Österreich mistet bei den wissenschaftlichen Publikationen aus
Ein großer Schritt in die richtige Richtung: Österreich beendet die Subventionierung einiger wissenschaftlicher Publikationen.
Der ORF berichtet (Danke für den Link!) darüber, daß man in Österreich die staatliche Subventionierung von wissenschaftlichen Zeitschriften, Einzelpublikationen und Symposien beendet. Nicht ganz klar ist mir, ob das alle oder wieviel betrifft. Aber die Richtung halte ich für gut. Ich habe ja hier schon öfters geschrieben, daß ich das „wissenschaftliche” Verlagswesen als Abzocke und die Bezahlung hoher Zeitschriftenkosten an Verlage für Geldverschwendung wenn nicht gar Korruption halte. Insofern halte ich das, was die Österreicher da gerade machen, für genau richtig.
Natürlich gibt es wieder Protest. Wie immer, wenn man Wissenschaftler dabei stört, im eigenen Saft zu schmoren, und von ihnen erwartet, sich zu bewegen. Die Art der Proteste lassen aber tief blicken, so z. B.
“Das ist nicht nur für die wissenschaftlichen Verlage eine Katastrophe, sondern auch für junge Forscher und Forscherinnen, denen Publikationsmöglichkeiten abhanden kommen”, sagt Hatzer.
Das heißt, es geht gar nicht um die Qualität der Forschung an sich. Es geht darum, die Zahl der Publikationen (also schnöde gesagt, die Zahl der Publikationslisteneinträge, die in einem Land pro Jahr erzeugt werden) hochzuhalten. Der Zweck des wissenschaftlichen Verlegens liegt also darin, möglichst viele der sogenannten „zitierfähigen” Fundstellen zu produzieren. Denn tatsächlich lesen tut’s ja keiner (oder kaum einer).
Zumal das Drucken auf Papier hier bloße Verschwendung ist. Zwar verursacht die IT mit Internet, Routern, Rechnern, Datenbanken usw. auch eine Menge Kosten und Stromverbrauch. Aber das muß man mal gegenrechnen mit dem, was man beim Publizieren an Papier, Transport, Verkauf, Lagerung, Sortieren, Betrieb der Bibliotheken vergeudet. Ich persönlich bin – in der Computertechnik, wo inzwischen alles so schnell veraltet – inzwischen dazu übergegangen, mir meine Bücher nur noch elektronisch als PDF zu kaufen. Und habe gerade vorgestern erst wieder ein ganzes Regalbrett voller hoffnungslos veralteter Fachbücher in den Altpapiercontainer entsorgt. Früher wäre mir das unmöglich gewesen, da habe ich mit der Zahl der Bücher gelebt und fand es erhebend, wenn Besucher in mein damaliges großes Büro kamen und vor einer riesigen Wand voller Bücher standen. Macht so einen richtig intellektuellen Eindruck. Bringt aber nichts, steht nur im Weg rum und verursacht beim Umzug Kosten und Rückenschmerzen. Inzwischen bin ich nämlich umgezogen, mein neues Büro ist noch größer, hat aber wegen des Grundrisses weniger Platz für Bücherregale. Und seit ich mich da auf das wesentliche beschränke und meine Bücher zunehmend digital nutze, geht’s mir viel besser. Und ich spare dabei auch noch Geld. Und genau das müßten Wissenschaftler auch mal lernen.
“Wenn jetzt der Vorschlag kommt, wir sollten doch elektronisch publizieren, muss man zwei Dinge festhalten. Zum einen wirkt sich das Trägermedium auf den Inhalt eines Textes aus. Die Inhalte von Geisteswissenschaften erschließen sich oft erst über längere Lesestrecken, im Gegensatz zu den Naturwissenschaften. Und dazu brauchen wir auch weiter den Druck. Zum anderen sind elektronische Publikationen auch nicht wirklich billiger. Die meisten Kosten entstehen durch Redaktion, Lektorat und Marketing, nicht durch den Druck”, sagt Hatzer.
Längere Lesestrecken? Sollte sich durch gute E-Book-Reader machen lassen.
Hauptkosten durch Redaktion, Lektorat und Marketing? Was ist denn das für eine Aussage? Wenn die Hauptarbeit – oder eine wesentliche Arbeit – in den Verlagen entsteht, warum wird die Publikation denn dann den Wissenschaftlern und nicht den Verlagen angerechnet?
Könnte es vielleicht sein, daß die Wissenschaft das elektronische Publizieren deshalb fürchtet, weil sie ohne die Hilfe von Redakteuren und Lektoren noch schlechter wäre, als sie es bisher schon ist? Daß viele der ach so stolzen (eingebildeten?) Wissenschaftler nicht tageslichttauglich publizieren können, wenn sie auf sich selbst gestellt sind, und deshalb fremde Hilfe brauchen (die Postproduction durch Verlage als so etwas ähnliches wie die Preproduction durch Ghostwriter)? Ist der Wissenschaftler am Ende nur das kassierende Bindeglied zwischen Ghostwriter und Verlag?
Ich fände es jedenfalls super, wenn die Publikationen mal so direkt und ungefiltert aus den Instituten kämen. Dann könnte man sich ein viel klareres Bild von deren Qualität machen.