Wenn die deutsche Realität die Wissenschaftssatire überholt…
Hab ich mich jetzt blamiert?
Oder hab ich mir nach inzwischen rund 15 Jahren Forschungsmafia einen richtigen Dachschaden geholt und mir das Hirn angeshreddert?
Oder ist es einfach nur so, daß die deutsche Hochschulrealität die Satire schon so überholt hat, daß man die Satire nicht mehr als solche erkennt?
Ach, herrje.
Da hab ich doch gestern abend noch so vom Sofa aus etwas zu den Peer Reviews geschrieben, mti denen Klassiker der Informatik abgelehnt wurden oder worden wären. Ich lese also diese Reviews – und bei mir geht keine Lampe an. Normalerweise habe ich ein ziemlich untrügliches und instinktives Gespür dafür, was man glauben kann und was nicht. Leute, ich sag’s ehrlich, mir ist da keine Lampe angegangen. Erst ein Kommentator hat mir heute mal den dezenten Hinweis darauf gegeben, daß das Satire war. Als hätte mir einer eine mit dem Glockenhammer verpaßt. Wenn’s einem einer sagt, merkt man’s.
Ich habe den Artikel zunächst erst mal abgeschaltet, weil ich das korrigieren wollte und eben vom Arbeitsplatz und während der Arbeitszeit grundsätzlich nicht blogge. Peinlich, aber shit happens. Wer (wie im Wissenschaftsbereich so viele) immer so schreibt, daß einem ja nichts passieren kann und man ganz sicher nie ein Risiko eingeht, der ist informationslos und überflüssig, weil er einfach nur im Mainstream mittreibt, ohne aufzufallen. Nur der macht keine Fehler, der gar nichts macht.
Das Wesen und Erkennungsmerkmal der Satire ist, daß sie die Wirklichkeit übertrieben darstellt. Und ich habe mir eben in den letzten 10-15 Jahren einen Hintergrund angeeignet, vor dem diese Reviews überhaupt nicht übertrieben waren, sondern exakt, hundertprozentig, in die Sprachmuster der Reviews und vor allem der Dissertations- und Diplomarbeitsbewertungen paßt, die ich gesehen habe. Seit ich dieses Blog betreibe, schicken mir immer wieder mal Leute vertraulich Gutachten zu, um mich nach meiner Meinung dazu zu fragen. Und die bewegen sich verblüffend oft auf diesem oder noch schlimmerem Niveau, und sie verwenden die immer selben, die immer stereotypen, die immer geistlosen Schwafeltechniken, die im Universitätsbetrieb und der naiven Öffentlichkeit so gerne für Wissenschaft gehalten werden. Deshalb gab es an diesen Satire-Reviews (außer vielleicht die nicht zeitgemäße Wortwahl und der Zeitpunkt der Erfindung des Farbfernsehens) nichts, was irgendwie von dem abweichen würde, was ich die letzten Jahre so zu sehen bekommen habe.
Aber wie ich so über den Tag darüber nachdenke, komme ich mehr und mehr zu der Auffassung, daß mein Standpunkt trotzdem und umsomehr richtig war und ist.
Denn wenn das keine echten Reviews sondern konstruierte Satire war, dann bedeutet das, daß diese Schwafelmuster nicht eben nur in meiner Einbildung und Wahrnehmung stattfinden, sondern daß mindestens der Autor dieser Satire-Reviews und alle die, die sich darüber amüsieren, diese Schwafelmuster ebenfalls sehen und erkennen, und daß sie viel weiter verbreitet sind, als man so annehmen könnte. Auch wenn es jetzt auf den ersten Blick peinlich war, daß ich das nicht gleich als Satire erkannt habe (das heißt, ich habe es schon als Satire und Kritik verstanden, aber eben in dem Sinne, daß da jemand aus Satire echte lächerliche Reviews zusammengestellt hätte). Von Einstein ist ja auch bekannt, daß man den abgelehnt hatte. Und ich kenne so viele Leute, deren wirklich gute Papers man mit den absurdesten Begründungen abgelehnt hat. Warum also sollten diese Reviews unrealistisch sein? Wie gesagt, daß diese Schwafelmuster zum Gegenstand von so treffender Satire werden, zeigt ja, daß das Problem nicht nur existiert, sondern noch größer und verbreiteter ist, als gedacht.
Ich will einfach mal zu den Reviews anmerken, was ich dazu gedacht habe, um das nachvollziehbar zu machen, warum mir die realistisch und nicht satirisch übertrieben vorkamen:
Die generelle Denk- und Formulierungsweise
Dieses „Was der Bauer nicht kennt, frißt er nicht”, diese Borniertheit, diese extrem konservative Sichtweise, dieses aggressiv Herablassende gegenüber allem, was nicht dem eigenen Forschungslager und dessen axiomatisch zementierter Auffassungen entspricht, ist mir an den deutschen Universtitäten immer und immer wieder begegnet. Dieses verächtliche, geringschätzige Niederreden nach dem Motto „das haben wir ja noch nie so gemacht, wo kämen wir hin, wenn…”.
Der Wissenschaftsbetrieb hat nichts mit Suchen, Finden und Neuigkeiten zu tun. Es geht um das Zitieren, Rezitieren, Repetieren, Anerkennen des Bestehenden, des anerkannten und eingeübten. Besonders in meinem Promotionsstreit, aber auch in vielen Fällen, in denen mir Unterlagen zugespielt wurden, habe ich immer nur diesen verächtlich-herabwürdigenden unsachlichen und auf mangelnder Kompetenz beruhenden Tonfall erlebt, der auch immer gleichbleibt, weil die immer gleichen Phrasen verwendet, kombiniert, repetiert werden, der übliche Ablehnungs-Baukasten. Die Satire trifft diesen Tonfall so genau auf den Punkt.
Dijkstra, Goto Statement Considered Harmful
Wer mal so in mindestens ungefähr meinem Alter ist, der könnte sich noch daran erinnern, daß im Wissenschaftsbereich mal in FORTRAN und BASIC programmiert wurde und GOTO damals nicht nur State of the Art war, sondern von vielen als normal, effektiv, pragmatisch und zwangsläufig angesehen wurde. Strukturiertes Programmieren war damals so neu, daß man es noch mit (aus heutiger und auch damaliger Sicht reichlich albernen) Struktogrammen veranschaulichen mußte. Und ziemlich viele Leute haben darüber geschimpft. Dieser Review ist keine Übertreibung, sondern original der Tonfall, den man damals jahrelang gehört hat. Satirisch kommt einem das nur vor, wenn man so jung ist, daß man das damals noch nicht so richtig mitbekommen hat.
Einen ähnlichen (aber im Prinzip umgekehrten) Effekt sehe ich heute an den Hochschulen mit der funktionalen Programmierung. Das ist eine Programmiertechnik von vielen, die man beherrschen muß, und von denen man einschätzen können muß, wann man sie einsetzt und wann nicht. Wenn ich aber den Fanatismus (und gleichzeitig die doch sehr begrenzten Programmierfähigkeiten und -erfahrungen) der Dozenten sehe, die das als Allheilmittel predigen, erinnern die mich an die GOTO-Jünger (nur eben mit dem Unterschied, daß die GOTO-Heinis gegen etwas waren, während die Funktionalis für etwas sind).
Codd, A Relational Model of Data for Large Shared Data Banks
Ich kenne heute noch Leute, die so denken. Und die Vorlesungen in meinem Studium waren auch nicht besser. Ich habe Leute erlebt, die in Karlsruhe als ein Schwerpunktfach im Hauptdiplom Datenbanken hatten, sehr gute Noten bekommen hatten, und hinterher nicht wußten, was eine Datenbank ist. Denen wir dann erst mühsam beibringen mußten, was eine relationale Datenbank ist.
Guckt Euch mal die neue Mode der NoSQL-Datenbanken an. Keiner weiß so genau, was es eigentlich ist, und wozu es gut sein soll. Die herausragende Eigenschaft soll sein, daß sie nicht relational sein sollen. Egal was, nur nicht relational.
Turing, On Computable Numbers…
Erinnert mich brutal an eine Diplomarbeitsbewertung, die ich mal gelesen habe, eine ziemlich absurde Dissertation über Programmiersprachen und Maschinen, die ich hier mal rezensiert habe, und einige Aspekte der Begründung meiner eigenen Promotionsprüfer.
Shannon, A Mathematical Theory of Communication
Nicht nur so ähnlich. Genau diesen Streit um genau dieses Paper um genau die Frage ob digital oder analog, die Verweise auf analoge Übertragungstechnik und den Hinweis, sich statt um Digitales doch lieber um sexy Analogtechniken zu kümmern, hatte ich doch vor Gericht mit meinem „Doktorvater” Beth und dem „Sachverständigen” Han Vinck. (Siehe Adele). Die haben beide so argumentiert, nur noch viel absurder. Was hier als Satire dargestellt wird, ist vom Verwaltungsgericht Karlsruhe im Namen des Volkes rechtskräftig für einzig wahr erklärt worden. Die deutsche Wissenschaft hat das, was da international als Satire geschrieben wird, längst als deutsche Wissenschaftsrealität umgesetzt. Und das haltet Ihr noch für Satire?
Dieser Idioten-Review fügt sich nahtlos in das, was von den Unis Karlsruhe und Duisburg-Essen vor Gericht vorgetragen wurde. Der Gedanke, der mir da gekommen ist, war, daß es ja noch mehr solche Quacksalber geben mußte, wenn ich schon an zwei hintereinander geraten bin. Das Wording trifft genau, das kam mir alles so hundertprozentig vertraut vor.
Noch eine Anekdote dazu: Als ich damals Mitarbeiter am EISS war, ging es um die Frage, ob wir für unser Sicherheitsprotokoll TESS/SELANE (RFC 1824) auch eine vernünftige Anwendung finden könnten. Ich nahm mir damals, so um 1995 herum, vor, ein verschlüsseltes Telefon zu bauen, zunächst mal natürlich mit einfachen Mittel und als Proof-of-Concept. Ich hatte eine Sun Workstation und einen Laptop mit Linux und der damals sehr bescheidenen Rechenleistung. Dazu ein Modem und etwas später ein Handy (was ich mir mühsam erstreiten mußte, weil die Universität Mobiltelefone als überflüssige und unnütze Spielerei ansah. Irgendwer im Rektorat hatte das einzige von der Universität genehmigte Diensthandy, und man war zu dem Ergebnis gekommen, daß sich das als nutzlos herausgestellt hatte, daß niemand sowas brauche. Mit viel Mühe hatte ich das damals zweite Universitätshandy durchgesetzt), ein Nokia 2110 mit der damals für teueres Geld erhältlichen externen PCMCIA-Modem-Karte, die 2400 Byte pro Sekunde übertragen konnte.
Ich habe mir damals von irgendeiner amerikanischen Uni einen FORTRAN-Quelltext für einen LPC-1.0 (Linear Prediction Coder) besorgt, aus dem jede Menge Fehler rausgemacht, nach C umgeschrieben und sehr optimiert, und noch eine Verschlüsselung drumgepackt. Und das hat funktioniert, man konnte zwischen der Sun und dem Notebook verschlüsselt sprechen, wahlweise über TCP, UDP oder Telefon/Handy+Modem, zwar mit scheußlich schepperndem und blechernem Klang (weil beim LPC eben ein Synthesizer versucht, die Sprache zu imitieren), und einem etwas unangenehmen Delay, aber funktioniert hat es und gut verständlich war es auch, und es war ja nur der Proof-of-Concept. Da es sowas damals noch nicht öffentlich gab, hätte da was draus werden können (andere haben sowas später Skype genannt und sich dumm und dämlich dran verdient).
Irgendwann wollte Beth mal wieder auf irgendeine Tour um mit den Institutsergebnissen anzugeben, und wollte dabei auch das verschlüsselte Telefon sehen. Ich hab’s ihm vorgeführt, mit Laptop und Sun Workstation (weil ich eben nur einen Laptop hatte, und zum Telefonieren gehören halt nun mal zweie).
Beth ist ausgerastet. Was das für eine Scheiße wär. Sowas könnte man doch niemandem vorführen oder anbieten. Er hätte sich darauf verlassen, daß ich ein verschlüsseltes Telefon produziere, und ihm nicht irgendwelchen Kabelwust aufbaue. Er erwarte und verlange, daß ich das gefälligst in das Telefon einbaue. (Damals waren Handys gerade dem diskret aufgebauten Kofferformat entwachsen und zwar schon klein, aber noch aus einzelnen, nicht programmierbaren dedizierten ICs aufgebaut, an denen man nichts umprogrammieren konnte.) Ich sag ihm, daß das nicht so einfach und vor allem nicht mal eben so auf die Schnelle geht. Dazu bräuchte ich Platz im Handy, den ich nicht habe. Dazu bräuchte ich Werkzeug, das ich nicht habe. Und dazu bräuchte ich – vorausgesetzt, die benötigten Datenleitungen wären überhaupt aus den Chips herausgeführt – Baupläne von Nokia, die die Protokolle, Leitungen usw. beschreiben. Wollte Beth nicht recht einsehen. Wir sind doch genial, wir können alles. Bedienungsanleitungen brauchen wir ja auch nicht. Aber wenn ich halt so unfähig wäre, dann sollte ich doch gleich mal bei Nokia anrufen. Die müßten sich doch riesig freuen, wenn sich mal echte Wissenschaftler um die Veredelung von deren Handys kümmern und uns freudestrahlend sofort deren Baupläne rüberfaxen, eigentlich noch gleich mit beigelegten fetten Drittmittelgeldern. Als ob Nokia gerade auf uns Armleuchter gewartet hätte, um ihre Betriebsgeheimnisse rauszufaxen. Und eine sauteuere Design-Workstations für CMOS-VLSI-Designs hätten wir doch auch, da könnte ich das doch bis nächste Woche für seine Demo in das Handy eingebaut haben. Als wir ihm dann zu dritt klarmachten, daß das unmöglich gehen kann, daß auch die eingebaute GSM-Sprachkompression Probleme mit Verschlüsselung hat, weil die unterschiedlich starke Fehlerkorrekturen je nach Relevanz einsetzt (weshalb ein GSM-Sprachverbindung normalerweise so um die 7-9 kBit/s verwendete, während die Modem-Karte nur maximal 2.400 Bit/s konnte), ist er dann ganz ausgetickt. Wieso wir das überhaupt digital machen würden. Das sei doch der völlig falsche Weg, und die Anwendung von Block- und Stromchiffren auf digitalisierte Sprache sowieso Unfug, wie wir nur auf so eine absurde Idee kämen.
Er habe schließlich vor einigen Jahren die Analog-Verschlüsselung für die Funkgeräte der britischen Polizei entworfen, und solange er Professor in diesem Institut sei, gelte da immer noch die Fourier-Transformation als Werkzeug der Wahl, womit abschließend festgelegt sei, daß in diesem Institut hier nur analog verschlüsselt wird. Das sei die wahre Wissenschaft und Ingenieurskunst, der einzig wissenschaftliche Weg einen Sprachverschlüsselung zu bauen. Blockchiffren seien ja schon genug erforscht, das könne ja jeder anwenden, deshalb sei es ja nicht wissenschaftlich. Analoge Sprachscrambler wie in der Elektronik-Steinzeit. Und um das Nokia-Problem zu umgehen, solle ich doch bitteschön ein Gerät bauen, was auf das normale Handy draufgesteckt wird und sich akkustisch über Micro und Lautsprecher einkoppelt, so wie die alte Akkustikkoppler. „Herr Danisch, ich kann mich doch darauf verlassen, daß Sie als fähiger Informatiker das bis nächsten Mittwoch schaffen.” (So mit dem Unterton, wenn Sie es nicht schaffen, sind Sie unfähig und selbst schuld.) Zu dritt haben wir auf ihn eingeredet um ihm zu erklären, daß das nicht funktionieren kann, weil (was er nicht wußte) D-Netz-Telefone digital arbeiten. Beth kannte den Unterschied zwischen C- und D-Netz nicht und war fest davon überzeugt, daß sein geiles privates Nokia ein herkömmliches Analog-Funkgerät-Gerät sei. Muß ja, dachte er, man hört’s ja rauschen und knacken. Vor allem digitalen hatte der eine Höllen-Angst (er hatte sich auch mal ISDN in sein Privathaus bestellt, weil er modern und vorne mit dabei sein wollte, und dann von uns entsetzt erfahren, daß ISDN digital ist, und dann die verdutzten Telekom-Installateure beschimpft und zum Teufel gejagt, als sie die Dose legen wollten). Wir haben ihm erklärt, daß D-Netz-Telefone die Sprache digitalisieren, eine Sprachkompression durchführen, und die Bits je nach Verständnisrelevanz unterschiedlich stark mit einer Fehlerkorrektur belegen. Würde man das Sprachsignal irgendwie scrambeln, käme da alles durcheinander und beim Empfänger was ganz anderes an, was man nicht mehr brauchbar dekodieren könnte, wenn dann noch das Krächzen des Lautsprechers dazukommt. (Irgendeine skandinavische Firma hat später sogar genau das angekündigt und versucht, hat aber nie stabil funktioniert, hatte zu niedrige Bandbreiten und hat nie jemand haben wollen.)
Als Beth merkte, daß Mobiltelefone intern digital arbeiten, und ich die Sprache digital verschlüsseln wollte, war er beleidigt und betrachtete das als Mißachtung seiner Person, seiner Wissenschaftlichkeit und seiner Leistungen um die britische Polizei. Ich wurde angewiesen, die Arbeiten sofort einzustellen und keine weitere Zeit mehr zu vergeuden. Ich sei schuld, daß er etwas nicht vorführen könnte, was er zugesagt habe.
Aus ähnlichem Grunde brüstete er sich auch, der erste Professor zu sein, der e-Mail eingeführt, deren Nutzlosigkeit und Unwissenschaftlichkeit erkannt, und sie wieder abgeschafft habe. E-Mail habe keine Zukunft. Richtige Wissenschaftler schreiben handschriftlich-analog auf Papier und lassen das von der Sekretärin oder der Hotel-Rezeption faxen. Aus Prinzip. Weil’s analog ist und mit Fourier-Transformation zu tun hat. Ich durfte auch unsere Papers nicht auf meinen Webserver (einen der ersten weltweit) legen. World Wide Web und Internet? Dummes Zeug, unwürdig, überflüssig. Nur für Nerds und Spinner. Richtige Wissenschaftler faxen und schicken auf Anforderung auf Papier, nämlich analog.
Und der gleiche Schwachsinn dann in Beths Prüfungsgutachten und später im Gerichtssachverständigengutachten von Han Vinck. So ging mir das an der Universität Karlsruhe, das ist mein „wissenschaftlicher” Hintergrund, jedenfalls der Anteil, den die Uni Karlsruhe daran hat. Und weder ich selbst, noch das Gericht haben in Deutschland Sachverständige gefunden, die was anderes sagen wollten.
Und nun vergleicht das mal mit dem Satire-Review über Shannons Paper, mit den Aussagen über analog und digital.
Und dann sagt mir mal, was von beidem da die Satire sein soll. Merkt Ihr, warum mir das nicht satirisch vorgekommen ist? Kommt halt immer drauf an, welchen Erfahrungsschatz man gemacht hat.
Rivest, Shamir, Adleman
Kommt mir vom Stil auch sehr bekannt vor, nicht nur wegen der Aussagen der Prüfer und Sachverständigen zu den Schlüssellosen Chiffren. Dieselbe böswillige Art, etwas partout und mit aller Kraft mißverstehen und schlechtreden zu wollen.
Da hab ich auch noch einen zu erzählen. Ich hab damals zusammen mit einem Kollegen die Systemadministration für das EISS und das IAKS innegehabt. Wir hatten gerade für teures Geld alles von Sun3 auf Sun4 aktualisiert und in jedem Büro und den Studentenräumen eine wirklich gute, üppige und teure Rechnerausstattung aufgestellt, lief auch gut.
Da kam irgendwann Beth an und gab die Anweisung, daß wir die Suns sofort alle rauswerfen sollten, am besten gleich auf den Müll. Das wäre eine absolute Fehlentscheidung gewesen, und nur deshalb gekauft worden, weil wir zwei halt eine Vorliebe für Suns hätten, das sei aber doch nur Spielzeug. Richtige Wissenschaftler, die auf dem Stand der Zeit wären, verwendeten selbstverständlich DEC Alpha (rhetorische Frage: Kennt die noch jemand oder hätte jemals jemand davon gehört, daß die in großem Umfang eingesetzt worden wären?). Wir sollten schnellstmöglich die nagelneuen Suns durch neue DEC Alpha für mehrere hunderttausend Mark ersetzen. Nur so könnten wir wissenschaftlich arbeiten. Wir fragten verdutzt, wo denn der Vorteil der DECs gegenüber den Suns wäre und was die anders machten.
Beth war am Rande irgendeiner Konferenz in den USA zu einer Besichtigung der Chip-Fabrik der Alpha-Prozessoren eingeladen worden. Dort hatten sie irgendwas erzählt, er hat es falsch verstanden, vielleicht hatten sie ihn auch einfach verulkt, und er war nun der felsenfesten und unbeirrbaren Überzeugung, daß die Alphas ein mächtigeres Maschinenmodell hätten, und man darauf Algorithmen implementieren könnten, die man auf den Suns wegen deren viel schlechterer Prozessorarchitektur nie und nimmer programmieren könnte. Mit diesen blöden Suns würden wir das Institut vom Zugang zu modernen Algorithmen und uns damit von der Spitze der Forschung abschneiden. Nur mit den Alphas könnte man innovative Forschung treiben. Der feuchte Traum jeden Vertrieblers. Widerrede zwecklos. Wir haben uns dann über einen Trick mit ihm geeinigt. Er solle halt die halbe Million für die Alphas ranholen und sie bestellen. Bis die dann geliefert würden, könnten wir die Suns ja noch ertragen und uns über Wasser halten. Und dann könnte man die ja immer noch für einfache Schreibarbeiten oder einfache Übungen für Studis im Vordiplom aufbrauchen, dafür gingen die gerade noch. Als Beth noch am Geld-Sammeln war, wurden die DEC Alpha dann irgendwann eingestellt, waren ein Flop. Beth hat das Thema nie wieder erwähnt.
Beth als DFG-Gutachter
Bei diesem ganzen Blödsinn sollte man sich vor Augen halten, daß die DFG Beth – obwohl ich sie mehrfach über dessen Machenschaften informiert hatte – bis zu seinem Tod als DFG-Gutachter eingesetzt hat, und Beth damit über die Forschungsanträge anderer entschieden hat. Und ratet mal, wie Beths Gutachten aussahen. Und ratet, wie die anderen DFG-Gutachten aussehen, wenn Beth da nicht sonderlich negativ auffiel. Ich kenne noch mehr schräge Fälle, aber weil die im Gegensatz zu Beth noch leben, kann ich das nicht öffentlich auspacken.
Merkt Ihr jetzt, warum mir das nicht als Satire ins Auge sprang?
Ob man etwas als übertrieben erkennt, hängt immer davon ab, was man so gewohnt ist.
Satire ist eine Frage des Maßstabes. Und der ist in Deutschland einfach anders.
6 Kommentare (RSS-Feed)
Ich meinte letztens zu einer Kommilitonin, dass die Menschen völlig austicken würden, wenn sie wüssten, für was ihre Steuergelder in der Forschung ausgegeben werden und durch was für Methoden sie folglich ihre Existenzen gestallten lassen müssen (nicht nur die Informatik ist so absurd drauf, aber das brauche ich ja nicht weiter auszuführen…).
Ihr Artikel ist, für mich als Informatik Nicht-mal-Laie, eine gut verständliche Ausführung der Krudität dieser Methoden, man könnte fast sagen, des Antimethodischen der universitären Methoden.
Ich glaube, Du hast noch keinen Dachschaden. Natürlich besteht
nach jahrelanger Beschäftigung mit einen Thema immer das Risiko, dass
man neue Information automatisch so einsortiert, dass sie auf die
vorherigen Erfahrungen passen und bereits bestehende Ansichten
bestätigen. Aber für kleine Korrekturen hast Du ja die treuen
Leser Deines Blogs.
Manches kannte ich schon aus Adele, aber die Schilderung ist immer
noch beeindruckend. Wenn das ganze mal in gedruckter Form erscheint,
sollte es unbedingt jemand für die Karlsruher Bibiliothek bestellen.
…und immer schön dran denken, daß man mit seinen Steuergeldern 30.000 deutsche Professoren bis ins Grab bezahlt, und daß Beth zwar ungewöhnlich, aber wahrlich kein Einzelfall war.
Zu diesem Beth, ist das alles wahr? Das ist ja kaum zu fassen, wenn solche Iditoten an der Uni KA rumrennen. Ich habe von dem Laden (Informatik, Maschinenbau) schon viel mieses gehört, auch vom Personal selbst aber dass dort sowas Inkompetentes rummrennt, das liest sich wie Dilbert.
Ich habe den Eindruck dort wird Inkompetenz durch massiven Einsatz von horrenden Geldsummen versucht zu kompensieren. Da gibts ja an jeder Dorf-FH fähigeres Personal, unfassbar.
@insider: Ja, das ist wahr, und noch viel mehr. Das sind ja noch die kleinen lustigen Anekdoten, die man schnell und einfach erzählen und über die man noch lachen kann. Die Wirklichkeit war noch viel, viel schlimmer, aber da bräuchte ich ganze Abende um das alles zu erzählen, um am besten noch die damaligen Kollegen. Beth hat nie selbst Informatik studiert, sondern Medizin und Mathe, ist aber in beidem nichts geworden, und letztlich bei den Informatikern gelandet, weil die damals jeden genommen haben. Dann hat er sich einfach selbst zum Informatiker und Kryptologen ernannt, das ist da so üblich. Der konnte (jedenfalls zu meiner Zeit) überhaupt nicht mit einem Rechner umgehen, brauchte für Mail und Web die Sekretärin, die ihm das alles audruckt. Und da war er an der Fakultät auch nicht der einzige. Fakultätsrundschreiben wurden damals halb/halb per Papier und per E-Mail verteilt. E-Mail für die, die es können, und Papier für die, die es nicht können.
Das ist jedenfalls das Mindest-Niveau von Schwachsinn, auf dem wir uns da stets bewegt haben. Wie gesagt, oft war’s noch viel schlimmer.
Und Beth war kein Einzelfall, nicht in Deutschland und auch nicht in Karlsruhe. Wenn man sich anschaut, wie die in Karlsruhe ihre Berufungsverfahren durchführen, wird einem auch klar, warum da solche Leute rumlaufen, und so viele. Die Uni Karlsruhe basiert nicht auf Wissenschaft, sondern auf enorm hoch vernetzter Korruption und einem hohen Maß an krimineller Bereitschaft.
Wenn man das mal mitgemacht hat, kommt einem das, was hier als „Satire” gemeint war, noch weit unter- und nicht übertrieben vor.
Tröste Dich, ich habe es auch nicht gleich als Satire erkannt, sonst hätte ich Dich vorgewarnt.
Apropos TESS/SELANE:
Soweit ich mich zurückerinnern kann, hatten wir damit zumindest gesicherte Terminal/serielle Verbindungen implementiert, was damals, als es noch kein ssh gab, recht praktisch war. ich hatte sogar ein Mac-Programm geschrieben, um den in die serielle Leitung einzuschleifen und das Protokoll übernehmen zu lassen, Damit die Endgeräte eine transparente (verschlüsselte) serielle Verbindung zur Verfügung haben. Natürlich nicht so, daß man es als fertiges Produkt hätte vertreiben könne, aber mit etwas Aufwand und einem embedded 68k-Prozessor hätte man damit eine kleine Kiste für gesicherte Modemverbindungen bauen können.