Schon wieder Professorenkorruption in Karlsruhe?
Daß ich das noch erleben darf. Einst machte sich Fefe in seinem Blog mal über mich lustig, weil ich deutsches Professorentum für weitgehend und flächendeckend korrupt halte. Nun macht mich ein Leser (danke!) auf einen Eintrag in Fefes Blog aufmerksam, in dem er selbst auf einen solchen Fall verweist.
Die Frankfurter Rundschau berichtet über einen kuriosen Fall. Die Gesellschaft für Technische Kommunikation (Tekom) verleiht einen Dokupreis für die Anleitungen für Pistolen und ein Gewehr der Firma Heckler & Koch. (Das sind die, die das ältere Bundeswehr-Sturmgewehr und Exportschlager G3 und die Maschinenpistolen der deutschen und vieler anderen Polizeien bauen).
Es gab Streit. Ob man einer Anleitung für eine Waffe einen Preis verleihen kann. Ich bin da eher neutral aufgelegt. Ich habe in meiner Bundeswehrzeit von einigen Fällen gehört, in denen durch Fehlbedienung der Waffen erhebliche, teils tödliche Unfälle passiert sind. Warum also sollte eine gute und verständliche Anleitung, die Unfälle und Fehlbedienung vermeidet (und damit eben auch die Notwehrfähigkeit erhalten kann), nicht auszeichnen können? Laut Webseite sind die beiden Pistolen Polizeipistolen – und wer wollte schon ernsthaft fordern, daß Polizisten unbewaffnet sein oder – alternativ – schlechte Anleitungen zu ihren Pistolen bekommen sollten. Wenn man schon pazifistisch-ideologisch argumentiert, dann gegen die Waffen selbst und nicht gegen die Bedienungsanleitungen. In der Jury scheint ein Streit zu toben um Ethik und Moral.
Was erstaunlich ist, denn mit Ethik und Moral scheint nur bei einigen, aber nicht bei allen so weit her zu sein.
Denn Hecker & Koch hatte angeblich, wie die FR behauptet, vorher ein Jury-Mitglied mit einem Gutachten nach den Preisvergabekriterien beauftragt – zum Tagessatz von 1200 Euro, mal vier. 4800 Euro haben sie ihm gezahlt. Und dann den Preis gewonnen. Eieiei.
Interessant ist, daß ein Jury-Mitglied – Professor an der Fachhochschule Hannover – das Angebot entrüstet ablehnte. Ein anderes Jury-Mitglied – Professor an der Fachhochschule Karlsruhe – übernahm den Auftrag, ohne die anderen Jury-Mitglieder zu informieren. Was man eben so unter Ethik und Moral versteht.
Zitat:
Solche Nebentätigkeiten seien “vollständig üblich”, so Muthig, “wir sind ein Berufsverband, in dem Dienstleister und Industrie eng zusammenarbeiten.”
Was sagt uns das jetzt über den Unterschied zwischen Hannover und Karlsruhe?
3 Kommentare (RSS-Feed)
Nachtrag: “zwangslaeufig”, weil Forschung nicht sonderlich gut messbar ist. Beim Verkauf von Wasser kann man nicht viel bescheissen(sollte man meinen, aber heute gibts ja O2-Wasser und Wasser, das dank XY jetzt noch schneller re-hydriert), bei weniger offensichtlichen Groessen ist PR und Vetternwirtschaft gang und gebe.
Dann haben wir hier noch die Fortsetzung der Geschichte vom Gefälligkeitsgutachten in Hessen, http://www.fr-online.de/top_news/2068328_Der-Nervenarzt-und-die-Justiz.html jetzt im Fall Gäfgen.
Das schlimme daran ist, dass der Prof in Hannover langfristig dafuer bestraft werden wird. Denn heute muss man als Lehrstuhl mit der Industrie kooperieren wenn man mit seinen 2 Mitarbeitern nicht in der Bedeutungslosigkeit verschwinden moechte. Fuer grosse Projekte braucht es Industriepartner und die bekommt man halt eher wenn man wie die Herren in Karlsruhe seine “Loyalitaet” unter Beweis zu stellen versteht.
Wenn man die Forschung auf den freien Markt wirft entwickelt sich ganz zwangslaeufig diese Mischung von Vetternwirtschaft, Unehrlichkeit, Korrumption und Manipulation, die man zunehmend an den Unis beobachten kann. Sicher gibt es da Individuen, die mal mehr und mal weniger glaenzend hervorstechen, aber das Problem ist ein systematisches.