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Guttenberg hat getäuscht – nur er?

Hadmut Danisch
6.5.2011 20:00

Der SPIEGEL (und andere) meldet gerade, Guttenberg habe laut Uni Bayreuth bewußt getäuscht. Während meines Urlaubs gab es auch diverse Meldungen über Plagiatsstellen in den Dissertationen der Tochter Stoibers oder der FDP-Politikern Koch-Mehrin.

Warum wird die Ursache dafür immer (nur) bei den Doktoranden gesucht?

Normalerweise soll der Betreuer („Doktorvater”) die Arbeit vorher betreuen. Dabei würde er sehen, was der Doktorand macht und was nicht. Der Doktorvater müßte also – ohne mit irgendwelcher Plagiatserkennungssoftware oder Google suchen zu müssen – aus dem Stand relativ gut beurteilen können, was auf dem Mist des Doktoranden gewachsen sein kann und was nicht, weil es seine Dienstaufgabe ist, dessen Misthaufen und das Zustandekommen desselben verfolgt zu haben. Das schützt nicht davor, mal die eine oder andere faule Stelle nicht als abgeschrieben zu erkennen, aber wenn wie bei Guttenberg eine Arbeit so weit überwiegend aus geklautem Material besteht, dann kann da kein eigener Misthaufen gewachsen sein. Hätte Guttenberg (oder vergleichbare Plagiatoren) selbst gearbeitet, dann würden sie natürlich das eigene Material verwenden.

Es kann in einer solchen Konstallation also nicht möglich sein, daß ein Professor nur als der Getäuschte dasteht und ihm nichts vorzuwerfen sei. Bei einer solchen Plagiatsdichte muß der Professor immer irgendwo Mittäter sein, und sei es nur grobe Fahrlässigkeit.

De facto ist es aber so, daß viele Professoren Doktoranden gar nicht betreuen und die Dissertationen zur Bewertung auch nicht lesen. Und daß eben viele – wegen Geld oder anderer Gefälligkeit, oder einfach aus Faulheit und Bequemlichkeit – wegschauen, wenn der Doktorand faule Dinge dreht. Schließlich werden Professoren auch nach der Zahl der Promotionen bewertet, womit sie ein ureigenes Interesse haben, faule Promotionen eher zu fördern als zu bekämpfen.

Seltsam und unverständlich ist mir daran nur, daß die Presse sich so darauf einläßt, die Schuldigen immer nur bei den Doktoranden zu suchen. Ich hätte noch nirgends gelesen, daß irgendwer mal nachhaltig und mit Nachdruck gefragt hätte, was die Uni Bayreuth – oder zumindest deren ach so hoch angesehene Jura-Fakultät – für ein unglaublicher Saftladen sein muß, wenn da jemand zu einer Promotion mit einer Arbeit über etwas antreten und durchkommen kann, bei deren Erarbeitung ihn vorher niemand beobachtet hat (und nicht haben kann, weil zu Guttenberg ja eben abgeschrieben und es nicht selbst gemacht hat).

Was müssen das für unhaltbare Zustände an der Bayreuther Fakultät sein, wenn da einfach einer mit einer Dissertation ankommen kann, die vom Himmel gefallen ist? Das kann doch gar nicht anders als durch Mitwisserschaft und aktive Begünstigung passiert sein.

(Bei der Staatsanwaltschaft liegen in der Sache zu Guttenberg inzwischen über 100 Strafanzeigen. Eine davon ist von mir. Ich habe aber nicht zu Guttenberg, sondern die Prüfer angezeigt. Wegen Falschbeurkundung im Amt, weil sie eine Promotionsprüfung beurkundet haben, die nicht stattgefunden haben kann.)

2 Kommentare (RSS-Feed)

Andreas
8.5.2011 11:37
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Warum hört man eigentlich nichts mehr von Koch-Mehrin? Die Uni Heidelberg wollte doch nach Ostern einen Bericht vorlegen!


Hadmut Danisch
8.5.2011 11:51
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So’n bisschen was hört man noch, aber das liegt wohl gerade bei der Uni zur Stellungnahme.

Grundsätzlich ist da das öffentliche Interesse viel geringer, weil sie weniger bekannt ist, der Trophäenwert bei ihrem Abschuß niedriger, sie weniger in der BILD aufgepumpt wurde, die Zitate weniger spektakulär, offensichtlich und entlarvend sind und es eben halt nicht mehr der erste Skandal ist.