Uni Karlsruhe: 25 Jahre Schmücken mit fremden Federn…
Ein fragwürdiges Jubiläum.
Karlsruhe präsentiert sich in Berlin als IT-Hauptstadt und protzt dabei damit, daß man hier vor 25 Jahren die erste deutsche E-Mail empfangen hatte.
Man sollte vielleicht auch mal dazusagen, daß das alles – Hardware, Netzwerktechnik, Internet, Betriebssysteme, Mailsoftware – auf amerikanischer Technik beruhte. Wer hat’s erfunden? Die Amis. Die Deutschen sind da mehr oder weniger nur als Konsument und Mitläufer aufgetreten – und tun jetzt so, als hätte man vor 25 Jahren die E-Mail quasi miterfunden.
Sie behaupten immer, das mit der ersten E-Mail wäre Zorn gewesen. Dabei war’s Rotert.
Vielleicht sollte man auch mal erwähnen, daß zu meiner Zeit als Mitarbeiter (1994 bis 1998) und auch noch danach bis in die 2000er Jahre fast die Hälfte der Professoren der hier so hochgelobten Karlsruher Informatik-Fakultät mit E-Mail nicht umgehen konnte und auf Sekretärinnen angewiesen war, so daß man viele Fakultätsrundschreiben per Mail an die schickte, die können, und per Papier an die, die es nicht konnten.
Man sollte vielleicht auch mal erwähnen, daß es an dieser Fakultät solche Leute wie Beth gab, der so wenig mit E-Mail umgehen konnte, daß er sich lieber lauthals damit brüstete, Deutschlands erster Professor zu sein, der E-Mail wieder abgeschafft hat. Das Konzept der E-Mail-Adresse war ihm nur sehr schwer zu vermitteln, er bestand darauf, daß “E-Mail address” die Anrede meint und da “Sehr geehrter Herr …” rein muß. sendmail war anderer Meinung.
Auch nicht unter den Tisch kehren sollte man die Tatsache, daß – zu meiner Zeit als Mitarbeiter von 1994 bis 1998 – die Fakultät nicht in der Lage war, den E-Mail-Verkehr aufrechtzuerhalten. Ständig gabs Störungen, ständig fiel das Mail-System aus. Der Hauptgrund dafür war, daß die, die das Mailsystem ursprünglich mal aufgebaut hatten, nicht mehr an der Fakultät waren. Übrig waren die Professoren, deren Klappe sehr groß und deren Sachkunde sehr klein war. Deshalb setzte man damals ungemein auf Macintosh-Rechner, weil die so ein schickes Gehäuse haben, weil man sich mit dem damals guten Ruf von Apple schmücken konnte, weil man enge Beziehungen zu Apple-Lieferanten hatte und weil man mit einem Macintosh auch ohne Ahnung zu haben so tun konnte, als würde man sich mit Computern auskennen. Alles sprang damals auf Mac. Deshalb mußte auch das Mailsystem auf einem Macintosh laufen, was eine schwachsinnige Idee war, denn der Mac war kein Server, das Betriebssystem dafür völlig ungeeignet, und nur ein völlig beklopptes (Name fällt mir nicht mehr ein) und fehlerstrotzendes Mailsystem für den Mac zu haben war. Genau das wollte die Fakultät haben, und ständig blieb es stehen. Es gab genau einen Mailadmin, und wenn der mal nicht da war, ging gar nichts mehr. War er da, dann verschwand er mal im Keller und dann ging’s wieder. Ich habe ihn mal gefragt, was er da eigentlich im Keller macht. Er sagte, daß das Mailsystem auf diesem Macintosh überhaupt nicht zum Mailserver taugt und nur für interaktive Bedienung ausgelegt sei. Deshalb poppe ab und zu mal eine der Macintosh-üblichen Hinweisboxen mit irgendeinem harmlosen und nichtssagenden Hinweis auf. Wenn beim damaligen Macintosh-Betriebssystem so eine Klick-auf-OK-Box aufging, blieb damals die ganze Kiste stehen und machte gar nichts mehr. Dann blieb die Fakultätsmail stehen. Der Admin ging dann in den Keller, klickte nur auf OK und dann ging’s wieder für ein paar Stunden. Völlig untauglich, aber die Entscheidungsträger der Fakultät wollten unbedingt Macintoshs haben, alles andere war ihnen unheimlich. Informatik auf Look-and-Feel und die Haptik beschränkt.
Erwähnenswert wäre auch, worin die Karlsruher Fakultät in Bezug auf E-Mail wirklich die ersten in Deutschland waren. Nämlich damit, daß aufgrund der Machenschaften der Karlsruher Fakultät die erste deutsche Gerichtsentscheidung darüber zustandekam, daß das Unterdrücken von E-Mail strafbar nach § 206 StGB ist. Der größte Beitrag der Uni Karlsruhe zum Stand der deutschen E-Mail liegt im kriminellen Bereich.
Die Sache mit der ominösen „Public-Key-Adressierung” Beths, die angeblich dem Nachrichtentransport dienen soll, konnten sie auch nicht klären. Mit sowas würde sich an der Fakultät niemand auskennen, sagten sie.
Und heute reißen die das Maul auf und tun so, als ob sie die E-Mail vor 25 Jahren geradezu erfunden hätten.
Hochstapelei liegt denen im Blut. Nun nennen sie sich KIT und machen auf Trittbrettfahrer am MIT. Scheinen aber auch nicht alle gut zu finden.
6 Kommentare (RSS-Feed)
Ich bin mir ziemlich sicher, daß schon vorher irgendwelche Leute – im Zweifelsfall irgendwelche Hacker illegal – schon früher gemailt haben.
Denk auch mal dran, daß diese angeblich erste E-Mail ja vor 25 Jahren, also 1984 stattgefunden haben soll. Die Deutsche Bundespost hat aber schon 1980 Datex-P eingeführt, und das ist ja auch genutzt worden. Das ganze Ding mit der ersten E-Mail ist Quatsch.
Es läßt sich nicht feststellen, wer das war, denn es gab damals ja allerlei Experimente mit – legalen und illegalen – Einwahlboxen. Es gab jede Menge privater Bulletin Boards, UUCP-Kisten usw. und UUCP stammt aus den Siebziger Jahren. Laut Wikipedia wurde E-Mail schon in den 60er Jahren erfunden, und da haben ganz sicher auch irgendwelche Deutschen (und wenn nur als Hacker) mitgemischt.
Aber das ist eben so, daß man an Universitäten grundsätzlich alles ignoriert, was nicht ins Eigenlob paßt. Und irgendeinen Grund brauchte man für Zorns Bundesverdienstkreuz ja auch.
Hallo Hadmut,
also zumindest am E.I.S.S. als es noch lauter Studenten betrieben wurde, ca. 1988/89, hatten wir auch die Macs in die Mailverteilung angebunden. Mails waren zwar auf einer SUN, es war aber kein größeres Problem an diese dranzukommen und auch an die netnews.
Und Mitte der 90er Jahre gab es auch genügend Software für den Mac, die smtp/pop konnte und sogar ein Apple-Unix (A/UX), mit dem Mail wie gewohnt verarbeiten konnte.
Aber ab 1994 war ich nicht mehr bei CDS, einem der Hauptlieferanten der Uni und konnte daher auch nicht mehr beraten. 😉
Ach ja, ich kann mich dunkel dran erinnern, daß Anfang der 80er es in diversen Mailboxnetzen möglich war, sich gegenseitig Nachrichten um die Welt zu schicken, damals noch mit C64 und 300 baud. Das sollte im Prinzip auch als email druchgehen und ich war sicher nicht der erste, der so etwas nutzte.
Hat sich da denn groß was geändert? Eigentlich täglich kollabiert die Außenanbindung für ein paar Minuten. Kennt man so eigentlich nur in Karlsruhe.
Aber nun wird ja alles besser, da die Infrastruktur zukünftig vom “Campus Nord” betrieben wird. Erster Verwaltungsakt: Nun muß deren Exchange-Server alles schultern…
Wie bitte!?
Eine technische Universität, die sich als Exzellenz-Uni bewirbt, in einer Stadt, die sich als die IT-Hauptstadt aufspielt, und die lassen ihre Mail über einen Exchange-Server laufen? Und die behaupten, die E-Mail in Deutschland quasi erfunden zu haben?
Ich fass es nicht…
Mal eine dumme Frage: wer hat eigentlich in Deutschland die
erste e-mail versendet?
Deinen Beschreibungen zufolge war das ja sicher die
höhere Hürde.