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Uni Göttingen: 400.000 Euro veruntreut

Hadmut Danisch
18.3.2010 8:08

Noch mehr Hochschulkriminalität.

(Danke übrigens an den Anrufer, der mich darauf aufmerksam gemacht hat. 🙂 )

Die Süddeutsche Zeitung berichtet darüber, daß an der Uni Göttingen ein „neuer Forschungsskandal” droht. Wieder im Sonderforschungsbereich SFB 552 Stabilität von Randzonen tropischer Regenwälder in Indonesien. Über den hatte ich auch schon was geschrieben (1, 2, 3). Wenn ein SFB schon einen solchen Namen hat, muß doch was faul sein. Ist ja allerdings auch nicht das erste Mal, daß in Sonderforschungsbereichen abgezweigt wird. Hab ich ja selbst auch schon miterlebt.

In Göttingen ermittelt nun laut Süddeutscher mal wieder die Staatsanwaltschaft (was meines Erachtens der derzeit angemessenste Besuch für deutsche Universitäten ist) wegen Betrug und Untreue, Fördergelder der DFG sollen zweckwidrig eingesetzt worden sein. Außerdem habe man Gelder für Publikationen beantragt, die nicht existieren.

Richtig wundern kann einen das nicht. So wie die DFG von der Bundesregierung Geld erhält und weiterverteilt und daraus Geheimniskrämerei betreibt (siehe auch hier), muß man die eigentlich schon als Tarneinrichtung und Dienstleister für Betrug und Untreue ansehen. Mehrfach habe ich die DFG und deren Ombudsleute, die in der Öffentlichkeit immer als die großen Betrugsbekämpfer hinstellen, informiert, aber nie gab es eine Reaktion. Man muß langsam mal anerkennen, daß die DFG eher den Betrügern als den Betrogenen zuzurechnen ist.

Insofern muß man auch die Formulierung der Süddeutschen anzweifeln, daß schon wieder ein „neuer Forschungsskandal” droht. Irgendwann kann die Meldung nicht mehr „Schon wieder ein Baum” heißen, sondern muß lauten, daß wir mitten im Wald stehen. Daß es nicht ein neuer Betrugsfall ist, sondern nur mal wieder eine neue Spitze eines einzigen großen Betrugsgebirges aufgetaucht ist.

Das hat große Ähnlichkeit mit den Mißbrauchsskandalen der katholischen Kirche. Da gab es auch viele angebliche Einzelfälle, bis dann so langsam mal ein flächendeckendes Gebilde zutage trat. Vermutlich sind nicht alle Funktionäre der katholischen Kirche Kinderschänder, aber man darf annehmen, daß sie alle am Prinzip des Schweigens, Vertuschens, Nichtverfolgens und Wegschauens eisern festgehalten haben. Und genau so läuft es auch in der deutschen Wissenschaft. Sehr ähnliche feudal-klerikale Strukturen wie in der Kirche, das gleiche Prinzip Machtmißbrauch. Nicht die Aussage, sondern die Position des Urhebers zählt, angezweifelt wird nicht.

In der Kirche ist die Folge, daß sie einen enormen (und wohlverdienten) Glaubwürdigkeitsverlust hinnehmen muß. Die Mitglieder treten scharenweise aus, gestern morgen kam im Bayern-Radio sogar eine Sendung „Ist die katholische Kirche am Ende?” Abstimmung mit den Füßen, aus der Kirche kann man austreten und zahlt dann keine Kirchensteuer mehr.

Darin liegt der wesentliche Unterschied zu unserer Universitätslandschaft: Die Universitäten zahlt jeder Bürger mit seinen Steuergeldern. Und das Finanzamt läßt einen da auch nicht einfach so austreten.

Und ebenso wie in der Kirche fliegen die Täter auch nicht raus. In Deutschland werden Professoren auf Lebenszeit verbeamtet und haben de facto keine Disziplinarvorgesetzten, keine Qualitätskontrolle mehr. Die hat die Politik systematisch abgeschafft und die Universitäten – mehr oder weniger heimlich und unbemerkt – auf Korruptionsbasis umgestellt. Bei uns ist der Betrüger ein eigener Berufs- und Beamtenstand.

Ein Kommentar (RSS-Feed)

yasar
18.3.2010 10:50
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“Und das Finanzamt läßt einen da auch nicht einfach so austreten.”

Diese Aussage kann man so nicht stehen lassen. Es gibt Ausnahmen, aber nur dann, wenn das Einkommen groß genug ist. Leider.