74 Prozent Durchfallquote
Die ZEIT schreibt über Horrorprüfungen an der Uni Darmstadt. Wie abgrundtief schlecht muß eine Hochschule sein, wenn sie bei 74 Prozent der Studenten darin versagt, denen die Grundkenntnisse des Berufs wenigstens zur Note 4.0 beizubringen? Warum fliegen da eigentlich die Studenten und nicht der Dozent raus?
20 Kommentare (RSS-Feed)
Hallo zusammen,
“wenn das mal alles so einfach wär’…” haben “Die Ärzte” ihrerzeit schon richtig erkannt. So ist es aber leider nicht. Dabei beziehe ich mich nicht auf die Prüfungen, sondern auf die Erklärung des Zusammenhangs.
Ich betreue selber bereits über viele Semester Studenten und stelle sowie korrigiere Prüfungen. Meine Erfahrungen sind in vielen Fällen die, dass “früher vieles besser war”. Ganz im Ernst, wenn versucht wird, immer mehr Akademiker zu erzeugen, sprich die Zahl der Einschreibungen zu erhöhen, befinden sich – wie es der Artikel bereits anspricht – in der Tat mehr durschnittlich Begabte an den Hochschulen als früher.
Meine persönliche Erfahrung ist, dass die Studenten vielfach entweder faul oder unfähig sind. Die Leute, die sich wirklich hineinknien und auch mal versuchen, selbst eine Sache zu durchdringen, gibt es nur noch sehr selten. Vielfach herrscht die Einstellung, dass der Dozent alles vorkauen muss und ich als Student nur noch konsumiere (so wie ich es aus anderen Medien gewohnt bin). Das funktioniert beim Studium aber nicht. Dinge, die ich nicht verstehe, sei es beispielsweise aufgrund einer zu schlechten Vorkenntnis, muss ich selber nachholen. Das haben wir früher auch gemacht. Und schließlich ist das eigentlich die wichtigste Eigenschaft, die ein Student an der Uni erwerben sollte: selbstständiges Arbeiten.
Ich denke, es kann kein Weg sein, die Anforderungen dem Goodwill der Studenten anzupassen. Die Wirtschaft würde sich bedanken. Außerdem, so bin ich überzeugt, würde das an der Durchfallquote nichts ändern. Andererseits muss man natürlich auch zugeben, dass die didaktischen Fähigkeiten vieler Dozenten stark verbesserungswürdig sind, aber das war schon immer so… 🙂
Es ist halt immer die Frage, ob man sich als Hochschule über das Prüfen definiert und eine hohe Durchfallquote als Qualitätskriterium ansieht, oder ob man sich über das Lehren definiert, und eine hohe Erfolgsquote als Ziel hat.
In meinem Studium gab es auch verdammt hohe Durchfallquoten bis über 90%, was aber den Grund hatte, daß die Professoren der Auffassung hatten, daß ihnen das Arbeit spart, weil jeder Student, den sie im Vordiplom rausprüfen, ihnen schon im Hauptdiplom keine Arbeit mehr macht.
Ist halt immer eine Frage, wonach man optimiert.
Das ist absoluter Quatsch. In der Tat ist es so, dass Durchgefallene viel mehr Arbeit verursachen. Zum einen sind die Korrekturen viel aufwendiger, zum anderen kommen die ja bis zu dreimal wieder, um die Prüfung zu machen (je nach Prüfungsordnung). Aus diesem Grund gab es, je nach Fall, auch schon einmal Überlegungen, den Kandidaten mit einer 4,0 zu prüfen, damit er bloß nicht wiederkommt. In der Regel ist es ja nicht so, dass man noch zahlreiche andere Vorlesungen im Hauptstudium hat, höchstens vielleicht an sehr kleinen Hochschulen.
Kurz: Den Einwand kann ich nicht bestätigen. Das Gegenteil ist der Fall.
Niemand kann mir erzählen, dass 90% unfähig wären …
Aber es entspricht eben manchmal nicht der Eitelkeit des Professors, alle, die da kommen, durchzulassen.
Eigentlich müsste jeder durchfallen, gemessen am Genius des Profs. Es ist ja wahrlich schon eine Zumutung, dass er überhaupt belästigt wird von diesen Studenten.
In den Geisteswissenschaften ist es ja noch schlimmer. Wer da nicht die richtige politische Gesinnung hat (je nach Prof mal ultra-links, mal stramm konservativ), der muss dann eben das Weite suchen. Der hat ganz einach die Theorien nicht verstanden. Und ist nicht würdig, sich im Dunstkreis des Profs aufzuhalten.
Da macht keiner was. Es gibt keine Aufsicht an der Uni. Der Prof kann machen, was er will. Er hat immer Recht.
Solche Systeme hat es in der Geschichte immer wieder gegeben, alle sind sie untergegangen. Nur das elitäre Prof.-System, das überdauert die Zeit.
@Pate
Die 90% Durchfaller machen zwar beim Vordiplom einmal viel Arbeit insbesondere den “Assis” und nciht den Professoren, aber die “Durchkommer” “quälen” in den folgenden Jahren die Professoren, weil sie in verschiedenen Fächern geprüft werden wollen und die Professoren wenigstens zu der Prüfung anwesend sein müssen.
Von daher ist eine hohe Durchfallerquote (auch zu meiner Zeit, Mitte 80er, in KA üblich) durchaus eine “Präventivmaßnahme”.
Da gibts ja so etliche Aspekte.
Erst einmal ist interessant, dass es diese Probleme primär in den MINT-Fächern gibt. Die Studenten sind zu dumm für Mathematik, aber schlau genug für Sozialwissenschaften? Interessant für Fächer, die prinzipiell einen vergleichbaren Abschluss und die gleichen Zugangsbeschränkungen haben…
Apropos: Das Abitur soll ja auch eine Zugangsbeschränkung für Hochschulen sein. Wenn ein hohe Prozentsatz der Abiturienten zu blöd für MINT-Fächer sind, muss man sich auch Gedanken machen, ob die Zugangsbeschränkungen so richtig sind. Gerade vor dem Hintergrund des Zentralabiturs.
Andererseits rühmen sich etliche Professoren noch mit ihren Durchfallerquoten rühmen. Frei nach dem Motto: Unser Stoff ist so anspruchsvoll und toll, dass ihn 90% der Studenten nicht kapieren.
Das liegt für mich auch daran, dass etliche Professoren bis heute nicht kapieren, dass das Studium heute primär berufsqualifizierend wirkt. Die Professoren glauben aber oft immer noch, dass der akademische Abschluss primär für eine akademische Karriere qualifizieren soll.
Genau hier muss man meiner Meinung nach ansetzen. Mit Bologna hat man einen Schritt in die Richtung genommen. Das muss aber noch weitergehen. Über das Abitur hinausgehende berufsqualifizierende Abschlüsse sollten möglichst weit von Abschlüssen für die akademische Karriere entkoppelt werden.
Wo Ihr studiert habt… ein solcher Habitus ist mir nie untergekommen. Es haben zwar auch nur 30% das Vordiplom erreicht, aber die Prüfungen waren fair und konnten durchaus auch angefochten werden. Die Dozenten waren froh, Studenten zu haben, die sich für ihr Fachgebiet interessiert haben.
Bei diesen Horrorgeschichten, die ich hier lese frage ich mich, ob eine gewisse Menge von Hochschulen in Deutschland einfach schlecht ist, oder ob eine solche Wahrnehmung nicht doch auch an den Studenten liegen könnte.
Wahrscheinlich sind, wie so oft, beide Seiten beteiligt.
Naja, daß die Sozialwissenschaften anspruchslos sind und da jeder Torfkopf unterkommt, ist ja bekannt…
Ich kann Herrn Danischs Erfahrung bestätigen: Als ich damals studierte war der Grund für die hohen Rausprüfquoten, dass die Professoren keinen Bock hatten so viele im Hauptstudium zu betreuen.
Trotzdem hat man jedes Semester jeden zugelassen, weil jeder Student mehr mehr den Etat erhöht. Offiziell wurde das nat. nie so gesagt, da lautete die Begründung ‘hoher Anspruch, wir wollen nur die Besten, nicht jeder kann Ing./Inf werden, wir sind eine der Tophochschulen,…’, das übliche Geschwafel halt. Unter vier Augen, mit viel Glühwein intus bei der Weihnachtsfeier hat dann immer wieder mal ein Prof aus dem Nähkästchen erzählt wie der Hase wirklich läuft. Wenn man in der Fachschaft/StuPa war, bekam man auch frühzeitig mit was intern so abgeht. Das läuft dort ab wie in der Politik, nach aussen hin wird was ganz anderes ‘kommuniziert’, auf deutsch, man lügt die Leute bewusst an.
“Naja, daß die Sozialwissenschaften anspruchslos sind und da jeder Torfkopf unterkommt, ist ja bekannt…”
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Im Studium ja. Aber in der Promotion gibt es die hier so oft beschriebenen Mechanismen, sowie -wie gesagt- die politische Auslese.
Ein Unding. Man kann doch nicht eine politische Meinung bewerten. Oder die Connections innerhalb einer Partei. Aber genauso ist es.
“Bei diesen Horrorgeschichten, die ich hier lese frage ich mich, ob eine gewisse Menge von Hochschulen in Deutschland einfach schlecht ist, oder ob eine solche Wahrnehmung nicht doch auch an den Studenten liegen könnte.”
Im Studium hätte ich es mir auch nicht vorstellen können. Da war ich genauso idealistisch wie Du.
Doch je bedeutsamer die Prüfungen werden -und die Promotion ist ja schon bedeutsam- umso mehr legen sich Profs ins Zeug, wegzuprüfen oder wegzumobben. Diese Erkenntnis hat mich tief enttäuscht.
Ich wünsche niemandem, die gleichen Erfahrungen machen zu müssen.
Sozialwissenschaften sind alles andere als anspruchslos. Versuchen sie mal Verelendung und Bildung als komplexen Zusammenhang zu beschreiben, der mehr bedeutet als “schlechte Politik” (Verelendung ist nicht für jeden schlecht…).
Sozialwissenschaften werden anspruchslos GEHALTEN und das nicht ohne Gründe. Wer will schon wissen, wieso eine “kritische Polizei”-Vereinigung in Deutschland ganze 40 Mitglieder hat? Wer will was über architektonisch-sozial induzierten Korpsgeist wissen? Wer will schon hören, was intensivere Überwachungsstrategien für Auswirkungen auf Suizidraten haben? Wer will schon wissen, wie rassistisch unser Bildungswesen funktioniert (wenn 70% der Noten 4, 5 und 6 in wesentlich erhöhtem Maße auf Nicht-Deutsche fallen, kann man schlecht von “natürlicher” Unfähigkeit reden…) ?. Wer will schon wissen, was für Auswirkungen die Existenz von Hochsicherheitsgefängnissen oder geschloßenen Psychiatrien auf das Unbewusste einer Gesellschaft haben kann? Wer will schon wissen, wieviel die Schaffung von Rechten mit sozialen Schlachten zu tun hat? Wer will was wissen von dem in den Gesetzen eingeschriebenen Blut? Wer will schon den Unterdrückten und den Minderheiten zeigen, wieso und woran ihre Strategien scheitern (um ihnen zu ermöglichen, sie zu verbessern)? Wer will schon, daß mit dem Finger auf den Eifelturm gezeigt wird, wenn man so einfach in die Banlieues zeigen kann? Wer will schon die Mißstände aufzeigen, die durch Sozialarbeit produziert werden, wo doch alle fürs “Wohl aller” Geopferten so vorzüglich die Füße stillhalten? Wer will schon hören, daß Quotenregelungen von oben totalitäre Substanz schaffen, wo eine Quote doch so einfach ist? Wer will schon hören, daß es die Gefahr ist, wenn Totalitarismus wieder einfach wird? Wer will schon darüber sprechen, daß man als Jugendlicher im Knast erst so richtig lernt, wie es funktioniert, und daß Gefängnisse nur sporadisch resozialisieren und es auch nie anders konnten? Wer will schon was über gesellschaftliche soziale Zusammenhänge und Verhängnisse wissen, wo man doch so einfach alles auf den Einzelnen schieben kann?
Wer wills schon hören, daß es nicht von ungefähr kommt, wenn LSD-Experimente in Laboren (in LABOREN!) für die Probanden in Horrortrips enden, woraus sich die Horror-haftigkeit von solchen Laboren als Fragwürdigkeit dieser Experimente ergeben könnte? Wer will schon was von Euthansie-Tendenzen durch PID wissen? Wen interessiert es, die Gesellschaft, in der gelebt wird, mit den Augen eines Fremden zu beobachten?
Wer interessiert sich dafür, was “soziale Kälte” alles heißen kann?
Sie mögen vielleicht Recht haben, daß die gegenwärtigen Sozialwissenschaften anspruchslos sind. Allerdings stellt ja auch kaum jemand von sich aus einen Anspruch an diese – sondern befindet sie gleich im Ganzen für anspruchslos. Folglich interessiert dann auch Niemand, der einen Anspruch an diese Wissensfelder stellt, der will, daß man sie beansprucht; denn er erscheint als Schwätzer, als einer, der nur Geschwurbel hervorbringt, wer muß schon wissen, was eine totale Institution ist? Also wendet man sich von dem Schwätzer ab, er hat keinen Anspruch mehr aufs Gehörtwerden.
Wer will schon hören, daß wir uns in einer Welt gefangen finden könnten, die uns alle zu Einzelwesen macht, die nichts mehr mit einander zu tun haben. Sowas hört niemand gerne. Sowas stinkt. Als würde man über die Nürnberger Ärzteprozesse reden und darüber, daß die alles andere als wahnsinnig waren, sondern einfach brutal rational und von ganzen sozialen Beziehungsnetzen darin getragen wurden und, daß wir noch heute deren gefundenes Wissen benutzen, daß wir uns noch heute damit retten? Niemand will sowas hören. Also hört es auch niemand, ganz gleich ob es erzählt wird oder nicht.
> Erst einmal ist interessant, dass es diese Probleme primär in den
> MINT-Fächern gibt. Die Studenten sind zu dumm für Mathematik, aber
> schlau genug für Sozialwissenschaften?
Hast du in deinem Leben schonmal eine Mathevorlesung gehoert und die Pruefung geschrieben? Es gab nur 2-3 weitere Vorlesungen in meinem Studium, die diesen Anspruch und diese Menge an Stoff erreicht haben, das war alles Elektrotechnik und selbst da hat man lange nicht die selbe Stoffmenge erreicht. Hinzu kommt, dass Grundlagen der Mathematik die klassische Erstsemestervorlesung ist. Da wird einfach ganz massiv sortiert bzw die Lerneinnstellung der ehemaligen Schueler radikal korrigiert.
> Warum fliegen da eigentlich die Studenten und nicht der Dozent raus?
Das ist viel zu einfach gedacht. Es ist ja jetzt schon so, dass Gelder nach der Menge der angemeldeten Pruefungs-, Seminar- und Abschlussarbeiten verteilt werden. Solche Anreize sorgen unmittelbar dafuer, dass der Pruefer lieber leichte Klausuren macht und ueberall gute Noten verteilt. Was soll da bitte herauskommen?
Ein grosser Teil der Studenten sind leider nunmal einfach schlecht. Und Nachhilfeunterricht ist nicht Ziel einer Universitaetsvorlesung. Ueberhaupt, es mache sich mal jemand klar was das Wort Vorlesung bedeutet und wer hier in der Pflicht ist, zu lernen. Wir haben hier Studenten die sich wochenlang nicht melden und dann auf Nachfrage sagen, dass sie nichts machen konnten weil zB ein Dokument fehlt oder ein Programm(make..) nicht funktioniert. Dinge, die man mit 2 Sekunden Google-Recherche loesen kann. Selbst auf Wikipedia muss man die Leute explizit hinweisen.
Aus dem Artikel:
> Die meisten stellten nur ganz vorsichtig die Frage, warum sie derart
> grob aus dem Studium geprüft werden sollten – wo doch das Land
> derzeit so laut nach Fachkräften ruft?
Was ist denn das bitte fuer eine Argumentation?! Da wird doch sofort deutlich, fuer wen der Artikel geschrieben wurde.
Wir der Kommentar unter dem Artikel auch sagt, die Studenten sind teilweise einfach richtig schlecht. Das ueberhaupt fuer alle Grundlagenfaecher Vorkurse angeboten werden und wie diese Kurse besucht sind, laesst doch tief blicken. Wir haben Leute im Master-Programm fuer IT-Sicherheit, die haben noch nie was von ElGamal gehoert. Was soll man Leuten von Systemsicherheit erzaehlen, die noch nie was anderes als Windows gesehen haben? Die haben ueberhaupt keine *Vorstellung* davon, wie Netzwerke und Betriebssysteme aussehen. Das einzige was sie aus den Vorlesungen ueber Programmierung und Software-Engineering mitnehmen, ist Java. Und zwar richtig schlechtes Java, mit zusammenklicken von GUIs und so.
> Sozialwissenschaften sind alles andere als anspruchslos.
> [..cut..]
> Sie mögen vielleicht Recht haben, daß die gegenwärtigen
> Sozialwissenschaften anspruchslos sind. […]
Als nicht-SoWi muss ich darauf hinweisen, dass du dir hier ne Menge Text haettest sparen koennen..
Das grundsaetzliche Problem besteht durchaus auch anderswo. Wissenschaft ist eine Branche geworden und Jobsicherheit ist eben wichtiger als Idealismus.
Eine Möglichkeit gäbe es ja, die Abbrecher- und Durchfallquoten schon im Vorfeld zu veringern:
In anderen Ländern ist es durchaus üblich, Eingangsprüfungen für die Unis durchzuführen. Man könnte die Anfänger ja gleich über bestimmte Grundkenntnisse prüfen, so daß sie nicht erst nach 4 oder 6 Semestern merken, sondern bevor sie überhaupt anfangen, daß sie keine Mathematik können. Oder falls einem das zu kraß vorkomt, könnte man ja zumindest die Abiturnoten in betreffenden Fächern heranziehen. Daß jemand mit 4en in Mathe und Physik ein Informatik- oder E-Technik-Studium erfolgreich absolviert dürfte zumindest etwas seltener vorkommen, als jemand der 1en in diesen Fächern hat.
Jedenfalls war es bezeichnend, daß 80% meiner Ophasen-Gruppe nur mit den Ohren geschlackert hat, als der Professor 13 Jahre Schulmathematik (Analysis/Algebra) in “nur” 8 Vorlesungsstunden (=2 Wochen) abgehandelt hat.
Jain.
Eingangsprüfungen an Universitäten durchzuführen heißt letzten Endes, sich von der „Allgemeinen Hochschulreife” zu verabschieden, sprich, dem Abitur seine Bedeutung zu nehmen.
Entweder versagt die Schule darin, diese allgemeine Hochschulreife herzustellen, oder das ist eh nur eine Illusion. Oder das mit dem Abitur ist in Ordnung, und die Universitäten versagen dabei, auf dem aufzusetzen, was eben Abitursniveau ist.
Eventuell sollte man allerdings, bevor man versucht zu klären ob das Abi noch in Ordnung ist, mal klären WELCHES Abi man genau meint.
Da nicht nur jedes Bundesland, sondern sogar jede Schule in ihrem Rahmen ihr eigenes Süppchen kochen, unterscheidet sich die geleistete Arbeit selbst bei gleichen Noten mitunter beträchtlich…
@pepe
>Ein grosser Teil der Studenten sind leider nunmal einfach schlecht.
So einfach würde ich das nun auch nicht sagen… Wenn du schonmal in einem einer Mathe Vorlesung gesessen bist, in einem raum, der für 500 leute ausgelegt ist, aber ka 1200 (nein keine übertreibung) rein wollen, und der prof dann unverständlich, ohne viel interesse seinen Stoff rasend schnell runter rattert, dann verstehst du vll auch, warum sich in solchen kursen schnell unlust breit macht und Abbrecherquoten von 90-70% eher Regel als Ausnahme sind.
Wobei man hier aber auch fairerweise erwähnen muss das auch durchaus welche dabei sind, die wirklich von sich aus keine Lust/Motivation haben, und natürlich auch nicht unbedingt mitgeschleppt werden müssen… aber warum behauptet wird, das 90% so denken würden (oder unfähig sind) ist mir doch ein Rätsel.
@ pepe: deswegen steht da “gegenwärtig” und anschließend, daß das ein aktuell forcierter Zustand ist. Man kann aber nicht den aktuellen Zustand auf die gesamte Geschichte dieser Wissenschaften ausdehnen, damit tut man ihr nicht nur Unrecht, man schneidet auch einen ganzen Teil Kulturgeschichte und Geschichte des Denkens einfach mal weg. Und noch weniger Denken können wir wirklich nicht gebrauchen! Bitte nicht noch weniger!
Ich kann nur wiederholen: diese Wissenschaften werden einfach und anspruchslos gehalten. Man hat in diesen Wissenschaften begonnen multiple-choice Klausuren zu schreiben. Das ist eine übelste Sauerei. Philosophische Disziplinen mit Ankreuz-Wahrheiten.
Deswegen findet man dort g-e-g-e-n-w-ä-r-t-i-g so viele Vollstümper, auf Seiten von Lehrenden und Lernenden. Das bedingt sich. Aber das müsste nicht notwendig so sein und es war auch nicht immer so. Die Sozialwissenschaften könnten eine mächtige Waffe gegen das Unerträgliche sein. Ohne Frage ist heute eher das umgekehrte der Fall, deswegen stimme ich zu, daß sie gegenwärtig anspruchslos sind. Aber nur, weil ich mich in ihrer Vergangenheit auskenne.
Das Soziale – Erkenntnisobjekt der Sozialwissenschaften, zugleich aber auch deren Subjekt, auf das sie wirken – als eine Marginalität an den Rand zu packen ist genau das, was gut funktionierende Sozialwissenschaften verhindern sollten. Schlecht funktionierende SozWis können das folglich nicht = der gegenwärtige Zustand.
Und eben gerade deswegen sind diese Wissenschaften alles andere als anspruchslos an sich (dazu hat man sie gemacht) noch sollte man sie aus dem Auge verlieren. Man läßt sich aber leicht ablenken, weil man sich nur die – gegenwärtig – Lehrenden und Lernenden anschaut, anstatt die Wirkungen dieser Wissenschaften auf die Machtbeziehungen innerhalb des Sozialen hin zu befragen (Wie kam es dazu?), so wie man das bspw. in den 60igern begonnen hatte (Foucault, Bourdieu, Castel, Adorno, Arendt, Deleuze/Guattari, Canguilhem, Donzelot, Ewald…man müßte einfach mal nachlesen, statt zu meinen, man wüßte es schon alles und könne also befinden, es sei alles Stuß und unwichtig).
Ich finde einfach dieses “Das Soziale ist unwichtig”-bashing so unerträglich, auch so unerträglich simpel und einfach-gemacht. Ich finde es auch etwas beschämend, weil man so tut, als gebe es signifikant wichtigere Fragen als die nach den Ursachen gesellschaftlich erzeugten Elends und kultureller Grausamkeit. So als wäre es schon ok, weil man selbst ja nicht mit diesem Elend und dieser Grausamkeit konfrontiert ist.
Man muß diese so außerordentlich gut funktionierende Schlampigkeit und Gleichgültigkeit dieser Sozialwissenschaften, wie man sie aktuell vorfindet, scharf kritisieren. Stattdessen belächelt man sie und lässt sie so weitermachen, wie bisher. Eben das halte ich für höchst gefährlich.
Und die Sache ist so verworren, daß man darüber kaum genug schreiben kann, vor allem aber gegenwärtig viel zu wenig und zu simpel dagegen schreibt. Ein “anspruchslos” übersieht die ganze Macht dieser Wissenschaften, diese Defintionsmacht in Fragen von Elend und Grausmakeit unserer aktuellen Sozialität. Diese Baustelle halte ich für dringlicher als die der naturwissenschaftlichen Universitäts-Prüfungen, die nur ein kleiner Teilaspekt dieser Baustelle sind.
Korruption ist übrigens selbst ein sozialwissenschaftliches, kein naturwissenschafltiches Ereignis.
Off-Topic:
http://www.jungewelt.de/2011/02-07/060.php
Damit du nicht immer nur den Spiegel zitieren musst…. 😀
> Wenn du schonmal in einem einer Mathe Vorlesung gesessen bist
Ich hab solche Vorlesungen hinter mir, ich dachte das waere klar geworden.
> in einem raum, der für 500 leute ausgelegt ist, aber ka 1200
Die Haelfte kommt am zweiten Tag eh nicht mehr.
> und der prof dann unverständlich, ohne viel interesse seinen Stoff
> rasend schnell runter rattert
Mir kommen die Traenen. Wenn die lieben Studenten nicht in der Lage sind, sich zu organisieren und den Stoff irgendwie zu packen, sollen sie doch bitte der Universitaet fern bleiben. Bei uns haben sich Gruppen gebildet um das Script lesbar abzuschreiben(!) und man hat halbwegs korrekte Loesungsblaetter fuer die Uebungen gesammelt und kopiert, damit man spaeter eine Grundlage zum lernen hat. Sicher war es nicht einfach. Aber weisst du, das einzige was ich aus dieser Vorlesung jemals wieder gebrauchen kann ist das wissen, dass ich solchen Stoff innerhalb von 10 Tagen lernen kann, wenn es drauf ankommt und wenn ich ueberlegt vorgehe. Solche Grenzen erkennt man nicht, wenn einem alles vorgekaut wird. Und wer braucht Akademiker, die noch nichtmal ueber ihr Vorgehen reflektieren koennen, die selbst nichtmal *bemerken*, ob sie etwas verstanden haben oder nicht?
Ein hohe Durchfallquote muss nicht heissen dass eine Hochschule schlecht ist. Im Gegenteil, ich finde es sogar gut wenn eine Hochschule nicht einfach jeden noch so faulen/unmotivierten/dummen (pardon aber auch von letzteren gibts viele) Studenten durch die Prüfung schleust und die Anforderungen dabei einfach immer weiter runterschraubt. Im Artikel steht dass ein Drittel (!) der möglichen Punktzahl ausreichte um die Prüfung zu bestehen. Da ist es gerechtfertigt diejenigen durchfallen zu lassen die das nicht erreicht haben. Müssen sie sich nächstes mal halt mehr anstrengen, das Studium soll schliesslich nicht noch mehr zum mehrjährigen Partymarathon auf Staatskosten verkommen.