeit ausgegangen. Die primäre Verantwortung für das effektive Managment ihrer Lernzeit liegt also immer bei den Studierenden nicht beim Dozenten. Ich hatte echt teilweise schlecht Dozenten, habe aber trotzdem bestanden in dem ich selber allein oder in Gruppen gearbeitet habe. Der Stoff ist wirklich Standard und steht in zig Büchern, die sind nicht alle verbrannt worden. Selbst wenn die Dozentin wirklich schlecht gewesen wäre, gäb es keine Entschuldigung dafür.
Außerdem werden die Jahrgänge immer schlechter und das nicht weil die Schüler dümmer werden. Wenn man sich die Bücher für einen Mathe-LK seit den 70zigern über die 90ziger bis jetzt ansieht erkennt man den Verfall. Schuld sind die Schulminister die die Ansprüche ins Bodenlose gesenkt haben damit alle es schaffen könne. Meine Horrorvision ist das nun der gleiche Trend an den Hochschule versucht wird durchzudrücken.
Man sollte in der Uni ein Niveau definieren was als richtig und sinnvoll erachtet wird und dann halten. Wenn 100% durchfallen, dnan fallen 100% durch. Es würde doch auch niemand einen Ingenieur durchwinken um sich dann von ihm ein ABS-System neu entwickeln zu lassen. *kopfschuetteln*
@aberbitte: Du widersprichst Dir selbst.
Einerseits sagst Du, daß man es den Dozenten nicht anlasten könnte und die Studis dran schuld sind. Dann sagst Du aber das Gegenteil, nämlich daß die Schulen und deren Lehrpläne schuld sind, also doch wieder die Probleme auf Lehrmeisterseite stehen.
Es gibt so eine Grundhaltung, daß Universitätsprofessoren und -dozenten nie an irgendetwas Schuld sein können, egal was passiert. Schuld sind da immer die anderen.
Und die alte Leier, daß die Leute ja selbst lernen sollen und es eigentlich egal ist, wie schlecht die Vorlesung war, kann ich auch nicht mehr hören. Es ist Aufgabe der Dozenten, eine ordentliche Vorlesung zu bringen. Und wenn die Leute nach ein oder zwei Semestern noch solche Rechenfehler machen, daß sie nicht mal Punkt vor Strich können, dann muß man schon fragen, was da in der Vorlesung eigentlich dran gewesen sein muß.
Was man nämlich auch mal sehen muß: Die Vorlesungen werden immer schlechter. Seit man die Uni zu Drittmittelhuren umgestellt hat, zählen didaktische Fähigkeiten und Lehrtätigkeiten gar nichts mehr und immer öfter werden sie auf unfähiges Personal abgedrückt, Privatdozenten, Anfänger unter den Professoren usw. Viele Universitäten sind nicht mal zu den Kernfächern noch in der Lage, brauchbare Vorlesungen anzubieten. Und da sehe ich die viel größere Degeneration als in der Schule.
Hadmut, Du solltest wissen, dass weder Stoff noch Inhalt noch Ziel einer Mathematik Vorlesung ist
“Und wenn die Leute nach ein oder zwei Semestern noch solche Rechenfehler machen, daß sie nicht mal Punkt vor Strich können, dann muß man schon fragen, was da in der Vorlesung eigentlich dran gewesen sein muß. ”
Grundrechnen zu lehren.
Das ist – meiner Ansicht nach völlig zurecht – als Grundwissen vorausgesetzt.
Insbesondere ist es nicht Aufgabe der Universitären Lehre, auch nicht für Grundschullehramt, Grundrechnen zu wiederholen.
@Alex: Hier geht’s nicht (nur) um den Inhalt einer Mathematik-Vorlesung sondern darum, inwieweit und unter welchen Bedingungen der Staat in die Berufsfreiheit nach Art. 12 1 GG eingreifen darf, indem er Leuten den Zugang zum Beruf oder Abschluß verwehrt.
Und sich dann einfach hinzustellen und zu sagen, man fordert irgendwas in der Prüfung und der Weg dorthin ist egal, ist verfassungsrechtlich unhaltbar.
Warum soll man von Lehrern fordern können, daß sie Grundrechenarten beherrschen, aber nicht von Hochschullehrern, daß sie wissen, was eine Prüfung ist? Es ist völlig willkürlich, die Kenntnis der Grundrechenarten bei Lehrern als selbstverständlich vorauszusetzen, die der Grundrechte bei Professoren aber nicht.
Ich werde mich sicherlich nicht mit Dir über Prüfungsrecht streiten – schließlich habe ich da keine Ahnung von.
Aber völlig unabhängig von den juristischen Punkten, bin ich der Meinung, dass man von jedem Studenten erwarten kann, dass Grundrechnen, Lesen&Schreiben zu den Fähigkeiten gehören, die beim Erlangen der Hochschulreife erworben wurden.
Und damit entsprechend auch vorhanden sind.
Und daher habe ich keinerlei Verständnis, dass wenn deren Mängel zu einem Nichtbestehen einer Klausur führen, das auf Vorlesung verschoben wird.
Wie auch immer – eine vermeintlich doofe Frage als Laie:
Wenn Art 12.1 GG relevant für PRüfungen ist, müssten dann nicht letzten Endes auch konkrete Prüfungsanforderungen irgendwo gesetzlich verankert werden?
Ich mein, Du vorderst zurecht dass Prüfungen nicht willkürlich sind, aber wo wird denn dann festgelegt, was eine Prüfung zu beinhalten hat?
(wie etwa hier diese Matheklausur als Beispiel)
zu diesem thema gibt es eine nette naturwissenschaftliche Zusammenfassung und auch die Klausur auf http://dkriesel.com/blog/2012/0414_wollt_ihr_wissen_wer_eure_kinder_in_der_grundschule_praegt – ich denke so einfach kann man es sich hier wohl nicht machen, einfach die Professorin für Schuld zu erklären
Also ich habe mir mal die Aufgaben angeschaut:
Unabhängig davon, wie gut/schlecht die Dozentin war. Wenn die Studenten, die doch allesamt Abitur haben sollten, diese Klausur nicht mal mit Schulwissen bestehen können, dann muß dieser Jahrgang besonders mies gewesen sein. Aus meiner Erfahrung als (externer) BA-Dozent weiß ich, daß viele der Studenten ihre Probleme mit Schulmathematik haben. Da diese aber alle Abitur haben und Mathematik normalerweise immer Prüfungsfach ist, kann ich also nur davon ausgehen, daß ein großer Teil der Schüler nur für das Abitur gelernt und den Schulstoff gleich nach dem Abitur wieder vergessen hat. Das ist aber dann ein Problem der Studenten und nicht der Hochschule, die zu Recht bestimmtes Grundwissen voraussetzen kann. Ich habe damals (1983) auch gestaunt, daß die Schulmathematik (LK Mathe, 15 Punkte in BW) in nur 2 wochen (ca. 8 Vorlesungsstunden) abgehandelt war, sowohl in Linearer Algebra als auch in Analysis. Übrigens hatten die Mathematiker, wie Hadmut schon sagte, die gleichen Inhalte wie die Informatiker in besagten Vorlesungen, die von den Mathematikern gehalten wurden. Wenn die jetzt im ersten Semester fast nur Schulmathematik prüfen, ist das ein ganz anderes Kaliber.
Und daß Lehrer nicht mehr als Schulwissen benötigen halte ich auch für ein Gerücht. Um den Schülern zu vermitteln, warum man was in der Schule macht, benötigt man deutlich mehr Wissen. Ich hatte das Glück Lehrer zu haben, die mir auch Fragen über Themen die weit über den Schulstoff hinausgingen beantworten können. Eine Physiklehrerin hat mir sogar die Bücher von Feynman (http://www.feynmanlectures.info/) besorgt, weil der Schulstoff nicht “kräftig” genug war.
@Alex: Sehr gut gedacht!
Genau das hat das Bundesverfassungsgericht nämlich 1991 in der Neuordnung des Prüfungsrechts entschieden. Die Anforderungen und Bewertungsmaßstäbe in berufsbezogenen Prüfungen bedürfen der gesetzlichen Grundlage. Hält sich nur niemand dran, nicht mal das Bundesverfassungsgericht in aktueller Besetzung selbst.
Ich lese im BildBlog, dass die Qualitätsjournalisten vom Spiegel mal wieder solide Arbeit geleistet haben. Betrachtet man die Ergebnisse von Klausur, Nachklausur, Krankmeldungen, trotz Zulassung gar nicht erst zur Prüfung angetretenen Studenten, kommt man auf eine Durchfallquote von 65 bis 67 Prozent. Das ist immer noch hoch, aber die sagenhaften 94 Prozent sind Blödsinn.
http://www.bildblog.de/38070/negatives-emotionales-potential-aus-der-kindheit/
Und der Bildblog verwechselt Durchfallquoten in Prüfungen mit Durchfallquoten für die gesamte Veranstaltung. Solche Quoten werden aber im Allgemeinen für einzelne Prüfungen angegeben.
Wenn ich daran denke, wie ein Mathe-Prof mal fallen liess “es kommen ca. 2/3 durch, wir regeln das” (im Sinne von: wir passen die skala an dass nicht mehr bestehen)… *hust*kit*/hust*
Gemäß http://www.dradio.de/dlf/sendungen/campus/1709002/ hatte die Dame eine Vertretungsprofessur. Würde mich daher über ihre Entlassung weder wundern noch sie dem Shitstorm zuschreiben. Und sich nicht unbedingt auf Spiegel-Online verlassen. Hier kann man die Reaktion der Fakultät sehen:
http://www.mathedidaktik.uni-koeln.de/fileadmin/matheseminarfiles/Erklaerung_Seminar_fuer_Mathematik_und_ihre_Didaktik.pdf
Die Resultate der Nachklausur ergeben auch eine deutlich niedrigere Durchfallquote als 94%.
Bei allem, was an den Unis hierzulande schiefläuft: der Nachwuchs wird inzwischen deutlich früher kaputtgeschlagen…