Forschungsmafia: Titelhandel · Forschungsbetrug · Wissenschaftskorruption · Hochschulkriminalität

Neue Konkurrenz in der Wissenschaft

Hadmut Danisch
6.2.2010 7:47

Jetzt wird es langsam unbequem.

Daß die Chinesen längst in allen Wissenschaften mitmischen, ist nichts neues. Aber jetzt legen sie es wohl wirklich darauf an.

Und diesen Eindruck kann ich von meinem kurzen Besuch in Peking letztes Jahr – mit der Gesellschaft für Informatik samt Besuchen bei chinesischer Industrie und einer Informatik-Fakultät – voll bestätigen. Sogar in einem ganz allgemeinen Buchladen in der Fußgängerzone habe ich gestaunt, wieviel hervorragende Fachbücher in Informatik die dort hatten. In Deutschland kenne ich keinen Buchladen (außer Amazon) der damit mithalten könnte.

Laut dem oben verlinkten Spiegel-Artkel hat China bereits Japan und Deutschland überholt, was die Zahl der Veröffentlichungen angeht, und liegt hinter den USA auf Platz 2. Da den USA aber gerade auch das Geld ausgeht, könnte China bald auf Platz 1 aufrücken. Als Exportweltmeister haben sie uns ja auch schon abgelöst.

Nach meiner Einschätzung haben wir dieser entstehenden Konkurrenz nichts entgegenzusetzen. Unsere Hochschulen sind von Korruption und Inkompetenz durchsetzt, und die Leistungsmaßstäbe sind absurd, beruhen auf Willkür und Manipulation. Gleichzeitig haben wir diese Professorenschaft auf Lebenszeit verbeamtet, können also die nächsten 30 Jahre auch nichts mehr an diesem Zustand ändern. (Wohlgemerkt: China ist innnerhalb von 30 Jahren wissenschaftlich von 0 auf Platz 2 gestiegen.)

Bedenkt man, daß Know How unser einziger Rohstoff ist, und Deutschland mit seiner gebildeten Mittelschicht gerade so dreckig umgeht, daß viele abwandern (oder erst gar nicht mehr studieren), dann sehe ich für die Zukunft hier schwarz. Ganz schwarz.

Bildung und Forschung wären unsere einzige Überlebenschance.

De facto leisten wir uns aber ein Heer untätiger Hartz-IV-Empfänger, denen wir Geld und Unterkunft schenken, weshalb schon viele Schüler als Berufswunsch “Hartzer” angeben, während wir von Studenten noch Geld verlangen und das Studium immer belastender machen. Solange Studenten bei uns schlechter dastehen als Hartz-IV-Empfänger sehe ich da keine großen Chancen entgegenzuhalten.

3 Kommentare (RSS-Feed)

pepe
6.2.2010 14:51
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Die Chinesen haben nen paar mehr Leute, da kommen halt bei heuter Qualitaet ohne Sorge auch mehr Publikationen raus. Bei asiatischen Konferenzen kann man da auch ganz problemlos seine Texte zusammenkopieren oder direkt maschinell erzeugen lassen. Keine Sorgen.

Ausserdem ist das Wissen frei. Jeder angehende Professor hat diesen Weg “von 0 auf Platz X” in wenigen Jahren beschreiten muessen. Die Infrastruktur aufzubauen ist schwieriger, aber in einem Mega-Land wie China, mit ausreichend Ressourcen und 30 Jahren Zeit?

Die chinesischen Studenten haben auch immer diesen Ruf, so verdammt gut zu sein. Ich konnte das bisher noch nicht bestaetigen. Ich habe bei angeblich guten Studenten copy+paste gesehen, Falschmeldungen und grinsendes Nicken ohne was zu verstehen. Die Leute sind also im Schnitt offenbar auch nicht anders wie wir. Wenn man jetzt noch bedenkt, dass ich eher die besseren kennen gelernt habe, die ein Stipedium und Auslandsaufenthalt bekommen haben…

Das koennte sich natuerlich in den naechsten 1-2 Generationen gewaltig aendern, wenn man Bildung dort weiter so stark foerdert und die besseren Akademiker dem Nachwuchs eine entsprechend bessere Ausbildung geben koennen.

Und natuerlich leistet Deutschland gerade ganz besonders schlechte Arbeit in dem Bereich. Ausser unserem Ruf ist nicht mehr viel geblieben und irgendwann werden wir keine Rentner mehr haben, die fuer uns Nobelpreise aus vergangenen Zeiten entgegen nehmen koennen.


Steffen
6.2.2010 15:02
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Der letzte Absatz erinnert mich an eine sarkastische Definition von ‘Sozialismus’: “Wenn es funktioniert, dann besteuere es. Sollte es dann immer noch funktionieren, dann reguliere es zu Tode. Und wenn es dann endlich nicht mehr funktioniert, dann mußt du es subventionieren”

Ist eigentlich genau das, was der Staat mit der Mittelschicht macht. Besteuern, abschöpfen, behindern, Leistungsdruck ins Unerträgliche steigern. Um als Effekt dann nur ausufernde Sozialetats und Zukunftslosigkeit zu kriegen.


Johnny Boy
8.3.2010 20:24
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Ich bin ein sog. Langzeitstudent und schreibe gerade meine Diplomarbeit in Elektrotechnik. Seit 3 Monaten bekomme ich sogar 70 EUR Wohngeld. Aber das wird jetzt gestrichen, weil ich das Mindesteinkommen nicht mehr erreiche (da ich zum Finale der Diplomarbeit die Stundenzahl im mit 8 EUR p.h. dotierten Hiwi-Job verringern musste). Noch etwas über 2 Monate zum Dipl.-Ing., wenn mir nicht vorher das Geld ausgeht. Mein Krankenkassenbeitrag berechnet sich aber an Hand eines fiktiven Mindesteinkommens und beträgt über 140 EUR p. Monat. Bemerkenswert, wie der Begriff des Mindesteinkommens auf zwei verschiedene Weisen gegen mich ausgelegt wird. Wenn ich das Diplom nicht schaffe bekomme ich wenigstens Hartz 4. So viel Geld hatte ich seit Jahren nicht. Freu 🙂