Geisteswissenschaftler – intellektuelle Hochstapler
Ein Leser hat mir heute einen Link auf einen schönen Artikel über das „Geschwafel der Geistenswissenschaftler” geschickt (Danke!):
Ein Philosoph und Soziologe schreibt auf ef-magazin.de über Geisteswissenschaftler und wie die funktionieren. Dabei analysiert er deren – auch von mir immer wieder kritisierten – Schwafeltechniken, mit denen sie Wissenschaft vortäuschen, obwohl sie gar nichts zu sagen haben. Oft habe ich beim Lesen von geistes- oder besonders sozialwissenschaftlicher Texte den Eindruck, als wollten die sich über den Leser lustig machen und es drauf anlegen, wie weit sie gehen können bis es jemand merkt. Zitat aus dem Artikel:
Bemerkenswert ist, dass die allermeisten Menschen, auch die allermeisten Geisteswissenschaftler, denken, dass hinter solchen Formulierungen etwas besonders Geistiges, Tiefsinniges und Anspruchsvolles steckt. Sie merken nicht, dass dahinter gar nichts steckt, dass es sich hier um bloße Aneinanderreihung von Fremdwörtern, um bedeutungslose Sätze, kurz: Nonsens handelt. Die Produzenten solcher Texte haben nur ein Ziel: anderen zu imponieren, sich als besonders klug, intellektuell und wissenschaftlich zu zeigen. Das ist für sie wichtig, denn damit rechtfertigen sie die Existenz ihres gut und meist vom Staat bezahlten Berufsstandes.
Die gewöhnliche Reaktion der Leser auf solche Texte lautet: „Ich verstehe das nicht“ oder „Der Text ist unverständlich“. Das zu sagen, ist der größte Fehler, den man machen kann, denn dadurch gibt man den Produzenten solcher Texte das Gefühl der Überlegenheit: Sie haben es geschafft, sich als klüger als die anderen aufzuspielen. Die Aussage „Ich verstehe es nicht“ empfinden sie daher als ein Kompliment. Dass solche Texte von den Lesern nicht verstanden werden, liegt aber nicht an deren intellektuellen Fähigkeiten. Die Texte werden absichtlich so geschrieben, dass man sie nicht verstehen kann. Die Produzenten solcher Texte haben in der Regel auch nichts zu sagen, denn hat man etwas zu sagen, dann kann man es klar und deutlich sagen.
So, liebe Leser. Und nun sollen die Angestellten unter Euch mal ausrechnen, wie lange sie in die Deutsche Rentenversicherung einzahlen müssen um soviel Rente zu bekommen, die solche unkündbaren geisteswissenschaftlichen Professoren als Pension bekommen, die sich mit solchem Zeugs in die C4- oder W3-Professur geschwafelt haben. Und dann guckt mal auf Euren letzten Steuerbescheid, wer das alles bezahlt.
Na, merkt Ihr was?
11 Kommentare (RSS-Feed)
Geil. Ich muß zugeben, daß ich Faust das letzte mal in der Schule gelesen habe. Und an diese Stelle kann ich mich nicht erinnern. Aber sie ist toll.
Kennt man ja auch von Juristen: Einen Text von einem guten Juristen versteht man auch als Laie. Aber wenn den schlechten Juristen die Argumente ausgehen, stürzen sie sich ins Floskelhafte.
Das Ulfig-Zitat steckt voller nicht belegter und gar nicht belegbarer Thesen.
Z.B.: Ulfig weiß, wie die meisten Menschen und auch Geisteswissenschaftler auf ihnen unverständliche Texte reagieren. Woher weiß er das?
Er kennt auch das Ziel der Textproduzenten.
Haben sie es ihm in einem Anfall von Wahrheitsliebe mitgeteilt? Zugleich müssen sie ihm gebeichtet haben, daß sie negative
Reaktionen als Kompliment verstehen und sie die Texte deshalb absichtlich in einem unverständlichen Jargon schreiben – sich dabei gern dem Risiko aussetzend, aufzufliegen.
Der letzte Satz des Zitats könnte das Motto der Bild-Zeitung sein.
Zudem: Die Erfahrung, daß Leute, die nichts zu sagen, dieses Nichts oftmals klar und deutlich sagen -weil sie gar nicht anders können-, scheint Ulfig nicht gemacht bzu haben.
Ulfigs unreflektiert vorurteilsbeladene Auffassung von Geisteswissenschaft paart sich mit einer Trivialpsychologie, von der er hoffen darf, daß Lieschen Müller ihr zustimmt – eine Denkleistung wird den Adressaten ja nicht abverlangt.
Als Antidot empfehle ich Theodor W. Adornos Aufsatz “Wörter aus der Fremde” (1959).
Nebenbei: Kann es sein, daß Ulfig keine (Dauer-) Stelle an einer Universität bekommen hat?
Das kann ich so nicht bestätigen. Zunächst mal ist die Ulfig-Aussage eine Meinung, eine Einschätzung, keine These.
Und sie entspricht meinen Beobachtungen der letzten 10 Jahre voll und ganz. Und so ein paar soziologische Texte habe ich hier ja auch schon auseinandergenommen.
Und das Argument mit den „negativen Reaktionen” zieht auch nicht. An den Universitäten hat man jegliche Kritik völlig abtrainiert und verboten, und Kritik von außen interessiert dort niemanden mehr, weil sie einfach als unwissenschaftlich und unbeachtlich abgetan wird. Wie gesagt, nach meiner Erfahrung ist das Zitat richtig.
Behauptungen in einem Text, der wissenschaftliche Sekundärliteratur einbezieht, gehen über bloße Meinungsäußerung hinaus – ein allgemeiner, belegverpflichteter Geltungsanspruch bekundet sich darin.
Und es gilt auch:
“Wenn ein Buch und ein Kopf zusammenstoßen und es klingt hohl, ist das allemal im Buch?”
Georg Christoph Lichtenberg
Hier habe ich eine Quelle, wo ein bekannter Geisteswissenschaftler tatsächlich mal ehrlich beschreibt, was die eigentliche Intention hinter jenen Ergüssen ist.
Es handelt sich um Dietrich Schwanitz.
Nebenbemerkung: Ich habe zu ihm zwar ein gespaltenes Verhältnis; einerseits hat er den Roman “Der Campus” geschrieben wo die deutsche Universität zerpflückt wurde; andererseits ist er in der geisteswissenschaftlichen Ideologie hängengeblieben nach der Naturwissenschaften ja nur ‘technische Information’ seien, daher minderwertig und eines wahrhaft Gebildeten unwürdig. Wer letzteres nicht glaubt, schaue bitte in “Bildung. Alles was man wissen muss” rein. In diesem Buch hat er übrigens auch Ingenieure als ‘Neandertaler’ bezeichnet; mehr brauche ich zu dieser Geisteshaltung wohl nicht mehr zu sagen.
Das aber nur nebenbei. Auf Seite 398/399 von “Bildung. Alles was man wissen muss” beschreibt er in einem Anflug von Ehrlichkeit, worum es bei jenen Satzkonstrukten eigentlich geht. Nämlich nicht darum, Information rüberzubringen. Sondern um ein Spiel. Zitat:
“… wenn jemand mit folgenden Bemerkungen eine Runde aufmerksamer Zuhörer unterhält: [es folgt ein typisches hochgebildet klingendes geisteswissenschaftliches Satzungetüm; mit Floskeln wie ‘Neukantianismus’, ‘transzendental’, ‘Subjekt’, ‘Hegelianismus’].
Daraufhin werden einige Zuhörer gedankenvoll nicken […] Die Zuhörer geben damit zu verstehen, daß sie die Bemerkung natürlich verstanden haben. Daß in wirklichkeit niemand von ihnen den leisesten Schimmer hatte, wovon die Rede war, bleibt auf diese Weise allen Beteiligten verborgen. […] [es] ist kein Austausch von Informationen. Nichts wäre abwegiger. […]
Man braucht nicht unbedingt zu wissen, was das alles bedeutet; im Gegenteil, wenn man es nicht weiß, wirkt die Aufmerksamkeit echter.”
Tja, hier ist er, der geforderte “Anfall von Wahrheitsliebe”. Die Geisteswissenschaften sind das, was Hermann Hesse in seinem “Glasperlenspiel” beschrieben hatte: Es geht nicht um “Ergebnisse” o.ä.. Das wäre ja alles “technisch”… Es geht um ein Spiel.
Ein Spiel, für das wir kräftig zahlen, damit eine winzig kleine neofeudale Schicht von Honoratioren es spielen und sich dran ergötzen können.
Schwanitz hat in “Der Campus” nicht die deutsche Universität, sondern die Universitäts-Bürokratie beschrieben und mit einem öffentlichkeitsfähigen antifeministischen Affekt kurzgeschlossen.
Daß technozentristische “Neandertaler” von der großen Tradition deutscher Philosophie des 19. Jahrhunderts und deren Begrifflichkeiten aufgrund von Unbildung keine Ahnung haben, ist jedem Geisteswissenschaftler geläufig; diese wiederum haben ja auch umgekehrt häufig von Technik keine Ahnung, Snows alte These von den zwei Kulturen bestätigend.
Allerdings hätte ein sprachlich versierter Akademiker bemerkt, daß mein Satz: “Haben sie es ihm in einem Anfall von Wahrheitsliebe mitgeteilt?” ironisch gemeint war, also gar keinen Anfall von Wahrheitsliebe forderte.
Ein genaues Textverständnis, welches die Voraussetzung für Kritik ist, erfordert -nicht nur in bezug auf geisteswissenschaftliche Texte-
ein gut ausgebildetes Sprachverständnis, es sei denn, es handelt sich um Poppersche Basissätze.
Die sprachliche Konstruktion dieses Satzes war mir schon aufgefallen. Nur habe ich dem keine verwert- und beantwortbare Aussage entnommen.
Ob es wohl so einfach ist? “Nur viel sinnloses Gelaber!”?
Ich studiere selbst so ein geisteswissenschaftliches Fach und in manchem Grunde stimme ich zu, dass es manchesmal inhalts- und formverkrüppelter nicht mehr geht.
Ich will keine Apologie für Professoren, Lehrende etc. halten, aber das Problem liegt auch an den Studenten und der eher in Richtung technikorientierten Organisation der Studiengänge (multiple Choice in nicht-naturwissenschaftlichen Fächern ist bspw eine der dümmsten Prüfungsmethoden in diesen Fächern: kategorien-mäßig ankreuzen können sollte man in diesen Fächern gerade NICHT können).
Es dürfte an sich niemandem an der Universität zu viel sein, mit dem Begriff des Subjekts, Transzendenz oder Hegelianismus umzugehen. Zumindest sollte man als (nicht-naturwissenschaftlicher) Student ein Interesse daran haben, zu verstehen, was diese Begriffe bedeuten, wofür sie verwendet werden können und vor allem auch, dass sie selbst veränderlich sind. Der Begriff “Transzendenz” hat vor 100 Jahren ganz andere Implikationen gehabt als heute usw. und daraus lässt sich etwas über die Geschichte von Kulturen lernen; und Kultur ist nun gerade das Erkenntnisobjekt Nr.1 für alles Nichtnaturwissenschaftliche. Selbst die Naturwissenschaft kann hier eine Erkenntnisobjekt für Aussagen über Erfahrungen einer Kultur sein. Sowas lässt sich aber nicht immer oder eigentlich fast niemals in 3 Worten und einer Formel ausdrücken, sondern eben in vielen kleinen Aussagen, die man in seinem Denken dann zusammenpuzzeln muss, um zu verstehen, worum es geht (das zu lernen sollte wesentlich formgebend für ein Nichtnaturwissenschaft-Studium sein, ist es aber nicht). Die Geschichte des 19.Jahrhunderts lässt sich nicht in einem 100-Seiten Buch oder 10-Minuten-Vortrag darstellen und es ist auch nicht einfach, es zu verstehen. “Viele Wörter” sind nicht von sich aus ein Anzeichen für Inhaltslosigkeit oder Schwätzertum.
Allerdings (und ich rede von Hauptstudiums-Studenten) interessiert es recht wenige Studenten, mal ernsthaft denken zu lernen, mal den Horizont nicht nur zu erweitern, sondern seinen eigenen Horizont zu überschreiten. Man wäscht lieber Klischees ala “An einem nicht aufgeräumten Tisch kann ja kein Kind lernen und nur Assi-Eltern lassen sowas zu. Was kann man dagegen machen? Was macht die Super-Nanny dagegen?” usw. An manchen Tagen sind die Studenten frustrierender als die Professoren, die manchmal nichts anderes mehr machen können als darauf zu achten, dass es nicht zu sehr abflacht. Zb. wenn man in einem Seminar über “Rassismus und Institution” (ein nicht unwichtiges Problem!) als Lehrender darauf achten muss, dass die Aussagen der Studenten den guten Ton nicht verlieren, wenn sie ihre recht unreflektierte Meinung wiedergeben. Manche Studenten wissen nicht mal den Unterschied zwischen Meinung und Argument. Zuhören, einfache, konzentriertes Zuhören ist ebenfalls sehr selten anzutreffen, konzentriertes Lesen noch seltener (“Ich werd’ dann immer so müde.”).
Es ist mir schon manches Mal passiert, dass ich eine Diskussion in eine andere Richtung lenken wollte und dann von Studenten die dümmsten Unterstellungen bekommen habe (Ich: “Wenn hautpsächlich Migrationkinder in unseren Schulen schlecht bewertet werden, dann haben wir vielleicht ein Problem mit unserer Bewertungspraxis und -technik. Oder wollen wir behaupten, Migrationskinder seien “natürlicher Weise” dümmer als Deutsche?” Studentin: “Ach, du willst also die Schule abschaffen!?” …wie soll man so über etwas zusammen nachdenken können?). Es ist nicht so, dass manche Lehrende sich nicht ernsthaft bemühen würden, Tiefe in ein Thema zu bekommen; aber viele Studenten beschäftigen sich nur mit dem, was die Universität von ihnen fordert (wenn überhaupt) und haben dementsprechend wenige Kenntnisse und auch wenig “Spielraum” für Reflektion oder gar Perspektivenwechsel.
Dass viele Geisteswissenschaftler so viel labern, ohne Inhalt oder Form zu transportieren, muss man auch als ein Akt der Verzweiflung sehen können. Und vielleicht auch als einen Akt der Frustration (wer könnte das an der heutigen Uni irgendwem verübeln?), denn wenn man zum 200. mal irgend einem 32-jährigen Kind erklären muss, warum es wahrhaftig schlimmeres gibt als Cannabis oder Pornos und sich daraus nicht gleich eine komplette, der Polizei und Psychiatrie zu übergebende Psycho-Pathologie ableiten lässt, dürfte es einem irgendwann auch reichen.
Zu diesem Problem hinzurechnen muss man dann noch die immer katastrophaler werdende Organisation der Universitäten und der Studiengänge bzw. der Verwaltung derselben. Das frustriert auf allen Seiten, obwohl vielleicht nur ein paar Hirnis dafür am Anfang verantwortlich waren (jetzt leiden alle darunter).
Wenn auf 2000 Lehrende, die nur inhalts- und formlos labern können, 50000 Studierende kommen, die das einfach hinnehmen, dann ist das nicht in nur in den individuellen Eigenschaften der Lehrenden zu suchen (gleichwohl deren Haltung mitverantwortlich ist, zb. Haltung fehlender Strenge, laschen Denkens, unpräziser Begriffsverwendung usw.) und auch keine “natürliche” Eigenschaft der Geisteswissenschaften, Gesellschaftswissenschaften, Humanwissenschaften und Sozialwissenschaften an sich, sondern es liegt auch an denen, die dort hingehen um ihre Existenz noch ein paar Jahre weiter träumend zu verbringen und denen das nicht nur gestattet wird, sondern bei denen es wirklich gefördert wird (hier beginnt für mich das Problem der labernden Lehrenden, die eben dadurch Lethargie der Lernenden fördern).
Kritik ist an der Universität weniger verboten als vielmehr für kaum jemanden dort “anreizend”. Wenn das Hauptinteresse auf dem Durchwaschen von Klischees liegt, braucht man eben nicht ankommen und etwas von Subjektphilosophie und Selbstkonstitution reden, einfach weil Barbara Salesch und Katja Saalfrank und Peter Zwegat und Peter Klöppel diese Begriffe auch nie verwenden und in der “FÜR SIE” oder der “MENS HEALTH” steht sowas auch nie drin, auf Web.de auch nicht….
Wohl gesprochen!
Da fällt mir doch spontan der gute alte Faust von Goethe ein. Und zwar die Szene, als Mephistopheles Faust mit in die Hexenküche nimmt, und die Hexe anfängt aus ihrem Zauberbuch zu rezitieren. Faust schwirrt der Kopf ob des ganzen Nonsens (“Mich dünkt, die Alte spricht im Fieber”), und Mephistopheles meint zynisch dazu:
“Das ist noch lange nicht vorüber.
Ich kenn es wohl, so klingt das ganze Buch;
Ich habe manche Zeit damit verloren,
Denn ein vollkommner Widerspruch
Bleibt gleich geheimnisvoll für Kluge wie für Toren.
Mein Freund, die Kunst ist alt und neu.
Es war die Art zu allen Zeiten,
Durch Drei und Eins und Eins und Drei
Irrtum statt Wahrheit zu verbreiten.
So schwätzt und lehrt man ungestört;
Wer will sich mit den Narrn befassen?
Gewöhnlich glaubt der Mensch, wenn er nur Worte hört,
Es müsse sich dabei doch auch was denken lassen.”
Ich habe damals als in der Schule der Faust dran kam den Fehler gemacht, ganz frech auf diese Stelle aufmerksam zu machen, und anzudeuten daß das auf das allermeiste Geschwafel zutreffen könnte, was allgemein im Deutschunterricht von sich gegeben wird.
Heiliger Strohsack, wie ist mein Deutschlehrer (ein ausgewiesener Schwafel-Geisteswissenschaftler, der alles verachtete was nur entfernt mit Naturwissenschaft und Technik zu tun hatte) daraufhin vor Zorn explodiert.
Im Nachhinein betrachtet: Er ist wohl deshalb explodiert, weil ich das Betriebsgeheimnis ausgeplaudert hatte.