Zur Arbeitsbelastung von Studenten
Interessanter Blog-Artikel über die Arbeitsbelastung von Studenten. Studenten arbeiten mehr als normale Angestellte. Läßt auf gewisse Inkompetenz der Fakultäten schließen. Sowas gehört sich nicht. Viele Studenten müssen noch arbeiten, um sich über Wasser zu halten.
10 Kommentare (RSS-Feed)
Aus diesem Kommentar werde ich nicht ganz schlau, der zweite Absatz scheint dem ersten zu widersprechen.
Ich habe schon viel darüber gelesen, und mir wurde auch schon viel darüber persönlich zugetragen, daß an deutschen Hochschulen chaotische Lehrpläne und unmöglich zu erfüllende Anforderungen herrschen, und viel Belastung an den Studenten hängen bleibt, weil die Fakultäten nicht in der Lage (oder nicht willens) sind, einen ordentlichen und vernünftigen Lehrplan anzubieten.
Mein Studium ist inzwischen über 15 Jahre her, und es war noch ein normales altmodisches, überwiegend entspanntes Diplom-Studium, aber schon damals war die Karlsruher Fakultät nicht in der Lage, einen Lehrplan zu gewährleisten. Zu kaum einer meiner Hauptdiplomsprüfungen habe ich die zugehörige Vorlesung gehört, weil die Vorlesungen zu den Prüfungen gar nicht (mehr) angeboten wurden. Manche Leute mußten 2-3 Semester auf eine Prüfung warten, weil die Professoren lieber in der Welt herumreisten als sich um Prüfungen zu kümmern.
Der zweite Absatz in diesem Kommentar besagt doch, daß es in anderen Ländern geht und nur wir in Deutschland hier zu doof sind, ein vernünftiges Studium anzubieten, und daß es eben nicht an Bologna hängt. Es ist ein deutsches Problem.
Wer ist denn dann dran schuld, wenn nicht die Fakultäten? Ist das der typische Professoren-Reflex, für alles was schief läuft, irgendwelche Ersatz-Schuldigen zu finden?
Ich habe Bachelor/Master studiert, und zwar im 2. Jahrgang in dem dieser Abschluss bei uns angeboten wurde, sodass wir die Akkreditierungsphase mitbekommen haben. Wir hatten zum Glück einen Studienfachberater, der extrem hinter den Studenten stand und sich damit bei den Profs mehrmals mehr als unbeliebt gemacht hat.
Aber die Umsetzung von Bologna in Deutschland schreibt nun mal 180 ECTS-Punkte für den Bachelor und 120 für den Master vor, und da kommt keine Fakultät drumherum, egal wie sehr sich da Leute für die Studenten einsetzen. Es muss für jede Veranstaltung festgestellt werden, wie viele Stunden man dafür arbeitet, und wenn’s nicht auf die 9000 Arbeitsstunden für Bachelor+Master kommt, gibt’s keine Akkreditierung.
Also nur die in Deutschland?
Zur Klarstellung: Der Bologna-Prozess verlangt weder, dass Bachelor-Studenten jährlich 1.800 Stunden arbeiten müssen – es läßt weniger zu -, nmoch dass ein Bachelor-Studium Regelzeiten von 6 Semester hat – es läßt mehr zu. Es sind deutsche Gesetze, die das verlangen.
Wenn Zeitpläne problematisch sind, mag es auch an Fakultäten liegen. An meiner Fakultät werden meines Wissens solche Probleme weit möglich gemieden. Die Fakultät verwlatet aber keine Räume, letztendlich eine universitätszentralle Verwaltungsstelle entscheidet durch die Raumvergabe über den Lehrplan.
Wenn Professoren keine frühzeitigen Prüfungstermine anbieten, sind sie in der Regel dafür verantwortlich. Mit dem Bachlor bei uns gibt es nur noch Klausuren, deren Termine weitgehend von der Raumvergabestelle abhängen – also nicht mehr von den Professoren.
Also ist es tatsächlich ein deutsches Problem. Riecht sehr stark danach, als ob da Lobbyisten mal wieder Druck gemacht und zu erreichen versucht haben, daß die Leute wesentlich jünger (und billiger) auf dem Arbeitskräftemarkt kommen und damit die Preise drücken.
Übrigens bleibe ich dabei, daß für die schlechten Studienbedingungen wesentlich die Fakultäten verantwortlich sind. Wenn ich mir allein die dubiosen Auswahlmethoden und die teils untauglichen bis dreckigen Methoden anschaue, die in Berufungsverfahren angewandt werden, und in denen dann Leute als Professor auf Fachgebiete gesetzt werden, die nicht qualifiziert sind und deren Kompetenz im wesentlichen selbsternannt ist, muß man sich nicht wundern, wenn keine tauglichen Vorlesungen entstehen und Studenten dabei sehr viel selbst arbeiten müssen.
Was ich bisher an Prüfern und Sachverständigen aus der Informatik erlebt habe, und wieviel Manipulation und Korruption ich in Berufungsverfahren gesehen habe, geht auf keine Kuhhaut. Die deutschen Universitäten sind längt zu einer Vetternwirtschaft verkommen und haben mit Sachkunde und Kompetenz nicht mehr viel zu tun. Das muß sich zwangsläufig auf die Qualität der Lehre auswirken. Schon die Vorlesungen, die ich damals gehört habe, waren – von wenigen Ausnahmen abgesehen – hundsmiserabel schlecht, die Dozenten didaktisch unfähig, und der ganze Lehrplan darauf ausgelegt, daß jeder Prof nur sein Fachgebiet erzählen muß und möglichst wenig Arbeit mit der Vorlesung hat. Vorlesungsmaterialen meist besch… bis nicht existent.
Das wesentliche Fazit meines Hauptdiplomstudiums war, daß die Vorlesungen es mangels Qualität sowieso notwendig machen, alles nochmal selbst mit guter Fachliteratur aufzuarbeiten. Da man es aber sowieso aufarbeiten muß, hat sich der Besuch der Vorlesungen meist als überflüssig und Zeitverschwendung herausgestellt. Ich bin immer besser damit gefahren, mich 2-3 Wochen allein auf das Thema einer Vorlesung zu konzentrieren und mich da durchzuarbeiten, als mir ein Semester lang 2-3 SWS unglaublich schlechte Vorlesungen anzuhören, bei denen man es kaum schafft wachzubleiben.
Dabei schließt meine Kritik an der Berufungspraxis übrigens auch die Informatik der LMU mit ein. So kann nichts brauchbares zustandekommen. Bezieht sich aber nicht auf Anwesende.
Die Absicht bestand darin, die Masse der Studenten mit einem
Kurzstudium abzuspeisen und nur noch einer Minderheit ein
(mit Diplom/Magister vergleichbares) wissenschaftliches Studium
zu ermöglichen. Das zeigt auch die aktuelle Diskussion um die
Quotierung bei den Masterstudiengängen.
Ein Unterschied zu früher besteht darin, dass Dein Lösungweg
(“die Vorlesung kann ich mir schenken, ich lerne aus anderen Quellen”)
im neuen System oft verhindert wird.
Das ist mal wieder typisch deutsche Wissenschaft: Eigentlich wird es immer schlechter, aber man nennt es einfach immer besser. Und damit wollen die international bestehen können?
Mir faellt da ein schoenes Beispiel fuer Fakultaeten ein:
Der Uebungsleiter Technische Informatik 1 oder neu Digital und Entwurfsverfahren (was man im Bachalor _nach_ TI 2 (=Rechnerorganisation) hoehren muss) hat vor Beginn der Vorlesungszeit die Informatikfakultaet gefragt wann denn die Leute Pflichtvorlesungen haben, damit er die Tutorien guenstig legen kann. Er hat sich einen abgebrochen aber hat es geschafft alles ohne Ueberschneidungen in den Plan zu bekommen. Schon nach der ersten VOrlesung war klar, dass mal wieder eine ganze Menge Tutorien in den Zeiten lagen, in denen wir Pflichtvorlesungen haben. GENAU WIE DAS SEMESTER ZUVOR. Dafuer waren auch Vorlesungen in seinem Plan, die fuer uns keine Pflichtvorlesungen sind. Also hat er sich wie das Semester zuvor wieder einen abgebrochen und versucht alles richtig hinzulegen.
Und dann fragt man sich doch, welche Fakultaet so daemlich sein kann. Ich denke, jeder kennt die Frage: Die der Universitaet… pardon, die des KIT
Dazu kommt das Softwarepraktikum. Die Aussage der Uni, dass man vor dem Studium nicht programmieren koennen muss, hat sich ja mehr oder weniger als Luege herausgestellt. Nun kommt das Softwarepraktikum, verschiedene Einrichtungen haben die Moeglichkeit, den Studenten die Arbeit in einer Firma zu simulieren (Pflichten- und Lastenheft, Praesentation, Organisation, Implementierung etc.). Oder sagen wir es mal anders: Fast kostenlose Arbeitskraefte. Da sind dann Projekte dabei, die C++/CLI und C# verlangen. Andere Java und ObjectiveC, C++ allein. Dann sind da Systeme zur Handschriftenerkennung zu bauen, die zwar nur optional erkennen koennen sollen (dann gleich mit LaTeX Formelerkennung), aber doch gleich wackelige Schrift auf die Linie zuruecksetzen sollen. Autonomes Fahren im Simulator. Und dann war da sogar eine Frau auf der Buehne die zugeben musste, dass ihnen der Quellcode fuer irgendeinen Simulator abhanden gekommen ist und sie jetzt jemand brauchen der das nachprogrammiert. Selbst wenn einiges sehr interessant geklungen hat: Entschuldigung, nicht im 3ten Semester. NEIN.
Zumal bei den meisten Projekten vor der Auftaktveranstaltung oft nicht mal bekannt war, was fuer Programmiersprachen gefordert wurden. Auch konnte man den Aufwand bei den meisten ueberhaupt nicht abschaetzen. Andere Projekte (Trouble-Ticket-System fuers ATIS, Nachrichtenverteilung auf XML-Basis) schreien doch geradezu dannach, dass man ein schon vorhandenes, fertig funktionierendes System anpasst und verwendet (TTS gibts zuhauf, Nachrichtenverteilung ueber leicht angepasste Jabber-CLients bspw.). Kurzum, der Sinn der Projekte war nicht nachvollziehbar. (Andererseits, wenn man ein vorhandenes System verwendet kann man es nicht so einfach als sein eigenes ausgeben und vor anderen damit angeben).
1.5 Tage die Woche, oder 200 Arbeitsstunden neben dem normalen Bachalor-Studium kann sich auch nicht jeder leisten und muss das Praktikum nach hinten rausschieben, wo im Endeffekt auch keine Zeit ist.
Das, meine Damen und Herren, ist das KIT. Das Karlsruhe Institute of Terror.
Schöne Darstellung, Danke. Karlsruhe Institute of Terror muß ich mir merken.
Warum läßt man sich solch stümperhafte Methoden eigentlich gefallen?
Die Meinung, das Bachelor-Studenten jährlich mehr als Arbeitnehmer arbeiten müssen “auf gewisse Inkompetenz der Fakultäten” zurückzuführen sei, ist schlichtweg falsch. Das i“Arbeitsoll” für Bachelor-Studenten in Deutschland von jährlich 1.800 Stunden ist eine Vorgabe der Bachelor-Reform, also des Gestztgebers, die bekanntlich (unter anderem wegen des hohen “Arbeitsoll”) bei der Mehrheit der Professoren nicht gerade auf Zustimmung gestossen ist.
Übrigens dieses hohe “Arbeitsoll” ist auch keine Vorgabe des so-genannten “Bologna-Prozesses”, sondern lediglich der Umsetzung in Deutschland dieses Prozesses. Andere Länder der Europäische Union haben die “Bologna-Vorgaben” so umgesetzt, dass zum einen das “Arbeitsoll” für Studenten deutlich niedriger ist, zum anderen die Studiendauer länger ist.