Eine Narrenkappe für Mario Adorf
Mehr zur Verleihung der Ehrendoktorwürde an Mario Adorf. Was könnte den Doktorgrad noch mehr entwürdigen und entehren als eine deutsche Universität?
Ich hatte ja schon über den Ehrendoktor für Mario Adorf geschrieben. Und weil mir partout nicht einleuchten wollte, warum Mario Adorf – den ich für einen hervorragenden Schauspieler (allerdings der immerselben Typen) halte – einen Doktor als Sinnbild der Befähigung zu wissenschaftlichem Arbeiten bekommt, habe ich mal beim Rektorat der Uni Mainz und bei seinem Management nachgefragt.
Vom Management kam nichts. Von der Uni Mainz kam gerade (spätabends!) eine Antwort:
Gerne geben wir Ihnen Auskunft: An der Johannes Gutenberg-Universität Mainz wird die Ehrendoktorwürde für wissenschaftliche Leistungen von den jeweils zuständigen Fachbereichen vergeben.
Davon unabhängig sieht die Grundordnung der Universität vor, dass der Senat die Ehrendoktorwürde der Johannes Gutenberg-Universität Mainz an herausragende Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens verleihen kann. Auf dieser Grundlage wurde Herr Mario Adorf mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet.
Aha. Für wissenschaftliche Leistungen gibt’s die Ehrendoktoren bei den Fachbereichen. Ohne wissenschaftliche Leistungen beim Senat. Siehe auch § 69 von deren Grundordnung:
§ 69 – Verleihung der Ehrendoktorwürde Universität Mainz der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
(1) Der Senat kann auf Vorschlag der Präsidentin oder des Präsidenten sowie eines oder mehrerer seiner Mitglieder an herausragende Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens die Würde einer Ehrendoktorin oder eines Ehrendoktors der Johannes Gutenberg-Universität Mainz verleihen.
(2) Zur Vorbereitung der Beschlussfassung des Senates wird unter dem Vorsitz der Präsidentin oder des Präsidenten eine ad-hoc Kommission gebildet, der mindestens zwei Hochschullehrerinnen oder Hochschullehrer aus Fachbereichen angehören, die dem Fachgebiet der oder des zu Ehrenden nahe stehen.
(3) Die Entscheidung des Senates bedarf einer Dreiviertelmehrheit der anwesenden Senatsmitglieder. § 68 Abs.2 gilt entsprechend.
Von Wissenschaft kein Wort. Von gesetzlichen Grundlagen auch nicht. Denn bei der Betrachtung der Dissertation der Familienministerin Schröder stellte sich ja schon heraus, daß die in Rheinland-Pfalz die nötige gesetzliche Grundlage nicht haben – und deshalb einfach machen, was sie wollen.
Was mich sehr an die „Ehrendoktorwürde” für Carsten Maschmeyer erinnert, der ja auch nichts Wissenschaftliches geleistet hat, aber sich gegen Geld seinen Doktor beim Factory Outlet der dortigen Uni abholte. Die haben ja wenigstens noch so getan, als ob eine Geldzahlung ein „kultureller Verdienst” im Sinne deren Promotionsordnung wäre.
Aber hier ist ja gar nichts mehr da. Die Uni Mainz vergibt Doktortitel und -hüte wie die Mainzer Karnevalsvereine Karnevalsorden und Narrenkappen vergeben.
Apropos Maschmeyer: In der aktuellen Ausgabe des Satiremagazins Titanic (September 2010, Seite 18) ist ein bitterböser Artikel über jenen Carsten Maschmeyer und seine Verbindungen zu Poltikern (Christian Wulff, der ja sogar die Laudatio für Maschmeyers Geld-Promotion hielt, Gerhard Schröder, Ursula von der Leyen) erschienen (Danke an den Leser für den Link).
Und dann kommt Bundespräsident Wulff noch daher und beklagt das jämmerliche Politiker-Image in Deutschland:
“Heute begleitet auch die Politiker viel Häme, viel Spott und viel Misstrauen – mehr als früher, und das kann so nicht bleiben”, sagte Wulff.
Tut mir leid, Herr Bundespräsident Wulff, aber wer so wie Sie auf einen gekauften Doktorgrad noch die Laudatio hält und sich eine solche Nähe zum Geldadel erlaubt, der hat nichts anderes als viel Häme, viel Spott und viel Mißtrauen verdient. Und Sie haben völlig Recht damit, daß das so nicht bleiben kann. Dann sollten Sie mal damit anfangen, sich zu ändern.
Weiß jemand, ob Mario Adorf für den Doktor gezahlt hat? Und falls ja, wieviel?
4 Kommentare (RSS-Feed)
Ich habe bisher keine Stelle gefunden, an der er sich selbst Dr. ohne h.c. nennt. Er scheint den Dr. gar nicht zu verwenden, erwähnt das aber unter http://www.bundespraesident.de/-,12225/Bundespraesident-Christian-Wul.htm .
Ich verstehe ich Aufregung nicht. Es ist schon lange üblich, Ehrendoktoren in dieser Weise zu vergeben. Ob Mario Adorf ihn nun verdient hat oder nicht, mag ich gar nicht beurteilen.
Helmut Kohl hat übrigens auch einen solchen, unwissenschaftlichen Doktor.
Üblich und richtig sind zweierlei.
Ob Adorf ihn verdient hat kann man gar nicht beurteilen – es fehlen nämlich die Kriterien. Und genau das ist das Problem. Die Willkür.
Kein Wunder, das Christian Wulff Laudationes auf dubiose Promotionen hält. Schließlich hat er selber im Jahr 2007 (nachdem er im Vorjahr das “Närrische Steckenpferd” von der Prinzengarde Krefeld verliehen bekommen hatte) den Ehrendoktor der Tongji-Universität Shanghai verliehen bekommen(Quelle: Wikipedia).
Dennoch hat Wulff die Frechheit besessen, sich direkt nach der Wahl zum Bundespräsidenten unwidersprochen und ungestraft in folgendem Link als “Dr. Christian Wulff” titulieren lassen, obwohl sein korrekter Titel, wenn schon, “Dr.h.c.” lauten müsste:
http://karpfenteich.blogactiv.eu/2010/06/30/dr-christian-wulff-ist-neues-staatsoberhaupt-der-bundesrepublik-deutschland/
Anmerkung: Wenn so oberflächliche, eitle und wissenschaftlich im Grunde genommen desinteressierte Leute wie Christian Wulff schon durch enormes “Wahlglück” einen so hochdotierten Posten bekommen, den sie eigentlich von ihrer (mangelnden) intellektuellen Potenz und ihrer ebenfalls mangelnden Persönlichkeit her schon gar nicht verdient hätten, sich dann noch mit einem falschen Doktor-Titel schwücken, sind sie ein echter Schandfleck für unsere Demokratie.
Wulff & Co. sollten doch wenigstens so fair sein, den Dr.-Titel den Leuten zu überlassen, die dafür jahrelang hart gearbeitet haben.
Zudem: Es gibt auch genug Leute, die eine hohe geistige Kompetenz haben und trotzdem nie einen Dr.-Titel erhalten haben – sei es durch Geldmangel, persönliches Pech oder durch ungerechte Professoren.