Forschungsmafia: Titelhandel · Forschungsbetrug · Wissenschaftskorruption · Hochschulkriminalität

Die Promis University of London (bei Koblenz)

Hadmut Danisch
26.9.2010 14:21

Mitten in Deutschland.

Wieder mal hat mich ein Leser auf etwas kurioses aufmerksam gemacht. Die Promis University.

Wobei sich mir gleich mal die Frage stellt, ob „University” in Deutschland ein geschützter Begriff ist. Da sich nämlich inzwischen die Fachhochschulen neudenglisch „University of Applied Sciences” nennen, müßte man sich nämlich überlegen, ob darin eine Kennzeichnung für eine staatliche Hochschule oder nur ein Allerweltsbegriff liegt, den sich jeder anheften darf. So wie „Institut”. Meinen Abstellkeller darf ich jederzeit als „Institut” ausgeben, und wenn ich mich recht entsinne, darf ich mich auch ohne weiteres „Miss Germany” nennen. Ist „University” auch ein geschützter Begriff? Und „Rektor”? Ist es Amtsanmaßung, sich so zu nennen?

Rektor ist ein gewisser Professor Klaus-Peter Dreykorn. Googelt man nach einem Lebenslauf, wird man beim Deutschen Rednerlexikon fündig, was auch immer das jetzt wieder sein mag. Der Lebenslauf erweckt aber den Anschein, von Dreykorn autorisiert oder erstellt zu sein. Akademisch steht da was von Studium der Psychologie, von Horizont-Erweiterungen, Gruppendynamik, Interaktion, Körperbewußtsein. Von Promotion und Doktor steht da und auf der Uni-Webseite nichts, scheint er nicht zu haben. Wie er aber „Professor” und „Rektor” geworden ist, erschließt sich mir daraus nicht. Dafür steht im Impressum, daß „Director” der Universität eine gewisse Eva Maria Dreykorn ist. Laut Startseite ist sie übrigens in Personalunion auch Web-Master. Wo findet man sowas schon, eine University die einen „Rektor” und einen „Director” hat. Naja, allzu anstrengend scheint die Webmasterei ja nicht zu sein, denn die Bilder der Webseite (guckt Euch mal die Fotogalerie an) liegen nicht mal auf der Webseite, sondern werden von images.worldsoft-cms.info reingelinkt. Auch das Fotografieren der Wissenschaftsbilder von Wissenschaftlern in eindrucksvollen Roben war möglicherweise nicht so anstrengend, denn im Impressum wird klein und ohne näheren Bezug bigstockphotos.com als Bildquelle angegeben.

Laut Impressum heißt diese University „Promis University of London” mit „Promis Campus Ltd.” in der Nähe von Koblenz. Ltd. und London deuten darauf hin, daß dies eine in England angemeldete Limited sein könnte, so ungefähr deren Gegenstück zu unserer GmbH. Nur mit dem Unterschied, daß eine englische Limited meines Wissens nahezu kein Eigenkapital haben muß. Wikipedia weiß einige lesenswerte Details über solche Limiteds. Mindestkapital ein Pfund, und man kann sie innerhalb von 24 Stunden anmelden, so wie man auch Webseiten mal schnell mit dem Generator und Bildarchiven zusammenklicken kann.

Übrigens haben sie auch Lehrpersonal, eine ganze Liste von Honorarprofessoren, siehe „Ihre besonderen Vorteile”. Kleiner Schönheitsfehler: Akademische Grade kann man bei ihren Kooperationspartnern absolvieren, nicht bei ihnen selbst. Aber wenn sie solche Kooperationspartner haben, wo das geht – prima.

Na, das macht ja alles einen hervorragenden, akademischen und seriösen Eindruck. Was mich gerade zu der Frage bringt, ob ich nicht was falsch mache. Ich müßte eigentlich auch mal Rektor einer University werden. Ein paar englische Pfund habe ich noch rumliegen, ne Webseite bekomme ich auch hin. Alles sehr vielversprechend.

Ganz böse verleumderisch, völlig unwahr oder eine ärgerliche Namensgleichheit samt Verwechslung ist es bestimmt, daß eine seltsame Organisation namens Consumer Fraud Reporting etwas, was ebenfalls „Promis University of London” heißt, auf ihrer Liste der nicht akkreditierten Hochschulen mit dem wirklich böswilligen und unvertretbaren Untertitel „Reporting on the Latest Frauds, Scams, Fake Lotteries, Spams and Hoaxes” führt. Da haben die sicher geschlampt oder was verwechselt.

Leute, sowas ist doch bei einer in Deutschland ansässigen University gar nicht möglich. Bei uns doch nicht. Hier gibt’s nur seriöse Wissenschaft. Da würde ja sonst sofort die Staatsanwaltschaft einschreiten, und die Wissenschaftsministerien, die Gewerbeaufsicht, die anderen Universitäten würden vor Betrug warnen und, und, und. Bei uns in Deutschland nicht möglich.

Apropos seriöse Wissenschaft: Leute, hab ich Euch schon die Schote erzählt, wie Prof Beth sich damals einen zweiten Doktorgrad erfunden hat, den er immer anlegte, wenn’s wichtig wurde und der Professorenprunk losging? Oder wie das EISS eigentlich beendet war, kein Geld, kein Personal, gar nichts mehr hatte, rechtlich nicht mehr existierte und faktisch tot war, und Beth sich dann kurzerhand selbst zum „Direktor des EISS” (Europäisches Institut für Systemsicherheit) ernannt und so tituliert hat? Weil es bei Deutschlands Professoren ganz wichtig ist, Direktor von irgendwas zu sein? Und solchen Hokus Pokus an einer deutschen Universität alle normal fanden und sich niemand daran störte, weil das doch üblich wäre?

Nöh, bei uns in Deutschland doch nicht…

3 Kommentare (RSS-Feed)

sqeeze
26.9.2010 15:18
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Es geht noch schmieriger, noch widerlicher. [Zensiert vom Webmaster, sonst krieg ich am Ende noch Ärger!] Entschuldigung allerseits für die Ausdrucksweise.
Man engagiert sich für eine höchst wohltätige Sache, am besten in Osteuropa. Dort kriegt man für seine Menschenfreundlichkeit gleich einen Dr. h.c. verliehen.
Und den muss man eigentlich auch als osteuropäisch und hier nicht anerkannt angeben (wobei jetzt ja alle in der EU sind, so dass das auch wieder wegfällt).
Das Ganze kann man auch noch preisgünstiger in Afrika oder Lateinamerika machen. Und weil man manchmal so schusselig ist, lässt man einfach die Angabe der ausländischen Titel-Herkunft weg.

Es bleibt ein schöner, ehrenwerter (?) Dr. h.c.
Und alles aus Nächstenliebe.


J.
26.9.2010 19:31
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Neulig
17.10.2010 4:15
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Es gibt auch in Deutschland m. E. “Scheinuniversitäten”, z. B.:
“MLP corporate university”. Hier kann man auch keinen anerkannten Hochschulabschluss machen (sondern nur in Fortführung mit der Universität Hohenheim). Unverschämter finde ich dabei noch, dass sich etliche MLP-Berater (teilweise sogar ohne Hochschulabschluss) “Dozenten” nennen, obwohl sie anderen MLP-Beratern nur z. B. Verkaufstechniken beibringen.
MLP macht mit ihrer “University” viel Werbung und versucht sich seriös darzustellen. Siehe MLP-Homepage. Viele Berater nennen sich, wie gesagt, “Dozenten” nur weil sie dort eine Schulung geben. Das ist m. E. sehr unseriös, aber man kann anscheinend nichts dagegen machen, da beide Begriffe nicht geschützt sind, oder?