Forschungsmafia: Titelhandel · Forschungsbetrug · Wissenschaftskorruption · Hochschulkriminalität

Low-Cost-Dissertationen vom Ghostwriter ab £9.95 pro Seite

Hadmut Danisch
27.10.2009 22:24

Im Copy, Shake, and Paste-Blog ist ein herrlich böser Artikel über neue Billig-Ghost-Writer-Angebote erschienen. Genau nach meinem Geschmack.

Die bieten da offenbar – teils über Guerilla-Marketing – Dienste an, bei denen man sich auf Bestellung seine Dissertation auf Englisch schreiben lassen kann, und bekommen nicht einmal ihre eigene Werbung in glattem Englisch hin. (Naja, könnte man sagen, was soll’s, für das Englisch deutscher Exzellenzuniversitäten reicht’s allemal, und für deutsche Möchte-gern-Exzellenzuniversitäten sowieso, denn die bieten ja „ghost sciences” an, und muß ja wohl von ghost writern betrieben werden, oder? ) Es scheinen sich hinter den Angeboten Massenghostwriter aus Fernost oder Indien zu verbergen, wie die Blog-Autorin anhand der Sprachholprigkeiten vermutet (und die spricht muttersprachlich englisch). Das würde sehr gut dazu passen, daß aus Fernost, besonders Indien, immer mehr Ferndienstleistungen für Europa und die USA erbracht werden, und die Leute dort einen inzwischen ziemlich hohen Bildungsstand erreicht haben. Nicht nur IT-Dienstleistungen werden aus Indien angeboten, sondern auch – besonders in den USA beliebt – extensive Assistenzdienste. Man kann sich für billig Geld seinen persönlichen Assistenten mieten, der zwar in Indien hockt, einen aber rund um die Uhr umsorgt, den Terminkalender verwaltet, Theaterkarten besorgt, Wegrouten heraussucht, und einfach alles macht, was man aus der Ferne tun kann.

Schon öfters habe ich gehört, daß es in Indien auch Dienste gibt, von denen man sich seine Hausaufgaben machen lassen kann. Insofern wäre es ziemlich naheliegend, sich auch „große Hausaufgaben” wie Diplomarbeiten und Dissertationen dort erledigen zu lassen.

Jedenfalls gibt es jetzt ganz professionell aufgezogene Dissertations-Dienstleister wie www.dissertationprovider.co.uk mit moderner gestylter Webseite – es wird als ganz normal hingestellt, sich seine Dissertation schreiben zu lassen. Es wird normal, denn solche offen angebotenen Dienste mit solchen Webseiten sind ja nicht mehr die kleinen, versteckt agierenden Hinterhof-Klitschen, das wird ja im großen Stil aufgezogen. Nicht mehr versteckt, sondern sogar mit Presseerklärung und Empfehlungen für Studenten, wonach man seinen Ghostwriter auswählen sollte (noch eine). . Und selbst eine deutsche Exzellenzuniversität bewirbt ja solche Dienstleister inzwischen.

Es gibt eigentlich keinen Zweifel mehr, die internationale Wissenschaft ist so von Korruption und Betrug zerfressen, daß sie gerade in sich zusammenstürzt. Dabei ist Wissenschaft – besonders in Deutschland – heute so einfach: Wer zahlt, hat Recht. Wer nicht zahlt, hat nicht Recht. Und Schwindel wird auch nicht mehr aufgedeckt. In Deutschland (und auch manchen anderen Ländern) hat man ziemlich effektiv dafür gesorgt, daß Doktorgrade praktisch nicht nachprüfbar sind. Ein Eldorado des Betrugs.

Der Anbieter mit der Webseite in England macht ganz konkrete Werbung:

Expert Dissertation Writers
Choose Between 2:1 and First Class.
Low Price. Starting from as low as £9.95/page.
Exclusive Daily & Special Discounts.
Guaranteed No-Plagiarism (100% Money-back Guarantee).
Any Topic. Any Subject. Any Academic Level.
100% Satisfaction Guarantee.
24/7 Customer Service.

Ein Service, den mir der Doktorvater damals nicht einmal entfernt geboten hat. Die bieten da 24/7 Service. Meiner war damals in 4 Jahren keine fünfmal zu sprechen. Das ist doch mal was.

Und noch viel besser: Man muß gar nicht erst groß feilschen. Die Kosten werden gleich auf der Webseite errechnet.
Probieren wir’s mal:

  • Als Deadline wollte ich eigentlich ein Jahr eingeben. Geht nicht. Die Deadlines liegen zwischen 24 Stunden und einem Monat. Wow. Da kann man ja im Eiltempo promovieren. Gut, nehmen wir einen Monat.
  • Level PhD Dissertation
  • Natürlich Guaranteed First Class, drunter will ich nicht.
  • Seiten? Weiß nicht. Ich denke, 130 Seiten müßten es tun.

Ergebnis: £ 3.113,50 . Und weil das britische Pfund bei gerade etwa 1,12 Euro ist, wären das gerade mal 3.500 Euro. Boah, sind die billig. Soviel hat ja in meinem Promotionsstreit der „Sachverständige” Professor Vinck schon für etwas abgerechnet, was er gar nicht getan hat. Das ist ein richtig tolles Angebot. Selbst wenn man die Schmiergelder für die Prüfer noch mit einrechnet, ist das allemal billiger als ein paar Jahre für Billiglohn als Assistenzsklave am Institut zu darben. Und soviel streßfreier. Ein paar tausend Euro, zwei bis drei Monate, und schon ist der Doktor fertig. Das ist doch ne Dienstleistung. Und Special Discounts gibts auch noch, dazu mit Non-Plagiarised-Garantie. Was will man mehr?

Und da es in Deutschland inzwischen als normal und legal angesehen wird, wenn Fakultäten Doktorgrade gegen Geld vergeben, und in Deutschland die Universitäten inzwischen alles zu Geld machen, dessen sie habhaft werden können, dürfte die Akzeptanz auch kein Problem sein, wenn man ausreichend schmiert. Die sogenannten Promotionsberater sind nicht gut gelitten, was aber inzwischen eher daran liegen dürfte, daß man an den Universitäten keine Mitverdiener dulden will, mit denen man die Beute teile müßte. Legale Doktorgrade – mit Eintragung ins Goldene Buch und Laudatio des Ministerpräsidenten – kauft man in Deutschland direkt beim Factory Outlet des Rektorats. Keine teuren Vertriebswege dazwischen.

Ich hab das falsch angefangen. Bischen Schmiergeld, und ich wäre längst Professor und hätte mir dazu noch viel Arbeit gespart. Ruckzuck hat man die Investition wieder raus. Und wenn ich daran denke, wieviele Professoren ihre Bücher nicht selbst schreiben (oder nicht wissen, was in ihrem angeblich eigenen Buch steht), kann das Leben als Professor dann genauso weitergehen.