“Uni-Sklaven, vereinigt euch!”
In der ZEIT ist ein Artikel über die Ausbeutung der Sklavenarbeiter (=Mittelbau, Habilitierte) an deutschen Universitäten erschienen. Geschrieben von einem „außerplanmäßigen Professor”, dem der Kragen geplatzt ist.
So etwas ähnliches habe ich vor 12 Jahren schon mal in der ZEIT gelesen (und in Adele zitiert, deshalb erinnere ich mich daran), nämlich Wir sind die Billiglöhner von 1998 (da scheint leider im ZEIT-Archiv der untere wichtigere Teil des Artikels verloren gegangen zu sein). Es ging darum, daß Mitarbeiter für Hungerlöhne voll arbeiten und noch Überstunden machen müssen.
Ich habe das auch nicht wesentlich anderes erlebt. Ich habe ein par Jahre lang als Mitarbeiter an der Uni auch fast keinen Urlaub bekommen, sollte den aber trotzdem als genommen eintragen, damit der Prof keinen Ärger bekommt. Ich hab mir auch mal einen Anschiß eingefangen, weil ich mal zwei Wochen lang nur von etwa 10.30 bis 18.00 im Institut war – während meines Urlaubs.
Dabei ging’s mir noch gut, ich hatte immerhin eine volle Stelle. Von anderen Fakultäten habe ich gehört, daß die Leute sich dort – bei voller Arbeitsleistung von bis zu 70 Stunden die Woche, wohlgemerkt – zu dritt eine Stelle teilen mußten, also nur ein Drittel BAT II A bekamen. Nach fünf Jahren (und meist noch ein paar Verlängerungen mit Ausrede) bekamen sie dann keinen Vertrag mehr, und durften dann endlich auf Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe promovieren – was letztendlich Betrug war, weil wer promoviert formal keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe hatte.
Was aber mal wieder meine Auffassung bestätigt, daß der Universitätsbetrieb in Deutschland mehr mit Sklavenarbeit und Zuhälterei zu tun hat als mit Wissenschaft. Alles so dreckig und verlogen.
Alle Leute, die dort nicht ordentlich bezahlt werden, müßten eigentlich mal aufstehen und gehen. Dann nämlich müßten die verbeamteten Professoren selbst was arbeiten. Und dann würde auffallen, daß viele das gar nicht können. Hei, wär das mal was.
(Danke übrigens wieder mal für den Link!)
3 Kommentare (RSS-Feed)
Was erwartest Du auch?
Die Professur ist der einzige höhere Beruf, für den es keine greifbare Ausbildung, keine Anforderungen, keine Befähigungsnachweise, einfach nichts gibt. Jeder Verkäufer im Supermarkt muß mehr Kenntnisse nachweisen als ein deutscher Professor.
Die Berufungsverfahren sind mittlerweile so gestrickt, daß aus dem Bewerberfeld am ehesten der charakterliche Bodensatz, die größten Schwindler und Großmäuler ausgewählt werden. Viele Fakultäten und Universitäten achten inzwischen sehr darauf nur noch Leute zu nehmen, die mindestens im Graubereich problemlos mitmachen, wenig Skrupel haben und krumme Dinger mit drehen. So Leute sagen dann auch nichts anderes als das, was Du beschreibst.
An sich sind die Anforderungen an die Tätigkeit als Professor durchaus
bekannt: im jeweiligen Fach forschen und über das erforschte Bericht
erstatten; dem letzteren dienen Veröffentlichungen und Lehrveranstaltungen.
Der Befähigungsnachweis wird dadurch erbracht, dass man ebendies über
einen gewissen Zeitraum bereits gemacht hat. Eigentlich ganz einfach.
Dummerweise scheint sich kaum noch jemand für diese Anforderungen zu
interessieren. Stattdessen sollen Professoren nun in erster Linie
Geld heranschaffen um die Forschung am laufen zu halten. Irgendwann
zeigt sich dann die Kellnerweisheit: man bekommt, was man bestellt.
Ein anderer Entwurfsfehler der Universitäten ist das Prinzip des
“up or out”. Es gibt kaum reguläre Beschäftigung auf einer einmal
erreichten Qualifikation. Durch diesen Zwang zum Weiterklettern auf
der Karriereleiter schlägt unweigerlich das Peter-Prinzip zu.
Diese prekären Beschäftigungen im Unibetrieb haben auch noch einen
anderen Nebeneffekt. Wer lange Zeit so schlecht behandelt wurde
und dann doch noch auf eine Professur kommt, wird diese unter
Umständen als Belohnung für das erlittene Elend betrachten und sich
denken “ich habe dafür jahrelang Dreck fressen müssen, aber jetzt
bin ich endlich an den Fleischtöpfen.”. Das sind keine guten
Voraussetzungen. Ich will nicht behaupten, dass dies jedem so geht,
aber die Gefahr besteht.
Die einzigste Chance, die ich in diesem totbetonierten verlogenen Unisystem sehe, ist tatsächlich die Flucht. Meine Frau hat es so gemacht, ich habe es so gemacht, und unzählige andere Bekannte und Freunde ebenfalls.
Ein kleines Detail, was mir passiert ist: Enmal war ich so dreist (und so naiv), einen der inzwischen zahlreichen ZEIT-Artikel zu nehmen, und mit meinen Prof über den Inhalt sprechen zu wollen. In jedem normalen Betrieb sollte es eigentlich normal sein, daß man Mißstände sachlich ansprechen kann und sollte.
Augenblicklich fing die Bösartigkeit in ihm zu brodeln an. Wie undankbar ich doch sei; ich solle froh sein, daß “die Gesellschaft mir diese Promotionsstelle zur Verfügung stellt” (wortwörtlich); daß es eine Ehre und ein Privileg sei; und warum eigentlich das eine Paper noch nicht fertig ist und was jetzt mit den Messungen von letzter Woche sei. (letzte zwei “Argumente”: Natürlich klassische hinterhältige Ablenkungstaktik um die Schuld auf mich abzuschieben)
Klingt zwar hart, aber das ist wirklich nicht weit von Zuhälterei entfernt (“Schätzchen… ich bin doch so gut zu dir. Ich will doch nur dein bestes… Warum bist du so undankbar?”) Oder von dem, was jetzt in der katholischen Kirche rauskam. Daß dem Ausgebeuteten und Mißbrauchten auch noch weisgemacht wird, daß er ganz alleine der Schuldige sei. Der Effekt bei leider viel zu vielen: Schweigen.